Das Geheimnis des Zauberbergs - alle fünf Folgen - ohne Bilder - Wilma Burk - E-Book

Das Geheimnis des Zauberbergs - alle fünf Folgen - ohne Bilder E-Book

Wilma Burk

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Beschreibung

Und wieder alle fünf Folgen des zweiten Buches in einem, doch ohne Bilder. Wo ist der kleine Maliputti, den Malipu bekommen hat? Hat er sich in Magihexanien verschwebt? Alle sind außer sich vor Aufregung, während Malipu ahnungslos auf der Erde ist. Doch kaum ist er zurückgekehrt, gibt es einen neuen Grund, sich aufzuregen, die Berge beben, Donner und Sturm erschrecken sie. Es weht ihre Wolkenkörper um, sie finden keinen Halt. Treibt hier ein Ungeist aus dem Zauberberg sein Unwesen? Was will er von ihnen? Vor Angst kehren sie oft ungern von der Erde zurück. Dabei gibt es dort viel für sie zu tun, ob bei dem verspotteten buckligen Florian, bei den Kindern im alten Schloss oder bei Oma Berta und den Zwillingen. Die Geschichten für die Kinder gehen Oma Berta nicht aus. Pauline glaubt sogar, einen Magihexer zu sehen. Kann das sein?

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Seitenzahl: 323

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Wilma Burk

Das Geheimnis des Zauberbergs - alle fünf Folgen - ohne Bilder

2, Buch der Serie: Neues aus Magihexanien

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1.Folge

2. Folge

Ich kann ja doch nichts!

Der bucklige Florian

3. Folge

Ein preisgekröntes Bild

Ein geliebter alter Baum

4. Folge

Ein blauer Teddybär

Die kleine Tanne Edelpit

5. Folge

Impressum neobooks

1.Folge

Aufregung in Magihexanien

War das eine Aufregung unter den Magihexer, als Malipu, der Wissende, vom Herrn des Lebens einen kleinen Magihexer zu seiner Hilfe bekam. Das hatte es in all den Magizeiten, die sie in Magihexanien lebten, noch nie gegeben. Jeder wollte ihn sehen. Ständig schlich dieser oder jener um Malipus Höhle herum.

Vorbei war die Zeit der Sorge um Malipu, den Wissenden, als es ihm so schlecht ging, dass er nicht einmal mehr in seinen Zipfelhut kriechen und voller Schmerzen nur noch auf dem Rücken liegen konnte. Wie waren alle erleichtert und erfreut, als des Rätsels Lösung am Ende dieser kleine Magihexer gewesen war.

Nachdem Malipu den Winzling in seinem noch viel zu großen Zipfelhut, Maliputti, den kleinen Wissenden, genannt hatte, gab er ihm einen Platz in seiner Höhle und hütete ihn wie seinen Augapfel. Neugierig verfolgten die Magihexer, wie er ihn jeden Tag vorsichtig vor sich her trug und zur Quelle schwebte. Hier gab er dem Kleinen zu trinken, wobei der jedes Mal ein Stückchen wuchs. Bald sah er keck aus seinem Zipfelhut heraus.

So wurde er zum Liebling aller. Fanden sie es auch unmöglich, wenn Babahu, der Schabernack, Elflinge jagte, so freuten sie sich, wenn der kleine Magihexer übermütig nach ihnen griff, sobald sie neugierig über ihn hinwegflogen. Auch wenn er fröhlich in die Hände klatschte, weil ein Koboldiner vorbeibrummte, lachten sie. Man musste ihn einfach gern haben?

Doch je größer er wurde, umso ungeduldiger warteten sie darauf, dass Maliputti seinen Zipfelhut verließ. Warum dauerte das nur so lange? War Malipu zu ängstlich mit dem Kleinen? Jeden Tag waren sie gespannt darauf, was geschah. Schließlich drängte Babahu, der Schabernack: „Wann kommt er endlich heraus?“

„Wenn er dazu groß genug ist“, antwortete Malipu.

Erst als Maliputti, der kleine Wissende, von der Quelle so viel trinken konnte wie er wollte und keinen Zentimeter mehr wuchs, forderte Malipu ihn auf, seinen Zipfelhut zu verlassen. „Jetzt ist es Zeit, dass du das Schweben lernst“, sagte er zu ihm.

Schnell sprach es sich herum und die Magihexer kamen von allen Seiten dazu, voran Babahu, der Schabernack, gefolgt von Imada, dem Eifrigen. Das wollten sie sehen.

„Soll ich es ihm beibringen?“, bot Babahu an, und Imada beeilte sich zu versichern: „Ich kann dabei helfen.“

„Au ja, fein!“, rief Maliputti aus seinem Hut und wollte herauskriechen.

Doch Malipu hielt ihn zurück. „Nichts da! Das mache ich selbst.“

Langsam ließ er Maliputti seinen Wolkenkörper aus dem Zipfelhut strecken. „Vorsichtig, dass du nicht die Balance verlierst. Du darfst dich nie zu hastig dehnen, sonst fällst du um“, ermahnte er ihn.

Gespannt sahen alle zu, wie Maliputti länger und länger wurde.

„Oh, bin ich groß!“, freute er sich und konnte damit gar nicht aufhören.

„Gleich fällt er um“, prophezeite Pontulux, der Zwicker, schadenfroh.

„Ach, was! Malipu passt doch auf“, antwortete Larifax, der Listige.

Schon rief Malipu: „Halt! Nicht zu hoch! Es ist genug. Du darfst nie den Kontakt zu deinem Zipfelhut verlieren. Er hat ein Eigenleben und wird versuchen zu entkommen. Danach wird es schwer für dich sein, ihn wieder einzufangen“, warnte er.

Maliputti hielt inne, schwankte, konnte sich nicht mehr halten, rief: „Huch!“, neigte sich zur Seite, rutschte über den Zipfelhut, fiel um und schrumpfte wieder zusammen.

„Oh!“, schrieen alle erschrocken.

Malipu griff schnell zu und wollte Maliputti aufhelfen. Der aber begann von allein zu schweben. Nur seinen Zipfelhut hatte er nicht auf dem Kopf.

