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Die steinerne Tafel mit dem Bannspruch, der böse Geister fernhielt, hing seit Jahrzehnten an der zugemauerten Tür der Schlosskapelle von Old Tower House. Im Lauf der Zeit war die Schrift fast unleserlich geworden, weil Moose und Flechten den Stein überzogen. Vor allem aber waren die eisernen Klammern verrostet, die die Tafel an der Mauer fixierten.
Dann, an einem Herbsttag, brauste ein gewaltiges Unwetter über die Ruine hinweg. Der Sturm zerrte das filzige Geflecht aus Waldreben, Efeu und Mauerkatze fort, und auch die Tafel mit ihrem Bannspruch fiel zu Boden und zerbrach.
Der Weg für die im Wassergraben lauernde Hydra war frei, und sie und all die grausamen Gestalten, die ihr folgten, schlichen auf die Irrenanstalt Sitwell Park und ihre ahnungslosen Bewohner zu ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Die Wasser-Teufelin
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Impressum
Die Wasser-Teufelin
von Camilla Brandner
Die Ruinen von Old Tower House, in der Nähe von Edinburgh, spätes 19. Jahrhundert
Die steinerne Tafel mit dem Bannspruch, der böse Geister fernhielt, hing seit Jahrzehnten an der zugemauerten Tür der Schlosskapelle von Old Tower House. Im Lauf der Zeit war die Schrift fast unleserlich geworden, weil Moose und Flechten den Stein überzogen und üppige Ranken die Ruine bedeckten. Zudem waren die eisernen Klammern verrostet, die die Tafel an der Mauer fixierten. Sie bröckelten und bröselten, bis sie nur mehr klägliche Überreste waren.
Dann, an einem Herbsttag, brauste ein gewaltiges Unwetter über die Ruinen hinweg. Der Sturm zerrte das gesamte filzige Geflecht aus Waldreben, Efeu und Mauerkatze fort. Zusammen mit den Pflanzen fiel auch die Tafel mit dem Bannspruch zu Boden und zerbrach in Stücke.
Der Weg für die im Wassergraben lauernde Hydra war damit frei ...
Irrenanstalt Sitwell Park, ehemals New Tower House, spätes 19. Jahrhundert
John Roy Douglas, Oberwärter im ›Sitwell Institute for Young Gentlemen‹, schreckte um drei Uhr morgens aus dem Schlaf. Aufgeweckt hatte ihn das Winseln und Stupsen seines Hundes Tarnhelm, der bei Tag und Nacht über ihn wachte. Ein so leiser Alarm bedeutete: »Vorsicht! Der Feind ist nahe!«
John Roy brauchte sich nicht lange umzusehen, bis er ihn entdeckte. Genau am Fußende seines Bettes stand in dem halb dunklen Raum eine Schattengestalt, nur undeutlich umrissen, aber so groß, dass die beiden ovalen Eulenaugen nahe der Decke auf ihn herabblickten, und so breit wie ein Kleiderschrank. Eine Skeletthand, fahlweiß und fleischlos, streckte sich nach dem eben noch Schlafenden aus. Im Übrigen war der Unhold einem massigen Popanz aus alten Fetzen oder dürren Zweigen ähnlicher als irgendeiner menschlichen Gestalt. Der böse Wille jedoch, der spürbar von ihm ausströmte, ließ auf eine denkende und fühlende Persönlichkeit schließen, was immer sie sein mochte.
Sein Beruf als Wärter in einer Irrenanstalt hatte John Roy gelehrt, innerhalb von Sekunden aus dem tiefsten Schlaf aufzutauchen und sofort zu reagieren. Jetzt fuhr er hoch, und im Bett sitzend schrie er: »Gelobt sei Jesus Christus! Zurück mit dir, wo du herkommst, und lass ehrliche Menschen in Frieden!«
Er wollte gerade noch hinzufügen: »Pack ihn, Tarnhelm!«, da war der Hund schon von selbst zum Angriff übergegangen. Im Alltag ein unscheinbares, gerade einmal kniehohes, schwarzweiß geflecktes Zotteltier, schwoll er plötzlich zu doppelter Größe an. Sein Fell sträubte sich, die sonst so freundlichen gelb-braunen Augen glühten wie Elmsfeuer, die entblößten Zähne schienen im Dunkel zu leuchten. Phosphoreszierender Geifer troff von den schwarzen, ledrigen Lefzen.
