Das Berghotel 303 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 303 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Ganz St. Christoph ist in heller Aufregung, als bekannt wird, dass einer der ihren, Florian Bichl, bei der landesweit bekannten Fernseh-Show "Hofliebe" mitmachen wird. Zugegeben nicht ganz freiwillig: Seine Brüder Peter und Maik haben ihn angemeldet - und übernehmen voll guten Willens auch gleich die Auswahl der passenden Bewerberinnen, die Florian für eine "Hofwoche" besuchen sollen. Denn darum geht es ihnen in bester Absicht: dass der ältere Bruder, dem sie von Herzen gut sind, endlich seine Traumfrau findet!
Und so wird das Berghotel "Am Sonnenhang" nicht nur Unterkunft für das Filmteam, sondern auch Schauplatz eines fröhlichen Kennenlernfestes für Florian und die Kandidatinnen Mara und Susanne. Doch welche Turbulenzen die dann folgende Hofwoche bereithält, hätte man keinem Drehbuchautor der Welt abgenommen - wie denn auch, wenn die Liebe wie der Blitz einschlägt, und das nicht nur einmal, sondern auch noch da, wo man es am wenigsten erwartet hätte? Fest steht: In St. Christoph hat man sich nach diesen denkwürdigen Filmaufnahmen einiges zu erzählen ...


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Inhalt

Cover

Bauer sucht Traumfrau

Vorschau

Impressum

Bauer sucht Traumfrau

Florian nimmt an einer TV-Datingshow teil

Von Verena Kufsteiner

Ganz St. Christoph ist in heller Aufregung, als bekannt wird, dass einer der ihren, Florian Bichl, bei der landesweit bekannten Fernseh-Show »Hofliebe« mitmachen wird. Zugegeben nicht ganz freiwillig: Seine Brüder Peter und Maik haben ihn angemeldet – und übernehmen voll guten Willens auch gleich die Auswahl der passenden Bewerberinnen, die Florian für eine »Hofwoche« besuchen sollen. Denn darum geht es ihnen in bester Absicht: dass der ältere Bruder, dem sie von Herzen gut sind, seine Traumfrau findet!

Und so wird das Sporthotel »Am Sonnenhang« nicht nur Unterkunft für das Filmteam, sondern auch Schauplatz eines fröhlichen Kennenlernfestes für Florian und die Kandidatinnen Mara und Susanne. Doch welche Turbulenzen die dann folgende Hofwoche bereithält, hätte man keinem Drehbuchautor der Welt abgenommen – wie denn auch, wenn die Liebe wie der Blitz einschlägt, und das nicht nur einmal, sondern auch noch da, wo man es am wenigsten erwartet hätte? Fest steht: In St. Christoph hat man sich nach diesen denkwürdigen Filmaufnahmen einiges zu erzählen ...

Florian Bichl war gerade dabei, das Hühnerfutter aus dem Sack in die blecherne Aufbewahrungstonne zu kippen. Da kamen seine Brüder Maik und Peter durchs Scheunentor herein.

Alles staubte, und Florian hustete. Es war nicht sein Tag. Ein Alpaka war ausgebüxt und hatte Teile des Küchengartens zunichtegemacht, bevor er es auf die Koppel zurückmanövriert hatte, wobei er sich seine beste Arbeitshose am Zaun aufgerissen hatte.

Nun klaffte an seinem Oberschenkel ein Loch, und von der Klauenpflege bei seinen Schafen war er auch noch von oben bis unten mit Schlamm verdreckt. Hannibal hatte sich ein bisserl zu hartnäckig gewehrt.

In diesem Moment also – am späten Nachmittag – wünschte er sich nur noch unter die Dusche und dann auf die Couch. Wenn er die Hühner versorgt hatte, konnte er durchschnaufen.

Doch dass seine Brüder ihn unter der Woche überraschend besuchten, war ungewöhnlich. Irgendetwas musste vorgefallen sein, und Florian ahnte, dass sich dieser verflixte Tag noch ein bisserl in die Länge ziehen würde.

Stirnrunzelnd richtete er sich auf und rieb sich den Futterstaub aus den Augen.