Verdutzt sahen die andern zu. Dann lachten sie. Nein, sah das komisch aus: Maliputti schwebte ohne jede Hilfe, einfach so. Nur der Zipfelhut war ihm beim Umfallen auf den Rücken gerutscht. Dort klebte er nun.

„Maliputti, der Zipfelhut gehört auf den Kopf“, mahnte Malipu.

„Warum? Sieh nur, wie gut es geht.“ Unbeirrt sauste er los, den Hut auf dem Rücken. „Ich kann schweben! Ich kann schweben!“, rief er glücklich.

„Flixdiwix! Das hab ich noch nie gesehen!“ Babahu schlug vor Vergnügen einen Purzelbaum.

Was war das lustig anzusehen, wie der große Zipfelhut mit dem kleinen Magihexer dahinschwebte. So mancher hielt sich seinen Bauch vor Lachen, während Malipu ihm ungeduldig befahl: „Komm sofort herunter!“

Doch einmal im Schweben, wollte Maliputti nicht darauf hören. „Was lacht ihr? Versucht es lieber selbst einmal. Ist es nicht schön, den Kopf frei zu haben? Das geht so gut!“, jubelte er und wurde immer übermütiger.

„Es ist genug! Du kommst sofort herunter!“, forderte Malipu. Er streckte sich bereits, um zu ihm aufzusteigen, als nichts ahnend ein schwerfälliger Koboldiner um einen Berg dahergebrummt kam, genau auf Maliputti zu.

„Oh, nein!“, rief der. Er konnte dem erschrockenen Koboldiner noch ausweichen, aber nicht mehr dem Berg dahinter. Peng! mit voller Wucht landete er mit seinem kleinen Kopf gegen den Felsen und glitt zu Boden. Da saß er nun mit seinem umgekippten Zipfelhut und hielt sich weinend seinen schmerzenden Kopf.

Besorgt schwebten Malipu und die andern zu ihm.

„Armer Maliputti!“ Jojotu, der Tröster, bedauerte ihn sehr.

Malipu besah sich die Wunde, war beruhigt, dass es nicht so schlimm war, und schimpfte: „Das hast du davon, weil du nicht hören konntest. Hättest du den Zipfelhut auf dem Kopf gehabt, wie ich es dir gesagt habe, dann brauchtest du jetzt nicht zu weinen, dann hättest du dich nicht verletzt.“

„Ist ja nicht so schlimm“, meinte Magifa, der Magier, holte seinen Zauberstab aus seinem Wolkenkörper und fuhr ihm damit über seinen Kopf. Sogleich schloss sich die Wunde und war fast abgeheilt.

Nun zog Maliputti seinen Zipfelhut doch lieber hoch und setzte ihn sich brav auf den Kopf. Lust, noch länger herumzuschweben, hatte er an diesem Magitag nicht mehr. Er zog sich lieber in Malipus Höhle zurück und verkroch sich vorerst in seinen Zipfelhut.

*

Doch es dauerte nicht lange, bis es ihn wieder hinauszog. Bald hatte er keine Schwierigkeiten mehr, an den Bergen vorbeizuschweben.

Als dann Malipu eines Magitages zur Erde gerufen wurde, reizte es ihn sehr, derweil seine Umgebung allein zu ergründen. Sich aufplustern, strecken und schweben konnte er schließlich bereits, und seinen Zipfelhut würde er auch auf dem Kopf behalten. Was also sollte geschehen können? Sicher gab es noch viel Neues zu entdecken. Vorsichtig glitt er aus der Höhle. Neugierig sah er sich um. Was taten die anderen? Wie sah es in ihren Höhlen aus? Er staunte, nicht nur Malipu, sondern jeder hatte darin diese schönen, bunten Steine. Doch waren die andern nicht viel größer als bei Malipu? Besonders den großen roten Stein von Jubila, dem Glücklichen, bewunderte er. „Wo gibt es die?“, wollte er wissen.

„Überall in den Bergen. Oben bei den bunten Gipfeln kannst du sie finden, wenn du Glück hast“, antwortete Jubila. Stolz fügte er hinzu: „So einen großen Stein wie diesen hier, hat aber außer mir bisher niemand gefunden, der ist einmalig.“

Das ließ Maliputti nicht ruhen. Sogleich schwebte er hoch zu den Bergen, über die Quelle hinaus. Er wollte auch so einen großen Stein finden. Bestimmt würde sich Malipu darüber freuen. Suchend glitt er an den Berghängen entlang. Doch schön langsam, um nicht wieder mit einem Felsen zusammenzustoßen. Er entfernte sich dabei immer weiter und flog hinauf, bis er die Spitze eines Berges erreicht hatte. Oh, wie würden alle staunen, wenn er erzählte, wie hoch er gewesen war. Überwältigt schaute er sich um, wie weit er die bunt funkelnden Gipfel übersehen konnte, ein Magitag würde nicht ausreichen, um bis zu den letzten zu fliegen. Sah es dabei nicht so aus, als gäbe es gar kein Ende? Ach, was! Die Frage wollte er an diesem Gipfel mit den farbigen Felsen nicht lösen. Wie sie glänzten! Hier musste doch so ein Stein zu finden sein. Wo er aber auch suchte, es lagen nur stumpfe und farblose oder murklige kleine Dinger herum. Es war wohl nicht so einfach, einen zu finden, wie sie die Magihexer in ihren Höhlen hatten.

Noch gab er nicht auf. Wenn nicht an diesem Gipfel, so schwebe ich zum nächsten, dachte er und machte sich auf den Weg. Auch da hatte er kein Glück, auch nicht bei einem anderen und allen weiteren. Längst konnte er die Quelle nicht mehr sehen. Weit hatte er sich davon entfernt. Das Umherschweben war doch anstrengender, als er gedacht hatte. Er wurde müde. Die Suche begann ihn zu langweilen. Vielleicht sollte er zurückfliegen und sich in Malipus Höhle ausruhen.

Doch wo war er hier? Er sah sich um. Wo ging es nach Hause? Angst befiel ihn. Wie sollte er zurückfinden? Das vergaß er jedoch sofort, als er ratlos an den bizarren Felsen dieses Berges entlangschwebte und in einem Spalt etwas gelb aufleuchten sah. Das konnte nur einer dieser Steine sein. Er beugte sich hinunter und blickte hinein. Tatsächlich, wunderschön und seltsam geformt lag er in der Tiefe.

