Das Berghotel 337 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 337 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Dicke Schneeflocken wirbeln vor den Autoscheinwerfern, als Marc und Lara sich auf den Weg in die Berge machen. Der Weihnachtsurlaub im Berghotel in St. Christoph soll die ersehnte Auszeit werden - weit weg vom Alltag und vor allem von Marcs Arbeit, die ihn ständig in Beschlag nimmt. Doch schon auf der Fahrt merkt Lara, dass etwas nicht stimmt. Immer wieder wirft Marc nervöse Blicke auf sein Handy.
Anfangs versucht Lara, sich nichts anmerken zu lassen. Sie will die romantische Zweisamkeit genießen, das knisternde Kaminfeuer und die stille Magie der schneebedeckten Berge. Doch als Marc im Urlaub heimlich telefoniert, wird sie misstrauisch. Ist es doch wieder die Arbeit, die er nicht loslassen kann? Ihr Herz wird schwer. Hat er sein Versprechen, sich einmal ganz auf sie zu konzentrieren, schon wieder vergessen?

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Sein Versprechen zum Christfest

Vorschau

Impressum

Sein Versprechen zum Christfest

Roman um die Magie der Weihnachtszeit

Von Verena Kufsteiner

Dicke Schneeflocken wirbeln vor den Autoscheinwerfern, als Marc und Lara sich auf den Weg in die Berge machen. Der Weihnachtsurlaub im Berghotel in St. Christoph soll die ersehnte Auszeit werden – weit weg vom Alltag und vor allem von Marcs Arbeit, die ihn ständig in Beschlag nimmt. Doch schon auf der Fahrt merkt Lara, dass etwas nicht stimmt. Immer wieder wirft Marc nervöse Blicke auf sein Handy.

Anfangs versucht Lara, sich nichts anmerken zu lassen. Sie will die romantische Zweisamkeit genießen, das knisternde Kaminfeuer und die stille Magie der schneebedeckten Berge. Doch als Marc im Urlaub heimlich telefoniert, wird sie misstrauisch. Ist es doch wieder die Arbeit, die er nicht loslassen kann? Ihr Herz wird schwer. Hat er sein Versprechen, sich einmal ganz auf sie zu konzentrieren, schon wieder vergessen?

Die Magie der Weihnachtszeit. Wie oft hatten die Leute schon von diesem besonderen Zauber gesprochen! Ab Mitte November wurde der Begriff so oft benutzt, dass er schon total abgedroschen wirkte.

In den Werbespots zwischen den Filmen lachten dickbäuchige Männer mit roten Wangen in die Kameras und hielten eine Limonade ins Bild. Oder kühle Engerl in glänzenden Roben schwebten über den Bildschirm und besprühten ihre Schwanenhälse mit teuren Parfums.

In den Geschäften sorgte weihnachtliche Musik dafür, die Kunden in die richtige Stimmung zu versetzen, um kostspielige Geschenke für die Liebsten zu kaufen. Auf den Märkten plärrten Kinder mit der Ballermann-Musik des Karussells um die Wette. Statt Ihr Kinderlein, kommet wurde Zehn nackte Friseusen gespielt. Das gefiel fei nicht den Kindern. Aber mei, vielleicht bracht's den einen oder anderen Papa in Feierlaune, sodass noch ein Tasserl mehr vom Glühwein getrunken wurde.

Und anstelle von Pulverschnee fuhren die Autos durch grauen Schneematsch, der schon so manchen Fußgänger zum Fluchen gebracht hatte.

Manchmal machte es den Eindruck, als hätte das Christfest seine Magie verloren. Als wäre alles nur noch darauf ausgerichtet, die Menschen zum Kaufen zu animieren.

Und da es draußen zu laut und zu hektisch wurde, versuchten die Menschen, sich den Weihnachtszauber ins Haus zu holen. Mit Lichterketten und Kakao. Mit Kränzen, jedes Jahr größer und wuchtiger. Und Dekorationen, immer bunter, immer mehr. Und wunderten sich, dass sich der Zauber nicht recht einstellen wollte.

Überall auf der Welt suchten die Menschen die Magie der Weihnacht.

In einem kleinen Bergdorf im Zillertal fand man sie ...

