Das Berghotel 343 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 343 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Das Team des Berghotels ist in heller Aufregung, allen voran Hedi Kastler: Ihr schönes Hotel und das beschauliche St. Christoph werden Drehorte für die neue Staffel der Backsendung "Süße Herzen", in der die Kandidaten nicht nur um die besten Kuchen und Torten wetteifern, sondern sich auch in Aufgaben außerhalb des Studios beweisen müssen. Zwischen Früchtekuchen und Klettertour, zwischen Prinzregenttorte und Paragliding entwickeln sich allerdings nicht nur Konkurrenz, sondern auch zarte Gefühle unter den Teilnehmern, was Hedis wachem Auge nicht verborgen bleibt - auch wenn die Beteiligten es noch gar nicht wahrhaben wollen. Zwischen dem fast schon arrogant ehrgeizigen Manuel und Sonnenschein Marie fliegen ständig zahllose spitze Bemerkungen wie Pfeile, bis sich die beiden nach einem aufregenden Drehtag plötzlich in ganz anderem Licht sehen. Und dann wissen beide nicht mehr so genau, ob sie wirklich das Backduell gewinnen wollen oder vielleicht doch lieber das Herz des jeweils anderen, ganz ohne Konkurrenz ...

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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Backduell der Herzen

Vorschau

Impressum

Backduell der Herzen

Wenn Konkurrenz süßer schmeckt als Zucker

Von Verena Kufsteiner

Das Team des Berghotels ist in heller Aufregung, allen voran Hedi Kastler: Ihr schönes Hotel und das beschauliche St. Christoph werden Drehorte für die neue Staffel der Backsendung »Süße Herzen«, in der die Kandidaten nicht nur um die besten Kuchen und Torten wetteifern, sondern sich auch in Aufgaben außerhalb des Studios beweisen müssen. Zwischen Früchtekuchen und Klettertour, zwischen Prinzregententorte und Paragliding entwickeln sich allerdings nicht nur Konkurrenz, sondern auch zarte Gefühle unter den Teilnehmern, was Hedis wachem Auge nicht verborgen bleibt – auch wenn die Beteiligten es noch gar nicht wahrhaben wollen. Zwischen dem fast schon arrogant ehrgeizigen Manuel und Sonnenschein Marie fliegen ständig zahllose spitze Bemerkungen wie Pfeile, bis sich die beiden nach einem aufregenden Drehtag plötzlich in ganz anderem Licht sehen. Und dann wissen beide nicht mehr so genau, ob sie wirklich das Backduell gewinnen wollen oder vielleicht doch lieber das Herz des jeweils anderen, ganz ohne Konkurrenz ...

Ein leiser Wind zog um die Häuser im urigen Bergdorf St. Christoph. Das Tal war von Bergen eingekesselt wie eine Bienenkönigin, die von ihren fleißigen Arbeiterinnen beschützt wurde. Hoch über allem reckte sich der Gipfel des Feldkopfs empor, als wollte er verkünden, dass er immer noch das Sagen hatte.

Die Natur Tirols folgte ihren eigenen Gesetzen. Das Zillertal befand sich im Übergang von Winter zu Frühling. Alles war möglich. Lachten auf den Wiesen schon die ersten Krokusse der Sonne entgegen, erinnerten die schneebedeckten Gipfel der Berge daran, dass der Frühling noch aufgehalten werden konnte.

Seinen eigenen Gesetzen folgte allerdings auch das Dorfleben. Hedi Kastler, die weizenblonde Hotelchefin des Sporthotels Am Sonnenhang, eilte den Gehweg entlang, während ihr Blick von links nach rechts glitt, um allen bekannten Gesichtern einen guten Morgen zu wünschen.

»Servus, Toni«, grüßte sie strahlend und hob ihre linke Hand dabei. »Grüß mir die Paula ganz herzlich, gell.«

Bürgermeister Toni Angerer nickte kräftig und tat ihren Wunsch mit einem Winken ab, das alles bedeuten konnte.

Die fröhliche Hotelchefin ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit zügigen Schritten ging sie auf ihr Ziel zu, wobei der Rock ihres Dirndls um ihre schlanken Beine schwang. Um den Frühling herauszulocken, hatte sie sich heute für ein hellgrünes Kleid mit winzigen rosa Blüten entschieden.

Als sie den Laden der Jeggl-Alma erreichte, den man gerne auch den Dorfbrunnen nannte, machte sie einen kleinen Hüpfer zurück.