Den musste er haben. Die andern würden Augen machen, wenn er, der Jüngste, einen heimbrächte, der größer und schöner war als Jubilas Stein. Er legte sich über den Spalt und langte mit seinem Arm hinein. Er streckte ihn so lang es ging. Es reichte nicht, er kam nicht heran. „Wozu kann ich mich klein machen“, sagte er vor sich hin und zog sich mehr und mehr zusammen. Vorsichtig glitt er mit seinem Wolkenkörper in den Spalt hinein, bis ... Der Zipfelhut - ihn konnte er nicht verkleinern, er passte nicht in den Spalt. „So ein Magidreck“, fluchte er. Das Schimpfwort hatte er bei Babahu gehört, wenn der sich ärgerte.

‚Ob ich versuche, den Zipfelhut abzulegen? Vielleicht stimmt es gar nicht, was sie mir über ihn erzählt haben’, überlegte er und nahm ihn vom Kopf. Nichts geschah. Er legte ihn mit beiden Händen auf den Felsen. Keine Regung. Vorsichtig löste er einen Finger – nichts. Mutig nahm er einen zweiten Finger vom Hutrand, dann noch einen und noch einen, bis er nur noch zwei Finger einer Hand daran hatte. Da zuckte der Zipfelhut heftig, als wollte er sich losreißen. Erschrocken griff Maliputti zu und setzte ihn sich hastig wieder auf den Kopf. Oh! Es war wohl besser, er probierte das nicht aus. Doch wie sollte er den Stein erreichen? Enttäuscht blickte er in den Spalt. Wie herrlich gelb er leuchtete. Sah es aber nicht so aus, als läge er in einer Höhle? Vielleicht gab es dazu einen Eingang.

Aufgeregt schwebte er suchend umher, bis er die Öffnung dazu fand. Bequem konnte er mit seinem Zipfelhut hineingleiten. Als sich seine Augen an das dämmrige Licht darin gewöhnt hatten und er sich umsah, blickte er in eine Höhle, die viel größer war als irgendeine von den Magihexern.

Wo aber war der gelbe Stein? Was in seiner Nähe herumlag, war das Aufheben nicht wert. Immer tiefer glitt er hinein, bis er einen Lichtstrahl bemerkte, der durch das Felsgestein ins Innere der Höhle drang. Leuchtete darunter nicht etwas gelb auf? Aufgeregt vor Erwartung glitt er dahin. Uih! Was war das? Dieser Stein lag fast am Rand eines Schachtes, der in die Tiefe des Berges führte. Neugierig beugte er sich darüber und versuchte hineinzusehen. Sofort begann der Zipfelhut auf seinem Kopf zu zittern und zu schwanken. Er befürchtete, ihn zu verlieren, griff mit beiden Händen zu und hielt ihn fest. Dabei war es, als wollte der Hut ihn vom Schacht wegziehen. Schnell schwebte er ein Stück zur Seite. Der Zipfelhut hörte auf zu zittern. Was hatte das zu bedeuten? Sollte er aufgeben? Und der Stein? „Jetzt bin ich so dicht daran. Ich muss ihn haben!“, trotzte er und glitt zurück, hielt sich aber auf Abstand von dem Rand des Schachtes. Mit beiden Händen fasste er zu. Herr des Lebens! Was war der Stein schwer! Wie er es auch anstellte, er bekam ihn nicht vom Fleck. Noch ein Versuch. Plötzlich, ein grollender, gurgelnder Laut aus der Tiefe, sich steigernd, brüllend. Entsetzt ließ Maliputti den Stein los. Weg, nur weg! Der Zipfelhut zitterte und zerrte an ihm. Ganz deutlich spürte er es. Er sauste zum Höhlenausgang hinaus und den Hang hinunter, – oder war es der Zipfelhut, der ihn hinabzog?

Weit genug entfernt, plusterte er sich auf und setzte sich. Er zitterte am ganzen Wolkenleib. Jetzt erst erfasste ihn das Entsetzen über das eben Erlebte. Furchtsam schaute er zurück. Das Gebrüll aus dem Berg war verstummt. Der Zipfelhut rührte sich nicht mehr. Was war das? Malipu hatte ihm davon nichts erzählt? Ob er ihm besser verschwieg, wo er gewesen war? Vielleicht würde er ihn dafür strafend zurechtweisen.

Ach, wäre er nur bei ihm! Nichts anderes wünschte er sich mehr. Er sah sich um. Wo war er hergekommen? Wo musste er entlangfliegen, um nach Hause zu kommen? Kein anderer Magihexer war weit und breit zu sehen, keine Höhle, nur Berge, die ihm plötzlich feindlich vorkamen. Er geriet in Panik. Kein bunter Stein interessierte ihn mehr, er wollte zu Malipu. Er musste den Weg finden. Aufs Gratewohl schwebte er los.

*

Währenddessen waren die Magihexer in heller Aufregung. Alle suchten nach Maliputti. Einer fragte den andern, ob er ihn nicht gesehen hätte. Babahu, der Schabernack, flog zu den Bergen, als er hörte, dass Maliputti nach den bunten Steinen gefragt hatte. Doch dort, wo er ihn suchte, fand er ihn nicht. Magifa machte sich auf den Weg zur Quelle, weil er meinte, Maliputti könne durstig geworden sein. Jeder suchte ihn woanders, nur der tollpatschige Imada, der Eifrige, schwebte aufgeregt und ziellos umher.

Noch irrte Maliputti durch die Berge, als Malipu von der Erde zurückkam. Bereits als er durch das schwarze Loch geglitten war, wunderte er sich, dass drei Elflinge aufgeregt piepsend davonflogen, als wollten sie ihm aus dem Weg gehen. Nichts ahnend schwebte er am Lebensfluss entlang zum gemeinsamen Erzählplatz. Doch was war das? Nicht einer der Magihexer saß hier, wie sonst, wenn sie darauf warteten, was er von der Erde zu erzählen hatte. Als er weiterschwebte und sah, wie aufgescheucht sie umherflogen, wusste er, sie suchten nach Maliputti. Sorge um den Kleinen packte ihn.

