Frauenvolle Morde - Martin Cordemann - E-Book

Frauenvolle Morde E-Book

Martin Cordemann

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Beschreibung

Polizist Harry Rhode bekommt eine neue Partnerin – und eine Menge neuer Fälle. Nicht immer geht es dabei um Mord. Einmal sogar um einen, der noch gar nicht begangen wurde und den Harry als Leibwächter verhindern soll. Zum Abschluss gibt es dann einen Fall, der von Agatha Christie sein könnte – oder zumindest von ihren Klischees. All das bearbeitet Rhode wie üblich eher mit Witz als mit Spannung. Harry Rhode ist eine Mischung als Philip Marlowe und Columbo – der entwaffnende Humor eines Marlowe und der entwaffnete Ermittler eines Columbo. Es gibt weniger Frauen und weniger auf die Fresse als bei Marlowe, aber ein guter Detektiv zeichnet sich ja nicht nur dadurch aus, was er einstecken, sondern auch, was er auflösen kann. Mal ist es ziemlich klar, wer der Mörder ist und wir begleiten den Detektiv dabei, wie er ihn überführen muss, mal kann auch der Leser mit raten, welcher der Verdächtigen nun für die Tat verantwortlich ist. "Harry Rhode" sind Detektivgeschichten mit Humor.

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Seitenzahl: 242

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Martin Cordemann

Frauenvolle Morde

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Prosit Neuneihn

Frauensache

Der Körper einer Frau

Leibwache

Missbrauch

Gruppenbild mit Leiche

Impressum neobooks

Vorwort

Und da ist es wieder, das unvermeidliche Nachwort… als Vorwort getarnt, damit Sie es nicht gleich erkennen und nicht so lange darauf zu warten haben. Nach den Büchern

„Tod unterm Leuchtturm“

„Tod du Fröhliche“

„Geigenmord“

ist dies dann also rein rechnerisch der vierte Band mit Kriminalfällen um den fiktiven Detektiv „Harry Rhode“. Ursprünglich hieß der mal „Frauensache“… aber dieser Titel ist doch eigentlich viel schöner.

Wie wir im letzten Vorwort – oder vielmehr im Vorwort zum letzten Buch – gesehen haben, gibt es eine Chronologie der Geschichten… die bei näherer Betrachtung wahrscheinlich keinen Sinn ergeben würde. Sagen wir also einfach, das ganze zieht sich über ein paar Jahre und die Reihenfolge der Geschichten entspricht ungefähr in etwa vage der Reihenfolge, in der sie hier aufgeführt sind… ungefähr in etwa vage. Okay?

Die letzte Geschichte dieses Bandes, Gruppenbild mit Leiche, entstand im Rahmen eines Krimiprojektes, in dem es darum ging, zu einem Tatort samt Verdächtigen verschiedene Auflösungen mit verschiedenen Detektiven und verschiedenen Schuldigen zu schreiben. Dieses Buch ist für die Zukunft angedacht, mal sehen, ob wir dazu kommen werden.

Der vorliegende Band enthält die Geschichten:

Prosit Neuneihn - Silvester 1996 / Neujahr 1997

Frauensache - 1992/1996

Der Körper einer Frau - 1992/1996

Leibwache - 1993/1997

Missbrauch - 1994/1997

Gruppenbild mit Leiche - 1994/1997

Sowie wieder keine Rahmenhandlung von 2013.

Also dann: Viel Spaß!

Prosit Neuneihn

„Hallo, Rhode!“

„Hmmmm?“ Ich sah von meinem spannenden Schreibtisch auf, der mich schon den ganzen Abend in seinen Bann gezogen hatte. Es war kurz nach Mitternacht und ich hatte gerade meinen billigen Sekt geöffnet. Vor mir stand irgendein Arschloch, das offensichtlich nichts Besseres vorhatte, als mir auf die Nerven zu gehen. „Was?“

„Ich hab einen Auftrag für Sie.“

„Na wassen Ding.“ Ich hob meinen Kopf so weit, dass ich ihm in die Augen sehen konnte und legte ein gutes Stück mieser Laune in meinen Blick. „Ich übernehme keine Aufträge und wer sind Sie? Zweite Frage zuerst.“ Ich war mir bewusst, dass das erste keine Frage war, aber es war mir zu blöd, darauf einzugehen.

„Das ist unwichtig.“

„Dann können Sie sich gleich wieder verpissen!“

„Warum so gereizt?“

„Warum nicht?“ Es war Silvester, der schönste Tag im Jahr, Spannung, Spiel, Spaß und gute Vorsätze. Ich hasste das. Musste daran liegen, dass ich seit Jahren nicht mehr zu irgendwelchen Feiern eingeladen wurde. Vielleicht war ich deswegen in mieser Stimmung. Und aus ein paar tausend anderen Gründen. Jedenfalls übernahm ich in letzter Zeit, was präzise gesagt exakt dieses Jahr hier war, freiwillig den Silvesterdienst, weil, ob ich nun zu Hause alleine herum hing oder hier im Büro-Sie-wissen-was-ich-meine, das machte für mich keinen großen Unterschied. Das heißt, es machte offensichtlich einen, weil, sonst wäre ich ja nicht hier!

