Gespenster-Krimi 115 - Michael Schauer - E-Book

Gespenster-Krimi 115 E-Book

Michael Schauer

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Beschreibung

Siebenhundert Jahre waren vergangen. Endlich würde er seinem Gefängnis entrinnen können, einer kargen, öden und dunklen Welt zwischen den Dimensionen. Er hatte einen der Obersten der Finsteren erzürnt, und die Verbannung war seine Strafe gewesen. Nun konnte er sich bewähren, und er wusste auch schon, wie. Er würde unter den Menschen wüten, Tod und Verderben verbreiten, und seine Taten würden ihm Ruhm und Ehre einbringen.
Doch er war schwach geworden, die Gefangenschaft hatte ihn ausgelaugt. Das uralte Ritual der sieben Diener würde ihm neue Stärke verleihen, nur war er in seinem Zustand nicht dazu in der Lage, es selbst durchzuführen. Deshalb hatte ihm ein alter Verbündeter eine Helferin gesandt, die sich als außerordentlich fähig erwiesen hatte. Die Vorbereitungen waren beinahe abgeschlossen.
Er war Colso, der Feuerdämon, und er würde zurückkehren ...


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Inhalt

Cover

Brennen muss Rom

Special

Vorschau

Impressum

Brennen muss Rom

Ein Castor Pollux Roman

von Michael Schauer

Siebenhundert Jahre waren vergangen. Endlich würde er seinem Gefängnis entrinnen können, einer kargen, öden und dunklen Welt zwischen den Dimensionen. Er hatte einen der Obersten der Finsteren erzürnt, und die Verbannung war seine Strafe gewesen. Nun konnte er sich bewähren, und er wusste auch schon wie. Er würde unter den Menschen wüten, Tod und Verderben verbreiten, und seine Taten würden ihm Ruhm und Ehre einbringen.

Doch er war schwach geworden, die Gefangenschaft hatte ihn ausgelaugt. Das uralte Ritual der sieben Diener würde ihm neue Stärke verleihen, nur war er in seinem Zustand nicht dazu in der Lage, es selbst durchzuführen. Deshalb hatte ihm ein alter Verbündeter eine Helferin gesandt, die sich als außerordentlich fähig erwiesen hatte. Die Vorbereitungen waren beinahe abgeschlossen.

Er war Colso, der Feuerdämon, und er würde zurückkehren ...

Rom, 64 n. Chr.

Die Flamme der Öllampe malte flackernde Schatten an die Wand. Senator Pollo Tabinus saß auf seinem weich gepolsterten Lieblingsstuhl und sah ihnen zu. Mal schienen sie die Umrisse eines Menschen zu bilden, dann die eines Pferds oder eines Löwen. Gedankenverloren griff er nach dem Becher, der auf einem kleinen Tischchen neben ihm stand. Normalerweise hätte ihm der Falerner sicher gemundet, schließlich war das der beste Wein, der für Geld zu bekommen war. Doch heute konnte ihn nichts erfreuen. Als die rote Flüssigkeit seinen Gaumen berührte, schmeckte er gar nichts. Genauso gut hätte er Wasser trinken können.

Durch das kleine Fenster wehte eine kühle Brise herein, angenehm erfrischend nach der Hitze der vergangenen Stunden. Obwohl es erst Mitte Mai war, hatte die Sonne fast den ganzen Tag wie ein glühender Ball am Himmel gestanden und die Straßen und Häuser Roms aufgeheizt. Alles deutete darauf hin, dass die Stadt ein besonders heißer Sommer erwartete.

Inzwischen war es längst dunkel geworden. Vermutlich ging es bereits auf Mitternacht zu, aber da konnte er sich auch irren. Die Sorge um Marina hatte ihn sein Zeitgefühl vergessen lassen.

Nachdem er lustlos einen weiteren Schluck zu sich genommen hatte, hörte er Schritte, die sich seinem Cubicola, dem Schlafzimmer, näherten. Gleich darauf klopfte es an der Tür.

