Das Berghotel 202 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 202 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Verbotene Liebe im Berghotel
Muss Hedi Kastler verschweigen, was sie heimlich belauschte?
Von Verena Kufsteiner

Bei einer Geburtstagsparty in St. Christoph lernt die Bäuerin Johanna den Kinderarzt Dr. Elias Wiesinger kennen. Er ist der Verlobte ihrer Freundin Maria. Bis jetzt ist Johanna an der Seite ihres Mannes, des Bauern und Landtagsabgeordneten Thomas Winter, recht zufrieden gewesen. Sie ist ihm treu und in jeder Weise gehorsam. Sie nimmt ihre Pflichten ernst und ist ihm dankbar für das sorglose Leben, das er ihr bietet. Nur glücklich ist sie nicht.
Als sie aber Elias zum ersten Mal in die Augen sieht, weiß sie, dass er der Mann ist, von dem sie immer geträumt hat ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Verbotene Liebe im Berghotel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8664-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Verbotene Liebe im Berghotel

Muss Hedi Kastler verschweigen, was sie heimlich belauschte?

Von Verena Kufsteiner

Bei einer Geburtstagsparty in St. Christoph lernt die Bäuerin Johanna den Kinderarzt Dr. Elias Wiesinger kennen. Er ist der Verlobte ihrer Freundin Maria. Bis jetzt ist Johanna an der Seite ihres Mannes, des Bauern und Landtagsabgeordneten Thomas Winter, recht zufrieden gewesen. Sie ist ihm treu und in jeder Weise gehorsam. Sie nimmt ihre Pflichten ernst und ist ihm dankbar für das sorglose Leben, das er ihr bietet. Nur glücklich ist sie nicht.

Als sie aber Elias Wiesinger zum ersten Mal in die Augen sieht, weiß sie, dass er der Mann ist, von dem sie immer geträumt hat …

„Nein, nein, lass mich, Rosi! Ich will zur Mama! Wo ist sie denn?“

Die junge Bäuerin Johanna Winter wandte sich um und schaute zur Tür, als die durchdringenden Rufe ertönten.

Sie stand in der ehelichen Schlafkammer vor der Wäschekommode und nahm aus einem geschnitzten hölzernen Kasten, der mit Samt ausgeschlagen war, die Schmuckstücke heraus, die sie heute Abend tragen wollte.

Der Kasten war hundertfünfzig Jahre alt und hatte schon der Großmutter ihres Mannes gehört. Der Granatschmuck, für den sie sich entschieden hatte, stammte von seiner Mutter.

Achtundzwanzig Jahre war die junge Winter-Bäuerin alt und bildhübsch. In einem himmelblauen Festtagsdirndl aus Seide stand sie vor dem Spiegel und legte jetzt die goldene Kette um, an der ein großer Anhänger aus Granatsteinen hing. Eine rosa Schürze aus Taftseide trug sie zu dem Kleid, und für die Heimfahrt holte sie ein rosafarbenes Kopftuch aus einer Schublade, das sie dann über das blonde Haar binden würde.

„Mama! Mama! Wo bist du denn?“, rief die Kinderstimme.

Da ging sie zur Tür, die nur angelehnt war, öffnete sie weiter und streckte den blonden Kopf in den Flur hinaus.

„Hier bin ich, Florian, in der Schlafkammer! Was willst du denn, Schatzerl?“

Das Traben von Kinderfüßchen war zu vernehmen. Johanna Winter lächelte vor sich hin, während sie zum Spiegel zurückkehrte und die Schleife der Taftschürze band.

Sie wusste, dass sie jetzt gleich einen Sturmangriff über sich ergehen lassen musste. In wenigen Sekunden würde ihr fünfjähriges Söhnchen, der kleine Florian, zur Tür hereinstürzen und keinen anderen Wunsch haben als den, ihre Hüften mit seinen Armen zu umfangen und sich an sie zu schmiegen. Er würde hoffen, dass sie sich auf einen Stuhl setzen und ihn auf den Schoß nehmen würde. Und gewiss war er fest entschlossen, sich von diesem heißbegehrten Platz nicht so schnell wieder vertreiben zu lassen.

