Das Berghotel 312 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 312 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Paulina arbeitet als Sekretärin und ist mit ihrem Chef Niko verlobt. Die Achtundzwanzigjährige hatte eine schwierige Kindheit, denn ihre kleine Schwester war sehr krank. Heute arbeitet Paulina ehrenamtlich als Betreuerin von Geschwisterkindern, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Sie macht mit den Kindern Ausflüge und schenkt ihnen glückliche Tage abseits der sorgengeplagten Familien. Nun steht mit einer kleinen Gruppe eine Reise ins Berghotel an.
Da kommt es zu einem Streit mit Niko. Ihm geht das ehrenamtliche Engagement schon länger gegen den Strich. Paulina fährt trotzdem, sie kann die Kinder nicht enttäuschen, und sie selbst kann die Auszeit gut gebrauchen, um sich ihrer Gefühle klar zu werden.
Während ihres Aufenthalts lernt sie Florian kennen, der ebenfalls als Betreuer für die Organisation arbeitet. Der unkomplizierte, lustige Kerl lenkt sie von ihren Sorgen ab. Sie genießt die Zuwendung und das Flirten. Als auch noch ein dritter Mann ins Spiel kommt, ist das Gefühlschaos perfekt ...


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Inhalt

Cover

Zwei Männer zu viel

Vorschau

Impressum

Zwei Männer zu viel

Paulina muss auf die Stimme ihres Herzens hören

Von Verena Kufsteiner

Paulina arbeitet als Sekretärin und ist mit ihrem Chef Niko verlobt. Die Achtundzwanzigjährige hatte eine schwierige Kindheit, denn ihre kleine Schwester war sehr krank. Heute arbeitet Paulina ehrenamtlich als Betreuerin von Geschwisterkindern, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Sie macht mit den Kindern Ausflüge und schenkt ihnen glückliche Tage abseits der sorgengeplagten Familien. Nun steht mit einer kleinen Gruppe eine Reise ins Berghotel an.

Da kommt es zu einem Streit mit Niko. Ihm geht das ehrenamtliche Engagement schon länger gegen den Strich. Paulina fährt trotzdem, sie kann die Kinder nicht enttäuschen, und sie selbst kann die Auszeit gut gebrauchen, um sich ihrer Gefühle klar zu werden.

Während ihres Aufenthalts lernt sie Florian kennen, der ebenfalls als Betreuer für die Organisation arbeitet. Der unkomplizierte, lustige Kerl lenkt sie von ihren Sorgen ab. Sie genießt die Zuwendung und das Flirten. Als auch noch ein dritter Mann ins Spiel kommt, ist das Gefühlschaos perfekt ...

»Der Herbst kommt.« Hedi Kastler, die Chefin vom Sporthotel Am Sonnenhang, sah in einer Mischung aus Schwermut und Vorfreude aus dem Fenster. Vor ihr breitete sich die Bergwelt der Zillertaler Alpen aus. Im Hintergrund schimmerte es hell vom Feldkopfgletscher, dessen weiße Kappe sich schon bald zu einer prächtigen Pudelmütze vergrößern würde.

Hedi Kastler liebte den Sommer mit seinen von Blumen und Kräutern bunt gesprenkelten Bergwiesen. Sie mochte die Almwanderungen, auf denen sie den Kühen begegnete, die friedlich vor sich hin mümmelten und dabei die saftigen Bergkräuter wiederkäuten. Hedi liebte es, wenn die Terrassentüren vom Hotel weit offen standen und die Gäste fröhlich plaudernd im Biergartl unter dem Schattendach der Kastanien saßen, während vom Pool Kinderlachen herüberklang und von den Tennisplätzen das sanfte Schlagen der Bälle – sowie ein gelegentlicher Triumphschrei, wenn ein Match gewonnen wurde. Überhaupt liebte Hedi die Geräusche der Sommermorgen: Früh, wenn die Gäste noch schliefen, prasselte es sanft aus den Wassersprengern, welche die Blumenbeete und den Rasen tränkten, und derweil klapperten die Serviermädchen mit den Tellern, wenn sie die Tische für das Frühstück eindeckten.