„Konntet ihr nicht auf ihn aufpassen!“, warf er ihnen vor.

Schuldbewusst und umso eifriger flogen sie umher. Doch wo sollten sie noch nach ihm suchen?

*

Maliputti schwebte derweil mit zunehmender Angst immer hastiger durch die Berge, tiefer und tiefer hinein. Bewegte er sich im Kreis? War er nicht eben erst hier gewesen? Müde von der vergeblichen Suche nach dem Heimweg setzte er sich hin und rief verzweifelt: „Malipu, Malipu!“ Tränen rannen ihm aus den Augen. Doch niemand hörte ihn. Nicht einmal ein Elfling oder Koboldiner kam vorbei. Wie sollte er nur zurückfinden, musste er hier entlang oder dort? Aber was war das? Was blitzte in der Ferne so seltsam auf. Hoffnungsvoll glitt er weiter. Die Berge öffneten sich zu einem Tal und was so glitzerte, war ein goldfarbener Fluss. Das musste der Lebensfluss sein, an dem er noch nie gewesen war, von dem er aber schon gehört hatte.

Sofort vergaß er seine Angst. Die Neugierde, das zu ergründen, war stärker. Gar nicht mehr müde glitt er hinunter zum Ufer. Das leise Klingeln der goldenen Tropfen, die mit dem Wasser im Fluss dahintrieben, zog ihn an. So einen wollte er haben, davon hatte er noch keinen in einer Höhle der andern gesehen. Malipu würde staunen, was er zum Schmuck der Höhle mitbrachte. Vorsichtig glitt er bis zum äußersten Rand des golden schimmernden Wassers, neigte sich darüber und tauchte seine Hände hinein. Die ersten goldenen Tropfen glitten ihm aus den Fingern, ließen sich nicht fassen. Das wäre doch gelacht, wenn er keinen davon einfangen könnte. Immer heftiger griff er zu, immer fester. Endlich hatte er einen und hob ihn heraus. Au! Was war das? Der Tropfen wurde knallrot, schien ihn zu beißen. Maliputti ließ nicht los. Jetzt blies der sich auf und ihm war, als schaute ihn ein Auge wütend daraus an. Die anderen Tropfen im Fluss sprangen derweil aufgeregt durcheinander hoch. Das war kein leises Klingeln mehr, sondern mit lautem Scheppern versuchten sie den von Maliputti gefangenen Tropfen zurückzuholen. Der wollte ihn nicht hergeben, brannte er ihm auch wie Feuer in den Fingern. Schnell wechselte er ihn von einer Hand in die andere. Doch von den anderen Tropfen hörte er ein ungehaltenes Raunen. Sie sprangen immer heftiger hoch und versprühten Blitze, die seine Hände trafen wie stechende Nadeln. Der Tropfen in seiner Hand zuckte und quietschte. Da gab er es auf und ließ ihn zurück ins goldfarbene Wasser gleiten. Sofort war Ruhe. Mit leisem Klingeln flossen die Tropfen weiter.

Oh, wie weh ihm die Hände taten! Sie waren rot und zerstochen wie ein Nadelkissen. Das hielt ihn aber nicht davon ab, neugierig den Tropfen zu folgen. Vergessen war, dass er verzweifelt nach dem Weg zu Malipu und seiner Höhle gesucht hatte.

Weiter schwebte er neben dem Fluss her. Wo war sein Ende? Was machten diese seltsamen goldenen Tropfen dort? Das wollte er ergründen. Lange musste er so dahingleiten, dann sah er, der Fluss schien ins Nichts zu führen. Er verschwand mit all seinen goldenen Tropfen in einem seltsam wallenden, grauen Dunst. Was war das wieder? Er bekam Angst. Nun war es genug. Er wollte nur noch zu Malipu. Er sah sich um. Doch wie sollte er zu seiner Höhle gelangen? Ringsherum war ihm alles unbekannt. Ratlos setzte er sich ins grün getupfte Moos, möglichst weit weg von dem wabernden dunklen Nebel und weinte. Wo war er?

Plötzlich tauchten aus dem dunklen Dunst Elflinge und zwei Koboldiner auf.

„Maliputti, was machst du hier? Darfst du schon zur Erde fliegen?“ Verwundert und besorgt flatterten die Elflinge um ihn herum.

„Dreh um! Schwebe nicht weiter! Sonst findest du nicht mehr zurück“, brummten warnend die Koboldiner.

„Zur Erde?“, staunte Maliputti. „Geht es hier zur Erde?“

„Ja, hier ist das schwarze Loch“, antworteten die Elflinge.

„Das ist das Tor von unserer Geisterwelt zum Universum“, ergänzte ein Koboldiner.

Wieder neugierig geworden und alles vergessend sah Maliputti zu dem wabernden Nebel des schwarzen Loches hin.

„Was wolltest du hier?“, fragte ein Elfling.

„Sehen, wohin die goldenen Tropfen fließen.“

Ein Koboldiner näherte sich ihm und schnupperte an seinen Händen. „Wie sehen die aus? Wolltest du etwa einen Lebenstropfen fangen?“, brummte er und zog erstaunt seine Brauen hoch.

„Na, ja ...“, druckste Maliputti herum.

„Wie konntest du?!“, tadelte entsetzt ein Elfling.

„Warum?“, trotzte Maliputti.

„Weißt du nicht, dass man das nicht darf? Hat dir Malipu darüber nichts gesagt?“

„Nein! Was ist mit diesen Tropfen?“

„Sie kommen von weit her, aus dem ewigen unendlichen See des Lebens, und bringen von dort die Kraft zum Leben mit. Sobald sie hinter dem schwarzen Loch ins Universum kommen‚ verwandeln sie sich in kleine Nebel, gleiten sanft zur Erde und dringen dort ein in alles, was wachsen soll. So erwecken sie Mensch, Tier oder Pflanze zum Leben“, erklärte ein Elfling.