„Mein Name ist König und ich bin bei der Polizei.“

„Schön für Sie.“

„Ich bin Hauptkommissar.“

Das erklärte, wie er hier rein gekommen war. Nein, eigentlich hatte das schon das mit der Polizei erklärt. „Hmmm, wenn Sie mir die bescheidene Frage erlauben, was wollen Sie hier? Und von mir?“

„Ich habe einen Auftrag, ich sagte es schon.“

„Ist mir egal, ich sagte es schon.“

„Es handelt sich um etwas Dienstliches.“

„Um so schlimmer. Hören Sie, König? Am 2. Januar sind hier alle wieder voll im Dienst. Vielleicht kommen Sie ja dann wieder?“

„Hören Sie, mein Freund. Ich bin ein sehr guter Bekannter von Kommissar Kronzucker. Und er hat mir gesagt, Sie wären ein sehr guter Junge.“

„Ich esse auch immer brav mein Tellerchen leer und putze mir jeden Abend die Zähne. Ich sehe Ihren Punkt nicht.“

„Kronzucker hat gesagt, Sie seien unbestechlich und verschwiegen. Ich... ich habe ein Problem.“

Ich setzte mich gerade hin. „Also, lassen Sie mich das klar kriegen. Sie haben ein persönliches Problem und sind auf Empfehlung eines Freundes, der nebenbei mein Vorgesetzter ist, hier und ich, nehme ich einfach mal an, soll nun dieses Problem lösen.“

„Richtig.“

„Schießen Sie los.“

„Es geht um meinen Schwiegersohn...“

Er war ermordet worden. Offensichtlich bei der Familie des Hauptkommissars zu Hause. Und ich hatte nun die dankenswerte Aufgabe, herauszufinden, wer das wohl gewesen sein könnte. Also zog ich meinen Mantel an, schlug den Kragen hoch und machte mich auf den Weg... in die Tiefgarage, wo ich meinen Mantel wieder auszog und ins Auto stieg... was sich als immenser Fehler herausstellte, denn im Wagen war es saukalt und die erste Viertelstunde fror ich mir einen ab. Praktischerweise war ich gerade dann, als sich mein Wagen zu einer halbwegs angenehmen Innentemperatur herabgelassen hatte, am Ziel und ich konnte wieder meinen Mantel anziehen und den Kragen hochschlagen. Was ich aus purer Destruktivität einfach nicht tat. Abgesehen davon, dass ich auch einfach mit ihm hätte mitfahren können. Was so gesehen auch besser gewesen wäre, da ich mir in meinem Büro-das-wie-Sie-wissen-keins-ist das eine und/oder andere Bier gegönnt hatte, um diesen Jahreswechsel, den ich ja so sehr mochte, zu feiern.

Ich kam ins Wohnzimmer und da war er, bzw. sie, die Leiche. Ein halbwegs junger Mann, halbwegs gut aussehend, halbwegs tot. Ich rümpfte die Nase und sah diesen komischen Hauptkommissar an. Mein Blick wanderte durch den Raum und langsam übertraf ich mich selbst, denn meine ohnehin miese Stimmung verschlechterte sich noch.

„Sagen Sie mal“, meinte ich, „was soll das eigentlich?“

„Das ist mein Schwiegersohn“, meinte er.

„Hab ich mir fast gedacht. Bin ich hier, um diese Sache zu vertuschen oder aufzuklären?“

„Was für eine Sache?“

„Nun, vielleicht die, dass Sie ihn umgelegt haben, diese Sache?“

„Ich habe ihn nicht getötet.“

„Das bleibt abzuwarten. Jedenfalls wäre das eine ziemlich bescheuerte Masche, mich dann hierhin zu rufen. Oder eine ziemlich geniale Masche. Oder einfach nur eine ziemlich nervige Masche. Was soll sich hier abgespielt haben?“

„Sagen Sie es mir.“

„Nein, Sie sind der Hauptkommissar, sagen Sie mir Ihre fachkundige Meinung zu diesem Fall.“

„Also schön. So wie das für mich aussieht, hat jemand eingebrochen und dann meinen Schwiegersohn ermordet.“

„Ist das so?“

„Ich würde sagen, so hat es sich abgespielt.“

„Ist irgendetwas gestohlen worden?“

„Nicht dass ich wüsste.“

„Jemand bricht ein, bringt Ihren Schwiegersohn um, nimmt aber nichts mit. Ziemlich gute Geschichte.“

„Erzählen Sie eine bessere!“

Ich sah mich um. „Aaaaalso“, murmelte ich, „die Verandatür ist offen, richtig?“

„Richtig.“

„Und so wie ich das sehe, ist sie sogar von außen eingeschlagen worden.“ Worauf die Glasspuren auf dem Teppich hindeuteten.