***

Noch drei Tage bis Heiligabend

Die Aussicht war bedrückend. Links und rechts säumten bunt besprühte Schallschutzmauern die Autobahn. Darunter fand sich das Logo des BVB gleich mehrmals. Es war nicht nötig, auf die blauen Tafeln zu schauen, die die Ausfahrten an dieser Stelle ankündigten. Wer das Logo kannte, wusste, dass er in Dortmund war.

Lara und Marc waren gerade dabei, die Stadt im Ruhrgebiet zu verlassen. Dabei wurde ihre Abfahrt von dicken Flocken begleitet, die schon auf der Frontscheibe des Autos zu Wasser schmolzen.

»Ich bin froh, dass wir für die Reise ein Auto gemietet haben«, stöhnte Lara und legte ihren Kopf gegen die Kopfstütze. Unter ihrem Po wurde es wohlig warm. Der Wagen verfügte über Sitzheizung, ein Luxus, mit dem ihr Kleinwagen nicht mithalten konnte.

»Hm«, antwortete Marc gedankenverloren.

Ihr Freund wirkte abwesend.

»Woran denkst du?«, fragte sie ihn mit einem Seitenblick.

Die Antwort konnte sie sich schon denken. Ihr Freund, mit dem sie seit drei Jahren zusammen war, war ein regelrechter Workaholic, ein Mann, der kaum ohne seine Arbeit leben konnte. Dass ausgerechnet er es gewesen war, der vorgeschlagen hatte, über die Festtage diesen Urlaub zu machen, erstaunte sie noch immer.

»Was?«, fragte Marc und zuckte kurz zusammen.

Sie hatte ihn erwischt. Trotzdem tat sie unschuldig. Sie wollte ihm wenigstens das Gefühl vermitteln, dass sie ihm sein Versprechen abnahm.

»Ich wollte nur wissen, woran du denkst«, wiederholte sie und ließ ihre schlanken Finger zwischen seine Knöchel gleiten.

Ihre Hände waren wie füreinander geschaffen. Wie ein Puzzle, das sich zusammensetzte. Das betraf nicht nur ihre Hände. Lara glaubte von Herzen daran, dass sie und Marc füreinander geschaffen waren. Vom ersten Augenblick an, hatte sich alles ineinandergefügt. Ihre Gespräche waren unterhaltsam. Beide machten kein Geheimnis aus ihren Gefühlen füreinander. Und selbst ihre Freunde mochten sich untereinander. Gäbe es eben nur nicht dieses eine Problem.

»An nichts, mein Schatz«, antwortete Marc verzögert, hob ihre Hand und gab ihr einen Kuss darauf. Dann bewegte sich die Autoschlange vor ihnen in einem schleichenden Tempo. »Ich fürchte nur, dass wir den Urlaub auf der Autobahn verbringen müssen, wenn das so weitergeht.«

Gequält lächelte Lara. Doch dann lenkte sie sich selbst von ihrer jetzigen Situation ab, indem sie an die vorliegenden Tage dachte.

Zwei Wochen Urlaub in den Bergen erwartete sie. Marc hatte ihnen eine Unterkunft herausgesucht, die ihren Ansprüchen mehr als gerecht werden sollte. Das Sporthotel »Am Sonnenhang« versprach nicht nur Aktivurlaub, sondern auch jede Menge Entspannung mit eigenem Wellnessbereich und Pool. Lara konnte es kaum erwarten.

»Und du bist sicher, dass du deine Arbeit nicht vermissen wirst?«, pflanzte sie ihren Freund und grinste, dass ihre graublauen Augen strahlten.

Mit einem wissenden Lächeln drehte sich der Dreiunddreißigjährige zu ihr um.

»Ich verspreche dir, dass ich keinen Gedanken an die Arbeit verschwenden werde. Zum zweiten Mal.«

Marc hielt eine Hand hoch und machte dabei das V-Zeichen, um seine Worte zu unterstreichen.

Lara kicherte. »Herr Henke, Herr Henke«, sagte sie gespielt höflich, »was haben Sie nur mit meinem Freund gemacht.«

Marc lächelte. Dabei bohrten sich neckische Grübchen in seine Wangen.