Wenn’s nach dem Thomas ginge, dachte die junge Frau, dann dürft’ ich mich in einem solchen Fall gar net melden. Ich müsst’ den Buben rufen und suchen lassen.

Thomas Winter war ihr Mann. Er war Landwirt und besaß einen großen Bauernhof in dem abgeschiedenen Bergdorf St. Christoph, das ganz am Ende des Zillertals in einem Seitental gelegen war.

Fünfzig Jahre war der Thomas alt. Er hatte vor neun Jahren die damals neunzehnjährige einzige Tochter des Vertreters Gustav Lechner geheiratet, der ein kleines Haus in St. Christoph besaß. Johannas Vater hatte Saatgut, Futtermittel und Kunstdünger verkauft. Aber seit dem frühen Tod ihrer Mutter hatte er stets über seine Verhältnisse gelebt. Er hatte im „Ochsen“ in St. Christoph gesessen, getrunken, Karten gespielt und Schulden gemacht. Auch der Winter-Bauer hatte ihm eine beträchtliche Summe geliehen.

Zwölf Jahre war die Johanna alt gewesen, als ihre Mutter an einer tückischen Frauenkrankheit starb. Der Vater hatte sie dann nach Innsbruck in ein Internat gebracht, wo sie die Matura machte. Als sie wieder heimkam, wurde sie die Braut des Winter-Bauern, der ihr Vater hätte sein können. Aber Gustav Lechner redete seiner Tochter eindringlich zu, sich richtig zu betten und einen reichen älteren Mann zu nehmen, bei dem sie geborgen sein würde. Immer wieder erinnerte er sie daran, dass er dem Winter-Bauern versprochen hätte, ihm seine einzige Tochter zur Frau zu geben.

Die Johanna gehorchte dem Willen des Vaters und heiratete ohne Liebe. Aber sie war ihrem Mann treu und in jeder Weise gehorsam. Sie nahm ihre Pflichten ernst und war ihm dankbar für das sorglose Leben, das er ihr bot. Nur glücklich war sie nicht.

Ihr Vater starb kurz nach der Hochzeit. Seitdem war Thomas Winter für seine junge Frau alles in einem: Vater und Ehemann. Er belegte sie sehr mit Beschlag. Da er Landtagsabgeordneter für den Bezirk Schwaz war, musste er häufig verreisen. Meist war das Ziel Innsbruck, und stets bestand er darauf, dass Johanna ihn begleitete. Er zeigte sich gern mit seiner hübschen, jungen Frau, und vielleicht hatte er auch Sorge, dass sie in seiner Abwesenheit auf Abwege geraten könnte. In der Hauptsache aber wollte er wohl deshalb, dass sie mitfuhr, weil er in sie verliebt war wie am ersten Tag und einfach Freude an ihrer Gegenwart hatte. Außerdem musste sie ihn unterwegs umsorgen und ihm alles Unerwünschte fernhalten.

Der landwirtschaftliche Betrieb erlitt keinen Schaden dadurch, dass der Bauer so häufig fort war, denn der alte Großknecht Jakob führte den Hof praktisch allein. Auch die Bäuerin durfte ihrem Haushalt beruhigt den Rücken kehren, denn die Altmagd Meta war schon seit über zwanzig Jahren auf dem Winter-Hof tätig und schaffte und plante, als wäre sie hier die Hausfrau. Die Arbeiten, die ihr zu schwer wurden, erledigten die junge Magd Rosi und das Küchenmadel Hannerl. Die Rosi kümmerte sich außerdem um den Buben.

