Der Sonnen Untergang - Martin Cordemann - E-Book

Der Sonnen Untergang E-Book

Martin Cordemann

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Beschreibung

Die Finsternis der Sterne – Heft 6: "Der Sonnen Untergang" Liebe Gemeinde, mit Trauer möchten wir uns an dieser Stelle verabschieden von der tapferen Besatzung jenes Raumschiffes, dessen Namen wir so ungern aussprechen. Sie ist von uns gegangen in einem Akt des Heroismus und der Selbstlosigkeit, immer auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, nach fremden und freundlichen Völkern – und natürlich nach Sex. In allen Variationen. Mir ist bewusst, dass dies in einer Trauerrede wie dieser nichts zu suchen hat, aber wenn man schon einen einfachen Nachruf nicht mehr mit ein bisschen Frivolität und Schlüpfrigkeit aufpeppen darf, dann weiß ich auch nicht. Also erfreuen wir uns an den fleischlichen Dingen des Lebens, die ebenso dazugehören wie ein Rückblick, eine Rückblende, wie der Fachmann sagt, in die Vergangenheit unserer verschiedenen Hauptfiguren Maximilian Shaw und Rashida Ebert, denn dort – oder vielmehr dann – lebten sie noch...

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Martin Cordemann

Der Sonnen Untergang

Die Finsternis der Sterne – Heft 6

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

LOG VI/01

LOG VI/02

LOG VI/03

LOG VI/04

LOG VI/05

LOG VI/06

LOG VI/07

LOG VI/08

LOG VI/09

LOG VI/10

LOG VI/11

LOG VI/12

LOG VI/13

LOG VI/14

LOG VI/15

LOG VI/16

LOG VI/17

LOG VI/18

LOG VI/19

LOG VI/20

LOG VI/21

LOG VI/22

LOG VI/23

LOG VI/24

LOG VI/25

LOG VI/26

LOG VI/27

LOG VI/28

LOG VI/29

LOG VI/30

LOG VI/31

LOG VI/32

LOG VI/33

LOG VI/34

LOG VI/35

LOG VI/36

LOG VI/37

LOG VI/38

LOG VI/39

LOG VI/40

LOG VI/41

LOG VI/42

LOG VI/43

LOG VI/44

LOG VI/45

LOG VI/46

LOG VI/47

LOG VI/48

LOG VI/49

LOG VI/50

LOG VI/51

LOG VI/52

LOG VI/53

LOG VI/54

LOG VI/55

LOG VI/56

LOG VI/57

Fortsetzung folgt...

Impressum neobooks

LOG VI/01

„Ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt sagen ja, hol das Bällchen, hol das Bällchen! Ja, hast du das Bällchen? Ja, hast du das Bällchen, du kleiner Racker? Ja, hast du gut gemacht, bist ein ganz Braver bist du! dass es an Bord eines Schiffes des Bundes zu ja willst du spielen? Willst du spielen? Da will aber einer spielen. Ja, lauf, und hol den Ball! Hol den Ball mehreren Explosionen gekommen ist. Dabei handelt es sich um den Ball hast du toll geholt! Ach, du bist ein ganz Toller, ein ganz Lieber bist du, komm her und lass dich knuddeln das Erdenschiff Der Schwar-, nein, sein neuer Name ist Knuddelchen, Papa muss arbeiten und den netten Leuten wichtige Dinge erzählen, aber du bist ein ganz ein Lieber und hier hast du ein Leckerchen, ja, schnapp dir das Leckerchen inzwischen Mephistopheles. Uns wurde berichtet ja, das hat dir geschmeckt! Das hat dir geschmeckt! Ja, das weiß ich. Möchtest du noch eins? Ja, möchtest du noch eins? Ja hast du dir das denn verdient? Jaaaa, du bist ein ganz ein Braver, du hast dir das verdient! Hier dass es dabei zu mehreren Toten gekommen ist, noch unklar scheint zu sein wie du so ein süßes kleines Ding werden konntest, ein so süßes kleines Ding, ach, bist du süß es zu diesen Explosionen gekommen ist, da wir unseren Napf immer brav aufessen, ja, tun wir das, ja, tun wir das? Ja, das tun wir keinen Funkkontakt mehr zu dem Schiff hatten seit du dir dein Mäulchen bekleckert hast, na, ich wisch es dir ab, du kleiner Racker! es zu diesem Vorfall gekommen ist. Hast du noch Hunger, hast du noch Hüngerchen, du kleiner Racker, sind noch Fragen?“

Schweigen.

„Ähm...“ riss sich jemand zusammen, „Captain Shibing, ja, ich hätte da eine Frage.“

„Sprechen Sie mit mir?“ fragte der Captain. Dann deutete er auf seinen Hund, der fröhlich durch die Gegend tollte und einem kleinen Ball nachjagte. „Oder mit ihm?“

„Äh...“

„Er heißt nämlich auch Captain Shibing, nicht wahr, so heißt du, ja, so heißt du! Wie heißt du? Richtig, Cap-tain Shi-bing, so heißt du, ach, was bist du nur für ein Guter!“

„Würde... könnte er die Frage denn beantworten?“

Captain Shibing (nicht Natalia... und nicht der Hund) sah den Pressevertreter an, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank.

„Oh, äh-“

„Oder kannst du die Frage beantworten? Ja, kannst du die Frage beantworten? Ja, kannst du das? Nein, das kannst du nicht.“ Der Captain sah in die Pressegesichter. „Er ist Geheimnisträger und Sie haben nicht die nötige Freigabe, ja ist das so? Ist das so? Ja, das ist so!“

Er knuddelte mit seinem Hündchen herum.

„Aber als Pressesprecher der Raumflotte-“

„Dieser Vorfall auf der M-“

„Könnten Sie uns vielleicht-“

„Haben Sie Infor-“

„Gab es einen Notr-“

„Captain Shibing?“

„Captain Shibing?“

„Captain Shibing?“

LOG VI/02

Captain Shibing sah auf.

Commander Ebert deutete auf Commander Shaw.

Der saß wie ein Häuflein Elend auf der Brücke herum, wie er das in letzter Zeit häufiger tat. Er starrte vor sich hin und ließ sich Gedanken durch den Kopf gehen, die wahrscheinlich niemandem von ihnen angenehm gewesen wären.