„So sehe ich das auch.“

„Wunderbar. Ähm, wann, sagten Sie, ist die Leiche gefunden worden?“

„Vor einer guten Stunde.“

„Nuuuuuun...“ Ich deutete auf die Schneespuren, Fußabdrücke, die sich von der Tür bis zur Leiche hinzogen, es hatte vorgestern geschneit und es war kalt genug, dass noch immer genug Schnee liegen geblieben war, wenn auch der Reiz des Neuschnees, der eh nur kurz nach dem Schneien erhalten bleibt, inzwischen verschwunden war. „...erklären Sie mir eins.“

„Was?“

„Naja, selbst ich weiß, dass Schnee mit der Zeit schmilzt und wenn diese Fußspuren da vom Mörder sein sollten und Sie die Leiche vor einer Stunde gefunden haben, dann muss er inzwischen noch mal reingeschaut haben, denn dafür, dass der Schnee hier vor einer Stunde rein getragen worden sein soll, ist es hier entschieden zu warm! Will sagen: er wäre inzwischen geschmolzen und wir hätten da ein paar hässliche Flecken auf dem Teppich.“

„Da haben Sie Recht.“

Ich sah ihn mit seufzendem Blick an. „Also?“

„Tja“, meinte er. „Sie sind wirklich gut.“ Er zog eine Pistole aus der Manteltasche. „Kronzucker sagte schon so etwas.“ Das war eine wirklich unangenehme Situation für mich, da ich meine Dienstwaffe sicher in meinem Schreibtisch eingeschlossen hatte. Ich saß also in der Falle und konnte mich mit dem Gedanken vertraut machen, innerhalb der nächsten paar Minuten erschossen zu werden – welche Überraschung zum Jahreswechsel. „Dann muss ich wohl mit der Wahrheit rausrücken.“

Dass die einem immer alles erzählen mussten, bevor sie einen umlegten. D.h., dann hatte ich noch eine Chance, weil, normalerweise erzählten sie einem alles, damit man dann am Ende doch als Sieger dastehen konnte – was es natürlich irgendwie unlogisch machte, dass sie einem vorher alles erzählten, aber wer war ich, dass ich die bewährten Schemata des Krimis kritisierte?

„Zigarre?“

Warum nicht, was hatte ich zu verlieren – außer meinem Leben, versteht sich? Ich nahm sie, biss ein Ende ab, spuckte es in den Raum... und stellte fest, dass es sich um Zigarren handelte, deren Ende bereits abgeschnitten war.

„Hmmmm“, meinte ich. Und: „Also... was...?“

„Sie haben sich mit den falschen Leuten eingelassen, Rhode. Haben den falschen Leuten ein paar Mal zu oft auf die Füße getreten.“

„Und?“

„Diese Leute wollen sich bei Ihnen dafür revanchieren.“

„Wollen sie das?“ Ich muss gestehen, dass ich angesichts meiner bevorstehenden Exekution vielleicht ein wenig wortkarg war. „Hmmmm.“ Mehr fiel mit im Moment nicht ein.

„Nehmen wir doch Platz.“ Er deutete auf die Sessel und wir schlenderten hinüber und machten es uns bequem, naja, jedenfalls so bequem wie man es sich machen kann, wenn man in eine 45er guckt. Oder eine 38er. Oder eine 32er? Ich kannte mich da nicht so aus. „Vielleicht einen Cognac?“

„Warum nicht?“ Dies war nicht eben die Zeit, mir das Saufen abzugewöhnen. Andererseits... „Muss ich damit rechnen, dass er vergiftet ist?“

Der Hauptkommissar, der mit Sicherheit keiner war, lachte. „Oh, selbstverständlich. Aber... warum sollte ich Sie vergiften?“

„Weil’s wahrscheinlich weniger Flecken hinterlässt als Ihre Kanone da.“

„Da haben Sie allerdings Recht. Es ist nur so: ich habe etwas anderes mit Ihnen vor. Da wäre Gift... störend.“

„Aha.“

Er reichte mir mit der einen Hand den Cognacschwenker, während die andere Hand unverändert seine Wumme auf mich richtete. Dann nahm er sein eigenes Glas, hob es und prostete mir zu: „Auf Ihr Wohl“, meinte er grinsend. „Sie scheinen langsam Ihren Humor zu verlieren.“

„Der hat heut dienstfrei.“ Ich deutete auf die Leiche. „Also was sollte diese Geschichte. Wollen Sie mir etwa den Mord an ihm in die Schuhe schieben? Und wo wir schon mal dabei sind, wie hat er eigentlich den Löffel gereicht?“

„Er wurde erschossen.“ Die Mündung der Pistole grinste mich an.

„Liegt nahe. Aus welchem Grund?“

„Wie Sie schon sagten, um Ihnen den Mord in die Schuhe zu schieben.“

„Wie soll ich an die Kanone gekommen sein?“

„Sie sind doch bei der Polizei.“

„Deswegen hab ich meine eigene Knarre auch sorgsam in meinem Schreibtisch eingeschlossen. Nein, damit kommen Sie nicht durch.“

„Glauben Sie.“

„Hmmmm.“ Ich nickte gewiss und nippte an meinem Cognac.