Dem kleinen Florian aber behagte die häufige Abwesenheit seiner Mutter gar nicht. Er liebte sie innig und wollte sie immer um sich haben, aber der Vater entführte sie stets aufs Neue.

Mir kommt’s manchmal vor, dachte die junge Frau jetzt, als wär’ mein Mann eifersüchtig auf den Buben. Er gönnt’s dem Kleinen einfach net, dass ich einen Teil meiner Zeit mit ihm verbringe. Sie soll ihm allein gehören, nix davon will er mit jemandem teilen, net einmal mit seinem Kind.

„Mama!“

Atemlos vom raschen Lauf klang jetzt die Kinderstimme. Florian musste sich offensichtlich sehr beeilen, damit er nicht von der Rosi erwischt und wieder eingefangen wurde.

Und noch einmal: „Mama!“

Das war eine flehentliche Bitte in höchster Not. Wahrscheinlich war die Verfolgerin ihm schon dicht auf den Fersen. Der jungen Bäuerin blieb nichts anderes übrig, als sich noch einmal zu melden.

„Florian! In der Schlafkammer bin ich und mach’ mich zum Ausgehen fertig!“

Nun war es so weit, nun hatte er die offene Tür erreicht und schlüpfte herein. Mit ausgebreiteten Armen rannte er auf sie zu, prallte gegen sie und umklammerte ihre Hüften, wie sie es erwartet hatte.

„Mama, Mama, ich hab’ dich so viel lieb! Du sollst net weggehen! Du sollst immer bei mir bleiben!“

War es nicht traurig, dass der Bub um solche Sekunden zärtlicher Zweisamkeit kämpfen, ja, sie sich mit Gewalt erobern musste?

In dieser Beziehung war das einzige Kind des reichen Winter-Bauern ärmer dran als jedes andere, das seine Mutter den ganzen Tag um sich hatte.

Johanna Winter schloss ihre Arme um den kleinen Körper. Sie neigte den Kopf und drückte ihr Gesicht für ein paar Sekunden in das blonde Haar ihres Söhnchens.

Der Bub strampelte und versuchte, an ihr emporzuklettern. Johanna fasste unter seine Arme und hob ihn hoch. Jetzt war sein Kopf in gleicher Höhe mit dem ihren, und er warf ihr beide Ärmchen um den Hals.

Eine tränenfeuchte Wange drückte er an die ihre.

„Mama!“, stammelte er atemlos.

Ihre Finger streichelten sein weiches, blondes Haar. Dann glitten sie liebkosend über seinen Rücken und strichen sanft darüber hin. Sie ließ ihn die tiefe Zuneigung spüren, die sie für ihn empfand.

Da hörte sie Schritte auf dem Flur. Eine weibliche Stimme rief: „Florian!“

Der Bub zuckte zusammen und klammerte sich fester an seine Mutter.

„Das ist die Rosi, Florian. Sie sucht dich“, sagte die Bäuerin leise.

„Ich weiß, Mama. Ich bin ihr ausgerissen“, gestand er ihr. „Sie wollt’ mich ins Bett bringen. Sie hat gesagt, dass du heut net kommst, um mir gute Nacht zu sagen. Du gehst fort, hat sie gesagt.“

„Ja, das stimmt, Florian. Wir sind eingeladen. Dein Vater und ich fahren nach Hermannsfelden.“

„Immer gehst du fort, Mama! Du lässt mich so oft allein! Warum kannst du net bei mir bleiben? Ich fürcht’ mich so, wenn du net da bist!“

„Aber du brauchst doch keine Angst zu haben, Florian. Du bist doch net allein. Die Rosi schläft in der Kammer neben dir, und nachts lässt sie auch noch die Tür offen, damit sie dich hören kann, wenn du rufst.“

„Ich will aber die Rosi net, ich will dich, Mama!“, widersprach der Kleine.