„Ist es noch immer...?“ Ministerialregent Li Tu Mar Fffidd vom Tourismusministerium der Vlumaren warf dem vor sich hin brütenden Offizier einen Blick zu.

„Die Tatsache, dass unter seinem Kommando Untergebene gestorben sind? Ja“, bestätigte die Captain.

„Kann er sich nicht ein bisschen damit trösten, dass er es doch geschafft hat, diese primitiven Wesen ohne Sprache dazu zu bewegen, ihn und den Doktor frei zu lassen?“

„Ich fürchte, in einer solchen Situation überwiegt immer das Schuldgefühl... und der Fehler, den man gemacht hat.“

Der Vlumare seufzte.

„Das ist sehr bedauerlich. Ich hatte gehofft, ich hätte...“

„Sie hätten was?“

„Etwas, das die Stimmung im allgemeinen vielleicht ein wenig aufhellen könnte.“

„Das wäre sehr willkommen“, gestand Shibing. „Commander Shaw?“

„Ja, Sir?“

Shaw erhob sich langsam und schlurfte ein wenig unwillig zum Kommandosessel, in dem seine Kommandantin residierte und neben dem Fffidd stand.

„Ah, Herr Ministerialregent“, sagte er. „Was verschafft uns denn diese Ehre? Oh, ich nehme an, Sie möchten wieder zurück in die Heimat gebracht werden?“

„Das trifft es nur zum Teil, Commander.“

Shaw sah ihn aufmerksam an.

Und wartete.

„Ich dachte, Sie sagen jetzt soetwas wie 'Und der andere Teil?'.“

„Heute nicht.“

„Wie... schade. Nun, ja, weswegen ich hier bin. Ich muss Sie und Ihre Crew noch um einen weiteren Gefallen bitten, fürchte ich.“

„Wir helfen gerne, wenn wir das können.“

„Das ehrt Sie.“ Der Vlumare wandte sich nun gleichzeitig an Captain und ersten Offizier. „Sind Sie mit dem Volk der hhhhhht vertraut?“

Beide schüttelten den Kopf.

„Auch bekannt als... ein Name, den man nicht aussprechen kann und für den es auch keine Umsetzung in Form von Zeichen, Buchstaben oder Lauten gibt.“

Wieder einhelliges Kopfschütteln, dem sich diesmal auch Ebert anschloss, die dazugekommen war, weil sie a) gerade eh nichts zu tun hatte und b) wahrscheinlich gleich etwas zu tun hatte, wenn man beschloss, den Kurs zu ändern.

„Das überrascht mich nicht“, lächelte der Ministerialregent. „Umso mehr freut es mich und macht mich sogar ein bisschen stolz, dass ich Ihren ersten Kontakt mit einem Vertreter von ihm herstellen kann.“

„Ein Volk, von dem ich noch nie gehört habe“, ließ sich nun Dr. Chen vernehmen, der offensichtlich zufällig und offensichtlich im genau richtigen Moment die Brücke betreten hatte. „Ich freue mich immer, ein neues Volk untersuchen zu dürfen.“

„In diesem Fall werden Sie da, glaube ich, wenig Freude dran finden.“

„Wenig?“

„Keine.“

„Ainigmatikós!“

„Nein, nur ein wenig vage... um... die Überraschung nicht zu nehmen.“

„Es gibt eine?“

„Das Leben wäre doch langweilig ohne... obwohl viele unserer Kunden eine gewisse Langweile bevorzugen, die wir gerne zum Ausleben bereitstellen.“

„Sie nehmen mir gerade die Lust, meinen Urlaub auf Vlumaren zu verbringen“, stänkerte Ebert.

„Du hast Urlaub?“ fragte sie Shaw.

„Ja... ich glaub schon. Irgendwann... oder?“

Allgemeines Schulterzucken.

„Nun, die hhhhhht sind hier und da mal gerne für uns tätig. Um mögliche Urlaubsgebiete für uns aufzuspüren oder zu evaluieren. Wie mir unser Tourismusministerium mitteilte, ist einer unserer Partner auf einem Planeten in unserer Reichweite tätig und sie haben errechnet, dass es an der Zeit wäre, ihn abzuholen.“

„Scheint ja eine sehr geheime Mission zu sein.“

„Bitte, Commander?“

„Na, wenn man ausrechnen muss, dass er abgeholt werden soll, dann klingt das fast so, als müsste er unter Umständen Funkstille einhalten, um nicht entdeckt zu werden – und das erscheint mir spontan so, als könnte das ganze ein wenig gefährlich sein!“

Fffidd lächelte.

„Ich verstehe, was Sie meinen. Tut mir leid, dass ich diesen, durchaus falschen, Eindruck erweckt habe. Die hhhhhht sind eine hochintelligente Rasse, aber sie verfügen über keinerlei Technik. Deswegen sind sie auch ein wenig auf uns angewiesen, eine Art Symbiose, die wir gerne mit Ihnen eingehen. Ich darf Ihnen also versichern, dass die Welt, von der wir unseren Gast abholen sollen, völlig ungefährlich ist.“

„Ist er nicht da, um genau das herauszufinden?“

Der Vlumare nickte.

„Das, äh, ja, da könnte was dran sein, Commander.“

„Und in Ermangelung von Technik nehme ich ferner an, dass er uns auch nicht vor unserer Ankunft über die Lage informieren kann?!“

„Auch das tun Sie zu recht.“

„Hmm.“

Shaw nickte.

Captain Shibing sah ihn an, ein Beispiel, dem die anderen nun folgten, außer Dr. Chen, der betrachtete ein paar Hologramme von Sternen.

„Möchten Sie eine negative Empfehlung für diesen Einsatz geben, Commander?“ wollte sie nach einiger Zeit von ihm wissen.

„Äh, nein, Sir.“

„Also?“

Der erste Offizier sah den Ministerialregenten an.

„Ich nehme an, Sie haben auch eine Art Treffpunkt, wo wir Ihren Kundschafter abholen sollen?“

„Der wurde mir mitgeteilt, ebenso wie der Zeitpunkt.“

„Und ich nehme an, diese Person ist mit Ihnen vertraut?“

„Nicht mit mir persönlich, aber mit meinem Volk.“

„Was es sinnvoll bis notwendig macht, dass Sie dort erscheinen?!“

„Das, äh... so weit hatte ich mich noch gar nicht mit dieser Angelegenheit auseinandergesetzt, aber ja, Sie haben recht, das würde wohl einen gewissen Sinn ergeben.“

„Schön. Dann würde ich vorschlagen, dass Sie Commander Ebert die notwendigen Koordinaten geben und wenn wir den Planeten erreichen, werde ich Sie zum Treffpunkt begleiten.“

„Nur Sie?“

„Halten Sie einen bewaffneten Sicherheitstrupp für angemessener?“

„Nein... wünschenswerterweise nicht.“

„Dann hoffen wir doch mal, dass Ihre Wünsche in Erfüllung gehen!“

Shaw sah Shibing an.