„Das werden wir ja sehen.“

„Falsch.“

„Bitte?“

„Sie werden das sehen. Ich werde dann ja wahrscheinlich schon tot sein, nicht wahr?“

„Da haben Sie Recht.“

„Also gut, nächster Punkt. Wer ist dieser Typ da? Jemand, den Sie einfach nur so aus dem Weg räumen wollten, oder hat der irgendwas mit mir zu tun?“

„Wie scharfsinnig Sie sind.“

„Das ist zwar sehr schmeichelhaft, aber es beantwortet meine Frage nicht.“

„Nun, welchen Grund sollten Sie wohl haben, diesen jungen Mann zu ermorden?“

„Tja, ich weiß nicht, sagen Sie es mir.“

„Vielleicht hat er sich an Ihre Freundin herangemacht?“

„Unwahrscheinlich.“

„Und warum das?“

„Weil ich keine Freundin habe, versuchen Sies noch mal.“

Das schien ihn ein wenig zu irritieren – womit wir schon zwei wären.

„Vielleicht...“ Er schien nachzudenken.

„Na, sehr fundiert ist das hier ja nicht gerade! Ich hatte angenommen, Sie hätten sich auf diese Sache ein bisschen besser vorbereitet!“ Im Film wäre dies der Moment gewesen, ihn zu überwältigen. Aber vielleicht konnte ich ihn so lange zu labern, bis er aufgab. „Also, krieg ich bald mal ne vernünftige Antwort?“

„Dieser Typ wollte sich an Ihnen rächen.“

„Für was?“

„Weil Sie seinen Bruder ins Gefängnis gebracht haben.“

„Dann wäre ich jetzt der Tote, nicht er.“

„Dann haben Sie ihn eben vorher getötet.“

„Das wäre dann Notwehr, neinneinnein, ich seh schon, so wird das nichts.“

„Hören Sie, Rhode, Sie sollten...“

„Nicht in dem Ton, ja! Wir können uns doch wohl wie zivilisierte Killer miteinander unterhalten.“

Er setzte sich wieder hin.

„Also“, rekapitulierte ich, „dieser Typ ist erschossen worden. Aber Sie wissen nicht, warum Sie das mir in die Schuhe schieben sollen, bzw. wie. Peinlich peinlich. Da haben wir nämlich schon den ersten großen Fehler.“

„Fehler?“

„Ihren Fehler, sollte ich hinzufügen.“

„Was meinen Sie?“

„Naja, es ist ja wohl unschwer zu erkennen, dass Sie diesen Typen aus irgendeinem Grund aus dem Weg räumen wollten und nun krampfhaft versuchen, einen Grund zu finden, weshalb ich es getan haben sollte. Ergo wird man bei näherer Betrachtung feststellen, dass nicht ich es war, sondern Sie. Ist das einleuchtend?“

Er brummte irgendwas.

„Schön, machen wir weiter. Was ist mit dem Haus hier?“

„Bitte?“

„Ist es Ihr Haus? Nun, scheint wohl so. Jedenfalls gehen Sie hier ein und aus als wäre es so. In so einer Gegend... ja, ich denke, den stinkreichen Säcken hier würde es aufgefallen sein, wenn plötzlich irgendwer wildfremdes ins Haus der Könige spazieren würde, als wäre es seins.“

„Und... was schließen Sie daraus?“

„Dass die Leute entweder noch ignoranter sind, als ich zunächst angenommen hatte, oder dass Sie tatsächlich in dieses Haus gehören. Was dann wiederum bedeuten würde, dass... es ziemlich bescheuert wäre, das zu machen, was Sie gerade machen und wie Sie es machen. Und außerdem weiß ich nicht, ob sich ein Auftragskiller ein solches Haus leisten könnte.“ Ich sah mich um. „Naja, also, eigentlich kann sich nur ein Auftragskiller so ne Villa leisten, oder ein Politiker... ein Verbrecher eben. Jedenfalls wage ich es zu bezweifeln, dass ein Auftragskiller so unbedarft und miserabel vorbereitet vorgehen würde, wie Sie das hier praktizieren.“

„Das trifft mich.“

„Das sollte es auch.“

„Was, wenn Sie sich irren?“

„Dann hab ich Pech gehabt. Aber ich irre mich nicht.“

„Ich könnte hier im Haus als Butler arbeiten, haben Sie sich das schon mal überlegt?“

„Ja, habe ich. Die Theorie hat nur einen Haken.“

„Welchen?“

„Dass ich dann unrecht hätte.“ Ich erhob mich. „Ich muss mal aufs Klo.“

„Ja, okay... Halt!“ Die Knarre wies mich an, mich wieder zu setzen. „Guter Versuch.“

„Ja, hätte beinahe geklappt. Also, wie ich das sehe, stinkt diese ganze Geschichte zum Himmel. Die Mordgeschichte passt überhaupt nicht zusammen und wenn Sie ein Killer sind, dann bin ich Casanova. Sagen Sie mir jetzt, was hier gespielt wird?“