»Ja?«, rief er knapp.

Die Tür wurde geöffnet, und Maltu, einer seiner beiden Leibwächter, trat ein. Maltu war früher Gladiator gewesen. Er war nicht sehr groß und reichte ihm gerade mal bis zum Kinn. Obwohl er die Arena vor drei Jahren verlassen hatte, war seinem massigen, mit Narben übersäten Körper die jahrelange, eintönige Getreidekost im Ludus noch deutlich anzusehen. Im Halbdunkel des Schlafzimmers ähnelte er einem großen Fass, wie Pollo auffiel.

Seine tumbe Erscheinung stand im Widerspruch zu seiner Gefährlichkeit und der Brutalität, zu der Maltu fähig war. Bevor Pollo ihn freigekauft hatte, hatte er siebenundzwanzig Kämpfe bestritten, wovon er zweiundzwanzig gewonnen hatte. Sechs seiner Gegner hatten die Begegnung mit ihm nicht überlebt, bei vier anderen waren die Verletzungen, die er ihnen zugefügt hatte, so schwer gewesen, dass sie nie wieder in die Arena zurückkehren konnten.

»Herr, wir sind zurück«, meldete er überflüssigerweise. Seine Stimme klang, als habe er jahrelang mit Kieselsteinen gegurgelt.

»Das sehe ich«, erwiderte Pollo angespannt. »Was ist geschehen?«

»Ich weiß es nicht, Herr. Ich wurde nicht hineingelassen und musste vor der Tür warten.«

Pollo nickte. Daraufhin trat Maltu zur Seite und gab den Weg für sie frei. Marina trug ein schlichtes weißes Gewand und dazu einen blauen Mantel über ihren schmalen Schultern. Ihr fein geschnittenes Gesicht wurde von langen, mit grauen Strähnen durchzogenen schwarzen Locken umrahmt.

Obwohl sie bereits neununddreißig war – und damit fünf Jahre jünger als er –, hatte sie sich eine jugendlich glatte Haut bewahrt. Wie immer hätte sie bezaubernd ausgesehen, wenn da nicht dieser Ausdruck in ihren dunklen Augen gewesen wäre. Eine Mischung aus tiefstem Grauen und brennender Scham lag darin.

Wortlos verließ Maltu das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Marina stand einfach nur da und erwiderte Pollos besorgten Blick. Die Stille zwischen ihnen erschien ihm wie ein lärmendes Dröhnen.

»Was hat er getan?«, brach er schließlich das Schweigen.

»Sie waren neun«, antwortete sie leise und so tonlos, als unterhielten sie sich über das Wetter. »Vier Frauen und fünf Männer, ihn eingeschlossen. Ich wurde wie eine alte Freundin empfangen, obwohl ich keinen von ihnen jemals zuvor gesehen habe, ihn natürlich ausgenommen. Er tat so, als sei ich aus freien Stücken gekommen und könne es gar nicht erwarten. Dann zwang er mich, einen bis zum Rand gefüllten Becher unverdünnten Wein in einem Zug zu leeren.«

»Und?«

»Sie umschwärmten mich und zerrten an meinem Kleid, die Männer wie die Frauen. Sie hörten erst auf, als es mir von den Schultern rutschte und ich nackt vor ihnen stand. Zwei von ihnen packten mich und trugen mich zu einem Tisch.«

»Sprich weiter«, forderte er sie auf und erschrak über seine eigene Stimme, die plötzlich so heiser wie die eines uralten Mannes klang.

Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht, Pollo.«

Erneut herrschte Stille. Seine nächste Frage kostete ihn so viel Kraft, als seien seine Worte Felsen, die er mühsam aus seiner Kehle zu seiner Zunge emporhieven musste. »Wirst du es tun?«

»Ja«, sagte sie entschieden. »Nach diesem Abend bleibt mir keine andere Wahl. Du warst gut zu mir, Pollo. Der beste Mann, den ich mir wünschen konnte. Dafür danke ich dir.«

Mit diesen Worten wandte sie sich um, öffnete die Tür und verließ ihn. An der Stelle, wo sie gerade noch gestanden hatte, entdeckte er eine kleine, glänzende Blutlache. Hastig griff er nach seinem Becher, leerte ihn, goss nach und trank in einem Zug aus. Der Krug war leer.

