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Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art – ehrlich, rau, menschlich. Adam Scharrer erzählt keine märchenhafte Festgeschichte mit Lametta und Glockengeläut. Stattdessen nimmt er uns mit auf eine biografisch geprägte Reise durch Elend, Überlebenswille und Menschlichkeit – vom hungernden Handwerksburschen am Heiligabend bis zum Flüchtling im fernen Usbekistan. Mit scharfem Blick und schwarzem Humor entlarvt er falsche Wohltätigkeit, hinterfragt bürgerliche Moral und zeigt: Auch im tiefsten Pfeffer der Geschichte kann etwas Hoffnung wachsen – nicht durch Flitter, sondern durch echte Begegnungen. Ein Text voll Trotz, Mitgefühl und unbequemer Wahrheiten – eine literarische Weihnachtsgabe, die hängen bleibt.
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Seitenzahl: 22
Veröffentlichungsjahr: 2025
Adam Scharrer
Der Weihnachtshase im Pfeffer
Ersatz für eine Weihnachtsgeschichte
ISBN 978-3-68912-491-5 (E–Book)
Die Erzählung erschien 1979 im Aufbau Verlag Berlin und Weimar.
Das Titelbild wurde mit der KI erstellt.
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Ersatz für eine Weihnachtsgeschichte
Ich habe versprochen, eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben, denn Weihnachten, das ist Abrechnung mit dem durchlebten Dasein, und ob gut oder böse, glücklich oder leidgetränkt: die Sonne besiegt die lange Nacht aufs Neue und steigt höher und höher. Ein neues Jahr steht vor der Tür mit neuen Hoffnungen, und die Summe aller gar nicht definierbaren Stimmungen und Gefühle verdichtet sich aufs Neue zu einem festgeschlossenen Trotzalledem!
Als ich aber darüber nachdachte, wie ich eine sozusagen richtige Weihnachtsgeschichte zustande bringen soll, kam ich in arge Verlegenheit. Die ganze Stufenleiter der flimmernden Märchenherrlichkeit meiner Kindheit tauchte vor mir auf, und manche Episode leuchtet hell aus dem Alltag, aber, genau besehen, fügte es stets der Zufall, dass diese Episoden mit dem Weihnachtsfest zusammenfielen. Die Welt der Märchen schimmert und flimmert wohl als eine gute, vertraute Erinnerung durch die unerbittliche Realität, jedoch als Stütze für den weiteren Marsch erweisen sich diese Erinnerungen als zu schwach. Der Stoff zerrinnt unter der Feder zu flimmerndem Flitter ohne solide Substanz.
Wenn jedoch Kindheitserinnerungen nicht für eine abgerundete Weihnachtsgeschichte ausreichen, warum sich lange damit aufhalten? Von meiner Kindheit zu dem Heute führt eine lange Wanderung, durch die Landstraßen Europas, durch zwei Kriege, durch die darin eingeschlossene fürchterliche Bescherung der Hitlerei, dazwischen Lametta-Hermann als deutscher Weihnachtsmann. Opfern wir also eine „Unitas“ und suchen weiter, und siehe da: Vielleicht liegt hier der Weihnachtshase im Pfeffer.
In meinen jungen Jahren trippelte ich an einem Heiligen Abend als Handwerksbursche durchfroren und hungrig und verlaust in eine der damals schönsten Städte Süddeutschlands. Um mich war selige, fröhliche, gnadenbringende Weihnachtszeit, und in einem Garten an einer mehrfach hin- und hergezogenen Leine sah ich Wäsche hängen, und weit und breit roch es nach Kuchen, auch aus der Villa, zu der der Garten gehörte, und kurze Zeit später saß ich im Asyl für Obdachlose, ohne Läuse, in warmen Strümpfen und Unterhosen und einem Oberhemd mit seidenem Brusteinsatz, und vor mir war Wurst und Kaffee und Kuchen, erstanden für das Geld einer zweiten Garnitur, die ich an einen anderen „Kunden“ verkauft hatte.