Die nickte zustimmend.

„Fein.“

Vier Tage später näherten sie sich einem Planeten, der vor Leben nur so zu sprühen schien.

„Bericht“, verlangte die Captain.

„Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre, hohe Luftfeuchtigkeit. Das Ganze scheint größtenteils ein dicht bewachsener Dschungel zu sein. Es gibt ein paar Meere und Seen, es gibt aber auch nur wenige Zonen ohne einen, wie es scheint, nahezu permanenten Regen“, fasste Commander Shaw die Messungen, die sie gemacht hatten, zusammen. „Viel Regen, viele Wolken, Nebel, all das. Tierisches Leben existiert ebenfalls, aber dabei scheint es sich um kleinere Spezies zu handeln. Keinerlei Bauwerke oder Ansiedlungen, keine Hinweise auf höher entwickeltes oder intelligentes Leben.“

„Danke.“

Der Vlumare schmunzelte.

„Sie haben Zweifel?“

„Oh, nein... ich denke nur, dass wir nach diesem Besuch unsere Definition von 'intelligentem Leben' ein wenig überdenken müssen...“

„Und mit 'wir' meinen Sie eher uns Menschen als sich selbst?!“

„Ja.“

„Sie machen es wirklich spannend.“

„Das tun Sie doch für gewöhnlich auch, Commander. Wenn bei einer Meldung das eine Element, das ausschlaggebend ist und dem ganzen etwas besonderes verleiht, zum Beispiel, von wem ein Notruf stammt, erst ganz am Schluss genannt wird und damit alles zu einer Überraschung macht... es ist ein Prinzip, das mir nicht entgangen ist. Also bitte, warum sollten Sie sich nicht auch einmal selbst daran erfreuen?“

„Ich versuche mein bestes.“

„Und Sie wollen wirklich keinen Landetrupp mitnehmen, Mr. Shaw?“ wollte die Kommandantin wissen.

„Ich könnte mal wieder frische Luft vertragen“, brachte sich Ebert ein.

„Ich auch“, stimmte ihr der Doktor zu.

„Ich würde gerne darauf verzichten“, sagte Shaw.

„Weil Sie die Verantwortung für andere nicht übernehmen wollen.“

„Solange das nicht zwingend erforderlich ist, nein, Sir. Und es erscheint mir in diesem Fall nicht zwingend erforderlich.“ Er sah Ministerialregent Fffidd an. „Oder?“

„Äh, nein... vorzugsweise nicht.“

„Gut, dann wäre das ja geklärt.“

„Wir wissen beide, dass hier einiges nicht geklärt ist!“ zischte Shibing leise. „Aber für den Moment lasse ich es Ihnen noch durchgehen. Das wird aber nicht immer so bleiben!“

„Ja, Sir, ich verstehe, Sir.“

„Fein. Na dann... begeben Sie sich mal in den Dschungel!“

LOG VI/03

Unter ihnen erstreckte sich eine dicke Decke aus grünen Blättern, über ihnen erstreckte sich eine dicke Decke aus grauen Wolken und um sie herum erstreckte sich ein konsequentes Regen-Nebel-Gemisch.

„Natürlich!“

fand sich keine Lichtung, auf der man das Shuttle landen konnte, in unmittelbarer Nähe des Treffpunkts und so mussten sie ein gutes Stück davon entfernt runtergehen.

„Eine Art... Sicherheitsmaßnahme?“ spekulierte der Ministerialregent.

„Oder man möchte uns einfach einen netten Spaziergang durchs Unterholz gönnen.“

Dem Vlumaren fuhr ein Schauer über den Rücken, so dass seine Höcker wackelten.

„Was war es, Spaziergang oder Unterholz?“

„Weder noch und beides“, meinte der Außerirdische. „Sie haben unsere Welt noch nie besucht, oder?“

„Nein, aber davon gehört. Die blaue Wüste.“

„Ja, das umschreibt es sehr angemessen. Wir haben wenig Pflanzen, wir haben wenig Regen, wir haben wenig Feuchtigkeit.“

„Dann muss das hier ja die Hölle für Sie sein?“

„Hölle?“

Fffidd schlug es nach.

„Oh, ja, welch treffende Umschreibung.“

„Möchten Sie hier im Shuttle bleiben?“

„Ich würde gerne... sehr gerne sogar“, gestand er. „Aber ich fürchte, ich muss Sie begleiten. Sie wissen nicht, wonach Sie zu suchen haben und ich bin nicht sicher, ob unser Kundschafter, wie Sie es nennen, mit Ihnen Kontakt aufnehmen würde.“

„Tja, dann...“

Sie machten sich auf den Weg.

Es war nass.

Es war kühl.

Es war neblig.

Es war grün.

Und...

Sie kamen überraschend gut voran.

„Sie machen sich noch immer Gedanken?“ brach der Ministerialregent irgendwann das Schweigen.

„Darüber, dass wegen mir sechs Lebewesen getötet wurden?“

„Ja.“

Shaw zog die Nase hoch, was aber auch am Regen und dem Wasser auf seinem Gesicht liegen konnte.

„Ja.“

Schweigend gingen sie weiter.

„Weil es mein Fehler war“, sagte er dann irgendwann. „Weil ich mich falsch verhalten habe, weil ich nachlässig war und zu selbstsicher. All das wäre vermeidbar gewesen, aber ich habe Scheiße gebaut und jetzt...“ Er ließ es im Raume stehen.