»Huch«, rief sie gerade noch aus, als Pfarrer Andreas Roseder hinaustrat.

Dieser war, wie jeden Tag, in Schwarz gekleidet.

»Frau Kastler«, grüßte er. Auch auf seinem Gesicht spiegelte sich der freundliche Morgen wider. »Wie immer früh unterwegs.«

»Servus, Herr Pfarrer«, erwiderte Hedi. »Mei, wenn man so viel zu tun hat, muss man jede freie Stunde nutzen, gell. Und an so einem schönen Tag ist's eine Freude, so früh unterwegs zu sein.«

Tief einatmend schaute sie sich um. Nur wenige Autos fuhren, da die meisten Leute zu Fuß unterwegs waren. Es war der erste Morgen des Jahres, dessen Temperaturen dazu einluden, jedes Gefährt stehen zu lassen.

»Da haben Sie recht, Frau Kastler«, bestätigte der Geistliche gütig und lächelte. »Passen Sie nur auf, dass Sie sich bei all der Arbeit auch eine Pause gönnen.«

Wieder klingelte das Glöckchen des Ladens, als eine weitere Person hinaustrat. Wie automatisch drehten sich die Köpfe zur Tür.

»Grüß Gott«, wünschte Thomas von Brauneck.

Der Neunzehnjährige war eines von zwei Kindern der Familie des Barons. Wie es aussah, war heute der Sohn zum Brötchenholen verpflichtet worden.

Als sich der Pfarrer von Hedi mit einem Winken verabschiedete und Richtung des Pfarrhauses verschwand, erinnerte sich die Blondine daran, dass sie nicht aus Vergnügen den Weg hinunter ins Dörfel gegangen war.

»Servus miteinander«, rief sie, als sie den kleinen Gemischtwarenladen betrat.

Gleich mehrere Dorfbewohner wandten sich ihr zu.

»Servus, Hedi«, grüßten sie, die die Hotelchefin freilich als Urgestein von St. Christoph kannten.

Hier im Tal kannten sich die Leute so gut, dass sich die meisten duzten. Das Schöne daran war, dass diese Vertrautheit das unbezahlbare Gefühl, zu Hause zu sein, erzeugte. Allerdings hatte es auch einen Beigeschmack: Neuigkeiten blieben meist nicht lange geheim.

Hedi schlenderte durch die Regalreihen, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Seit Kurzem verkaufte die Jeggl-Alma einen Tee, der so süß schmeckte, dass sie sich den Zucker gleich sparen konnte. Bislang hatte Hedi die Mischung nirgends entdecken können. Umso mehr freute es sie, dass noch eine einzige Packung der Teesorte übrig war. Scheinbar war sie nicht die Einzige, der die Neuanschaffung des Dorfbrunnens zusagte.

»Ah, hier steckst du, Hedi.«

Germo Niederstetter näherte sich ihr, wobei er in eine belegte Semmel biss, die zur Hälfte aus einer Brötchentüte hinauslugte.

»Na, hattest du heute keine Zeit zum Frühstücken, Germo?«, pflanzte die Hotelchefin den Postboten und beobachtete, wie er den Bissen von einer zur anderen Wange schob.

Als Germo hinuntergeschluckt hatte, meinte er: »Du, die Alma macht samstags die besten Fleischkäs-Semmeln. Das kann ich mir net entgehen lassen. Aber schau, wenn ich dich gleich hier treffe, kann ich mir den Weg hinauf zum Hotel sparen.«

Hedi beobachtete, wie der Postbote nach seiner Umhängetasche griff. Freilich hatte auch Germo einen Wagen, mit dem er die Briefe und Pakete verteilte. Trotzdem hatte er sich nie von seiner Tasche trennen können. Aus Erfahrung wusste Hedi, dass er sie nur aus einem Grund mit ins Laderl nahm: Wenn er jemanden dort traf, hatte er ein Haus weniger, das er anfahren musste.

Nun zog er ein kleines Bündel Briefe aus seiner Tasche, die der weißen Farbe der Umschläge nach allesamt wichtig aussahen.

»Da habe ich aber Glück, dass du mir die Post schon direkt geben kannst«, sagte Hedi gutmütig.

Mit einem kräftigen Biss in seine Semmel nickte Germo und machte sich schließlich davon. Doch er hatte die Tür noch nicht erreicht, als Hedi hörte, wie er Ursula Obermayer grüßte.

