Werkmeister Bohnenstroh und seine Erfahrungen - Adam Scharrer - E-Book
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Werkmeister Bohnenstroh und seine Erfahrungen E-Book

Adam Scharrer

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Beschreibung

Werkmeister Bohnenstroh weiß, was er will – oder glaubt es zumindest. Stur, stolz und voller Vorurteile verteidigt er seine überkommenen Werte und „Erfahrungen“ – gegen die Moderne, gegen die Arbeiter, gegen alles, was ihm fremd erscheint. Doch die gesellschaftlichen Verhältnisse wandeln sich radikal, und die Selbstgewissheit des kleinbürgerlichen Bohnenstroh gerät ins Wanken. Adam Scharrer zeichnet mit feinem Spott und tiefem Mitgefühl den tragikomischen Niedergang eines Mannes, der der Zeit nicht standhalten kann – und dabei nicht nur ökonomisch, sondern auch menschlich scheitert. Eine schonungslos aktuelle Satire über Selbsttäuschung, soziale Blindheit und den fatalen Wunsch, sich mit Durchhalteparolen über Wasser zu halten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 25

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Adam Scharrer

Werkmeister Bohnenstroh und seine Erfahrungen

ISBN 978-3-68912-473-1 (E–Book)

Die Erzählung erschien 1979 im Aufbau Verlag Berlin und Weimar.

Das Titelbild wurde mit der KI erstellt.

© 2025 EDITION digital®

Pekrul & Sohn GbR

Godern

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Pinnow

Tel.: 03860 505788

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.edition-digital.de

WERKMEISTER BOHNENSTROH UND SEINE ERFAHRUNGEN

Er wohnte im Vorderhaus. Vier Treppen, aber im Vorderhaus. Er hatte morgens und abends eine Stunde Weg mit der Bahn und eine halbe zu Fuß zurückzulegen, denn er war weit draußen im Norden beschäftigt. Er wog circa zwei Zentner. Er hätte in die Nähe der Fabrik ziehen können. Bohnenstroh wollte das nicht. Er sagte: „Ich wohne vierundzwanzig Jahre in meiner Wohnung. Meine Tochter wurde hier geboren. Diesen Platz hier“ – er saß in einem Polstersessel an seinem Schreibtisch, als er so sprach – „würde ich zeitlebens vermissen. Ich muss einen Winkel haben, in den ich mich zurückziehen kann. Sie glauben gar nicht, wie mich das anekelt: diese Aufregung in unserer Zeit, dieses Durcheinander, diese sogenannten modernen Ansichten. Ich bin fünfzig Jahre alt und weiß, was ich will. Ich habe meine Erfahrungen.“

Ich war nicht neugierig auf die Erfahrungen des Herrn Bohnenstroh. Ich legte ihm seine elektrische Leitung um und hoffte, zu meinen zwanzig Mark Erwerbslosenunterstützung noch einen Zehner hinzuzuverdienen. Ich nahm eine Zigarre von ihm, trank ein Glas Wein mit ihm und sagte: „Lassen Sie bitte die Blumen von dem Schreibtisch fortbringen, damit wir ihn, ohne etwas zu beschädigen, abrücken können.“ Er rief nach seiner Tochter. Sie räumte das zur Ehre des fünfzigsten Geburtstages des Herrn Bohnenstroh aufgetakelte Gebirge von Blumen beiseite.

Sie war kaum fertig, da klingelte es.

Bohnenstroh schlürfte ebenfalls mit zur Tür, kam aber gleich wieder und schimpfte: „Ich hab dir schon so oft gesagt: Höre diese Leute nicht erst an! Du hörst scheinbar nicht früher, bis dir einmal einer ein Ding vor den Kopf gibt?! Passiert jeden Tag.“

„Aber Papa …!“

„Red nicht! Du glaubst jeden Schwindel, den sie dir auftischen. Die Leute bekommen ihre Unterstützung und haben nicht nötig, von Tür zu Tür zu betteln. Die meisten wollen gar nicht arbeiten.“

Ich hatte den Steckkontakt angeschlossen und ging in die Küche, um die Birne der Küchenlampe zu holen. Ich wollte sehen, ob die Schreibtischlampe des Herrn Bohnenstroh brennt. Ich wollte rasch fertig werden, mich ärgerten diese sattfrechen Redensarten.

Vor dem Bratofen saß Frau Bohnenstroh auf einem Schemel und begoss die Geburtstagsgans mit dem brodelnden Fett. Frau Bohnenstroh füllte den Raum vom Herd bis zum Tisch fast vollständig aus und konnte sich nicht so rasch erheben, wie ich wünschte. Sie war zu fett und zu schwer. Sie pustete wie ein Sauggasmotor, als sie sich erhoben hatte.

„Schon fertig?“, fragte sie. Als ich bejahte: „Das ist ja fabelhaft! Wissen Sie: Ich wundere mich, dass Sie so lange arbeitslos sind. Ein solch geschickter Mensch!“

Ich verschluckte, was sich mir auf die Zunge drängte, und sagte: „Sie bemerken aber auch alles!“ Dann begab sich die Familie Bohnenstroh in das Herrenzimmer, um sich von der Vollendung meines Werkes zu überzeugen. Herr Bohnenstroh griff noch einmal nach der Zigarrenkiste und der Weinflasche.

Vom Hof herauf klang der schlechte Gesang zweier Männer. Bohnenstroh befahl, das Fenster zu schließen.