„Passiert das nicht allen Kommandanten?“

„Dass sie derart fatale Fehler machen?“

„Ja.“

„Und selbst wenn, macht das einen Unterschied?“

„Für Sie scheint es einen zu machen. Für die Art, wie Sie an Ihre Kollegen und an Ihre Arbeit herangehen.“

„Ich würde halt gerne vermeiden, dass meinetwegen noch einmal Leute sterben.“

„Ich glaube nicht, dass sich das in einer solchen Situation komplett verhindern lässt.“

„Dann sollte ich meinen Lebensweg vielleicht noch einmal überdenken.“

„Vielleicht ist das der einzige Weg“, stimmte der Vlumare zu. „Immerhin hat Ihr Volk die Möglichkeit dazu, also sollte man vielleicht tatsächlich in Erwägung ziehen, sie zu nutzen.“

„Hmm“, meinte Shaw und kratzte sich an seinem feuchten Kinn.

„Sind Sie schon zu einer Entscheidung gekommen?“

„Nicht, was das angeht. Aber...“ Er sah sich um. „Ich frage mich, wonach ich suchen soll. Ein Lebewesen, das intelligent ist, aber nicht über Technik verfügt. Und auf einem Planeten wie diesem unauffällig alles auskundschaften kann. Hmmm... Ist es ein Nagetier?“

Ein paar davon waren an ihnen vorbeigehuscht und hatten flink die Bäume erklettert.

„Nein.“

„Eine...“ Shaw blieb stehen und seine Hand näherte sich seiner Waffe. „...Fleisch fressende Pflanze?“

Diesmal durchfuhr es auch Fffidd.

„Ich hoffe doch nicht. Also, dass es hier überhaupt soetwas gibt.“

„Und wenn, hätte Ihr Kundschafter keine Möglichkeit gehabt, uns vorher zu warnen, oder?“

Fffidd schluckte.

„Ihr Gesichtsausdruck baut mich auf“, meinte der Commander.

„Und Sie versetzen mich in Furcht, die ich vorher nicht hatte.“

„Die sollte man aber haben, wenn man einen unbekannten Planeten erkundet. Und ein bisschen Vorsicht schadet auch nicht.“

Shaw ließ den Blick durch das Dickicht schweifen.

„Andererseits...“

„Andererseits was?“ rief der Ministerialregent.

„Die Tierwelt scheint sich auf kleinere Nager zu beschränken, wenn die Messwerte richtig waren. Keiner davon ist auch nur halb so groß wie wir. Sollte es hier also Fleisch fressende Einheimische geben, wären die zumindest wohl eher eine etwas kleinere Beute als uns gewöhnt, was uns eine gewisse Chance geben könnte.“

„Und wenn sie uns mit irgendetwas betäuben?“

„Haben wir wahrscheinlich Pech gehabt!“

Während sie sich weiter durch das kraftvolle und vor allem feuchte Grün bewegten, stellte der Vlumare einen besonders aufmerksamen Gesichtsausdruck zur Schau.

„Vogel?“ fragte Shaw dann.

„Bitte?“

„Sind die hhhhhht eine Spezies von Vögeln? Oder vogelartigen Wesen? Dann könnten sie sich hier auch unbemerkt bewegen und die meisten Gefahren wahrscheinlich umgehen.“

„Nein, Commander, ich fürchte auch das ist nicht zutreffend.“

„Hmmm!“

Er blieb stehen. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Einen kleinen Felsen, der wie ein grün bemooster Fremdkörper steinig aus dem Holz des Waldes herausragte.

„Sind wir da?“ erkundigte sich der Ministerialregent unsicher.

„Ja. Hmmm...“

„Eine Frage?“

„Ja. Wenn unser Kontakt keine Technik hat, also auch keine Uhr, woher weiß er dann, wann genau er uns hier treffen soll?“

<weil-er-ein-ausgezeichnetes-zeitgefühl-hat>

sagte eine Stimme in Shaws Ohr.

Der Commander fuhr herum und da war...

niemand!

LOG VI/04

Shaw starrte in den Nebel, dann kniff er die Augen zusammen... und sah, wie sich der Nebel bewegte. Und das, wie es schien, gegen die Windrichtung.

Konnte das-?

„Hmmm!“ meinte er.

<sagen-sie-das-auch-nicht-nur-so-?>

„Das ist eine recht laxe Frage, die mich zu der Vermutung bringt, dass Sie offensichtlich schonmal Kontakt mit Menschen hatten.“

<nicht-mit-vielen>

„Aber es hat offenbar gereicht.“

<ich-lerne-schnell>

„Außer, was das Bauen von Raumschiffen angeht... oder Technik im Allgemeinen“, meinte der Commander und sah den Nebel oder die Wolke oder was immer es war, sich dabei formieren und immer wieder neue Formen annehmen. „Ich könnte mir vorstellen, dass das schwierig ist, wenn man sich in einer Art... gasförmigem Zustand befindet.“

Ein Strahlen der Erkenntnis erfüllte sein Gesicht.

„Und was haben Sie jetzt verstanden?“ fragte der Vlumare neugierig.

„Warum der Doktor an unserem neuen Bekannten wenig Freude hätte.“

<bin-ich-ihm-zu-durchsichtig-?>

„Nein, nur nicht flüssig genug... wobei selbst das nicht stimmt. Er liebt es, andere Völker und Spezies und Lebewesen kennenzulernen und er liebt es noch vielmehr, wenn er das, was er über sie gelernt hat, einsetzen und damit Leben retten kann.“

<dann-dürfte-er-mich-sehr-enttäuschend-finden>

„So weit würde ich nicht gehen.“ Shaw lächelte. „Verzeihung, ich vergaß.“ Er deutete auf seinen Begleiter. „Darf ich vorstellen, Ministerialregent Li Tu Mar Fffidd vom Tourismusministerium der Vlumaren.“

„Sehr erfreut“, sagte der.

„Und ich bin Commander Maximilian Shaw – und mir ist es ebenfalls eine Ehre.“

<das-gebe-ich-beides-gerne-zurück>

Das Wesen aus Gas nahm eine Form an, die ein wenig strukturierter war, damit die beiden festen Wesen eine Art Ansprechpartner hatten.

<ich-freue-mich-sehr-ihre-bekannt-schaft-zu-machen>

„Gibt es etwas zu berichten?“ fragte der Ministerialregent.

<viel>

Schweigen.

<aber-dies-dürfte-kaum-der-richtige-ort-dafür-sein>

„Ist er... gefährlich?“

Der Vlumare sah sich nervös um.

<nein-aber-für-ihren-geschmack-sicher-zufeucht>

„Da kann ich nicht widersprechen.“

<ich-habe-mal-seine-welt-besucht-commander>

„Und, wie hat es Ihnen da gefallen?“

<zu-trocken>

Shaw grinste.