»Vogelgezwitscher«, murmelte Hedi versonnen vor sich hin. »Und der Duft von frisch gemähtem Gras!«

»Wovon sprichst du, Hedi?«, erkundigte sich Gerda Stahmer, Hedi Kastlers rechte Hand. Die elegante Hausdame des Hotels hatte sich zu ihr ans Fenster gestellt und blickte nun ebenfalls nach draußen.

»Das Laub färbt sich allmählich«, stellte Hedi fest.

»Oh ja. Ich habe es auch schon bemerkt. Heute früh, als mein Kater Carlo von der Mäusejagd nach Hause kam, hat er sofort unter meiner Bettdecke Zuflucht gesucht, um sich aufzuwärmen! Als er mir dann über den Bauch spaziert ist, fiel mir auf, dass seine Pfoten ganz kühl waren!«

»Der Herbst kommt«, wiederholte Hedi Kastler. Sie zog eine Grimasse. »Eigentlich mag ich die goldene Jahreszeit, dennoch fällt mir der Abschied vom Sommer immer schwer.«

»Mir geht's genauso, Hedi«, stimmte ihr Gerda zu. »Aber denk nur an deine schönen Herbstdirndln – dann drückt dich die Umstellung auf das kühlere Wetter vielleicht nicht ganz so aufs Gemüt!«

Hedi Kastler schmunzelte. Gerda hatte recht. Die Hotelbesitzerin besaß eine stattliche Sammlung rustikaler Dirndlkleider – schließlich trug sie kaum je etwas anderes als Trachtenmode. Im Sommer waren Hedis Kleider aus leichten Stoffen und in hellen Pastellfarben gehalten. Im Herbst und Winter bevorzugte Hedi schweren Samt und Brokat und gefiel sich passend zur Jahreszeit in Erdfarben, in Gold und Dunkelrot. Alle Vierteljahre stellte Hedi ihre Garderobe um, brachte die Kleider der vergangenen Saison in die Reinigung und holte die aktuell passenden Dirndln aus dem Schrank. Und natürlich fand sie immer wieder einen Anlass, um nach Kufstein in die Trachtenwerkstatt von Josefa Ladstätter zu fahren und sich von der Schneiderin ein neues Kleid nähen zu lassen. Passend zu Hedis jeweiliger Dirndlschürze fertigte die Meisterin stets auch ein Halsbandl für Andi Kastler an, damit der Ehemann auch gut zu seiner Frau passte. Andi freute sich jedes Mal riesig über Hedis »Mitbringseln« aus der Schneiderwerkstatt, denn er gefiel sich ebenfalls in Trachtenmode am besten und trug zu seiner Krachledernen gern bestickte Hemden und bunte Halsbänder.

»Ich denke«, sinnierte Hedi, »ich werde mit dem grünen Dirndl den Anfang machen. Du erinnerst dich, Gerda? Ich habe mir das Kleid im Vorjahr fürs Erntedankfest schneidern lassen. Du weißt schon, der Rock hat ein zartes Blumenmuster am Saum ... Heute ist mir dieses Kleid aber sicher noch zu warm. Sobald die Morgennebel zum Feldkopf rüberziehen und der Sonne Platz machen, steht uns ein schöner Spätsommertag bevor.«

»Altweibersommer«, sagte Gerda und blickte gedankenverloren nach draußen. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihr Spiegelbild in der Glasscheibe. »Wie passend ...«

»Aber geh, Gerda!«, lachte Hedi. »Alte Weiber sind wir zwei noch lange nicht. Ich bin erst Mitte vierzig und du bist überhaupt noch zehn Jahre jünger als ich! Da hat das Leben grad erst angefangen!«

»Freilich. Falls ich aber jemals heiraten sollte – eine junge Braut werde ich nimmer werden ...«

»Na und? Junge Bräute gibt es eh zu viele. Ich finde ja, man muss es sich gut überlegen, bevor man den großen Schritt ins Eheleben wagt. So was kann leicht einmal schiefgehen.«

»Das sagst ausgerechnet du? Du hast doch so jung geheiratet, Hedi!«

Hedi lächelte. »Ja, gerade, weil ich so ein Riesenglück mit meinem Andi habe, sage ich das. Zu viele Leute nehmen diese große Entscheidung auf die leichte Schulter und bereuen es nachher.«