Mit einem gewaltigen Satz schnellte er über das Fußende des Bettes hinweg auf die Schreckgestalt zu und verbiss sich in dem schwarz-grauen Gewirr dort, wo in etwa das Herz sein mochte – sofern die Kreatur ein Herz hatte!
Was genau sich im Halbdunkel abspielte, konnte der Wärter nicht sehen; er musste erst die Kerze auf seinem Nachttisch anzünden, und bis die zu flackern begann, hörte er nur dumpfe, grässliche Laute hinter seinem Rücken – ein Krachen und Knacken, Reißen und Ratschen und ein dumpfes Grollen, das von jedem der beiden Kombattanten herstammen mochte.
Dann flammte das Licht auf.
Die Schattengestalt war verschwunden, aber Tarnhelm wühlte und schnappte an irgendetwas herum, das auf dem Boden lag. Als der Mann aus dem Bett sprang und das Licht hob, fuhr er schaudernd zurück.
Dort lag ein Haufen schmutziger Lumpen, so schimmlig, als hätte ein längst Begrabener sie getragen. Das schlimmste jedoch lag zuoberst auf den Lumpen, nämlich ein rotes, feuchtes und immer noch schlagendes menschliches Herz!
Es war kein Symbol, es stank nach frischem Blut und sah genau so aus, als hätte der Henker es eben aus der Brust eines Delinquenten gerissen oder ein Arzt es herausgeschnitten.
John Roy sah es nur eine Sekunde lang. Dann hatte es Tarnhelm gepackt und verschlungen, obwohl es noch zwischen seinen Zähnen, in seinem Maul, ja, in seiner Kehle pumpte und zuckte und Blut spie.
†
Der große, robuste Schotte, den sonst nur wenig erschrecken konnte, sank halb ohnmächtig und mit schweißbedeckter Stirn zurück auf sein Lager. »Tarnhelm«, stammelte er mit brüchiger Stimme, »was war das?«
Dem Hund hatte die gräuliche Mahlzeit offenbar keinen Schaden getan. Er sprang – wieder in seiner alltäglichen Gestalt – munter aufs Bett, streckte sich zu Füßen seines Herrn aus und antwortete mit einer heiseren, aber klar verständlichen Stimme:
»Tarnhelm heiß ich. Verborgenes weiß ich. Wer zu viel fragt, den zerreiß ich.«
»Ach, das ist immer die einzige Antwort, die man von dir bekommt«, murrte John Roy. Er verzichtete darauf, weiter zu forschen; er wusste, dass Tarnhelm nie andere menschliche Worte gesprochen hatte als diesen drohenden Vers. Deshalb hatte John Roy auch nie jemand davon erzählt. Nicht einmal dem Leiter des Instituts, Professor Baruch Löwelyn, der selbst hellsichtig war und längst wusste, dass es mit dem Hund etwas Besonderes auf sich hatte.
Zum Beispiel tauchte er oft an Orten auf, wie in verschlossenen Räumen, die er in materieller Gestalt gar nicht hätte betreten können, oder er stand plötzlich da, ohne dass man ihn kommen gehört oder gesehen hätte. Das tat er so geschickt, dass es lange dauerte, bis jemand sich fragte: »Nanu? Wo ist der denn jetzt hergekommen?« Aber wer achtet schon so genau auf das Kommen und Gehen eines harmlosen Haushundes ...
John Roy kraulte ihn unterm Kinn und rieb ihm die Ohren. Er dachte an den Tag zurück, an dem er ihn bei sich aufgenommen hatte. Damals hätte er beinahe einen Mann umgebracht, nämlich den üblen Strolch, der drauf und dran gewesen war, dem abgemagerten und verwundeten Tier einen Sack voller Steine um den Hals zu hängen und es in das ›Water of Leigh‹ zu stoßen, den Fluss, der durch Edinburgh strömt.