Die Hotelchefin sah nach links, dann nach rechts, schließlich auf den Stapel Briefe in ihrer Hand. Kurz blätterte sie ihn durch, um nachzuschauen, ob etwas Wichtiges dabei war.

»Jessas Maria«, entfuhr ihr ein überraschter Aufschrei.

Augenblicklich war es mucksmäuschenstill im Dorfbrunnen.

»Mei, brauchst du ein bisserl Aufmerksamkeit, dass du mir die Kundschaft so erschreckst?«, fragte Alma halb neckend, halb ärgerlich nach.

Hedi riss hektisch den Umschlag auf, dessen Absender ihre Halsschlagader kräftiger pulsieren ließ. Mit dem Blick auf den Brief, den sie nun herauszog, ging sie langsam in Richtung der Kasse, hinter der ihre Freundin, die Ladeninhaberin, saß.

»... möchten wir Ihnen mitteilen ...« Sämtliche Kunden scharten sich um die Hotelchefin und warteten auf ein Wort von ihr. Ihre Gesichter waren gespannt. »..., dass ...«, las Hedi weiter.

»Himmel Herrgott«, stieß Alma aus. »Was kann schon so wichtig sein, dass du hier den gesamten Verkehr aufhältst, Hedi?«

»... wir das Hotel Am Sonnenhang zum Drehort der neuen Staffel von Süße Herzen auserwählt haben.«

Stille! Nicht ein Krümel von Germo Niederstetters Semmel auf dem polierten Fußboden des Laderls war zu hören. Dann ertönte ein Jubelschrei.

»Das Fernsehen kommt«, informierte Hedi ihr zufälliges Publikum mit vor Freude geröteten Wangen.

Hände klopften ihr auf die Schulter. Sabine Burger hielt sich vor Überraschung die Hände vor den Mund. Jemand klatschte sogar. Dann hob Hedi den Kopf.

»Das muss ich unbedingt dem Anderl sagen. Und dem Kilian. Und der Gerda. Du, Alma, den Tee bezahl' ich dir am Montag, gell. Jessas Maria, was es da alles zu organisieren gibt.«

Und noch ehe irgendjemand etwas sagen konnte, huschte die Hotelchefin hinaus in den Morgen, dessen sonnige Freundlichkeit sie schon gar nicht mehr mitbekam.

***

Das Mehrfamilienhaus im Wohnquartier von Salzburg lag relativ ruhig da, weil die meisten Bewohner bei der Arbeit waren. Nur in der obersten Etage herrschte Hektik. Edda legte eine weitere Hose zu den anderen Kleidungsstücken in ihren Koffer, den sie am Vormittag hervorgekramt hatte. Die siebenundsechzigjährige Frau mit der grauen Kurzhaarfrisur hoffte, dass sie die richtige Auswahl für ihr Gepäck getroffen hatte.

Vier Hosen hatte sie nun insgesamt eingepackt. Aber sie kannte die Sendung Süße Herzen genau, hatte bereits alle Folgen geschaut. Daher wusste sie, dass sich das Produktionsteam immer wieder neue Überraschungen für die Teilnehmer einfallen ließ und die Herausforderung nicht nur im Backen, sondern auch in anderen Aufgaben bestand.

In der letzten Staffel hatten die Hobbybäcker ein Artistikseminar besuchen müssen. Zwar wurde niemand gezwungen, aber Edda wollte freilich keine Spielverderberin sein, sollte es auch in der neuen Staffel zu abenteuerlichen Ausflügen kommen. Seufzend zog sie die Hose wieder heraus. Vielleicht wäre die beige Hose mit hohem Stretchanteil eher geeignet.

***

»Und die Reitstiefel?«, rief Gero in den Flur.

Mittlerweile war er einundfünfzig Jahre alt. Sechsundzwanzig davon hatte er in diesem Haus gelebt. Er hätte also wissen müssen, wo seine Reitstiefel lagerten.

»Wozu möchtest du Reitstiefel mitnehmen, wenn es um ein Backduell geht?« Olga stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und sah ihn skeptisch an. »Möchtest du damit Plätzchen ausstampfen?«

Gero warf seiner bezaubernden Frau einen Blick zu, der sagte, dass sie sich den Spruch hätte sparen können.

»Da finden immer wieder Challenges statt«, antwortete er.