Später dachte Hedi oft an diese Worte, denn kaum hatte sie sie ausgesprochen, räusperte sich jemand hinter ihr. Als sich die beiden Frauen umdrehten, sahen sie sich einem der Hotelgäste gegenüber: Niko Habermann war ein attraktiver Mittdreißiger, der Gerda schon sehr gefallen hätte. Aber erstens waren Gäste für die Hausdame des Hotels tabu, zweitens war Herr Habermann schon vergeben. Dabei fiel der wohlhabende Wiener Unternehmer mit seinen kurzgeschnittenen rötlichen Haaren, dem fein gestutzten Vollbart und seinem sportlichen Wesen ganz genau in Gerda Stahmers »Beuteschema«.

»Wie Robert Redford!«, hatte Gerda ihrer Freundin Hedi zugeraunt, nachdem der Mann gemeinsam mit seiner hübschen Begleiterin vor wenigen Tagen eingecheckt hatte.

Nun, die hübsche Begleiterin – Paulina Höfer, achtundzwanzig Jahre alt, blond und mit einer Figur wie ein Fotomodell – war der Hauptgrund dafür, dass sich Gerda den attraktiven Mann sofort wieder aus dem Kopf geschlagen hatte. Das Paar turtelte jeden Abend bis zur Sperrstunde verliebt in der Bar des Hotels oder im urigen Weinstüberl. Tagsüber folgten die beiden allerdings getrennten Interessen: Paulina bevorzugte gemütliche Wanderungen, während sich Niko auf dem Tennisplatz hart umkämpfte Matches mit dem Sportlehrer des Hotels, Lukas Einrieder oder mit dem Chef Andi Kastler lieferte. Außerdem war der durchtranierte Jungunternehmer in Kitzbühel auf dem Golfplatz und im Yachtclub vom Achensee anzutreffen. Paulina hingegen genoss es, nach ihren Spaziergängen faul im Schatten der Kastanienbäume zu liegen und in dicken Wälzern zu schmökern.

Zu Andis Missfallen hatten Hedi und Gerda anfangs gerätselt, welcher Art die Beziehung zwischen Niko und seiner hübschen Begleiterin war, da die beiden tagsüber kaum Zeit miteinander verbrachten.

»Das geht uns nix an!«, hatte der Hotelchef klargestellt, aber die beiden Frauen hatten nur abgewartet, und mit dem Tuscheln weitergemacht, sobald Andi das Zimmer verlassen hatte.

»Sie arbeiten zusammen«, hatte Gerda gemunkelt. »Ich habe gehört, wie sie über Geschäftliches gesprochen haben.« Die Hausdame des Hotels wusste noch mehr: »Niko Habermann ist der Eigentümer eines altehrwürdigen Wiener Familienunternehmens. Die Habermanns haben schon zu Kaisers Zeiten Möbel für die bessere Gesellschaft gebaut. Niko ist der einzige Sohn und Alleinerbe. Paulina hat zuerst in der Personalabteilung gearbeitet, inzwischen ist sie Nikos persönliche Assistentin und eine erfolgreiche Möbeldesignerin.«

»Persönliche Assistentin, ach so?« Gleich darauf hatte sich Hedi ihrer Rolle als Hausfrau besonnen, die zwar alles über ihre Gäste wissen durfte, aber nichts davon je kommentierte. »Woher weißt du das alles, Gerda?«

Gerda Stahmer hatte verlegen in ihren brünetten, schulterlangen Haaren herumgezupft.

»Internet«, sagte sie nur. »Da kannst du alles nachlesen.«

Doch schon am ersten Abend hatte sich bestätigt, dass Niko und Paulina ein Paar waren. Die beiden konnten ja kaum die Finger voneinander lassen!

Nachdem dies klar war, hatte sich Gerdas Interesse am Privatleben von Niko Habermann und Paulina Höfer jäh abgekühlt. Deshalb blieb sie auch jetzt ganz entspannt, als sie sich zu Niko Habermann umwandte.

»Wie können wir Ihnen helfen?«, fragte sie freundlich und mit so professioneller Distanz, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, sie hätte an diesem Mann je mehr Interesse verspürt, als es sich für die Rezeptionistin eines Hotels gegenüber einem Hotelgast gehörte.