Er hatte den Unhold erst laufen lassen, als der ernsthaft um sein Leben flehte, ihm aber vorher noch den Sack voll Steine mit einem sehr festen Knoten um den Hals gebunden. Noch jetzt, zwei Jahre später, durchströmte ihn eine warme Welle des Behagens, wenn er daran dachte, wie der Kerl ächzend und greinend auf allen vieren davongekrochen war, seinen Sack mit sich schleifend.
Und dann ... ja, dann hatte er sich um den Hund gekümmert, ihn versorgt und sein Vertrauen gewonnen, und wie man es eben in solchen Fällen tut, so nebenbei gefragt: »Na, armes Ding, auf welchen Namen hörst du?« Da hatte er die Antwort bekommen.
»Tarnhelm heiß ich. Verborgenes weiß ich. Wer zu viel fragt, den zerreiß ich.«
John Roy hatte gelernt, sich nicht von jeder absonderlichen Kleinigkeit in Aufregung versetzen zu lassen. Dennoch war er bei dieser Antwort mit einem Schrei zurückgesprungen und hatte sich mehrfach bekreuzigt.
Eine Zeitlang hatte er befürchtet, sich einem dämonischen Familiare ausgeliefert zu haben, aber Tarnhelm stellte sich niemals auf Seiten des Bösen. Er war immer Helfer und Retter. Er hatte das Seine dazu getan, Joannis, den Adoptivsohn des Professors, vor den dämonischen Verfolgern zu schützen, denen der Junge sich in seiner Dummheit und Habgier verschworen hatte und die ihre Beute nicht so leicht laufen lassen wollten.
Einmal hatte John Roy den Seelsorger des Instituts, Father Eammon McFall, auf ganz allgemeine Weise nach dergleichen gefragt, und der Geistliche hatte geantwortet: »Wer sagt denn, dass ein Schutzengel immer als niedlicher, geflügelter Chorknabe erscheinen muss?« Danach hatten sie aber nie wieder über Tarnhelm in anderer Weise gesprochen als über einen ganz alltäglichen, treuen und tapferen Hund.
Plötzlich wurde John Roy bewusst, dass es hier nicht nur um ihn ging. Aus seiner Nähe hatte Tarnhelm das Schreckgespenst zwar verjagt, aber was war mit dem Rest des Hauses? Wer wusste denn, ob es nicht gerade jetzt anderswo erschien, obwohl es seine »Kleidung« aus Lumpen und Zweigen zurückgelassen hatte.
John Roy stärkte sich mit einem raschen Schluck Whisky und beeilte sich, in seine Kleidung zu kommen. Der Hund war sofort an seiner Seite, als er die Petroleumlampe anzündete und – wobei er es ängstlich vermied, an den Müllhaufen zu Füßen seines Lagers anzustreifen – hinaus auf den Korridor trat.
†
Die Flamme unter dem Glaszylinder warf zuckendes gelbes Licht in den steinernen Gang.
John Roy wandte sich zur Treppe und stieg die Stufen hoch in den ersten Stock, wo die meisten Zöglinge untergebracht waren. Fast alle hatten Einzelzimmer, nur in einem Raum gab es drei Betten für diejenigen, die unter Schlafparalyse und Albträumen litten und sich niemals getraut hätten, allein zu schlafen.
Seine Arbeit bestand darin, zusammen mit anderen Wärtern, Lehrern und Ärzten aktuell fünfzehn mehr oder minder geistesgestörte Knaben aus reichen, teilweise adeligen Familien unter Kontrolle zu halten. Sie alle waren von ihren Verwandten und Vormündern in Professor Löwelyns Institut abgesetzt worden – halb in der Hoffnung, dass er sie heilen könnte, vor allem aber, um sie vom eigenen Haus fernzuhalten.