„Und so etwas wolltest du fangen“, brummte ein Koboldiner fassungslos. „Die Hände werden dir noch lange schmerzen. Dagegen kann selbst Magifa nichts tun. Mach jetzt, dass du zu Malipu zurückkommst.“

„Wenn ich nur wüsste, wie? Und Malipu ist bestimmt noch auf der Erde“, gestand Maliputti ein.

„Darum konntest du dich so weit entfernen“, staunten die Elflinge.

Und die Koboldiner lachten: „Du hast dich verschwebt!“

„Ach, was? Ein Magihexer verschwebt sich nicht, der ruft mit seiner Gedankenkraft einen andern zu Hilfe. Warum hast du das nicht getan?“, wunderte sich ein Elfling.

„Gedankenkraft? Was ist das?“, fragte Maliputti.

„Du weißt das nicht? Ja, das muss dir Malipu erklären“, antwortete der Elfling

„Er wird dazu zu klein sein, ist doch erst ein paar Magitage hier. Ja, ja, er muss noch viel lernen“, meinte ein Koboldiner.

„Ich bin nicht mehr klein“, widersprach Maliputti und streckte sich.

„Halt! Nicht zu hoch. Wir können dir nicht helfen, wenn du umfällst“, piepsten ängstlich die Elflinge.

Schnell plusterte sich Maliputti zurück. Nein, noch einmal umfallen, das wollte er nicht.

„So groß wie die andern Magihexer bist du aber nicht“, brummte ein Koboldiner.

„Vielleicht wächst er noch“, vermutete der anderer.

Maliputti war das egal, er hatte von der ganzen anstrengenden Schweberei genug und die Hände brannten ihm wie Feuer. Er wollte nur noch in die Höhle von Malipu. „Bringt ihr mich zurück?“, bat er kleinlaut.

„Natürlich!“ Die Elflinge und die Koboldiner erklärten sich dazu sofort bereit. Sie nahmen ihn in ihre Mitte und schwebten mit ihm den noch langen Weg zu den Höhlen.

*

Inzwischen suchten die Magihexer immer verzweifelter nach dem Kleinen.

„Was, wenn er sich bis zum schwarzen Loch verirrt hat? Dort haben wir noch nicht gesucht“, sagte Jojotu.

„Ach, was! Du immer mit deiner Angstmacherei. So weit kann er noch gar nicht schweben“, widersprach Pontulux.

Malipu erschrak. Und wenn doch? Wo sollte er sonst sein, wenn sie ihn bisher nicht gefunden hatten. Was, wenn Maliputti neugierig allein ins schwarze Loch geraten war, darin nichts sehen konnte und hinaus ins Universum gefallen war? Nicht auszudenken! Er wäre verloren, würde hilflos durch das Universum irren, weil er den Weg zur Erde oder zurück nicht kannte. Malipu machte sich heftige Vorwürfe, dass er ihn davor noch nicht gewarnt hatte, ja, dass er ihm nicht einmal beigebracht hatte, wie er seine Gedankenkraft einsetzen konnte. Somit würde er auch nicht verstehen, um Hilfe zu rufen. Dazu allerdings würde die Kraft der Gedanken auch nicht mehr reichen, wenn er sich bereits zu weit vom schwarzen Loch und Magihexanien entfernt hätte.

Voller Angst und Sorge machte sich Malipu unverzüglich auf den Weg. Und wenn er magitagelang durch das Universum gleiten müsste, er wollte Maliputti finden.

Doch als er um den ersten Berg hinunter zum Lebensfluss schwebte, sah er ihn mit den Elflingen und Koboldinern auf sich zu kommen. Erleichtert schwebte er ihm entgegen. „Was hast du dir dabei gedacht, allein herumzuschweben. Das war leichtsinnig“, schimpfte er. Dabei war er froh, ihn wiederzuhaben. Dann blickte er auf seine Hände und fragte vorwurfsvoll: „Wie sehen die aus? Du hast doch nicht etwa ...?“

Maliputti blickte schuldbewusst und müde zu Malipu auf. Er war froh, wieder bei ihm zu sein. Es war nicht mehr nötig, ihn viel zu rügen. Das würde er nie, nie wieder tun. Er nahm es sich jedenfalls vor. Er kam gar nicht schnell genug zur Höhle, glitt hinein und verkroch sich in seinen Zipfelhut. Es ist eben nicht so leicht, ein Magihexer zu sein, dachte er, ehe er erschöpft von diesem Abenteuer einschlief.

*

Als er wieder erwachte, hörte er die Magihexer sich gegenseitig zurufen: „Kommt zum Erzählplatz! Jubila, der Glückliche, und Ermano, der Ermahner kommen von der Erde zurück.“

Während alle nach Maliputti gesucht hatten, waren die beiden auf der Erde bei Oma Berta und den Zwillingen gewesen.

Geschwind krabbelte Maliputti aus seinem Zipfelhut, als Malipu ihn aufforderte, zum ersten Mal in seinem Magihexerleben zum Erzählplatz am Lebensfluss mitzukommen. „... nachdem du schon allein dort gewesen bist ...“, hatte Malipu dabei gebrummt und ihn bedeutsam angesehen. Nur noch für einen Moment zog Maliputti daraufhin seinen Kopf schuldbewusst ein, dann folgte er ihm neugierig.

Von Oma Berta und den Kindern hatte er die andern bereits oft reden hören. Wenn er es richtig verstand, so war Oma Berta der einzige Mensch, der von ihnen und ihrem Land Magihexanien erzählen konnte, ohne zu wissen, dass es sie wirklich gab.

Er hatte auch davon gehört, dass irgendwann, bevor er zu Malipu gekommen war, die Eltern mit den Zwillingen beinahe in eine andere Stadt gezogen wären. Traurig und allein hätte Oma Berta zurückbleiben müssen. Das hatte sie alle sehr aufgeregt. Wie gut, dass es Zufido, dem Zufriedenen, gelungen war, einzugreifen und es abzuwenden. Dabei soll Oma Berta nicht einmal die richtige Oma der Kinder sein.

Wenn er nur mit zur Erde könnte. Das wünschte sich Maliputti. Doch Malipu sagte, das sei zu früh, zuvor müsse er noch viel lernen. Was denn? In seinem Zipfelhut hatte er einen kleinen Computer, der konnte ihm so viele Fragen beantworten, wie er wollte. Vielleicht wusste Malipu aber noch mehr, schließlich nannte man ihn den Wissenden.