»Wein!«, brüllte er. »Bringt mir Wein!«

Hastige Schritte auf dem Korridor. Kurz darauf kam ein Sklave mit einem frischen Krug herein und tauschte ihn gegen den leeren aus. Pollo beachtete ihn nicht, sein Blick war starr auf das Blut geheftet. Ohne hinzusehen, griff er nach dem Krug und schenkte nach, trank aus, schenkte noch einmal nach.

Als er sich später erhob, hatte er noch einen weiteren Krug geleert. Seit dem Gespräch mit seiner Frau musste beinahe eine Stunde vergangen sein. Um ein Haar hätte er das Gleichgewicht verloren, und er musste sich an dem Tischchen festhalten, um nicht lang hinzuschlagen. Kein Zweifel, er war stark betrunken. Doch davon würde er sich nicht aufhalten lassen. Nachdem er einige Male tief durchgeatmet hatte, setzte er sich schwankend in Bewegung. Im Haus war es vollkommen still, selbst von Maltu war nichts zu sehen. Um diese Zeit war niemand mehr auf den Beinen.

Während er durch den Flur schlurfte, musste er sich mehrmals an der Wand abstützen. Sein Körper war schlank und sehnig, und er war stolz darauf, sich etwas von der Agilität und Beweglichkeit seiner Jugend bewahrt zu haben. Doch jetzt fühlte er sich wie ein gebrechlicher Greis. Er wusste genau, was ihn erwartete. Vielleicht hätte er besser daran getan, sich einfach schlafen zu legen. Nur wäre das feige gewesen, und Feigheit ziemte sich nicht für einen Mann seines Standes. Außerdem war er ihr das nach all den Jahren schuldig.

Als er die Tür zu Marinas Gemächern öffnete, sah er zuerst Amalia, ihre gallische Leibsklavin. Sie lag auf den Knien, das Gesicht in ihren feingliedrigen Händen verborgen, sodass nur ihre blonden Locken zu sehen waren. Ihre Schultern bebten. Leise Schluchzer drangen an seine Ohren.

Seine Kehle war wie zugeschnürt, als er auf den weißen Vorhang zu taumelte. Mit einem Ruck riss er ihn beiseite.

Seine Frau lag nackt in der Wanne. Ihr Kopf ruhte auf ihrer linken Schulter, die Arme lagen neben ihrem Körper, die Handflächen zeigten nach oben. Trotz des rot gefärbten Wassers sah er deutlich die Schnittwunden knapp unterhalb der Handwurzeln. Der blutige Dolch lag auf dem Wannenrand.

Ein Zittern durchlief seinen Körper. Er beugte sich zu ihr hinab und hauchte ihr einen Kuss auf die kühle Stirn. Eine Träne löste sich aus einem Augenwinkel und landete mit einem leisen Platschen im Wasser.

Es war seine Schuld.

Heftig schüttelte er den Kopf, als könne er dadurch den Gedanken vertreiben. Nein, er hatte nur seine Pflicht getan.

So konnte es nicht weitergehen. Jemand musste etwas unternehmen. Jemand musste endlich Einhalt gebieten. Noch während ihm der Gedanke durch den Kopf ging, wusste er, dass es in Wahrheit keine Lösung gab. Er war zu mächtig, und außerdem schien er Gefahr wittern zu können. Schon der leiseste Verdacht konnte für die Person, gegen die er sich richtete, große Gefahr bedeuten.