Es waren keine tobsüchtigen oder überhaupt nur rabiaten Jungen darunter. Einige schwammen hilflos im Meer ihrer Fantasien und schafften es nicht, an der Realität anzudocken; einige litten an unangenehmen Ticks, epileptischen Anfällen und Sprachstörungen, und andere taten sich mit dem Lernen so schwer, dass sie kaum ihren Namen schreiben und ein Vaterunser aufsagen konnten.
Wirklich unheimlich gewesen war dem Wärter nur Joannis – der hatte bis zum Hals in Pech und Schwefel gesteckt. Mit dem hatte er ein paar schlimme Stunden verbracht. Früher hatten die Leute den Jungen wegen seiner schwarzen Haare und schwarzen Augen und seines düsteren Charakters ›Black Jack‹ genannt, ein Name, den er auf gälisch – Iain Dhub – für sich annahm. Aber sogar der hatte positiv auf die Erziehungsprinzipien des Hauses reagiert, die der Professor festgelegt hatte: »Solche Jungen brauchen einen Lehrer mit einer festen Hand und einem warmen, geduldigen Herz.«
Jetzt war der Bursche sauber – das kontrollierte Father McFall regelmäßig im Beichtstuhl –, er wurde bei seinem Taufnamen Joannis gerufen, und man sprach nicht mehr von der Vergangenheit.
Das Sanatorium lag nicht weit von Edinburgh entfernt in einer freundlichen Mulde der Landschaft, umgeben von einer Ziegelmauer, die Neugierigen den Zutritt verwehrte und die Insassen an unerlaubten Ausflügen hinderte.
Die uralte Dynastie der Sitwells hatte ihren eigentlichen Stammsitz, Northwycke Manor, im Norden Schottlands, wo alles so war, wie sie es gerne hatten: dunkel, muffig, unpraktisch, im Winter eisig kalt, im Sommer erstickend heiß, mit einer Ahnengalerie, von deren Wänden die Porträts unsympathischer Persönlichkeiten herabblickten. Aber schon vor Jahrhunderten hatten sie hier in der Nähe von Edinburgh eine zweite Wohnstätte erbaut, Tower House, um dem königlichen Hof auf dem Castle Rock möglichst nahe zu sein.
In den turbulenten Staatsangelegenheiten Schottlands war das wichtig, um erstens immer auf dem Laufenden zu sein und zweitens notfalls rechtzeitig flüchten zu können, wenn sich das politische Blatt wieder einmal wendete.
Dann war es – in der Folge gewisser mysteriöser und unerfreulicher Ereignisse – zu einer Spaltung in der Familie gekommen. Als hätte ein Engel sie hinausgeführt, verließen ein Teil der Verwandten und der Dienerschaft von Lord Sitwell das Haus. Sie liefen einfach davon, wie Lot mit seiner Familie aus Sodom und Gomorrha floh, bevor Feuer vom Himmel fiel, und zogen in das eigentlich als Witwensitz gedachte Gebäude auf dem südlichen Teil des Gutes.
Während das Alte Haus zusehends verfiel, hatten sie das Neue Haus ausgebaut und renoviert. Es war im schottischen Baronialstil modernisiert worden, mit vielen Türmchen und Erkern und unnötigen Ornamenten, war aber – für die Begriffe eines Adelssitzes – ein recht zeitgemäßes Gebäude, frei von alle den labyrinthischen Winkelgängen und winzigen, schwarz getäfelten Zimmern früherer Epochen, mit hohen Fenstern, durch deren verschnörkelte Gitter frische Luft strich, und Korridoren, in denen man sich unbesorgt aufrichten konnte, ohne sich den Kopf an der Decke zu stoßen. Drei Stockwerke hoch, hatte es reichlich Zimmer für die Patienten, Lehrer, Ärzte, Wärter und sonstiges Personal.
Sitwell House wurde sehr gelobt von denjenigen, die unerwünschte Kinder dorthin abschoben. »Es geht Jamie – oder Johnny oder Harry – dort viel besser als bei uns, weil sich Fachleute um ihn kümmern«, pflegten sie zu sagen. Ihr Gewissen war rein, denn die Atmosphäre des Hauses war milde und freundlich.