»Himmel Herrgott, Gero, musst du immer diese englischen Wörter benutzen? Du bist doch kein Teenager mehr«, ertönte Olgas genervte Stimme.

Obwohl ihr Mann nicht hinschaute, wusste er, dass sie die Augen verdrehte.

»Wo sind denn nun die Reitstiefel?«, wiederholte er seine Frage.

»Sicher net unter dem Bett«, antwortete Olga und verschwand.

»Und die Taucherbrille?«, rief er ihr hinterher.

Alles, was er erntete, war Gelächter.

***

In Ischgl stand eine Achtunddreißigjährige kurz vorm Nervenzusammenbruch. Im Nacken hatte sich Schweiß gesammelt, obwohl es gerade mal März war.

»Aber wie lange wirst du denn weg sein?«, fragte Tobi.

Tobi war der Mann, den Nadine geheiratet hatte, weil sie unbedingt Kinder hatte haben wollen. Mittlerweile hatte sie das Gefühl, mit Tobi das Komplettpaket erworben zu haben, also Mann und Kind in einem.

»Weiß ich nicht«, antwortete sie genervt und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. Vor ihr stieg eine Dampfwolke auf, als sie den Deckel vom Kochtopf hob. Die Bolognese blubberte wie heiße Lava. »Du weißt doch, dass das davon abhängt, wie weit man kommt. Wenn ich gleich beim ersten Wettbewerb rausfliege, bin ich schneller wieder da, als dir lieb ist.«

Oder mir, ergänzte sie in Gedanken.

»Aber was sollen wir denn ohne dich machen?«, fragte ihr Mann verzweifelt.

Er stand neben ihr und blickte betrübt in den Topf, als hätte er noch nie etwas Trostloseres gesehen.

»Genau dasselbe, was ihr auch macht, wenn ich da bin. Mit dem Unterschied, dass ihr euch ausnahmsweise mal gegenseitig in den Wahnsinn treibt.«

Mit kräftigen Bewegungen rührte Nadine die Sauce um, streute noch mal ordentlich Salz darüber und wiederholte den Vorgang, bis sie zufrieden mit dem Geschmack war. Dann stellte sie den Herd aus.

»Mama«, schrie Kind Nummer eins aus dem Kinderzimmer. »Lutz hat mir das Auto gestohlen.«

»Aber Jens hat dafür meinen Kampfroboter kaputt gemacht«, schrie Kind Nummer zwei hinterher.

»Wurst, wieder Wurst«, schrie Nadine zurück, dann drehte sie sich zu ihrem Mann um, der sie ansah, als wäre sie nicht als Kandidatin für ein Backduell auserwählt worden, sondern als Testperson für eine Neuanfertigung des Elektrischen Stuhls. »Kriegst du das hin?«, fragte sie Tobi.

»Wir werden ohne dich untergehen«, antwortete er.

Müde klopfte sie ihrem Mann auf die Schulter. »Ich weiß, Schatz.«

***

Marie strich mit einer Hand liebevoll über das Papier. Mittlerweile waren die Ecken geknickt. Die Oberfläche fühlte sich samtig an, weil die Seite schon so oft aufgeklappt worden war. Oben links prangte ein kleiner Fettfleck, der die Tinte des ersten Buchstabens verwischt hatte. Prinzregent stand dort.

»Und du bist sicher, dass du mir das Buch mitgeben willst, Oma?«

Marie hob den Blick. Über das Teelicht auf der Kaffeetafel hinweg sah sie ihre Großmutter an, die gerade einen Schluck aus der Porzellantasse trank. Es war Omas Lieblingstasse – die mit dem zarten Blütenmuster.

»Also hör mal, wie willst du diesen Wettbewerb denn gewinnen, wenn du die Rezepte nicht mitnimmst?«, empörte sich Erna Rübsamen in ihrer kratzigen Stimme.

Die Stimme war wie dieses Papier unter Maries Fingern – ein wenig abgenutzt. Das bedeutete jedoch nicht, dass der Inhalt veraltet war. Im Gegenteil. Ihre Oma war wie das Rezept dieser Prinzregenten-Torte, etwas Besonderes.

»Aber ich könnte sie doch abschreiben. Oder ein Foto mit dem Handy machen«, erklärte Marie und klappte das Rezeptbuch nun zu.