»Ich habe ihn verbessert.«

***

Hunderte Kilometer weiter südlich war die Weihnachtsstimmung schon so richtig in die Bergwelt angekommen. Fast kam es der Hotelchefin Hedi Kastler so vor, als wenn mit jedem neuen Gast ein Stückerl mehr Christfest ins Berghotel zog. Jeder Besucher brachte seine eigenen Vorstellungen von Weihnachten in den Bergen mit. Und jede Besucherin hatte zusammen mit den dicken Wollpullovern große Erwartungen in ihren Koffer gepackt.

»Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt«, hieß sie ein älteres Ehepaar willkommen und händigte ihnen den Zimmerschlüssel aus.

Für die blonde Hedi war es jedes Mal eine spannende Zeit. Denn neben den umfangreichen Vorbereitungen, die schon seit November auf Hochtouren liefen, konnten sie und ihr Mann Andi nie wissen, wie das Christfest verlaufen würde. Obwohl das Berghotel zu ihrem eigentlichen Zuhause geworden war, waren doch die Menschen darin so unterschiedlich, dass sie das Geschehen um das Fest beeinflussten.

Hedi konnte sich an ein Weihnachten erinnern, an dem der halbe Flur im ersten Stock unter Wasser gestanden hatte. Ein Gast hatte sich ein entspannendes Bad gönnen wollen. Dabei war das Bad so entspannend gewesen, dass die Wanne übergelaufen und der Abfluss gleich noch verstopft gewesen war. Was hatten sie für eine Arbeit gehabt!

An einem Weihnachten in einem anderen Jahr hätte eine Besucherin ihr Kind fast im Berghotel bekommen. Das wäre eine wahre Bescherung gewesen. Glücklicherweise war Dr. Burger eingesprungen und hatte auf schnellstem Weg einen Krankenwagen ordern können. So war das Baby auf dem Weg zum Krankenhaus auf die Welt gekommen.

Hedi lächelte bei der Erinnerung an die rosigen Wangen des Kindes. Wie ein Engerl hatte es in der Wiege gelegen, als sie und Andi die glückliche Familie besucht hatten.

»Sag mal, Hedi, du schaust aber verträumt heute aus. An was denkst du denn?« Hausdame Gerda Stahmer hatte sich neben die Hotelchefin gesellt und schaute sie neugierig an. Ihre dunklen Haare lagen in weichen Wellen auf ihren Schultern.

Hedi zuckte zusammen, blickte verdutzt ihre Angestellte an und winkte lächelnd ab.

»Ach, ich war nur so in Gedanken«, antwortete sie und machte sich gleich wieder daran, ihre Liste durchzugehen, die sie speziell für die nächsten Tage angelegt hatte. Menü, stand darauf. Oder Weihnachtsdeko für die Zimmer.

»Lass mich an deinen Gedanken teilhaben«, seufzte Gerda und wischte sich eine der dunklen Wellen aus dem Gesicht. Auf ihrer Haut hatte sich ein feiner Schweißfilm gebildet, sodass ihr Gesicht ein wengerl glänzte. »Ein bisserl Ablenkung von der vielen Arbeit könnte mir guttun.«

»Wart's ihr gerade mit den Zimmerln beschäftigt?«, erkundigte sich Hedi und suchte auf ihrer Liste nach den Zimmern. Aber sie standen freilich nicht darauf. Die Arbeit der Zimmermadeln gehörten zum Tagesgeschäft.

»Alles geschafft«, antwortete Gerda und reckte einen Daumen in die Höhe. »Genauso wie ich.«

Hedi strich ihrer Hausdame aufmunternd über den Rücken.

»Du, dann gönnst du dir erst mal ein Schmankerl aus der Küche, damit du wieder zu Kräften kommst, gell. Danach schauen wir, wo wir weitermachen können.«

»Na, dein Mann scheint aber auch schon einiges erledigt zu haben«, deutete Gerda Stahmer an und zeigte mit einem Kopfnicken in Richtung Restaurant.

Dort saß der Hotelchef mit einem großen Haferl ganz allein an einem Tisch und ließ die prachtvolle Aussicht auf sich einwirken.

Hedi stemmte die Hände in die Hüften und runzelte die Stirn.

»Mei, so habe ich den Anderl lange nimmer gesehen. Meinst du, ich muss mir Sorgen machen?«, sprach sie mehr zu sich selbst.