Auf dem Erzählplatz am Ufer des goldfarbenen Flusses hatten sich alle bereits versammelt. Sie drängelten sich um die besten Plätze. Nur für Malipu rückten sie respektvoll zur Seite. Stolz plusterte sich Maliputti neben ihm auf. Er, der kleine Magihexer saß hier unter den andern, als wäre er schon immer dabei gewesen. Das war ein Gemurmel, während sie auf Jubila und Ermano warteten. Maliputti war gespannt auf das, was sie erzählen würden. Hoffentlich konnte er alles verstehen. Es verdross ihn, dass er noch nicht wusste, wie es auf der Erde aussah.

Scheu blickte er zum Fluss mit den goldenen Tropfen, die leise klingelnd vorbeiflossen. Damit wollte er nicht mehr in Berührung kommen und sich lieber fernhalten. Darum war er froh, nicht zu dicht am Ufer zu sitzen. Noch waren seine Hände nicht abgeheilt.

„Sie kommen!“, rief einer. Das Gemurmel verebbte und alle schauten den beiden gespannt entgegen.

Kaum hatten Jubila und Ermano sich aufgeplustert und zu ihnen gesetzt, prasselten die Fragen auf sie ein: „Geht es Oma Berta wieder gut?“ – „Sind die Kinder wieder froh?“ Sie redeten durcheinander, bis Malipu seine Hand hob und forderte: „Ruhe! Lasst sie erzählen! Sie sehen nicht aus, als würden sie uns eine schlechte Nachricht bringen.“

Sofort waren die Magihexer still und lauschten dem, was Jubila, der Glückliche. und Ermano, der Ermahner, zu berichten wussten:

*

An die Ostsee wollten die Eltern mit Paul und Pauline im Urlaub fahren. Hei, wie die Kinder sich darauf freuten. Nur, dass Oma Berta ihnen dann keine Geschichten von den Magihexern erzählen konnte, gefiel ihnen nicht. Deshalb maulten sie bei aller Freude zu Hause rum.

Schließlich fragte die Mutter den Vater: „Was hältst du davon, wenn wir Oma Berta mitnehmen? Dann können wir auch mal allein etwas unternehmen, wenn sie bei den Kindern bleibt.“

Das gefiel ihm sehr, und die Kinder jubelten.

Doch Oma Berta lehnte es ab. „Ich bin seit Jahren nicht mehr verreist, fühle mich viel zu alt dazu. Ich wäre für euch nur eine Last.“

Sie blieb dabei, so sehr die Kinder auch protestierten und bettelten.

Die Mutter gab nicht auf. „Trotzdem! Überlege es dir in Ruhe. Wir würden uns sehr freuen.“

Oma Berta war aber davon überzeugt, richtig entschieden zu haben. Oben auf dem Hängeboden in der Kammer stand der alte Koffer. Er war längst eingestaubt. Ob er überhaupt noch zu verschließen war? Sie würde ihn auch unmöglich allein herunterholen können. Und dann, alle Sachen zusammensuchen und ihn packen ... Nein, das war nichts mehr für sie, sie war zu alt dazu.

Zum letzen Mal hatte sie ihn für sich und ihren Mann benutzt, als der noch lebte. Wie lange war das her? Nachdenklich setzte sie sich ans Fenster.

Jubila und Ermano waren bei ihr und schwirrten um sie herum. Es gefiel ihnen nicht, dass Oma Berta gleich abgelehnt hatte.

„Als ob sie den Koffer allein herunterholen müsste. Das ist doch bloß eine Ausrede“, ereiferte sich Ermano.

„Ja, sie macht sich etwas vor. Zu alt für eine Reise! Wenn man bedenkt, was sie für die Kinder alles tut. Dagegen ist eine Reise ein Kinderspiel. Den Koffer nicht herunterholen können - so einen Blödsinn! Als wenn die Reise davon abhinge“, stimmte Jubila zu.

„Das ist wirklich das geringste Argument.“

„Den können wir auch runterholen“, grinste Jubila.

„Lass das nicht Malipu hören. Sie soll nicht wissen, dass es uns wirklich gibt. Ich werde ihr zunächst bewusst machen, wie schön ihre früheren Reisen waren. Vielleicht reicht es, um sie umzustimmen.“ Gleich glitt Ermano zu ihr und blies ihr die Erinnerung ins Ohr.

Danach stand Oma Berta auf und, ohne recht zu wissen, was sie tat, holte sie ein altes Fotoalbum hervor. Sie setzte sich an den Tisch und schlug es auf. Die Ostsee und der Strand, sie hatte nach einem Album von einer Reise an die Ostsee gegriffen. Da, auf dem Bild ging sie mit ihren Füßen am Rand des Meeres durch das Wasser. Ach, das müsste man noch einmal tun können. Sicher ginge das auch heute. Na ja, wie auf dem Bild mit dem Badanzug ins Wasser rennen, das müsste nicht mehr sein. Hier zu sitzen, so, wie sie auf diesem Bild mit ihrem Mann in dem Strandkorb saß, das wäre aber noch schön. Und dann der weite Blick über das Meer, sehen, wie am Horizont von einem Schiff zuerst der Mast auftaucht, und die herrlichen Sonnenuntergänge ... Oma Berta träumte vor sich hin.

„Bald ist sie so weit. Du wirst sehen, die Erinnerung hat geholfen, sie wird mitfahren.“ Ermano war stolz, das Richtige getan zu haben.

„Doch es reicht nicht. Wir müssen nachhelfen. Komm, fass mit an! Den Koffer holen wir jetzt runter, dann wird sie wissen, was das bedeutet“, verlangte Jubila.

Die beiden schoben und zerrten mit ihrer Magikraft, um den Koffer zwischen all dem alten Krempel auf dem Hängeboden herauszuziehen. Das war nicht leicht.

„Vorsichtig! Nicht mit Gewalt. Der Koffer soll nicht kaputtgehen“, mahnte Ermano.