»Maik. Peter. Was verschafft mir die Ehre?«, wollte er wissen.

Florian war mit dreißig Jahren der älteste der drei Bichl-Brüder und hatte den Familienhof geerbt, als ihre Eltern vor wenigen Jahren verstorben waren. Er war mittelgroß, knappe ein Meter achtzig, und hatte kurzes dunkelblondes Haar, das jetzt allerdings hell vom Staub war, verschwitzt und zerzaust.

Maik, der Mittlere, hatte seine Leidenschaft für gutes Bier zum Beruf gemacht. Nach einer Ausbildung zum Bierbrauer arbeitete der etwas bärige Bruder mit dem braunen Vollbart an seiner eigenen Biermarke nach alten Rezepten.

Peter hingegen, mit fünfundzwanzig Jahren der Jüngste, schraubte gern an Maschinen herum und verdiente seine Brötchen bei einem Landwirtschafts-Dienstleister als Landmaschinenmechaniker. Er war groß, schlank und hatte mittelblondes Haar.

Alle drei hatten die intensiv leuchtenden blauen Augen ihrer Mutter geerbt, an denen sie von Außenstehenden leicht als Brüder erkannt wurden, obwohl sie vom Charakter her völlig unterschiedlich waren. Während der gemütliche Maik letztes Jahr seine Jugendliebe aus Schulzeiten geheiratet hatte, schien der freche Peter von einem lockeren Flirt zum nächsten zu eilen und sich bei den Madeln nicht festlegen zu wollen. Florian selbst hätte gern so wie Maik die Frau fürs Leben gefunden – die große Liebe. Nur war ihm die Richtige noch nicht über den Weg gelaufen.

Nun musterte Peter ihn mit belustigtem Blick.

»Wie schaust du denn aus?« Er wandte sich an seinen Bruder. »Können wir ihn so überhaupt vor die Kamera lassen?«

Maik zuckte lapidar mit den Schultern.

»Wird schon gehen. Ich mein', die suchen ja schließlich einen Bauern, gell? Da kann man net erwarten, dass er sich bei der Arbeit net schmutzig macht.«

»Kamera?«, fragte Florian verdutzt. »Wovon redet ihr?«

Doch ehe einer der beiden antworten konnte, hörten sie draußen auf dem Hof Motorengeräusche, als hielten dort mehrere Fahrzeuge.

Peter klopfte Florian notdürftig den Staub aus dem Hemd und verkündete stolz: »Wir haben eine Überraschung für dich, Bruder.«

Ungeduldig schlug Florian seine Hand weg und zog die Augenbrauen zusammen. Am Ende eines so ärgerlichen Tages war er nicht für Rätselspiele aufgelegt.

»Ich will jetzt sofort wissen ...«

Da wurde das Scheunentor aufgeschoben, und grelles Licht schien zu ihnen herein.

»Ist hier ein Florian Bichl im Raum?«, fragte eine hohe, leicht affektiert klingende Stimme.

Eine Frau Mitte vierzig mit engen Jeans und einer weit um sie herumflatternden weißen Bluse trat durch das Tor. Sie hatte kinnlanges, zu perfekten blonden Wellen gelegtes Haar und war stark geschminkt. Obwohl die Scheune intensiv nach Futtermitteln, Stroh und Einstreu roch, nahm Florian ihr aufdringliches Parfüm wahr. Es kitzelte ihn in der Nase, dass er niesen musste.

Die Hände zusammenschlagend, schaute sich die Besucherin im ganzen Raum um, als bewunderte sie die Kulisse eines Theaterstücks. Gefolgt wurde sie von einer schlanken jungen Frau mit einer schweren Kamera an der Schulter, deren Scheinwerfer Florian in den Augen brannte. Nach dem Dämmerlicht hier drinnen war es deutlich zu grell. Außerdem mit von der Partie war ein Tonassistent, dessen weit ausgelegter Tonarm vor Florians Nase baumelte.