Einen tiefen Seufzer ausstoßend, wandte er sich ab und kehrte in sein Schlafzimmer zurück. Wut und Trauer tobten in ihm, gleichzeitig hatte ihn eine schier unendliche Müdigkeit überfallen. Mit letzter Kraft schleppte er sich zu seinem Bett, ließ sich auf die mit Schwanenfedern gefüllte Matratze fallen und fiel in einen traumlosen Schlaf.

Pollo verschlief den folgenden Tag und kehrte erst zwei Tage später in den Senat zurück. Missmutig wohnte er der Sitzung bei und lauschte nur mit einem Ohr seinen Kollegen. War er sonst stets gewissenhaft und pflichtbewusst bei der Sache gewesen, so kamen ihm ihre Anträge und Wortmeldungen nun unsagbar öde und bedeutungslos vor.

Eben erhob sich Domas Pfiffikus von seinem Platz und begann mit einer seiner berüchtigten, weil weitschweifenden Reden, die selbst dem geduldigsten Zuhörer alles abzuverlangen pflegten. Domas hatte zudem eine enervierend hohe Stimme und neigte zu höchst eigenwilligen Betonungen, was es noch anstrengender machte, seinen nicht enden wollenden Worten zu lauschen. Pollo starrte auf seinen dürren Hals und stellte sich vor, wie es wäre, die Hände darum zu legen und ihm die Luft abzudrücken.

Als er nach der Sitzung die Cura Iulia verließ, fühlte er sich wie betäubt und wollte nur noch nach Hause, um sich in die Einsamkeit seiner Gemächer zurückzuziehen. Die Vorbereitungen für Marinas Bestattung hatte er in die Hand seines Sekretärs gelegt. Er selbst brachte nicht die Kraft dafür auf.

Jemand fasste ihn an seiner Toga. Pollo fuhr herum und sah in das faltige Gesicht von Rufus Motus. Mit ihm hatte er bislang nie besonders viel zu tun gehabt, doch aus seinen gelegentlichen Reden schloss er, dass Rufus ein ebenso pragmatischer wie vernünftiger Mann war. Sein Kollege war beinahe so groß wie er, allerdings etwas fülliger, und im Gegensatz zu seinem eigenen wuchs dessen graues Haar nur noch so spärlich, dass die Kopfhaut darunter hindurchschimmerte.

»Es tut mir leid, was mit deiner Frau passiert ist«, sagte Rufus ohne Umschweife.

Pollo presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie einen Strich bildeten. Also hatte es sich bereits herumgesprochen. Natürlich, das war Teil der Demütigung. Bei dem Gedanken, dass sich auch der Pöbel über seine Gattin das Maul zerriss, spürte er einen Stich in seinem Herzen.

»Danke«, antwortete er knapp und wollte sich abwenden, als er Rufus' Hand auf seiner Schulter spürte.

»Lass uns ein Stück gehen«, schlug er leise vor.

Erst wollte Pollo ablehnen, doch in Rufus' Blick lag etwas, das ihn zustimmend nicken ließ. Gemeinsam schritten sie die Treppe des Sitzungsgebäudes hinunter und ließen ihre Senatorenkollegen zurück, die in kleinen Gruppen auf den Stufen standen und miteinander schwatzten. Pollo glaubte, ihre mitleidigen Blicke in seinem Rücken zu spüren.

Sie überquerten das Forum Romanum und bogen in eine kleine Seitengasse ein, die kaum breit genug war, dass zwei erwachsene Männer Schulter an Schulter nebeneinander stehen konnten. Rufus blieb alle paar Schritte stehen und blickte sich nervös um, als fürchtete er, verfolgt zu werden. Nach einer Weile verbreiterte sich die Gasse und führte schließlich auf eine Kreuzung zu. An der gegenüberliegenden Straßenecke befand sich eine Taverne, deren bessere Zeiten schon lange zurückliegen mussten. Die weiße Farbe, mit der die Fassade ursprünglich getüncht worden war, war nur noch in Fragmenten erhalten. Über dem Eingang war ein verwittertes Schild schief angenagelt worden. Zur durstigen Hure stand mit roter Schrift darauf geschrieben.