Zwar gab es, etwas abseits vom Haus hinter Kirschlorbeer-Bosketten verborgen, eine Sonderzelle für Tobsüchtige, aber es war nur selten notwendig, sie in Anspruch zu nehmen. Sowohl die Patienten wie auch die Ärzte, Lehrer und Wärter trugen ihre private Kleidung. Und obwohl der Rohrstock in dieser Epoche zur Ausstattung einer Erziehungsanstalt gehörte, machte man selten davon Gebrauch. Viele Schüler waren von brutalen Eltern und Erziehern in eine solche Schockstarre hineingeprügelt worden, dass man sich ihnen kaum nähern konnte, ohne Panikattacken auszulösen.
Im Großen und Ganzen machte das Sitwell Institute weniger den Eindruck einer Irrenanstalt als den einer Großfamilie mit überdurchschnittlich vielen beschränkten Kindern.
†
John Roy kontrollierte das ganze Stockwerk, fand aber nichts Verdächtiges. Hinter jeder Tür, die er lautlos einen Spalt weit öffnete, sah er nur friedlich schlafende Jungen. Wahrscheinlich träumten sie alle von der Sensation der vergangenen Tage.
Eine Woche zuvor hatte sich der beginnende Herbst mit einem Unwetter angekündigt, das Äste von den Bäumen und Schindeln von den Dächern riss, und dieser Sturm hatte, wie ein eiserner Besen, auch die rankenden Pflanzen vom Old Tower House zu einem beträchtlichen Teil weggefegt. Was viele Jahrzehnte lang nur eine dumpfe, formlose Masse aus widerwärtiger Vegetation gewesen war, zeigte sich nun – zumindest teilweise – nackt und bloß in seiner ursprünglichen Gestalt.
Vor allem die Schlosskapelle war erstaunlich gut erhalten geblieben unter ihrem Mantel aus Waldreben und Efeu. Sie stand wieder deutlich sichtbar da, zwar fleckig schwarz verfärbt wie nach einem Brand, aber sichtlich entschlossen, noch eine ganze Weile weiter zu bestehen. Eine Betrachtung durch das Fernrohr hatte eine teilweise Erklärung geliefert: Das Tor und die wenigen Fenster waren zugemauert worden – wann, von wem und warum, das ließ der Fantasie jeden Spielraum.
In einem Institut, in dem normalerweise nicht viel passierte – außer vielleicht, dass sich einer der Jungen während der Lektionen plötzlich in Krämpfen wälzte oder einer sein Wasser nicht halten konnte –, war das eine Sensation gewesen.
John Roy lächelte. Glückliche Kinder, in deren simpler Welt eine solche Kleinigkeit genügte, um sie tagelang zu unterhalten!
Allerdings musste er zugeben, dass es ihm lieber gewesen wäre, der Sturm hätte sich anderswo ausgetobt. Solange das Tower House unter einem Spinnennetz von Pflanzen eingesponnen gewesen war, hatte man immerhin so tun können, als sei es etwas ganz Natürliches. Jetzt war es, als hätte man eine ägyptische Mumie im Wohnzimmer stehen – ohne Sarkophag.
Allen wäre wohler gewesen, hätten die Lords Sitwell den Schandfleck abreißen lassen. Die aber hatten nichts weiter getan, als den Bereich zur Landstraße hin mit einem starken Eisenzaun abzusperren – eine Vorsichtsmaßnahme, weil Pferde dort so oft scheuten und Seine Lordschaft keine abgestürzten Kutschen aus dem Wassergraben herausholen wollte.
In okkulten Dingen erfahrene Greise wie der Obergärtner Elias Hobson meinten außerdem, es habe schon seinen Sinn, dass der Lanzenzaun aus massivem Eisen war, denn das hindere die bösen Geister des Ortes daran, über die Landstraße und die Ortschaft Kilmurty herzufallen.
Allerdings wirkte der magische Schutz nicht mehr, wenn ein Parkgitter so rostig und durchlöchert war wie dieses hier – und das sollte noch in derselben Nacht einem Menschen zum Verhängnis werden.