Er blinzelte. »Was zum ...?«

»Mei, das ist ja perfekt hier!«, jubelte die Frau mit dem starken Parfüm und schenkte ihm kaum Beachtung. »So ein idyllischer Bauernhof! Da werden Ihnen die Madeln rasch zulaufen, gell?«

»Also, das kann ich net behaupten ...«, antwortete Florian verblüfft. Den Madeln war sein Hof bislang völlig egal. »Wenn, dann interessiert sich vielleicht einmal eine für meine Alpakas ...«

»Alpakas!«, quietschte die Frau. »Umso besser! Das ist doch mal ein Alleinstellungsmerkmal!«

Jetzt wusste er wirklich nicht mehr, was er sagen sollte. Irgendetwas Seltsames ging hier vor, und seine Brüder, die beide dämlich grinsend in die Kamera blickten, schienen darin verwickelt zu sein.

»Könnt ihr zwei mir vielleicht verraten, was dieses Kamerateam hier macht?«, zischte er ihnen zu.

»Das wollten wir dir eigentlich noch erklären, ehe sie da wären. Aber dann war's schon zu spät«, erwiderte Maik schulterzuckend. »Wir haben dich zu was angemeldet ...«

»Ganz genau«, flötete die Frau und schnippte Florian völlig selbstverständlich einen Strohhalm von der Schulter.

Verwirrt runzelte der Bauer die Stirn. »Angemeldet? Wozu?«

»Was wir dir sagen wollen ...«, mischte sich nun Peter ein und grinste breit. »Du bist Kandidat bei der ›Hofliebe‹.«

»Was?« Florian ließ den leeren Futtermittelsack fallen, den er noch immer in der Hand gehabt hatte. »Ich soll bei einer Datingshow mitmachen? Seid ihr noch bei Trost?«

Ihm klappte buchstäblich die Kinnlade herunter, und er hörte es hinter der Kamera lachen. Doch das Licht blendete ihn so stark, dass er das Gesicht der Kamerafrau nicht erkennen konnte.

Er stand hier, mitten im Scheinwerferlicht, in einer löchrigen Arbeitshose, von oben bis unten mit Matsch beschmiert und mit Futterstaub in Haaren und Augen. Verschwitzt, müde, zerzaust. Florian war nicht eitel, doch auch er hatte schon besser ausgesehen. Und da sollte er Kandidat einer Datingshow sein? Bei der »Hofliebe«, der erfolgreichsten Datingshow im österreichischen Fernsehen, von der sogar er wusste, dass Millionen von Menschen sie sahen?

»Das ist net euer Ernst!«

Seine Brüder zogen grinsend die Köpfe ein.

»Doch, doch, das ist so«, verkündete gut gelaunt die perfekt gestylte Fernsehfrau, deren weiße Turnschuhe auf seinem Hof nicht lange so makellos bleiben würden. »Und jetzt zeichnen wir erst einmal deinen Steckbrief auf, damit du recht viele Zuschriften bekommst, Florian. Ich darf doch Du sagen, gell?«

Und während er sich noch fragte, ob er nicht vielleicht doch nach diesem anstrengenden Tag ins Heu gesunken war und bloß träumte, wuselte schon eine Maskenbildnerin um ihn herum und tupfte ihm Puder auf die mit Schlamm beschmutzte Nase.

»›Hofliebe‹«, knurrte er in Richtung seiner Brüder, die sich offensichtlich köstlich amüsierten. »Ihr hättet mich wenigstens vorwarnen können.«

***

Julia Kunze ließ die Kamera sinken und lächelte.

Seit Tagen war das Team um Regisseurin Andrea Priem in den österreichischen Alpen unterwegs, um von zehn unterschiedlichsten Bäuerinnen und Bauern Steckbriefe zu drehen, die dann im Fernsehen ausgestrahlt werden würden. Die Kandidatinnen und Kandidaten hatten sich zum Teil regelrecht überschlagen, um vor der Kamera gut auszuschauen – wussten sie doch, dass es von diesem, einen Monat vor der eigentlichen Show ausgestrahlten, Steckbrief abhing, wie viele Zuschriften sie bekamen. Die meisten suchten die große Liebe, manche wollten vielleicht auch nur Bestätigung, aber gut rüberkommen wollten sie alle.