„Ich nehme nicht an, dass wir noch Ihre Ausrüstung holen müssen, bevor wir abfliegen – falls Sie uns begleiten möchten.“

<ich-möchte-und-wir-müssen-nicht>

„Sollen wir uns dann auf den Weg machen?“

<gerne-wissen-sie-warum-wir-einen-treffpunkt-so-weit-vom-landeplatz-gewählt-haben-?>

„Das habe ich mich in der Tat schon gefragt.“

<mein-volk-und-antriebe-von-raumschiffen-harmonieren-nicht-miteinander>

Als sie sich im Konferenzraum der Horatio Hornblower trafen, wechselte Dr. Chen in einer Art wildem Ritt von fasziniert zu enttäuscht zu begeistert zu verlegen zu hoffnungsvoll

<nein-musicals-gibt-es-bei-uns-nicht>

zu wieder enttäuscht, aber diesmal aus einem anderen Grund, zu neugierig zu aufmerksam.

„Darf ich unseren Gast vorstellen?“ fragte Shaw in die Runde.

<danke-commander-shaw-mein-name-ist-sssssn-und-ich-freue-mich-ihre-bekannt-schaft-zu-machen>

„Die Freude ist ganz auf unserer Seite“, lächelte Ebert.

<da-möchte-ich-widersprechen>

„Sie können sich sicher vorstellen, dass wir eine Menge Fragen an Sie haben.“

<das-kann-ich> sagte das gasförmige Wesen. Mehr sagte es nicht. Dann konnten alle eine Art Lachen vernehmen. <es-tut-mir-leid-meine-art-von-humor>

„Da werden Sie sich mit Commander Shaw sicher sehr gut verstehen“, knurrte der Doktor.

<das-gefühl-hatte-ich-auch>

„Vielleicht wird es ja sogar exotisch“, grinste Rashi schlüpfrig.

<eine-anspielung-?>

Die Steuerfrau nickte.

„Oh ja!“

<worauf-?>

„Auf... Sex?!“

<ahhhhhhhhh>

Das Gas nahm eine Form an, die... keinen der Anwesenden an etwas erinnerte. Es blieb eine Weile so, dann erklärte es:

<bei-den-plenntack-ist-das-ein-sehr-obszönes-symbol>

„Oh, ah, dann... muss ich mir das merken, falls wir denen mal begegnen.“

Rashida machte sich sofort eine Skizze.

<ich-muss-sie-enttäuschen>

„In welcher Hinsicht denn noch?“ entfuhr es Chen.

<wir-haben-keine-geschlechter>

„Ah... das erklärt gar nichts.“

<muss-es-das-doktor-?>

„Nein, vermutlich nicht.“

<wir-sind-weder-männlich-noch-weiblich-wir-sind-wir>

„Und kein Sex?“

<nein-obwohl-es-die-qlifem-mal-versucht-haben>

„Das nenne ich exotisch!“

<wir-nennen-das-enttäuschend>

„Tut mir leid.“

<einen-versuch-war-es-sicher-wert-aber-wir-haben-gemerkt-dass-keins-der-daran-beteiligten-völker-etwas-davon-hat>

„Und der Grund dafür ist...?“

<der-gleiche-wie-der-warum-wir-keine-technik-haben>

„Weil Sie nichts... in dem Sinne berühren können“, spekulierte Shaw. „Sie können nichts greifen oder zusammenbauen, nehme ich an.“

<das-stimmt-commander-es-ist-uns-leider-unmöglich-feste-gegenstände-zu-erschaffen>

„Wie Raumschiffe, Funkgeräte, Technik.“

<was-uns-auf-unserer-welt-festgehalten-hat-wir-können-uns-zwar-bewegen-aber-wir-benötigen-bestimmte-temperaturen-und-eine-gasförmige-atmosphäre-gleich-welcher-art>

„Das schließt Reisen durch den Weltraum dann wohl aus?“

<leider-tut-es-das-zumal-wir-selbst-wenn-wir-im-all-überleben-könnten-zu-langsam-wären-um-jemals-ein-anderes-sonnen-system-zu-erreichen>

„Das klingt ein bisschen tragisch.“

<so-haben-wir-es-auch-empfunden-als-uns-bewusst-wurde-dass-das-universum-größer-war-als-unsere-welt>

„Aber... irgendwie müssen Sie es doch geschafft haben, Ihre Welt zu verlassen.“

<wir-mussten-warten-bis-ein-anderes-volk-unsere-welt-besuchte-es-war-eine-lange-zeit-und-viele-von-uns-sind-daran-verzweifelt>

„Das tut mir leid.“

<doch-dann-kam-ein-schiff-und-wir-lernten-schnell-wir-erfuhren-dass-wir-gut-darin-waren-sprachen-zu-lernen-und-so-haben-wir-kontakt-aufgenommen>

„Sie hatten nicht den Gedanken, sich heimlich an Bord zu schleichen und mit dem Schiff mitzufliegen?“

<es-hätte-vermutlich-bedeutet-nie-zu-unserer-welt-zurückzukehren>

„Weil... Sie auf andere angewiesen wären und nichtmal mit Ihrem Volk hätten in Verbindung treten können, weil Sie nicht die Technik dafür haben.“

<das-ist-richtig-commander-wir-sind-auf-andere-angewiesen>

„Aber Sie scheinen ja Freunde gefunden zu haben.“

<wir-hatten-glück-ein-anderes-volk-als-die-vlumaren-hätte-die-sache-vielleicht-verändert-aber-sie-waren-offen-für-uns-und-so-entstand-eine-gewünschte-und-notwendige-kooperation>

„Ich nehme an, die Vlumaren haben schnell gemerkt, dass sich Ihre Welt nicht für ihre Zwecke eignet“, mutmaßte Shaw.

Ministerialregent Fffidd sah den Commander überrascht an.