„Tja, mein lieber Rhode, diese Leute für die ich arbeite sind der Meinung, hier muss ein Schlussstrich gezogen werden.“

„Und Sie sind derjenige mit der Kreide in der Hand?“

„Ganz recht.“

„Glaub ich nicht.“

„Das sollten Sie aber.“

„Dran glauben? Wahrscheinlich. Aber beantworten Sie mir eine Frage: Was mache ich hier?“

„Sie sind hier, damit ich Sie...“

„...umlegen kann, ist schon klar. Aber ich meine: Was mache ich hier für die Polizei?“

„Wieso?“

„Na, selbst wenn es nicht Ihr Haus ist, irgendwie muss ich ja hierher gekommen sein. D.h., irgendwas muss ich hier ja machen, oder? Bin ich der Einbrecher, der Ihren angeblichen Schwiegersohn erschossen hat und der Grund, weswegen Sie mich erschießen?“

„So könnte es sein.“

Ich deutete auf seine Wumme. „Mit der Knarre da?“

„Richtig.“

„Mit der Sie auch ihn erschossen haben? Oh oh, das dürfte ein paar Fragen aufwerfen, wie ich mit derselben Pistole erschossen werden konnte, mit der ich angeblich ihn da ermordet habe.“

„Wissen Sie was? Sie gehen mir langsam auf den Nerv!“

„Sie bekommen hier eine Gratislektion in Sachen Mord, andere Leute würden für sowas Unsummen ausgeben.“

„Was für Leute?“

„Die Leute, mit denen ich täglich zu tun habe. Die Leute, die andere Leute umbringen und glauben, dass sie damit durchkommen. Die Leute Arschlöcher eben.“

„Schließen Sie mich da mit ein?“

„Sie haben mir bisher keinen Grund gegeben, es nicht zu tun. Und, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben…“

„Ja?“

„Sie haben es wirklich nötig. Das, was ich bisher von Ihnen gesehen habe, ist mit Laienhaft noch sehr freundlich umschrieben.“

„Wollen Sie mich beleidigen?“

„Ich dachte, das hätte ich schon.“

„Also?“ fragte er genervt.

„Also was?“

„Was würden Sie vorschlagen?“

„Tja, ich weiß ja nicht, was Sie so vorhaben. Nur wäre es eben... unglücklich, wenn Sie mich mit der Mordwaffe erschießen würden. Und da das ganze in Ihrem Haus stattfindet und Sie einen Ihrer Feinde aus dem Weg geräumt haben, wird man Ihnen ganz schnell auf die Schliche kommen.“ Ich dachte nach. „Hmmmmm, tja, ich weiß auch nicht, wie Sie aus dieser Geschichte wieder rauskommen. Wenn Sie mich fragen, haben Sie sich da ganz schön in was verstrickt!“

„Ich frage Sie aber nicht.“

„Sollten Sie aber.“

„Tu ich aber nicht.“

„Ihr Problem. Krieg ich n Bier?“

Er erhob sich, verharrte aber mitten in der Bewegung und grinste schief. „Fast wär ich drauf reingefallen. Sie sind wirklich ein anspruchsvoller Gegner, Rhode.“ Er deutete auf meine Zigarre. „Feuer?“

Mir wurde wieder die Zigarre gewahr, die ich irgendwann auf den Tisch gelegt hatte, nachdem ich mit ihr wild gestikuliert hatte. Ich nahm sie und nickte.

Mit seiner Pistole kam er jetzt ganz dicht an mich heran, dies war der Moment, dies war die Möglichkeit, ihn zu überwältigen. Oder wollte er mich hier und jetzt erschießen? Es schien so, denn er nahm keines der Streichhölzer vom Tisch, sondern richtete die Waffe auf meine Zigarre... und es stellte sich heraus, dass die Pistole, mit der er mich bedroht hatte ein Feuerzeug war. Das war dann wohl auch das Zeichen für den Toten, sich zu erheben und mir ein freudestrahlendes „Reingelegt!“ zuzugrölen und dann ging das Licht im Raum an und Kronzucker kam herein und sagte, seine Tochter sei auch da und alle lachten und brüllten: „Überraschung!“ Und bevor ich so ganz verstanden hatte, dass man sich diese Überraschungsparty hatte einfallen lassen, um mich an Silvester, einem Tag, dem ich zugegebenermaßen nicht unbedingt wohlwollend gegenüberstehe, aufzuheitern...

...wurde ich geweckt durch eine extrem unangenehme Stimme: „Aufwachen! Wachen Sie auf, verdammtnochmal!“

„Häh?“ Ich fuhr hoch und sah in ein Gesicht, das hervorragend zu der unangenehmen Stimme passte.

„Sie sollen hier nicht schlafen!“

„Ach was?“ Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Wer sind denn Sie?“

„Oberkommissar Prosser!“

Das sagte mir rein gar nichts.

„Im Moment Ihr Vorgesetzter!“

Das sagte mir etwas, nämlich: Arschloch!