Nur dieser hier, der zehnte und letzte Kandidat, war offenbar anders. Drei Jahre war die Siebenundzwanzigjährige schon dabei, und noch nie hatte sie einen Burschen gesehen, der vor ihrer Kamera derart zerrupft ausgeschaut hatte. Ein bisserl wie eines seiner Hühner, die sie draußen in einer Umzäunung gesehen hatte. So wie bei denen das Gefieder, stand auch Florian Bichls Haar in alle Richtungen, und seine Arbeitskluft – die bei anderen Bauern unnatürlich sauber gewesen war – wirkte, als hätte auch er eine Weile im Staub gescharrt.

Wütend fauchte er seine Brüder an, sobald die Kamera aus war.

»Seid ihr zwei vollkommen narrisch geworden? Ihr könnt mir doch net das Fernsehen auf den Hals hetzen!«

Na, so freundlich waren sie noch nirgends empfangen worden. Julia gluckste.

»Bruder.« Der große Schlaksige im neonfarbenen T-Shirt, offenbar der Jüngste der drei, legte ihm beruhigend eine Hand an den Oberarm. »Maik und ich fanden, es wär' an der Zeit, dass du die Frau fürs Leben findest. Und weil du ja selber nix unternimmst ...«

Florian schnaubte wütend und wollte sich abwenden, doch Regisseurin Andrea verhinderte das.

»Lang haben wir nimmer Zeit, eh uns das Licht ausgeht. Die Eingangsszene, wie wir dich auf dem Hof auffinden, haben wir ja schon im Kasten. Jetzt geht's an deinen Steckbrief. Wie ich seh', hast du nix vorbereitet ...« Andrea legte einen manikürten Finger ans Kinn und betrachtete ihn wie eine Bildhauerin ihr ein neues Werk. Das weiße Herrenhemd wirkte dabei wie ein Künstlerkittel. »Na, wir werden improvisieren müssen. Kommt einmal alle mit.«

Sie rauschte davon, und Julia folgte ihr seufzend. Jetzt kam freilich wieder einer ihrer glorreichen Einfälle. »Ländliche Idylle« war Andreas Lieblingsausdruck. Die galt es für die »Hofliebe« jedes Mal herzustellen, denn die Leute fuhren nun einmal darauf ab. Julia fragte sich manchmal insgeheim, ob ein wenig Realität in Form von echten, schmutzigen Arbeitsklamotten und nicht gar so perfekten Höfen vielleicht nicht schaden könnte. In der Show sah es immer so aus, als würden Landwirtinnen und Landwirte den ganzen Tag liebevoll auf ihre Kühe einreden und dem Gemüse beim Wachsen zuschauen ...

Dabei tat es Florians Attraktivität durchaus keinen Abbruch, dass er in diesem Moment ein bisserl urwüchsig wirkte, dass seine schwarze Arbeitshose nicht heile war und auf dem karierten Hemd die Spuren einer Schlammschlacht prangten.

Gerade im staubigen Gesicht kamen diese intensiven Augen von der Farbe eines strahlenden Frühlingshimmels perfekt heraus. Sie sah Florians dichtes, dunkelblondes Haar, durch das die Maskenbildnerin noch im Gehen mit den Fingern fuhr, um den Staub herauszuschütteln. Und der Anblick seiner muskulösen Schultern, die sich unter dem Hemd abzeichneten, war ebenfalls nicht zu verachten.

Nein, Florian Bichl war ganz und gar kein unattraktiver Mann. Im Gegenteil, dass er zu tun hatte und sich eher widerwillig von Andrea ins Hühnergehege schieben ließ, machte ihn in Julias Augen sympathisch.

»Hol doch bitte rasch diesen Strohballen da«, kommandierte Andrea ganz selbstverständlich den hoch aufgeschossenen Bruder – Peter – herum.