Pollo staunte nicht schlecht, als ihn Rufus in die Schenke führte. Das war kein Lokal, in dem Männer ihres Standes normalerweise einzukehren pflegten.

Drinnen war die Luft heiß und stickig. Die wenigen Tische waren unbesetzt. Hinter dem Tresen stand ein bulliger, rothaariger Bursche, der lustlos einen zerbeulten Becher polierte und sie keines Blickes würdigte. Sie steuerten auf einen schmalen, notdürftig von einem löchrigen braunen Vorhang verdeckten Durchgang neben dem Tresen zu.

Ein mulmiges Gefühl stieg in Pollo auf. Lockte ihn Rufus gerade in eine Falle? War das, was man seiner Frau angetan hatte, nicht genug? Wollten sie ihn jetzt auch noch umbringen?

Rufus bedeutete ihm mit einer einladenden Geste, hindurchzugehen. Pollo verzog das Gesicht, als er den Vorhang beiseiteschob. Der Stoff roch nach feuchtem Moder. Dahinter lag ein zweiter, wesentlich kleinerer und fensterloser Raum, der von einem einzelnen Öllicht erleuchtet wurde. Es stank nach altem Schweiß und Erbrochenem. Fünf der sieben Stühle, die um einen großen Tisch aufgestellt worden waren, waren besetzt. Pollo hob die Brauen. Er kannte die Männer, die sich auf ihnen niedergelassen hatten. Sie waren allesamt Senatoren.

»Bitte«, forderte Rufus ihn auf und deutete auf einen der freien Stühle.

Pollo musterte seine Kollegen. Ihre Blicke waren angespannt, aber freundlich. Einer von ihnen, den er als Babtus Cobolus erkannte, lächelte ihm sogar zu. Niemand machte den Eindruck, als ob er gleich ein Messer oder ein Schwert ziehen und sich auf ihn stürzen wolle. Er nickte jedem einzelnen zu und setzte sich. Rufus nahm neben ihm Platz und richtete sofort das Wort an ihn.

»Wir kennen deinen Schmerz, Pollo. Jeder von uns hat Ähnliches erleiden müssen, und das nur, weil wir es gewagt haben, unsere Stimme zu erheben, was seit jeher das Recht und die Pflicht des Senats ist.«

Die fünf anderen nickten zustimmend.

»Du hast nichts anderes getan, als die Wahrheit zu sagen«, fuhr Rufus fort. »Dieses Projekt ist der reine Größenwahn und zu nichts anderem gut, als ihm selbst zu schmeicheln. Was er vorhat, ist eine Sünde gegen die Stadt selbst. Genau das waren deine Worte. Nur deshalb ist deine Frau jetzt tot. Er wollte dich damit zum Schweigen bringen. Ein derartiges Verhalten können wir nicht länger tolerieren.«

Pollo warf einen nervösen Blick über die Schulter in Richtung Gaststube.

»Der Wirt ist taub«, beruhigte ihn Rufus.

»Ihr ... ihr plant eine Verschwörung?«, fragte Pollo.

»Ja, das tun wir«, antwortete Rufus freiheraus. »Wir möchten, dass du dich uns anschließt.«

Pollo begann auf seiner Zunge zu kauen, wie er es oft tat, wenn er über etwas gründlich nachdachte. Wer als Mitglied einer Verschwörung enttarnt wurde, tat gut daran, sich in sein Schwert zu stürzen oder sich die Adern zu öffnen, bevor er den Folterknechten in die Hände fiel. Andererseits, was hatte er zu verlieren? Ohne Marina war sein Leben sowieso nichts mehr wert.

»Das wird nicht einfach«, erwiderte er.