„Du musst vernünftig sein, Florian“, ermahnte sie ihn. „Schau, der Vater und ich gehen ja net nur zu unserem Vergnügen aus. Wir müssen die Leute besuchen, mit denen der Vater geschäftlich zu tun hat. Das ist so üblich. Die Menschen laden uns ein, und sie nehmen’s übel, wenn wir net kommen. Wir können net daheimbleiben, so gern wir es auch tun würden.“

„Und warum kann der Vater net allein gehen?“, wollte er wissen.

Das war eine Frage, die sie sich selbst auch schon oft gestellt hatte. Es gab viele Gelegenheiten, bei denen sie gut hätte zu Hause bleiben können. Aber Thomas Winter wollte es nun einmal nicht. Keinen Augenblick wollte er auf seine Frau verzichten.

„Warum sagst du nix, Mama? Woran denkst du denn?“, erkundigte sich der Kleine hoffnungsvoll. „Ist dir schon was eingefallen, wie du’s machen musst?“

„Was denn, Florian?“

„Dass du net mitgehen musst. Komm, wir beide verstecken uns in dem großen Kleiderschrank und sind mucksmäuschenstill! Dann findet der Vater uns net und muss allein fahren.“

Er glaubte, zumindest für heute die Lösung des Problems gefunden zu haben, und schickte sich an, von ihrem Arm herunterzurutschen. Dabei geriet er mit einer Hand in die dünne Goldkette und riss sie entzwei.

„Schau nur, was du jetzt gemacht hast, Florian!“, rief die Winter-Johanna erschrocken. „Der Vater wird schelten, weil das Schmuckstück von der Großmutter stammt und jetzt entzwei ist.“

In diesem Augenblick hatte die Magd Rosi die offen stehende Tür der ehelichen Schlafkammer erreicht. Sie schob den Kopf durch den Spalt.

„Da ist der Ausreißer ja!“, rief sie. „Ich hab’ mir’s schon gedacht, dass der Florian auf dem Weg zu dir ist, Bäuerin.“

Die Rosi war ein unscheinbares Wesen, das über keine auffälligen körperlichen Reize verfügte. Sie war Mitte dreißig, hatte stumpfes, dunkelblondes Haar, das sie kurz geschnitten trug, und wasserhelle blaue Augen, die ein wenig töricht in die Welt blickten. Sie zog den Buben an und aus, sie wusch ihn und brachte ihn zu Bett. Sie achtete darauf, dass er seine Mahlzeiten zu sich nahm. Und wenn er sich langweilte, erfand sie Spiele für ihn. Nach Johannas Meinung war sie sehr wichtig für die Entwicklung des Buben, denn eine ganze Reihe der ersten entscheidenden Eindrücke, die für seine Entwicklung so wichtig waren, vermittelte sie ihm.

„Ja, hier ist der Bub, Rosi.“ Die junge Bäuerin lächelte der Magd zu. „Du hast dem Florian gesagt, dass ich heut keine Zeit hätt’, ihm gute Nacht zu sagen. Und darum ist er ausgerissen.“

„Der Bauer hat mir’s so befohlen“, verteidigte sich die Magd. „Es dürft’ keinen Aufenthalt durch den Buben geben, hat er gesagt, denn er hätt’s eilig.“

Jetzt streckte die Rosi beide Hände nach dem Ausreißer aus.

„Komm, Florian! Sei ein lieber Bub!“, bat sie. „Du musst ins Bett gehen. Dein Mama hat heut Abend wirklich keine Zeit für dich. Sie muss weg.“

„Nein, ich will net! Ich will net! Ich will hierbleiben!“, schrie der Fünfjährige los, krallte sich in die himmelblaue Seide des Festtagsdirndls und hielt sich daran fest.

Rosi blieb nichts anderes übrig, als seine Schultern zu fassen und ihn zu schütteln und zu zerren, damit er losließ und mit ihr kam.