„Kann ich irgendwas für Sie tun?“

„Machen Sie Ihren Dienst. Ich werde melden, dass Sie im Dienst getrunken haben. Beten Sie, dass heute Nacht nichts Ernstes passieren wird!“

Damit rauschte er raus und knallte die Tür zu.

„Mann“, murmelte ich, „ich hasse Silvester!“

für Marc Jaschik

Frauensache

Irgendwann kommt in der Laufbahn eines jungen Polizeidetektivs der Zeitpunkt, an dem seinem Autor einfach nichts anderes einfällt und er einen neuen Partner bekommt. In meinem Fall war es zwar mehr neu, dass ich überhaupt einen Partner bekam, aber im Endeffekt hatten wir damit genau das erreicht, was neuen Schwung in eine alte Serie bringen sollte und wenn sich diese Figur dann als populär herausstellen sollte, konnte man immer noch für sie eine eigene Serie, einen Ableger, kreieren. Was das für das richtige Leben bedeutet ist mir zwar schleierhaft, aber im Bereich des Fernsehens liefen die Dinge augenscheinlich in diesen Bahnen.

Während ich also noch damit beschäftigt war, Holmes Ausführungen betreffs der Napoleonbüsten zu verfolgen (wie jeder gewitzte Leser des 20. Jahrhunderts war mir natürlich klar, dass sich in den Figuren etwas befunden haben musste, weswegen sie alle zerschlagen und damit durchsucht worden waren, aber was man nun darin verborgen hatte, blieb dem Leser stets bis zu Holmes Aufklärung verborgen), als es ohne anzuklopfen an meiner Tür klopfte, wie immer sich dies auch gestalten mochte. Gewarnt landete das Buch auf dem Tisch, meine Füße auf dem Boden und mein Drink in meiner Schreibtischschublade.

„Das ist Harry Rhode“, erklärte mein Chef, Herr und Gebieter Kronzucker einer jungen Dame. Sollte man sich doch endlich dazu durchgerungen haben, mir eine Sekretärin zuzubilligen? Und wenn, was sollte sie dann schreiben? Sekretärinnen mussten nicht immer schreiben... Aber das war sexistisch, machohaft und frauenfeindlich, also okay für mich. Wenn sie nichts zu tun hatte und auch keine Affäre mit mir wollte, konnte sie immer noch meine Romane sauber abtippen. Angesichts dieser Sachlage erhob ich mich.

„Herr Rhode?!“ Lächelnd gaben wir uns die Hand, das musste man dem Chef lassen, sie war genau mein Typ.

„Sehr richtig!“ murmelte ich.

Sie sah sich in meinem Büro-über-das-immer-wieder-zu-sagen-wie-unzutreffend-ich-diese-Bezeichnung-finde-meine-Lust-von-Mal-zu-Mal-mehr-abnimmt um. „Naja, sehr ansprechend ist es ja nicht gerade eingerichtet.“

„Vielen Dank!“

„Aber das bekommen wir hin“, meinte sie. Also eine Sekretärin mit eigenem Willen, was das Aussehen meines Büros-oder-wie-immer-man-das-auch-bezeichnen-wollte anging. Ob das als gutes Zeichen gewertet werden konnte? „Könnte etwas eng für uns beide werden!“ Nun horchte ich auf. Naja, gut, warum sollte sie nicht hier sein...

„Harry!“ Kronzucker nahm mich beiseite. „Frau Fischer wird eine Zeitlang...“

Ich nickte. „Okay.“

„Nein, äh, sie ist... eine Polizistin!“

„Aha.“ Nun hatte selbst ich begriffen, was man dem Leser schon im ersten Absatz begreiflich gemacht hatte. „Sie wollen sagen, sie ist...“

„Ihr neuer Partner! Tut mir leid, Harry, aber ich wusste nicht, wem ich sie sonst hätte anvertrauen können...“

„Ist schon gut.“

„Zeigen Sie ihr alles, machen Sie einen guten Eindruck, naja, Sie wissen schon.“

Es sah danach aus, als würde ich empfindlich in meiner Ruhe gestört werden werden.

Aufmerksam betrachtete mich Frau Fischer.

„Tja, herzlich willkommen!“ sagte ich zu ihr, während sich Kronzucker unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand davonstahl. Ich deutete auf meinen Besucherstuhl. „Ähm, Sie können den da nehmen.“

„Warum kann ich nicht Ihren nehmen?“ fragte sie keck.

„Weil es mir auf die Dauer zu schwer werden würde, wenn Sie den ganzen Tag auf meinem Schoß sitzen.“

„Sie könnten ja auf meinem sitzen“, schlug sie bissig vor.

„In dem Fall akzeptiere ich!“

Eine Wutfalte zeichnete sich in ihrem linken Mundwinkel ab. Was hatte man mir da ins Nest gelegt?