»Dessen sind wir uns bewusst. Doch wir haben keine Zweifel daran, dass wir erfolgreich sein werden.«

»Wie wollt ihr es machen?«

Erstmals ergriff Babtus das Wort. »Das Gute daran ist, dass niemand von uns den tödlichen Schlag wird führen müssen.«

Pollo runzelte die Stirn. »Also wollt ihr jemanden damit beauftragen?«

»So könnte man es ausdrücken. Lass es mich dir erklären. Vor ein paar Tagen war ich spät abends noch unterwegs, ich kehrte gerade von einem ... äh, nun ja, Besuch zurück.«

Aufgrund der Art und Weise, wie er herumdruckste, ahnte Pollo, um was es sich bei diesem Besuch gehandelt hatte. Babtus' Vorliebe für die jüngsten der blutjungen Mädchen in den Bordellen Roms war weithin bekannt.

»Ich hatte mein Haus beinahe erreicht, da sprach mich eine alte Frau an. Sie war plötzlich da, wie aus dem Boden gewachsen. Sie nannte sich Glabia. Eine ziemlich hässliche Vettel, von der ein so eigentümlicher Gestank ausging, dass mir beinahe übel wurde. Erst wollte ich weitergehen, aber dann fragte ich mich, woher sie meinen Namen kannte.«

Unwillkürlich beugte sich Pollo auf seinem Stuhl vor. »Und dann?«

»Sie wusste erstaunlich gut Bescheid. Über mich und über unsere Freunde hier. Und über das, was wir ertragen mussten. Sie sagte, sie könne uns eine Lösung anbieten für unser ... Problem. Allerdings müssten wir zu siebt sein.«

»Zu siebt?«, echote er.

»Richtig«, bestätigte Rufus. »Wie du weißt, hat die Zahl Sieben allgemein eine große Bedeutung. So hatte Rom einst sieben Könige, und in der Stadt gibt es sieben Hügel. Sie hat etwas von einem Ritual erwähnt, es aber nicht näher erklärt.«

»Sieben Verschwörer«, bekräftigte Babtus. »Um uns endlich von ihm zu befreien. Uns und das Reich.«

Pollo schwirrte der Kopf. Gerade ging ihm alles etwas zu schnell. »Aber was soll eine alte Frau ...?«

Mit einer Handbewegung schnitt ihm Babtus das Wort ab. »Warte, bis du sie getroffen hast. Dann wirst du es verstehen.«

»Komm heute Abend in mein Haus«, lud ihn Rufus ein. »Das heißt, wenn du dich uns anschließen willst. Denk an deine Frau. Das ist deine Chance, ihren Tod zu rächen. Wer weiß, ob du eine zweite bekommen wirst.«

Mit einem Mal hatte Pollo das Gefühl, als würde er neben sich stehen und sich selbst beobachten. Innerhalb von wenigen Tagen schien seine Welt auf den Kopf gestellt worden zu sein. Die Situation kam ihm plötzlich merkwürdig unwirklich vor.

Dennoch hatte Rufus recht. Weshalb zögern? Wie von selbst öffneten sich seine Lippen. »Ich bin dabei.«

Ein feines Lächeln umspielte Rufus' Mundwinkel. Die übrigen Männer begannen zu applaudieren, als säßen sie nicht in einer abgetakelten Taverne, sondern im Senat, und als habe er gerade eine exzellente Rede gehalten.

»Schick vorher deine Leibwächter zu mir, diese beiden Gladiatoren«, bat ihn Rufus.

»Maltu und Ristro? Wozu?«

»Sie müssen etwas für uns erledigen. Vertrau mir einfach, Pollo.«

»Sie sind dir sicher treu ergeben und würden dich niemals verraten, oder?«, fragte Babtus hastig.

»Das sind sie«, erwiderte Pollo, und das war die Wahrheit.

Nachdem er sie freigekauft hatte, hatte er sich ihre Loyalität mit Geld, guter Kost und hübschen Sklavinnen dann und wann gesichert. Sie waren beide etwas verrückt, vor allem Ristro, der ehemalige Retarius, aber klug genug, um zu wissen, dass sie es in ihrem Leben so gut nicht mehr treffen würden. Wenn es sein musste, würden sie ihn bis zum letzten Blutstropfen verteidigen.