Und noch während Gerda mit den Schultern zuckte, verließ Hedi ihren Posten hinter der Rezeption und ging durch die Tür zum Restaurant auf ihren Mann zu. Dieser schien nicht einmal mitbekommen zu haben, dass sich seine Frau genähert hatte, also räusperte sie sich vernehmlich.

»Anderl!«, sagte sie und ließ den Namen wie eine Aufforderung klingen.

Als sich der kernige Mann in den Vierzigern nicht regte, rief sie etwas lauter.

»Anderl!«

Wie ein Blitz drehte Andi Kastler seinen Kopf zu der Störquelle, vornehmlich seine Frau, um und schaute mit erschrockenen Augen auf.

»Mei, Spatzl, musst du mich so erschrecken?«, schimpfte er sie.

Und als hätte er das Haferl vor sich auf dem Tisch erst jetzt bemerkt, griff er danach und nahm einen großen Schluck. Scheinbar war der Inhalt schon kalt, denn nachdem er hinuntergeschluckt hatte, verzog er das Gesicht und stellte es wieder ab.

»Anderl, findest du das in Ordnung, dass du hier herumlungerst, während unser Personal ins Schwitzen kommt, weil's kaum Herr über die Arbeit wird?« Unaufgefordert setzte sich Hedi ihm gegenüber.

»Herrschaftszeiten, darf man sich in der Weihnachtszeit net mal eine Pause gönnen?«, protestierte der Hotelchef und schüttelte den Kopf.

Gleich darauf tat es Hedi leid, dass sie ihren Mann des Nichtstuns beschuldigt hatte. Andi Kastler war so fleißig, dass es kaum eine Aufgabe gab, die er nicht erledigte. Überall, wo Not am Mann war, sprang ihr Gatte ein. Dabei scheute er weder Arbeit noch Mühen. Das Wichtigste war ihm das Wohl der Gäste. Und genau wie seine Frau war er bereit, alles dafür zu tun.

»Es dauert mich, Anderl«, entschuldigte sich Hedi kleinlaut und legte ihre Hand auf die seine. Versöhnlich drückte er sie. »Ich habe nur gerade mit der Gerda gesprochen, und die war völlig aus der Puste.«

Andis Blick glitt wieder durch das große Panoramafenster nach draußen. Dort lag der Feldkopf in seiner winterlichen Pracht. Als der höchste Berg von St. Christoph galt er als Wahrzeichen des urigen Bergdorfes.

»Spatzl«, unterbrach er seine Frau plötzlich. Seine Stimme klang nachdenklich. Auch sein Blick hatte etwas Melancholisches an sich.

»Ja, Anderl?«, fragte Hedi und machte sich auf eine Hiobsbotschaft gefasst. So ernst erlebte sie ihren Mann nur selten. Andi war normalerweise als Spaßvogel bekannt.

»Hast du net auch manchmal das Gefühl, wir machen uns viel zu viel Stress mit Weihnachten?«, fragte er sie nun.

Hedi lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Der gemütliche Sitz tat ihrem Rücken gut, der heute vom langen Stehen in Mitleidenschaft gezogen worden war.

»Wie meinst du das denn, Anderl? Wir können doch net die Gäste abweisen. Alle haben im Voraus gebucht«, erinnerte sie ihren Mann daran und begann, an seinem Verstand zu zweifeln.

Doch Andi lächelte seine Frau liebevoll an.

»Na, die Gäste meine ich doch gar net, Spatzl«, korrigierte er sie beruhigend. »Ich meine das ganze Theater um Weihnachten.«

Hedi ließ seine Worte lange auf sich einwirken. Zuerst hatte sie ihn zurechtweisen wollen, weil sie geglaubt hatte, Andi erlaubte sich einen Spaß mit ihr. Aber als sein Gesicht kein Anzeichen eines Schalks aufwies, wurde auch sie nachdenklich.

»Mei, manchmal kommt's mir auch so vor. Aber wenn ich dann in die Augen der Gäste schau und nichts als Freude darin finde, dann weiß ich, dass sich die Arbeit gelohnt hat«, sagte sie.

Andis Augen nahmen einen goldenen Glanz an.

»Spatzl, ich glaube, du bist die Größte aller Romantikerinnen«, sicherte Andi ihr zu.