»Ich brauche Ihre Hilfe!«, gestand Niko Habermann und knetete nervös seine Hände. Er sah sich um, als würde er eine Verschwörung planen. Und genau das hatte er tatsächlich im Sinn: »Ich möchte meine Bekannte ... meine Freundin ... Frau Höfer ...« Er verstummte, weil ihm anscheinend nicht einfiel, welche Bezeichnung für die Frau an seiner Seite die passende war.

»Ja?«, fragte Hedi und lächelte den Mann dabei so offen an, dass er seine Bedenken über Bord warf.

»Ich möchte ihr einen Heiratsantrag machen«, fuhr er fort.

Hedi und Gerda wussten nicht ganz, worauf Herr Habermann hinauswollte.

»Da gratulieren wir aber von Herzen!«, sagte Hedi schließlich. »Sie beide geben ein hübsches Paar ab!«

»Vielen Dank. Es ist nur ... ich will ihr den Antrag heute machen. Abends. Im Weinstüberl.«

»Ahhh!« Die Hotelchefin hatte endlich verstanden. »Und wir sollen Ihnen dabei helfen!«, stellte sie fest. Oh, das war eine Aufgabe ganz nach ihrem Geschmack. Sogar Gerda hatte nur kurz geschluckt, jetzt lächelte sie von einem Ohr zum anderen. »Eine großartige Idee, Herr Habermann!«, rief sie und klatschte in die Hände. »Und was haben Sie sich genau vorgestellt?«

***

Das Weinstüberl war eine stilvoll renovierte Jagdstube im rustikalen Stil. Unter den holzgeschnitzten Zierleisten der Vertäfelung hatten dereinst nicht nur Prinzen und Grafen gespeist, sondern auch heute noch wurde das Stüberl gern von den vornehmen Bewohnern St. Christophs besucht.

Es war ja so, dass der malerische Ort St. Christoph nicht nur das Hotel, eine hübsche Dorfkirche und pittoreske Bauernhäuser beherbergte, sondern auch ein kleines Barockschloss. Dieses thronte majestätisch auf einem der beiden Hügel, die sich zu beiden Seiten des Dorfs jeweils hinter den Schildern mit dem herzlichen »Willkommen!« erhoben. Der eine der beiden Hügel befand sich praktischerweise gleich dort, wo man die eng gewundene Straße von Mayrhofen heraufkam – hier oben breitete sich das Sporthotel Am Sonnenhang aus. Neben dem schönen Tirolerhaus gehörte ein schöner, beinahe parkähnlicher Garten zum Areal. Auf der anderen Seite des Dorfs, dem Krähenwald zugeneigt, befand sich der »Schlossberg«. Bewohnt wurde das Schloss von Baron von Brauneck und seiner Familie. Der Baron besaß eine große Likörfabrik in Jenbach und war Vater einer entzückenden Tochter, die schon allein dafür sorgte, dass es im Schlössl nicht zu abgehoben zuging.

Mochte es im Schlössl auch viele romantische Ecken geben, so war das urige Weinstüberl im Hotel Am Sonnenhang dennoch für den Baron und seine Freunde ein besonderes Platzerl. Vor allem die Schachpartien, die hier zwischen dem Altdoktor von St. Christoph und dem Baron ausgetragen wurden, waren legendär. Immer wieder reservierte der Herr Baron auch gleich das ganze Stüberl, um seine ausländischen Geschäftspartner mit dem rustikalen Tiroler Charme des Hotels zu beeindrucken.

Was für ein Glück, dass an diesem Abend keine größere Buchung bekannt gegeben worden war!

Seit Hedi von dem Plan des Wiener Unternehmers erfahren hatte, seiner Freundin einen Antrag zu machen, rannte sie schier im Kreis. – Dennoch, eine Hedi Kastler schaffte es auch im größten Stress, einen klaren Kopf zu bewahren. Es galt, das Stüberl stimmungsvoll, aber nicht zu aufdringlich zu dekorieren, denn die zukünftige Braut sollte schließlich keinen Verdacht schöpfen, bevor Niko Habermann das Wort ergriff.

»Kerzen!«, murmelte Hedi, als sie am frühen Nachmittag an ihrem Ehemann Andi vorbeijagte.