„Sie mögen Frauen nicht, stimmt’s?“

„Wie spät ist es jetzt?“

Sie sah auf ihre geschmackvolle Armbanduhr. „8 Uhr 27.“

„Um diese Zeit mag ich Frauen nicht!“ Um diese Zeit mochte ich niemanden, um genau zu sein. Ich ließ mich in meinen Sessel fallen.

„Sie könnten mir etwas anbieten.“

„Einen Kaffee?“

„Ich nehme einen.“

„Ich nicht.“

„Was?“

„Ich trinke keinen Kaffee, also wäre es ein wenig vermessen, wenn ich Ihnen einen anbieten, mir selbst aber keinen mitbringen würde, oder?“ Ich war mir nicht sicher, ob vermessen da der richtige Begriff war, aber es wäre zumindest ungewöhnlich gewesen. Wenn sie einen Kaffee wollte, sollte sie sich doch einen holen, aber man konnte ja wohl kaum erwarten, dass ich hier ihren Kellner geben würde.

„Ich trinke auch gerne Tee.“

„Schön für Sie!“ Musste ich ihr jetzt erklären, dass ich kein besonderes Interesse – oder kurz: keins! – an heißen Getränken hatte? Ich tat es, nur um sicher zu gehen.

„Soll ich Ihnen vielleicht einen holen?“ fragte sie gereizt.

Was hatte ich denn gerade gesagt?

„Ich mag keine heißen Getränke“, wiederholte ich langsam und der Sache ein wenig müde werdend.

„Ach, so einer sind Sie!“

„Ja.“ Als ob es „so welche“ gab. Man trank entweder Kaffee oder Tee, aber es gab kaum jemanden, der nichts davon trank, außer mir, weshalb es unwahrscheinlich war, dass ich „so einer“ war, weil es außer mir scheinbar nicht viele davon gab… und es unwahrscheinlich war, dass sie die anderen kannte.

„Sie sind wohl nicht sehr gesprächig!“

„Nicht um die Zeit.“

Ihr Blick verfinsterte sich, als hätte ich sie damit persönlich beleidigt. Nicht genug damit, dieses mein Büro-das-weder-meins-war-noch-ein-ebensolches-und-bei-dem-diese-Litanei-immer-störender-wird überhaupt benutzen zu müssen, nein, man hatte mir auch noch sehr wahrscheinlich eine hochnäsige, sich selbst überschätzende, arrogante Feministin, mit anderen Worten mein absolutes weibliches Feindbild angedreht. Mit besagter Wutfalte setzte sie sich grazil in den Besuchersessel und ließ den Blick schweifen.

„Sherlock Holmes? Finden Sie es richtig, während ihrer Arbeitszeit zu lesen?“

„Das ist Fachliteratur!“ Was wollte sie eigentlich? Gerade von der Polizeischule und schon wollte sie mich auf alle meine Fehler, die mir selbst gut genug bekannt waren, aufmerksam machen.

„Sie sind... unrasiert!“ Stellte sie fest.

„Sie doch wohl auch!“

„Wollen Sie mich verärgern?“

„Wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Frau Fischer, Sie... sind von der Vermisstenabteilung hierher versetzt worden?!“

„Wenn Sie es wissen, warum fragen Sie dann?“ (schnippisch)

„Ich frage mich nur: warum?“

„Herr Inspektor...“

„Ähm, es reicht, wenn Sie Herr Rhode sagen, mir bedeutet der Rang nicht viel...“

„Das sieht man Ihnen auch an!“

Abgesehen davon war ich mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt eine Art Rang hatte. Naja, mir war’s egal!

„Sollte ich Ihre Gefühle für Ästhetik verletzten...“

„Ja?“

„...kann ich gut damit leben.“

„Gut, Harry...“

„Moment, Moment! Auch wenn ich auf Sie wirke wie der letzte Penner oder ein zu heiß gewaschener Hippie, der mühsam den evolutionären Sprung vom Penner zum Polizisten geschafft hat, bin ich doch nicht auf der Dutz-jeden-Welle, oder möchten Sie, dass ich Sie Gerlinde nenne?“

„Mein Name ist Juridike!“

„Wieviel mehr müsste Sie dann die Anrede Gerlinde ärgern? Also gut, Frau Fischer, warum“ – zum Teufel – „sind Sie hier?“

„Sie wissen doch genau so gut wie ich, dass die Aufstiegschancen in der Mordkommission am größten sind.“

„Äh, das wusste ich zwar nicht, aber...“

„...das ist Ihnen auch egal!“

„Auffallend richtig. Sie wollen also Karriere machen?“

„Richtig.“ Sie nestelte sich, wie man so schön sagt, eine Zigarette aus ihrer Handtasche.

„Wir befinden uns hier in einem Nichtraucherbüro“-das-wenigstens-die-Bezeichnung-Nichtraucher-voll-und-ganz-und-zu-meiner-vollsten-Zufriedenheit-erfüllte-!