***

Von sämtlichen Seiten ertönte das Hupen von gelben Taxis und schwarzen SUVs. Ein Mann plärrte in sein Handy, dass sie sich verdammt noch mal beeilen sollte. Aus einem Kinderwagen ertönte das fröhliche Glucksen eines Kindes. Rechts erklang eine grelle Glocke, gefolgt von den Worten Fröhliche Weihnachten.

Wer einmal in seinem Leben zur Weihnachtszeit in New York gewesen war, wusste, dass die Geräuschkulisse ein wahres Potpourri an Leben war.

Nina schlenderte mit einem breiten Lächeln über die neunundfünfzigste Straße der berauschenden Metropole und blieb vor einem gewaltigen Gebäude, über dessen viertürigen gläsernen Eingang etliche Flaggen gespannt waren, stehen. Sie musste ihren Kopf in den Nacken legen, um das obere Ende des weltberühmten Bloomingsdale's auszumachen. Das Bloomingdale's zählte zu den bekanntesten und ältesten Kaufhäusern der Stadt und zeichnete sich unter anderem durch seine besonders dekorierten Schaufenster aus.

Auch heute waren die Schaufenster von einem besonderen Glanz erfüllt. Überall glitzerte etwas. Sämtliche ausgestellte Waren bezogen sich auf das vorliegende Weihnachtsfest. Und wenn es selbst nichts Weihnachtliches war, wurde es als das perfekte Geschenk verkauft. So fuhr eine dampfende Eisenbahn um einen reichlich geschmückten Christbaum herum, dessen Grün vor lauter Schmuck kaum noch zu erkennen war. Puppen trugen Samtmäntelchen. Schaufensterpuppen trugen das passende Ensemble in Menschengrößen. Und kostspielige Schuhe, Parfüms und Diamantohrringe lagen auf antiken Tisch, die aussahen, als wären sie für das Fest einer vierköpfigen Familie gedeckt. Damit alles in einem warmen Licht erschien, waren Unmengen an kleinen Lämpchen und Lichterketten angebracht worden.

Nina sah sich die Auslagen an. Diamantohrringe hatte sie sich noch nie gewünscht, auch wenn sie sie doch gerne einmal anprobiert hätte. Nur um zu schauen, ob sie sie ihr stehen würden.

Die Schuhe dagegen hatten es ihr schon eher angetan. Samtweiches Leder und ein Absatz, der einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn erforderte. Aber sie blieb standhaft.

Nina sah sich noch einmal um, schenkte dem runden Weihnachtsmann, der stetig mit der Glocke vor dem Eingang des Geschäfts klingelte, ein Lächeln und ging weiter.

Obwohl sie gerne einen Blick ins Innere des Warenhauses geworfen hätte, erinnerte sie sich daran, dass sie schon alle Geschenke besorgt hatte. Genau genommen war es nur ein Geschenk dieses Jahr.

Ihre Eltern hatten ihr und Lara ausdrücklich verboten, etwas für sie zu besorgen, da sie diesmal Weihnachten ausfallen lassen wollten. Nina hatte ihnen widersprochen und gesagt, dass sie das Fest nicht ausfallen lassen könnten und es letztlich nur auf eine andere Weise feierten. Aber ihr Vater hatte wiederholt, dass ein Weihnachten ohne Baum kein Weihnachten wäre. Und der einzige Baum, den ihr Vater in diesem Jahr sehen wollte, wäre eine Palme. Also hatten sich ihre Eltern vor fünf Tagen zu einer Kreuzfahrt in die Karibik aufgemacht, von der ihre Mutter schon seit Jahren geträumt hatte.

Die Einzige, die also ein Geschenk von Nina bekommen würde, wäre Lara, ihre jüngere Schwester.

Bei dem Gedanken daran, welche Überraschung sie für das Nesthäkchen der Familie besorgt hatte, wurde ihr warm ums Herz. Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln, wenn sie sich Laras Reaktion vorstellte.

Instinktiv griff Nina in ihre Handtasche, auf der sie stets eine Hand liegen hatte. Zwar war sie nun schon im vierten Monat ihres Sabbatjahres hier in New York, aber deswegen wollte sie nicht leichtsinnig werden. Die Großstadt lehre sie immer noch Ehrfurcht. Und sie hatte schließlich keine Lust, Opfer eines Diebstahls zu werden.