»Was ist denn heute mir dir los, Spatzl?«, erkundigte sich Andi, der gerade von einer ausladenden Tennispartie mit Niko Habermann zurückkehrte.

Er hatte sein Handtuch lose um seine Schultern geschlungen, was ihm ein jugendliches Aussehen verlieh. Vielleicht war ja auch dies der Grund für Hedi, stehen zu bleiben und ihren Gemahl anzulächeln: »Ich muss eine Überraschung vorbereiten, Schatzl!«, verkündete sie und sah sich erst gründlich nach allen Seiten um, bevor sie Andi in das abends stattfinden sollende Ereignis einweihte.

Der Hotelier war sofort Feuer und Flamme.

»Komisch«, wunderte er sich nur. »Ich bin eben mit dem Herrn Habermann zwei Stunden lang auf dem Tennisplatz gestanden, und er hat kein Wort verraten!«

»Männer«, sagte Hedi nur. »Sobald du geduscht hast, kannst du mir helfen, im Stüberl eine Girlande über den Ecktisch zu spannen. Die Kunst ist, dass es auf den ersten Blick nicht auffallen darf, aber es muss dennoch stimmungsvoll und romantisch sein!«

»Stimmungsvoll und romantisch«, wiederholte Andi, als er schnell in Richtung der Personalduschen weiterging.

Für ihn war ein derartiger Auftrag nichts Neues. Er fragte sich nur, ob es an der Kuppelleidenschaft seiner Frau lag oder an der Atmosphäre des Hotels, dass hier immer wieder verliebte Paare zueinanderfanden.

***

Dank der Bemühungen der umtriebigen Hotelchefin lag das Weinstüberl abends in perfekter, »stimmungsvoll-romantischer« Bereitschaft. Die zukünftige Braut Paulina Höfer bemerkte davon jedoch nicht viel, denn sie fand das Hotel sowieso als Ganzes zauberhaft.

Für Paulina hatten sich diese spontanen Urlaubstage als herrlich erholsam erwiesen. Nachdem ihr Freund Niko seine Freizeit am liebsten beim Sport verbrachte, hatte sie genügend Zeit für ausgedehnte, verträumte Spaziergänge durch den malerischen Wald, der den Ort umgab. Dabei hatte Paulina einen entzückenden Badesee entdeckt, den »Kuckuckssee«, wie ihr Hotelchef Andreas Kastler später erklärt hatte. Paulina war mit der Kabinenbahn auf den Feldkopf hinaufgefahren und oben ein bisschen über den Kamm gewandert. All das stellte für die junge Frau keinerlei sportliche Herausforderung dar – aber nach einer solchen suchte sie auch gar nicht. Sie genoss es viel mehr, nachmittags mit einem guten Buch oder einem Kreuzworträtsel wieder im Hotelgarten herumzulungern und sich gemütlich zu entspannen. Nikos zärtliche Gesellschaft war an den Abenden dann die perfekte Draufgabe.

Seit einem halben Jahr waren die beiden jungen Leute mehr als Chef und Assistentin. Ihre Liebesbeziehung hatte sich unspektakulär entwickelt – sie fanden einander attraktiv, sie respektierten einander, und sie verspürten beide einen gewissen Freiheitsdrang, der sie davon abhielt, allzu sehr aneinander zu klammern.

Niko war nach seiner ersten, gescheiterten Ehe ein »gebranntes Kind« und erklärte bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass er nie wieder auf die Unabhängigkeit verzichten wollte, die er zurzeit besaß.

Paulina hatte schon als Kind – allerdings unfreiwillig – den Wert der Unabhängigkeit schätzen gelernt. Heute konnte sie es sich gar nicht mehr anders vorstellen. Zwar flogen ihren Gedanken, wenn sie durch den Wald spazierte oder auf der Hotelwiese den Schmetterlingen zuschaute, durchaus in romantische Fantasien – aber das waren eben nur Träume. Im wirklichen Leben war Paulina froh, nicht jede freie Minute mit ihrem Freund verbringen zu müssen. Niko und sie hatten eben unterschiedliche Interessen, und keiner von ihnen wollte auf seine Unabhängigkeit verzichten.