Die Wutfalte vertiefte sich, während sie die Zigarette, ich hatte natürlich gewartet, bis sie sie vollständig aus der Packung hervorgezaubert und ihr Feuerzeug hervorgeholt hatte, wieder in der Packung verstaute und meinte: „Ich denke, dass ich bald zum Inspektor befördert werde.“

„Ah ja.“ Abgesehen von ihrem doch nicht unattraktivem Äußeren war sie das genaue Abbild des Antiharry, sie verband alle unangenehmen und wirklich nicht erstrebenswerten Charakterzüge in sich. Wenn es einen Gott gab, so war dies eine Prüfung, die er für mich ausersonnen hatte. Das Jüngste Gericht schien vor der Tür zu stehen, Frau Fischer war die Vertreterin der Anklage.

„Sie machen sich keine Gedanken um Ihre Karriere, was?“

„Nein, wieso auch? Sehen Sie sich doch mal die meisten von diesen Karrieretypen an. Von dem, was sie tun sollten, haben sie keine Ahnung. Und die, die sich um ihre Arbeit kümmern, sind entweder zu faul, um Karriere zu machen, oder zu beschäftigt.“

„Und Sie sind zu faul.“

„Sie haben da eine richtig subtile Art, Ihre Gedanken zu veräußerlichen. Sie mögen mich nicht, damit kann ich leben. Um dem noch einen draufzusetzen, habe ich etwas für Sie zu tun.“ Ich reichte ihr die Akten, die auf meinem Schreibtisch lagen. Es handelte sich um ein paar von meinen alten Fällen, die ich mir spaßeshalber mal wieder herausgesucht hatte, die mich dann aber doch zu sehr gelangweilt hatten. Jedenfalls hatte ich Alibiakten auf dem Tisch und ich wusste sogar, worum es darin ging, im Falle eines Überraschungsbesuches des Polizeipräsidenten kein schlechter Schachzug. Während sie sich mit meinen alten Geniestreichen beschäftigte, beschäftigte ich mich mit denen Sherlock Holmes’.

„Sie halten wohl nicht viel davon zu arbeiten, was?“

„Nein. Was würden Sie daraus schließen, dass man eine Napoleonbüste zerschlagen hat?“

„Keine Ahnung.“

„Gut, was nun, wenn jemand fünf Napoleonbüsten gleicher Art, die sich an fünf völlig verschiedenen Orten der Stadt befinden, sucht, findet, zerschlägt und die Überreste zurücklässt?“

Sie überlegte. „Fünf Büsten... Napoleon... Die Büsten waren identisch? Hmm, vielleicht wollte er die Firma schädigen, die die Büsten hergestellt hat?“

„Aha. Haben Sie schon mal Kriminalgeschichten gelesen oder -filme gesehen?“

„So etwas sehe ich mir nicht an, dafür ist mir meine Zeit zu schade.“

„Natürlich, Körperpflege und Make-up braucht seine Zeit. Bleiben Sie bei Ihren Akten und ich bleibe bei meiner Fachliteratur!“ Mit diesen Worten begann ich sie zu ignorieren.

„Haben Sie diese Akten nur hier, um anzugeben, wie viele Fälle Sie gelöst haben?“

„Natürlich, Sie haben doch schon bemerkt, dass ich für meine Karriere alles tue und da gehört das eben dazu.“ Eingeschnappt las sie weiter, wahrscheinlich in der Hoffnung, mich eines Fehlers überführen zu können und somit einen Kandidaten aus der Todeszelle zu befreien, was mir freilich das Genick brechen würde. Es gab zwar keine Todeszellen mehr, jedenfalls nicht in diesem Land, aber das musste sie ja nicht wissen.

„Haben Sie diese Berichte selbst geschrieben?“

„Die mit den Tippfehlern!“

„Sie scheinen diesen Beruf für eine Komödie zu halten.“

„Ich halte das Leben für eine Komödie! Frau Fischer, darf ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen?“

„Ja.“

„Sind Sie verheiratet?“

„Nein.“

„Ich hätte auch mehr auf geschieden getippt.“

„Falls ich Sie damit enttäusche, ich bin auch nicht geschieden. Und falls Sie das auch noch wissen wollen: Nein, ich habe keine Freund!“

„Tja, die Karriere!“

„Sehr richtig, die Karriere.“ Sie legte den Kopf schief. „Sie denken doch nicht, dass wir beide...“

„Gott behüte, meine Selbstmordphase habe ich hinter mir! Außerdem ist es nicht immer so, dass sich die beiden Partner, die sich am Anfang aufs Messer hassen, am Schluss ineinander verlieben, heiraten, zwölf Kinder kriegen und dann später bei einem Autounfall in dickem Nebel umkommen.“

„Da bin ich ja beruhigt.“

„Das sollten Sie nicht, Sie wissen ja nicht, was Ihnen dadurch entgeht.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie...“

„Ich meinte den Autounfall!“

Langsam machte es mir Spaß. Alle weiblichen Leser, die es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getan hatten, begannen nun, mich zu hassen. „Da haben Sie also keinen Freund...“

„Und Sie? Haben Sie eine Freundin?“

„Um Gottes Willen, Sie können sich doch vorstellen, dass sich keine Frau in einen Hippie-Penner verliebt!“