„Ach, was, er muss runter. Setz du dich unten hin, wenn ich ihm den letzten Stoß gebe, und fang ihn auf, damit ihm nichts geschieht.“

„Au!“, schrie Ermano, als der Koffer ihn traf. Trotzdem krachte es.

Das riss Oma Berta aus ihren Träumen. Was war das? Es kam aus der Kammer. Sie sprang auf und lief hin, um nachzusehen. Sie öffnete die Tür und schon kippte ihr der verstaubte Koffer entgegen. Verwundert schaute sie nach oben. Alles stand noch auf dem Hängeboden an seinem Platz, nur der Koffer war heruntergefallen. Seltsam! Warum gerade jetzt, wo er seit Jahren unberührt dort oben gestanden hatte? Sollte sie? Mehr und mehr verlockte es sie, mit an die See zu fahren. Alle ihre Bedenken schwanden.

„Na, siehst du, das hat geholfen“, triumphierte Jubila.

„Davon, wie wir es gemacht haben, erzählen wir den andern aber lieber nichts“, sorgte sich Ermano.

„Müssen wir auch nicht“, beruhigte ihn Jubila, „Hauptsache wir haben sie umstimmen können. So gut wäre es nicht einmal gelungen, wenn wir ihr direkt eingegeben hätten, dass sie mitfahren soll. Dagegen hätte sie sich noch lange gewehrt.“

„Es hätte auch weniger Spaß gemacht“, grinste Ermano.

*

Als die Mutter mit den Kindern das nächste Mal zu Oma Berta kam und fragte: „Na, hast du es dir überlegt?“, lachte sie, zeigte auf den Koffer und sagte: „Ja, wenn der schon von allein vom Hängeboden herunterfällt, dann muss ich wohl mitkommen.“

„Hurra!“, jubelten die Kinder und Pauline meinte: „Das waren bestimmt die Magihexer.“

Nachdenklich schaute Paul auf den Koffer. „Es sind ja nur Geschichten, die du uns erzählst, aber komisch ist es doch.“

Er konnte nicht sehen, wie Jubila und Ermano grinsten.

„Soll ich dir beim Packen helfen“, fragte die Mutter,

„Das schaffe ich allein“, lehnt Oma Berta ab.

„Haha, wir helfen dabei“, lachte Jubila. Als Oma Berta allein war und begann, den Koffer zu packen, passte er genau auf, was sie hineintat. Nicht nur sie kramte dazu im Schrank, sondern auch er.

„Was machst du? Sie wird merken, wenn sie etwas nicht selbst hineingelegt hat“, moserte Ermano.

„Warte nur ab!“ Jubila ließ sich nicht stören. Eine Strickjacke, die Oma Berta gerade in den Koffer legte, tauschte er gegen eine andere aus, die ihm besser gefiel.

Oma Berta stutzte. „Also ich könnte schwören, die hätte ich nicht genommen“, murmelte sie vor sich hin. Ließ es aber dabei.

Dann fand Jubila noch den alten Badeanzug von ihr. Schwupps, war auch der im Koffer.

Verwundert sah Oma Berta darauf. „Bin ich schon so tütelig und weiß nicht mehr, was ich tue?“ Dann lachte sie. „Ich glaube, Pauline hatte recht, die Magihexer sind am Werk. Na gut, dann bleibt er eben drin, auch wenn ich ihn nicht anziehen werde.“

„Komm, hör auf damit! Du verrätst uns“, mahnte Ermano.

„Schade! Es hat gerade Spaß gemacht“, fand Jubila.

Sie gaben noch darauf Acht, dass Oma Berta es sich nicht wieder überlegte. Erst als die Eltern mit Paul, Pauline und Oma Berta im Auto saßen und zur Ostsee losfuhren, streckten sie sich und flogen heim nach Magihexanien.

Damit beendeten Jubila und Ermano auf dem Erzählplatz ihren Bericht von Oma Berta. Doch alles, was sie gemacht hatten, verrieten sie Malipu und den andern nicht.

*

Als danach Babahu und Pontulux wieder einmal auf der Erde zu tun hatten, kehrten sie nicht gleich nach Magihexanien zurück. Neugierig darauf, wie es Oma Berta an der Ostsee gefiel, flogen sie dorthin.

Sie bereute nicht, mit in den Urlaub gefahren zu sein. Die Kinder waren glücklich darüber und die Eltern froh, jemanden zu haben, der auf Paul und Pauline aufpasste, wenn sie allein etwas unternehmen wollten.

Das Wetter meinte es gut, Sonnenschein von morgens bis abends. Das zog Oma Berta und die Kinder zum Strand, wenn die Eltern allein unterwegs waren. Oma Berta suchte ein Stück vom Wasser entfernt in einem Strandkorb den Schatten, während die Kinder das Wasser anzog. Sie planschten und schwammen darin herum oder bauten davor an ihrer Sandburg weiter. Jeden Tag wurde sie ein Stückchen größer. Sie sammelten Muscheln und verzierten sie damit. Keiner hatte eine so wundervolle Burg wie sie, davon waren sie überzeugt.

Das aber zog ein paar Jungen an, die den Strand entlangzogen, sich gegenseitig bespritzten, rempelten, boxten oder mit Sand bewarfen. Sie wussten wohl vor Langeweile nichts anderes mit sich anzufangen. Sie grölten, ärgerten die Menschen und lachten über sie, wenn sie sich empörten. Paul und Pauline wichen ängstlich zurück, als sie sich näherten.

Kaum hatten die Jungen die Burg erreicht, gaben sie einem von ihnen einen Schubs, dass er mitten hineintreten musste. „Oh! Was ist das?“, fragte er scheinheilig.

„Bist wohl blind? Das sieht man doch“, antwortete ein anderer und schubste ihn erneut, damit er noch mehr zertrat.

„Da, schau mal, die schönen Muscheln.“ Einer hob sie mit den Zehen an und warf sie umher. Sofort machten die andern mit. Sie ergötzten sich daran, wie hilflos die Kinder dabeistanden und traurig verfolgten, wie ihre Burg zerstört wurde.

Pauline weinte und Paul rannte zu Oma Berta, die im Strandkorb gerade ein Nickerchen machte und nichts davon bemerkt hatte.