Der machte gut gelaunt mit und drapierte den Strohquader so zwischen den Hühnern, dass Florian sich daraufsetzen konnte. Nun wurde rasch noch ein Blecheimer mit Stroh gefüllt, und der bärtige Bruder – Maik – musste aus der Küche die Eier vom Vortag holen, damit sie dekorativ im Eimer liegen konnten. Das Ganze stand dann neben Florians Füßen und schien Andreas Zustimmung zu finden.

»Ländliche Idylle ...«, murmelte die Regisseurin und tippte sich abermals an die Lippen, während die Maskenbildnerin den nervös dreinblickenden Florian mit einem Staubtuch bearbeitete, das eigentlich für die Kameralinse vorgesehen war.

»Ach, ich weiß! Du nimmst einfach das Huhn auf den Schoß. Dann ist es perfekt!«

»Die Jette?«, fragte Florian entgeistert. »Ich bin gar net so sicher, ob ich hier mitmachen will ...«

Doch Andrea ignorierte seine Bedenken und fing mit einer Geschicklichkeit, die Julia ihr gar nicht zugetraut hätte, das Huhn ein.

Zack, hatte Florian es auf dem Schoß und hielt es mit beiden Händen.

Julia nahm die Kamera hoch.

»Wenn die Chefin bestimmt, bleibt dir nur eines: mitmachen«, scherzte sie und warf einen Blick durch den Sucher. »Aber wir machen's uns nett, gell? Sieh's als groß angelegten Spaß.«

»Ein Spaß auf meine Kosten?«, erwiderte Florian zweifelnd und blickte auf sein Huhn hinab, das sich in aller Seelenruhe das weiße Gefieder mit den hübschen dunklen Flecken im Nacken putzte.

»Schau, der Jette scheint's jedenfalls zu gefallen. Sie macht sich schön für ihren Fernsehauftritt.«

»Sie ist modebewusstes Huhn«, gab Florian näselnd zurück. »Nach einer Designerin benannt.«

»Holla!«, witzelte Julia. »So viel modischen Sachverstand hätt' ich ihrem Besitzer net zugetraut.«

»Na hör mal! Du kennst mich doch gar net!«, widersprach Florian mit gespielter Empörung, doch seine himmelblauen Augen funkelten amüsiert.

Es sah toll aus. Sehr telegen.

»Ja klar, zerrissene Arbeitshosen und vermatschte Hemden sind voll im Trend. Hab' ich letzte Woche noch auf der Mailänder Modemesse gesehen.«

Julia verbiss sich ein Grinsen. Sie wusste, sie musste jetzt gleich den Mund halten, weil der Tonmann sein Mikrofon schon in Stellung gebracht hatte.

Doch als in diesem Moment Florian in schallendes Gelächter ausbrach, war es, als wäre in seinem Gesicht ein Licht aufgegangen. Eines, das ihr so gut gefiel, dass ihr Herz heftig zu klopfen begann und sie vor Überraschung die Kamera sinken ließ.

In der letzten Staffel hatte eine der Kandidatinnen behauptet, sie sei bei der »Hofliebe« der Liebe auf den ersten Blick begegnet. Das hatte Julia ziemlich albern gefunden. Doch nun, beim Anblick von Florians attraktivem Gesicht, das sich ihretwegen aufhellte wie Sonnenschein nach einem Gewitterguss, ahnte sie, wie sich das angefühlt haben musste.

Fast wirkte es, als sähe auch Florian sie plötzlich mit anderen Augen. Ihre Blicke trafen sich, und ein Kribbeln durchlief ihren Körper.

Die Kandidatin hatte am Ende der Staffel geheiratet und erwartete ihr erstes Kind.

Aber Julia war keine Kandidatin. Sie war als Kamerafrau hier: eine Beobachterin, durch deren perfekt scharf gestellte Linse die Menschen miterleben würden, wie Florian die Liebe fürs Leben fand.

Dass sie in diesem Augenblick wünschte, sie könnte eine der Frauen sein, die er zum Kennenlernfest einladen würde, war freilich absurd und unprofessionell ...