Aber er dachte nicht daran. Geradezu verzweifelt klammerte er sich an seine Mutter. Und jetzt knackte es hörbar in der Taillennaht des Kleides, und gleich darauf hatte er mit einem deutlichen Ratsch eine Falte herausgerissen.

„Schau, was du da gemacht hast, Florian!“, rief die Bäuerin nun ärgerlich. „Du hast mir das Kleid zerrissen!“

Aber Florian war völlig außer sich und hörte nicht hin. Er schrie wie am Spieß und stampfte heftig mit beiden Füßen auf den Fußboden. Immer noch hielt er den himmelblauen Stoff zwischen seinen Fingern.

„Wirst du wohl aufhören, Florian!“, versuchte die Rosi, ihn zur Vernunft zu bringen. „Komm jetzt mit mir! Wenn ich dich zu Bett gebracht hab’, werd’ ich dir eine schöne Geschichte erzählen.“

„Nein, ich will net!“, tobte der Bub und warf sich wie wild hin und her, ohne jedoch das Kleid seiner Mutter loszulassen.

„Ich will dableiben bei meiner Mama! Die Mama soll net fortgehen! Hierbleiben soll sie, hierbleiben!“

Er kreischte laut. Es waren hysterische Schreie, die er von sich gab und die Zeugnis davon ablegten, in welcher chaotischen Verfassung das Kind sich befand.

Jetzt trat das ein, was die junge Bäuerin und die Magd befürchtet hatten. Eilige Schritte erklangen auf dem Flur, und mit hochrotem Gesicht stand gleich darauf der Winter-Bauer in der Tür.

Er war ein großes, wuchtiges Mannsbild, mehr als ein Meter achtzig hoch und breit wie ein Kleiderschrank. Seine Mitte, um die der Ledergürtel geschlungen war, wies eine deutliche Wölbung auf, denn er war ein Freund von gutem Essen und Trinken und rauchte viel zu viele dicke Zigarren am Tag.

Immer wieder riet der Dr. Burger, den alle im Dorf nur den Bergdoktor nannten, ihm von dieser Lebensweise ab, aber Thomas Winter konnte und wollte nicht davon lassen. Außerdem war es auch schwierig für ihn, Maß zu halten, denn als Landtagsabgeordneter wurde er ja ständig irgendwo eingeladen und konnte nicht immer zurückweisen, was die Gastgeber ihm anboten.

Am heutigen Abend zum Beispiel handelte es sich um eine Fahrt nach Hermannsfelden, ein Dorf, das jenseits von Feldkopf und Frauenhorn lag. Dort fand der Polterabend des Sohnes eines Mannes statt, der für den Landkreis von großer Bedeutung war. Es handelte sich um den Bürgermeister von Hermannsfelden, der im Bereich dieses Dorfes zugleich der reichste Grundbesitzer war und auf dessen Stimme und Einfluss man bei den Entscheidungen über den Bau der neuen Fernstraße nicht verzichten konnte.

„Himmelhergottsakra, was ist denn hier los?“, brüllte der Bauer und wandte sich mit hochrotem Gesicht an die Rosi. „Bist du denn net imstande, du dumme Gans, den Buben zu bändigen? Wieso ist er überhaupt hier? Du solltest ihn zu Bett bringen, damit er meine Frau net belästigt!“

Rosi war bei den heftigen Vorwürfen zusammengezuckt und hatte den kleinen Florian losgelassen. Sofort klammerte sich der Bub wieder heftiger an die Mutter.

Der grauhaarige Bauer, der auch schon im Festtagsanzug war, machte einen raschen Schritt auf den Buben zu, packte den Kleinen und riss ihn mit einem kräftigen Ruck von der Mutter fort.

Jetzt wurde die herausgerissene Falte, die an dem schönen blauseidenen Kleid matt herabhing, deutlich sichtbar. Zu Füßen der Bäuerin lag außerdem die zerrissene Goldkette mit dem Granatanhänger auf dem Boden.