Doch noch ehe Paul etwas sagen konnte, hatte Babahu sie unter der Nase gekitzelt und damit geweckt. Sie fuhr hoch, hörte den Lärm und sah, wie Paul angerannt kam. Da achtete sie nicht auf ihre schmerzenden Knochen beim Aufstehen und lief barfuss so schnell sie konnte durch den tiefen Sand. „Lasst die Kleinen in Ruhe und macht, dass ihr wegkommt!“, rief sie. Drohend schwang sie dabei einen Schuh in der Hand.

„Schau mal, die Alte“, höhnte einer, „Was die wohl vorhat?“, ein anderer, „Da wird mir angst“, ein dritter und der vierte: „Was will die bloß mit dem Schuh?!“ Sie lachten herausfordern.

Oma Berta ließ sich nicht einschüchtern. „Lasst es lieber nicht darauf ankommen.“

„Die will uns verkloppen. Hilfe!“ Höhnisch lachend stoben sie davon.

„Gut, dass wir gerade hier sind!“, sagte Babahu und verteilte blitzschnell Muscheln mit scharfen Rändern im Sand. Der Erste, der im Laufen darauf trat, fluchte laut, als sie ihm in den Fuß schnitt, und humpelte weiter. Auch der Nächste und der Dritte, zuletzt noch der Vierte verletzten sich. Keinen hatte Babahu vergessen.

„Das hast du gut gemacht! Aber das reicht nicht“, meinte Pontulux, griff sich einen Knüppel, der am Strand herumlag, warf ihn den Jungen hinterher und einem genau in den Rücken.

Der zuckte zusammen. Alle drehten sich um. Außer Oma Berta sahen sie aber niemanden, der ihn geworfen haben könnte. „Glaubst du, die Alte hat ...?“, fragte einer. „Unmöglich!“, antwortete ein anderer. Doch misstrauisch sahen sie zu ihr hin. In drohender Haltung taten sie sogar so, als würden sie gleich zurückkommen.

Oma Berta blieb ruhig stehen. Wissend lächelte sie die Jungen an und zuckte mit den Schultern. Sie ahnte, wer den Knüppel geworfen hatte.

Die Jungen wandten sich ab und humpelten weiter, doch nicht, ohne sich immer wieder umzusehen. Fürchteten sie, der Knüppel könnte ihnen noch einmal hinterherfliegen?

Die Kinder, die im Sand nach ihren Schippen gesucht hatten, schauten ihnen erstaunt nach.

„Hast du den eben geworfen?“, fragte Pauline.

„Ich?“ Oma Berta tat verwundert.

„Ja, du. Wer sonst?“, drängte Paul.

Ehe Oma Berta antworten konnte, flog der Knüppel erneut durch die Luft und den Jungen hinterher. Er traf einen nach dem andern, prügelte auf sie ein. Oma Berta sah, wie unheimlich ihnen das war. Sie zogen die Köpfe ein und rannten so schnell sie konnten davon, verfolgt von dem unbarmherzigen Knüppel. „Das ist eine Hexe!“, hörte sie die Jungen rufen.

„Nun ist es genug!“, sagte sie laut in die Luft.

Sofort ließ Pontulux den Knüppel fallen. „Ja, wenn Oma Berta es so will“, meinte er und verfolgte die Jungen nicht weiter.

„Denen hast du es gegeben; die kommen sobald nicht wieder“, freute sich Babahu, während Paul und Pauline ungläubig zu dem Knüppel und den flüchtenden Jungen sahen.

„Zu wem hast du das eben gesagt?“, fragte Paul.

„Zu den Magihexern“, vermutete Pauline.

„Wie kann ich das? Nein, ich habe nur vor mich hin gesprochen“, widersprach Oma Berta. Doch sie lächelte dabei geheimnisvoll.

„Ach so! Doch der Knüppel ...“ irritiert sah Paul sie an und schwieg dann lieber.

Sie gingen zurück zum Strandkorb. Der Spaß an der Sandburg war den Kindern für heute vergangen. Dicht kuschelten sie sich an Oma Berta und bettelten um eine Geschichte von den Magihexern, die eben vielleicht ... na, ja, man kann ja nicht wissen!

Während sie darauf warteten, dass die Eltern zurückkehrten, die Sonne 2tiefer sank und die Wellen vom leichten Wind getrieben auf den Strand schwappten, erzählte Oma Berta von den Magihexern, wie es ihr gerade in den Sinn kam.

Auch Pontulux hatte sich dazugesetzt, um neugierig zu hören, was sie von ihnen zu erzählen wusste. Doch Babahu drängte unruhig. „Komm, lass uns heimfliegen. Wer weiß, was es inzwischen wieder von Maliputti zu berichten gibt.“

Mürrisch streckte sich Pontulux. „Was ist daran so interessant?“ Er hasste dieses Theater um den Jüngsten von ihnen. Wieso hatte nur Malipu vom Herrn des Lebens einen kleinen Magihexer zu seiner Hilfe bekommen? Warum nicht auch er?

Babahu sah ihn nachdenklich an und sagte nichts. Er hob ab und flog los. Pontulux folgte ihm. So schwebten sie Mond und Sonne entgegen auf dem Weg heim nach Magihexanien.

*

Als sie dort waren, fanden sie den Erzählplatz leer. Niemand erwartete sie. Dafür hörten sie bereits von Weitem fröhliches Lachen. Neugierig schwebten sie zu den Höhlen in den Bergen. Dort sahen sie Maliputti umgeben von den andern. Alle bemühten sich, ihm beizubringen, wie er einen Becher in seinen Wolkenkörper schieben kann. Jeder versuchte, ihm das auf seine Art vorzumachen. Dabei wirkte einer komischer als der andere. Das war ein Spaß! Hei, da war Babahu sofort dabei, während Pontulux sich beleidigt abwandte, weil er nicht erzählen konnte, was sie auf der Erde erlebt hatten.

Maliputti quietschte vor Vergnügen, als er Babahu sah. Mit ihm machte ihm alles gleich viel mehr Spaß. Der schob sich ja sogar den Becher unter den Zipfelhut auf dem Kopf.