<woher-wissen-sie-das-?>

„Weil ich annehme, dass Ihre Welt feucht und voller Wolken ist?“

„Das ideale Wetter – für die hhhhhht, nicht für uns!“ bestätigte der Vlumare. „Aber wir waren erfreut über ein so anderes und eigenes Volk, so dass einer gemeinsamen Arbeit nichts im Wege stand.“

„Was bedeutet, dass Sie die hhhhhht Planeten erkunden lassen?“

<das-ist-richtig>

„Ist das das einzige Angebot, das man Ihrem Volk gemacht hat?“

<ich-verstehe-nicht-ganz>

„Sie wären phantastische Spione! Besonders mit Ihren Sprachkenntnissen. Sie könnten ganze Kulturen infiltrieren, ohne dass die jemals von Ihrer Anwesenheit wüssten.“

<ich-verstehe-was-sie-meinen>

Pause.

<aber-wir-lehnen-soetwas-ab-wir-mischen-uns-nicht-in-die-konflikte-anderer-wir-haben-bei-unseren-reisen-viel-darüber-erfahren-und-wir-halten-uns-da-raus>

„Wenn doch nur jedes Volk so wäre...“

„Captain, Brücke hier. Wir empfangen einen Notruf!“

„...dann würde uns sowas vielleicht erspart bleiben!“

LOG VI/05

Doch wie sich herausstellte, war niemand angegriffen worden. Nach dem Tod von Kadett Intwali hatte der Personaloffizier, wenn auch unter Protest, die Kommunikationsstation übernommen, arbeitete aber fieberhaft daran, einen Nachfolger zu finden. Shaw nahm nun aus ähnlichen Gründen die Wissenschaftsstation ein.

„Hmmm!“ berichtete er, als er die Daten sah.

„Geht es etwas detaillierter?“

„Ja, Captain. Es ist, und das überrascht mich ein wenig, ein Schiff der prtAck.“

„Warum habe ich das Gefühl, ich hätte den Namen schonmal irgendwo gehört?“

„Vielleicht wegen eines schrecklichen Virus, das ihre Heimatwelt prtAckIlvmUgsz vor einiger Zeit heimgesucht hat?“

„Bei Ihnen klingt das so, als würden Sie das nicht ernst nehmen.“

„Commander Ebert und ich haben gute Gründe dazu, das nicht zu tun.“

Shibing sah die Steuerfrau an.

„Stimmt das?“

„Ja, das stimmt.“

„Das bedeutet... müssen wir da drüben nun mit einer Gefahr rechnen?“

„Mit einer Gefahr sollte man in einer solchen Situation immer rechnen, aber ich würde meinen, die eines Virus ist hier wahrscheinlich relativ gering... es sei denn, sie haben sich einen neuen eingefangen.“

„Was wissen wir noch?“

„Dass es offenbar einen Unfall gegeben hat.“

Shaw zeigte ein Hologramm des fremden Schiffes, dem sie sich nun vorsichtig näherten. An der Vorderseite konnte man eine große, dunkle Stelle erkennen.

„So, wie es aussieht – und das ist auch genau das, was sie sagen – hat es eine Fehlfunktion gegeben, die das Bremstriebwerk weitgehend zerstört hat.“

„Sieht aus, als wäre es von innen explodiert“, folgerte Rashida.

„Exakt. Keine Einschussspuren, keine Hinweise auf einen Angriff.“

„Und ihre Bitte?“

„Hören Sie selbst“, schlug der erste Offizier vor uns schaltete, da er diese Funktionen vom Personaloffizier, der plötzlich dringenderes zu tun hatte, übernehmen musste, auf den Bildschirm.

„Wir sind das Raumschiff srgUckIlei von den prtAck.“

„Ich bin Captain Shibing vom Erdenschiff Horatio Hornblower, wie können wir Ihnen helfen?“

„Wir sind Flüchtlinge. Vor einiger Zeit sahen wir auf unserer Welt einen Umsturz kommen. Wir waren Gegner des politischen Systems und sind geflohen, bevor es dazu kommen konnte. Wir sind nicht mit dem Virus infiziert, wir haben prtAckIlvmUgsz vorher verlassen!“

„Das erklärt, warum sie so weit von der Heimat entfernt sind“, schätzte Shaw. „Oder überhaupt, warum sie nicht dort sind!“

„Wir sind auf der Suche nach einem Planeten, auf dem wir leben können – ohne die Unterdrückung unserer Herrscher.“

„Was ist passiert?“

„Unser Schiff ist alt. Wir hatten einen Unfall. Unser Bremstriebwerk ist explodiert. Wir können das Schiff nicht mehr anhalten.“

Rashidas Finger flogen über ihre Tastatur. Dann gab sie einen Laut von sich.

„Das ist kein gutes Geräusch, wenn ich mich recht erinnere“, kommentierte ihr alter Freund.

„Wann hast du dich schonmal nicht recht erinnert?“ Sie drehte sich zu ihrer Captain um. „Wenn sie mit dieser Geschwindigkeit samt Kurs weiterfliegen, dann nimmt das kein gutes Ende.“

„Auf was steuern sie zu?“

„Oh, sie werden die Sonne, die über kurz oder lang kommt, verfehlen – aber deren Gravitation ist stark genug, dass sie sie hineinziehen wird.“

„Unfein.“

„Allerdings. Wir haben aber noch ein bisschen Zeit.“

„Die Frage ist, für was?“

„Das Schiff anhalten“, meinte die Steuerfrau, „das sollte unsere Priorität sein. Danach können wir immernoch weitersehen.“

„Hmmmm!“

„Ich hoffe sehr, das führt zu etwas.“

„Unter Umständen.“

„Schwierigen?“

„Würd ich drauf wetten.“

„Hab ich nicht anders erwartet. Also?“

„So, wie das aussieht, hat es auch ihre Steuertriebwerke erwischt...“

„Was uns nicht weiterhilft... oder?“

„Tut es nicht. Eher das Gegenteil.“

„Schön, dass wir darüber gesprochen haben.“

„Was uns zum kniffligen Teil führt.“

„Ich harre seiner mit Spannung.“

„Unser Ziel wird es vermutlich sein, das Schiff der prtAck um 180 Grad zu drehen...“

„...damit sie ihren Schubantrieb zum Bremsen nehmen können.“

„Exakt.“

„Das“, lächelte Ebert, „ist eine großartige Idee.“

Shaw seufzte.