Es handelte sich um ein altes Notizbuch, das über die Jahre und Jahrzehnte gewachsen war. Immer wieder schrieb Oma Erna Neuentdeckungen hinein oder klebte Rezepte ein, die sie in Zeitschriften fand und sorgfältig heraustrennte. So war eine stolze Sammlung zustande gekommen.

»Papperlapapp«, erwiderte die alte Dame. »Backen tut man mit einem Rezeptbuch. Ihr jungen Dinger müsst auch mal lernen, ohne eure Telefone zurechtzukommen.«

Marie grinste in sich hinein. Dann pikste sie ihre Kuchengabel in den Streuselkuchen vor sich. Es war Samstag. Samstags gab es nur trockene Kuchen. So gehörte es sich, laut Oma.

Morgen, am Sonntag, wenn Marie schon auf dem Weg nach St. Christoph wäre, würde es Torte geben. Himmelstorte, wie Oma Erna ihr eben verraten hatte. Die schmeckte der Erna von gegenüber immer so gut – auch wenn sie nur darauf aus war, Omas Geheimrezepte zu stibitzen. Und außerdem wollte Erna doch morgen vorbeikommen, damit sie das Problem mit der schwierigen Masche für den Pullover lösen konnten.

»Ich werde darauf aufpassen wie auf einen Schatz«, versprach Marie.

Dann probierte sie den Streuselkuchen. Die Mischung aus süß und salzig schmeckte fantastisch.

***

»Bitte versprich mir, dass du eine rosa Schürze mit Bordüre tragen wirst«, zog Hendrick seinen Freund Manuel auf.

Manuel unterdrückte ein genervtes Augenrollen, da er in Gedanken mit viel Wichtigerem beschäftigt war. Zum Beispiel damit, wie er den Stau auf der Höhe von München umfahren konnte.

»Hast du keinen besseren Witz auf Lager?«, erwiderte er und hob seinen Trolley an, um die Treppe im Flur hinabzusteigen.

Sein Auto parkte direkt vorm Haus.

»Ich lass' mir noch welche einfallen«, versicherte Hendrick.

Die beiden Männer waren nicht nur Geschäftspartner mit eigener Firma. Sie waren vor allem Freunde seit Kindertagen. Ihre einzige Trennung hatten sie erlebt, als Manuel einmal ein Auslandssemester in Oxford absolviert hatte.

»Ich bin überzeugt, dass du das tun wirst«, erwiderte Manuel und drehte sich zu seinem Freund um, während er die Haustür öffnete.

Gemeinsam gingen sie zum Auto, und Hendrick half seinem Freund, das Gepäck in den Kofferraum zu hieven. Dann standen sich die beiden Männer gegenüber. Manuel war mit dreiunddreißig Jahren der jüngere der beiden, und Hendrick ließ keine Gelegenheit aus, ihm dieses eine Jahr Altersunterschied vorzuhalten. Doch diesmal spielten sie nach einer anderen Regel.

»Ich halte dich auf dem Laufenden«, versprach Manuel und reichte seinem besten Freund die Hand.

Hendrick nahm sie und zog Manuel in einer freundschaftlichen Umarmung an sich.

»Mach sie fertig, Alter!«

***

Marie Fechner war alles andere als weltfremd und hatte mit ihren neunundzwanzig Jahre schon einiges erlebt. Jedes Jahr plante sie mit ihrer besten Freundin einen Urlaub. Mittlerweile hatten die jungen Frauen schon viele europäische Hauptstädte gesehen sowie einige exotischere Länder wie Thailand. Doch als die gebürtige Bad Nauheimerin den Weg zum Sporthotel Am Sonnenhang hinauffuhr, hielt sie die Luft an.

Vor ihren Augen erstreckte sich ein Gebäude, das weder an Tiroler Charme noch an Luxus zu wünschen übrig ließ. In den Fenstern spiegelte sich die Sonne, die über die Berge hinwegschaute. Marie musste ihre Augen mit einer Hand abschirmen, als sie vorfuhr und nach einem Parkplatz Ausschau hielt.

Zu ihrer Überraschung war sie nicht die Einzige, die in diesem Moment ankam. Als sie einen großzügigen Parkplatz links des Gebäudes erblickt hatte, musste sie warten, bis ein Mann mit schwerem Gepäck vor ihrem Auto den Weg passiert hatte. Der Form des Gepäcks nach zu urteilen, handelte es sich um ein technisches Gerät, sodass sie die Vermutung hatte, dass der Mann zum Team von