Resolut klatschte Andrea in die Hände, und Julia zuckte zusammen. Schnell hob sie die Kamera an die Augen. Die Maskenbildnerin wuselte aus dem Bild, und Florians Lächeln flackerte, hielt jedoch stand, weil Jette selbstbewusst das Hühnerkopferl reckte und direkt in die Kamera sah, als wäre sie die Hauptperson.

Julia grinste und sah, wie Florian ihr Grinsen erwiderte.

»Alles klar«, tönte Andrea. »Fangen wir an.«

***

Eine Woche nach der Ausstrahlung des Steckbriefs traf auf dem Bichl-Hof ein ganzer Karton mit Zuschriften ein, die die »Hofliebe«-Redaktion erhalten hatte. Florian stellte ihn auf den Küchentisch und kümmerte sich erst einmal um seine Tiere. Später sollte noch eine Klasse aus einer nahe gelegenen Grundschule kommen. Man hatte eine Alpaka-Tour samt Rahmenprogramm bei ihm gebucht, und er musste die sanften, aber manchmal recht sturen Tiere dafür vorbereiten.

Das war Florians Lieblingsteil an der Arbeit auf seinem Hof. Anders als seine Eltern, die noch eine klassische Rinderzucht betrieben hatten, hielt er verschiedene Tierarten, die bei ihm artgerecht leben durften. Um dieses tierfreundliche Verhältnis an nachfolgende Generationen weiterzugeben, bot er erlebnis- und umweltpädagogisches Programm. Auch den jüngsten Kita-Kindern brachte er schon bei, wie wichtig ein vorsichtiger Umgang mit Tieren war. Seine Hühner hatten sich als Therapiertiere einen Namen gemacht und wurden in unregelmäßigen, eher weit gesteckten Abständen an Seniorenzentren oder Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen verliehen. Gerade die freche Jette hatte ein Talent dafür, autistischen Kindern eine ganz neue Erlebniswelt zu eröffnen.

Wenn er eine Frau fand, wäre es toll, wenn sie diesen Teil seiner Arbeit wertschätzen könnte, überlegte er. Sie müsste keine Bäuerin sein, aber sollte verstehen, was ihm daran so wichtig war. Und wenn sie dann noch den bissigen Humor der Kamerafrau hätte ...

Auf dem Weg zur Alpaka-Weide, den Kaffee im Thermosbecher dabei, brummte das Handy in seiner Hosentasche.

Ist schon Post da?, ploppte Peters Nachricht in der Familiengruppe auf, in der die Brüder sich austauschten.

Florian seufzte. Seit Tagen fragten Peter und Maik neugierig nach. Die Datingshow schien ihnen viel wichtiger zu sein als ihm selbst.

Jap, lautete seine knappe Antwort, und in einer weiteren Nachricht fügte er erklärend hinzu: Heute Morgen ist ein Karton voller Briefe gekommen.

Ein ganzer Karton? Super! Net aufmachen!, kam postwendend von Peter zurück. Maik und ich kommen vorbei. Gell, Maik?

Der bestätigte mit einem Daumen nach oben.

Moment mal, ich hab' heut' eine Alpaka-Wanderung ...

Florian war nicht sicher, ob er die Brüder beim Öffnen der Briefe dabeihaben wollte. Er war noch sauer, weil sie ihn hinter seinem Rücken angemeldet hatten. Wenn sie so mit ihm umsprangen, würden sie ihn sicher auch bei der Auswahl der Kandidatinnen überstimmen ...

Keine Widerrede! Wir kommen!

Und obwohl Florian seine Aussage, er wolle das nicht, mit einem wütenden Teufelchen-Symbol unterstrich, kam von Peter nur noch ein Tränen lachender Smiley zurück.

Stöhnend steckte Florian das Handy weg. Was hatten seine Brüder ihm da nur eingebrockt?

Es gab so viel zu tun auf dem Hof! Das frisch eingetroffene Futter musste verstaut, der Hühnerstall grundgereinigt, eine wacklige Stelle im Alpakazaun repariert und ein Termin mit dem Tierarzt für die Schafe vereinbart werden. Außerdem wucherte im Küchengarten das Unkraut, und überhaupt hätte der Hof dringend einen Rundumputz gebraucht.