„Das freut mich sehr.“

„Leider aber, mein lieber Freund, wird das nicht klappen.“

„Oh.“

„Doppel-Oh sogar! In deinem nicht mehr ganz so jugendlichen Leichtsinn stellst du dir wahrscheinlich vor, dass wir mit unserer feinen Hornblower längsseits gehen, den Kahn anstuppsen und ihn in eine Rotation bringen, die ihn umdreht.“

„So wars gedacht.“

„Zwei Punkte, die diesen Plan, so sehr ich ihn auch schätze, unmöglich machen. Zum einen ist die kleine Hornblower dafür zu zierlich. Mit einem fetten alten Kriegsschiff wär das kein Problem, aber diese feine Dame hat dafür zu zarte Knochen.“

„Ah. Schade.“

„Der andere Punkt ist, dass wir die srgUckIlei zwar in Bewegung versetzen könnten, also, wäre es nicht so, wie gerade umrissen, aber in dieser Bewegung würde sie dann bleiben und wir hätten keine Möglichkeit, sie zu stoppen.“

„Okay, beides gute Argumente.“

„Danke.“

Shibing sah die beiden an.

„Also?“

Shaw seufzte.

„Muss da wohl jemand rüber!“

LOG VI/06

„Ha!“ lachte jemand.

Laut.

Amüsiert.

Von oben herab.

„Das können Sie vergessen!“

Chefingeneurin Freja Wojownika schenkte jedem der Anwesenden soviel Verachtung, wie sie entbehren konnte, aber zu ihrem Glück schien sie einen nahezu unerschöpflichen Vorrat davon zur Verfügung zu haben.

„Ich riskiere mein Leben doch nicht für-“

Sie deutete auf das fremde Schiff.

„Schicken Sie das Ding.“

Die Chefingeneurin deutete auf den Androiden, der vor ihrer Ankunft auf der Hornblower für den Maschinenraum zuständig gewesen war.

„Los, hol Stöckchen, hol Stöckchen!“ fuhr sie ihn an, drehte auf dem Absatz um und entschwand von der Brücke.

„Hmmm“, äußerte sich nun Rashi.

„Wie darf ich das denn verstehen?“

„Im Ernst, deine Krise in allen Ehren, aber... hättest du wirklich Skrupel, sie in eine tödliche Gefahrensituation zu schicken?“

„Wie wir gesehen haben, stellt sich diese Frage gar nicht.“

„Hast du ein Schwein!“

Shaw blickte den Ingenieur-Androiden an. Nickte. Sah zu den prtAck, die wartend auf ihrem Bildschirm... warteten.

„Können Sie uns die Pläne und technischen Daten Ihres Antriebs herüberschicken? Vielleicht finden wir dann eine Lösung.“

„Wir schicken sie Ihnen sofort.“

„Super. Wir melden uns bei Ihnen.“

Während sich die Chefingenieurin des Schiffes in ihren Maschinenraum absentierte, ging der erste Offizier mit dem mechanischen Mechaniker die Daten durch, die ihnen die prtAck geschickt hatten... oder saß vielmehr, ihn aufmerksam anstarrend, dabei, während der Androide sie durchging. Dann nickte er... also, der Androide.

„Alles gespeichert.“

„Prima“, meinte Shaw. „Und wenn man es mit den Daten vom zerstörten Triebwerk vergleicht?“

„Reparatur unmöglich. Der Schaden ist zu groß.“

Das war weniger aufmunternd.

Shaw rieb sich das Kinn.

„Was ist mit... den Steuertriebwerken?“

Die künstliche Gestalt ging auch diese Frage im Kopf durch.

„Das könnte möglich sein.“

Immerhin etwas.

„Gut, schnappen Sie sich alles, was Sie an Werkzeug benötigen-“

Er hielt inne, als er Captain Shibings mehr als zurechtweisenden Blick wahrnahm.

„Hm?“

„Ich nehme an, Sie sind zu einer Entscheidung gekommen, Commander.“

„Die ich natürlich umgehend mit Ihnen abgeklärt hätte.“

„Das setzte ich mal voraus.“

„Nun, Sie haben den Ingenieur gehört. Das Bremstriebwerk scheint nicht im Bereich unserer Möglichkeiten zu liegen, die Steuertriebwerke schon.“

„Ihr Plan?“

„Steuertriebwerke reparieren, Schiff umdrehen und stoppen.“

Die Captain ließ sich das einen Moment durch den Kopf gehen.

„Einverstanden.“

„Danke, Sir.“

„Commander Ebert wird den Ingenieur rüberbringen-“

„Mit Verlaub, Sir.“

„Commander Shaw, dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Ihnen untergebene Besatzungsmitglieder-“

„Darum geht es überhaupt nicht, aber wenn diese Aktion schief gehen sollte, dann stehen der Hornblower unter Umständen ein paar schwierige Flugmanöver bevor und niemand kann die besser als Commander Ebert.“

Shibing seufzte.

„Meinetwegen.“

„Danke, Sir.“

„Sie nehmen zwei Mann vom Sicherheitsdienst mit, um auf Nummer Sicher zu gehen.“

„Ja, Sir.“

„Commander Ebert, bringen Sie die Hornblower auf Parallelkurs zu dem Schiff der prtAck und versuchen Sie dabei, dass die Tore der beiden Hangardecks auf gleicher Höhe sind, so dass man nur geradeaus hinüber segeln muss.“

„Aye, aye, Sir!“

Das Hinübersegeln ging leichter als erwartet und die prtAck, die, nach irdischen Verhältnissen, ein wenig an kleinere Affen erinnerten, empfingen ihre Gäste höflich aber hoffnungsvoll. Sie seien damals überstürzt aufgebrochen, mit einem Schiff, das schon zu diesem Zeitpunkt alt war, und niemandem, der sich mit Technik auskannte oder sie gar reparieren konnte.

„Vielleicht können wir ja helfen“, hoffte der Mensch.

Man führte den Ingenieur zu einem der angeschlagenen Triebwerke. Während Shaw den Fremden seinen Plan erläuterte, sah sich die Maschine die Maschine an. Es dauerte eine Weile.

„Wurde jemand verletzt?“ fragte der erste Offizier.

Es hatte ein paar Tote gegeben, aber die Verletzungen hielten sich in Grenzen, Dr. Chens Anwesenheit war demnach nicht unbedingt vonnöten, er konnte den Androhniden also im Shuttle lassen.

Nach einer Weile wurde die Weile zu zwei Weilen, dann drei Weilen und als die vierte Weile begann und sich Captain Shibing immer öfter meldete, um zu erfahren, was sich tat oder ob oder wann und wenn, dann hoffentlich bald, kam der androide Ingenieur endlich wieder aus den Tiefen des fremden Schiffes zurück.

Shaw sah ihn auffordernd an.

Die Maschine schwieg.

„Offensichtlich keine gute-Nachricht-schlechte-Nachricht-Situation?“ meinte der Mensch.

„Nein, Sir.“

„Also?“

„Ich gehe nur alle meine Berechnungen noch ein weiteres Mal durch... aber ich komme immer wieder zu dem selben Ergebnis: Wir können die Triebwerke nicht reparieren!“

Das... änderte alles!

LOG VI/07

„Welche Optionen lässt uns das?“ wollte Captain Shibing wissen, als sich Shaw von der srgUckIlei meldete.

„Das hängt ein bisschen davon ab, würde ich meinen.“

„Von was?“

„Ob wir die prtAck an Bord sterben lassen wollen oder nicht.“

„Sagen wir mal, das wäre keine Option.“

„Das beruhigt mich sehr. Rashi?“

„Ja?“ hörte man die Stimme der Steuerfrau.

„Wieviel Zeit haben wir, bis das Schiff in die Gravitation der Sonne kommt, von der du gesprochen hast?“

„Vier Tage... grob.“

„Gibt es irgendwelche anderen Schiffe in der Nähe?“

„Die Sensoren zeigen keine an.“

„Wir haben also vier Tage Zeit...“

„Da wir nicht unbedingt auch die Anziehungskraft zu spüren bekommen wollen, einigen wir uns auf dreieinhalb.“

„Hmmm...“

„Hin und wieder hasse ich es, wenn du das machst.“

„Ich weiß. Fangen wir mit den guten Nachrichten an.“

„Wir wussten nicht, dass es welche gibt.“

„Wir haben ein bisschen untersucht und die prtAck scheinen alle gesund zu sein, kein Hinweis auf ein Virus gleich welcher Art.“

„Und nun die schlechten?“

„So geht das Spiel nunmal.“

„Na, dann lassen Sie mal hören.“

„Auf dem Schiff befinden sich 7.214 Personen... wie lange brauchen wir, um die meisten davon auf die Hornblower zu evakuieren?“

Er hörte zwei Schlucken am anderen Ende, eins von Shibing und eins von Ebert.

„Ist das Ihr Ernst, Commander?“ verlangte erstere zu wissen.

„Ich habe nichts anderes anzubieten, fürchte ich. Der Kurs des Schiffes steht fest und wie du selbst sagst, Rashi, ist der Kahn zu sperrig und behäbig um ihn mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, weit genug vom Kurs abzubringen. Alle von Bord holen erscheint mir also die einzig logische – und vor allem übrige – Schlussfolgerung.“

Schweigen auf der anderen Seite.

„Ein paar von ihnen kriegen wir in die Shuttles, die sie haben, aber bei weitem nicht genug. Insofern wäre unser Schiff also...“

Er unterbrach sich.

„Shaw, ich höre förmlich, wie Sie grinsen!“ mahnte seine Kommandantin.

„Ich dachte nur gerade, dass unser Personaloffizier wahrhaft erblühen kann, wenn er die Evakuierten auf die freien Kabinen und alles andere, wo wir sie unterbringen können, aufteilt, also...“

„Also?“

„Ich wollte gerade sagen, also kann er sich mal direkt an die Arbeit machen, aber letztlich ist das ja nicht meine Entscheidung.“

„Sondern meine“, stimmte Captain Shibing ihm zu. „Geben Sie mir einen Moment, um darüber nachzudenken.“

„Ich habe noch etwas, das Ihnen ebenfalls nicht gefallen wird.“

„Das ist kein gutes Verkaufsgespräch.“

„Ich weiß, aber im Zweifel müssen wir uns eh damit auseinandersetzen. Es wird zuviel Zeit in Anspruch nehmen, alle in Shuttles zu stecken und hin und her zu fliegen. Das heißt-“

„Wir müssen an ein todgeweihtes Schiff andocken, um Ihren Plan umzusetzen!“

Shaw nickte.

„Genau das heißt es!“

Captain Shibing, Natalia, nicht der mit dem Hund... oder der Hund, musste darüber nachdenken. Obwohl, eigentlich musste sie das nicht. Das einzige, worüber sie nachdenken musste, war, ob ihr eine andere Lösung einfiel – oder ob es eine andere Lösung gab.

Ebert blickte von ihren Berechnungen auf.

„Was haben Sie?“

„Er hat nicht ganz unrecht. Jaaaaa, wir könnten unsere Shuttles einsetzen, sie an die Außenhaut dieses riesen Kahns da drücken und ein bisschen Gas geben lassen... aber letztlich löst das unser Problem nicht, es verzögert es nur. Und das wahrscheinlich auch nur unwesentlich. Das Schiff würde weiterhin ungestoppt weiterrasen... es sei denn...“

„Es sei denn, was?“

Rashida vergrößerte ein paar Teile der Außenhaut der srgUckIlei. Sie sah

„Porös und rissig!“

aus.

„Das bedeutet?“

„Dass sie uns möglicherweise auseinanderbricht, wenn wir zu starken Druck auf sie ausüben.“

„Also evakuieren!“

„Ich sehe gerade auch wenig Alternativen dazu.“

„Personaloffizier“, rief die Kommandantin und der Mann erschien am Rande Ihres Sichtfelds. „Sie haben das Gespräch der letzten Minuten mitverfolgt?“

Er nickte.

„Gut, dann wisse Sie ja, was Ihre Aufgabe ist. Ich lasse Sie wissen, um wieviele Flüchtlinge es sich handelt, sobald ich es weiß.“

Der Offizier nickte wieder und wandte sich seiner Konsole zu. Das war eine Aufgabe für ihn, nicht diese blöde Kommunikation. Hier konnte er drin aufgehen und all sein Wissen und seine Erfahrungen für die gute Sache einsetzen! Er würde die Ehrenmedaille auf der alljährlichen Tagung der Personaloffiziere bekommen... wofür er noch seinen Urlaub einreichen musste! Er machte sich schnell eine Notiz und wandte sich dann seiner Aufgabe zu.

„Mr. Shaw, wie sieht es aus?“ fragte Captain Shibing ruhig.

„Wir arbeiten noch daran. Im Moment werden so viele wie möglich auf die Shuttles der prtAck aufgeteilt.“

„Haben Sie eine Idee, wieviel die fassen können?“