Gespenster-Krimi 170 - Camilla Brandner - E-Book

Gespenster-Krimi 170 E-Book

Camilla Brandner

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Beschreibung

London im viktorianischen Zeitalter: Leander Sarrazin trägt ein dunkles Erbe in sich - einen Tropfen des Blutes von Lord Murgatroyd, einem grausamen Hexenmeister, dessen untoter Geist nicht nur nach Rache strebt, sondern auch in die Welt der Lebenden zurückkehren will. Gejagt von schrecklichen Erscheinungen und heimgesucht von finsteren Träumen, die ihn mehr und mehr zermürben, versucht Leander, sich von diesem unheiligen Bann zu befreien, bevor seine Seele für immer verloren ist und der grausame Lord Murgatroyd seinen Körper und Geist ganz übernimmt. Dafür aber muss sich Leander in das verfluchte Herrenhaus der Murgatroyds begeben - und dort stößt er auf weitere böse Geister!


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Seitenzahl: 120

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

In den Krallen des Bösen

Vorschau

Impressum

In den Krallen des Bösen

von Camilla Brandner

Murgatroyd Manor House, London, im 19. Jahrhundert

Lord Montgomery Murgatroyd fühlte, wie sein schlimmster Albtraum Wirklichkeit wurde. Seine Knochen wurden zerquetscht. Krumme Knochen, die schon seit Langem in der Familiengruft von Murgatroyd Manor moderten, gelb und fleischlos bis auf eine Maske mumifizierter Haut über dem Gesicht. Mürbe, bröckelnde Knochen – aber sein Verbindungsglied zu der materiellen Welt!

Der gemauerte Sarkophag brach unter der Last von tonnenschwerem Schutt in sich zusammen und zertrümmerte den Rest des grotesk verstümmelten Gebeins darunter. Murgatroyd gelang es gerade noch, seinen Astralleib – oder wie immer man dieses letzte Überbleibsel seiner Persönlichkeit nennen mochte – zusammenzuraffen und als bloßes Phantom zu entweichen.

Jetzt hing seine Existenz nur noch an einem Faden. Genauer gesagt, an einem Tropfen Blut. Seinem Blut, das er durch ein schwarzmagisches Ritual in die Adern eines Mannes namens Leander Sarrazin injiziert hatte, ehe dieser überhaupt gezeugt worden war.

Über London breitete sich einer jener seltenen Sommermorgen, an denen die Luft über der Riesenstadt rein und der Himmel blau war. Es würde nicht lange so bleiben. Schon stieg aus zahllosen Fabriken der Ruß auf, der sich ab dem späten Vormittag wie eine bleierne Kuppel über die Stadt senkte und tagsüber das Sonnenlicht und nachts die Sterne aussperrte. Obendrein würde es ein heißer Tag werden, und die Wetterkundigen murmelten bereits von Unwettern am späten Nachmittag.

Viele Jahre waren vergangen, seit der ausgedehnte Park von Murgatroyd Manor zum letzten Mal von Menschen betreten worden war. Bäume, Büsche, Blumen und Unkraut gediehen üppig in dieser ungestörten Oase. Man konnte förmlich ihr empörtes Aufseufzen hören, als das rostige Gittertor aufgebrochen wurde und eine scharfe Männerstimme kommandierte: »An die Arbeit, Leute! So kühl bleibt es nicht! Macht die schwere Arbeit, bevor die Sonne höher steigt!«

Dem Vorarbeiter folgten drei Trupps kräftiger Männer mit einem Dutzend Pferde, riesenhaften Jütländer-Kaltblütern, die für gewöhnlich Bierwagen zogen und jetzt dazu gebraucht wurden, die noch übrigen Mauern der einstigen Friedhofskapelle einzureißen.

Stricke wurden um Mauerreste geschlungen, Seilzüge an den umstehenden Bäumen angebracht, während andere Arbeiter das wuchernde Gebüsch rodeten und mit Pickeln und Hämmern auf die Steine einschlugen.

Viel war von dem kleinen Gebäude nicht übrig geblieben, nachdem ein fanatischer Priester es in Brand gesteckt hatte – was in der Öffentlichkeit übrigens nie bekannt geworden war, denn Father Jerome hatte gerade noch Zeit gehabt, mit angesengtem Kittel zu fliehen, ehe die Flammen ihn selber gepackt hätten.

Daher hatte er auch nicht erreicht, was er eigentlich vorgehabt hatte, nämlich die Familiengruft durch Feuer zu reinigen. Das Gewölbe der Krypta war intakt geblieben. Allerdings hatte die Hitze es geschwächt, und als nun mehrere Gespanne an den Seilen zerrten und die geschwärzten Mauerreste tonnenschwer in sich zusammenstürzten, sackte es ein.

Ungeheurer Lärm ertönte, Knirschen, Krachen, Scharren und Poltern. Gespenstische Staubsäulen stiegen meterhoch in die Höhe.

Von allen Seiten hallten Schreie, als die Arbeiter merkten, dass die Gruft ein schwarzes Riesenmaul aufriss und sich bereit machte, sie samt ihren Pferden und Werkzeugen zu verschlingen.

Glücklicherweise wussten sie genau, dass das unterirdische Gewölbe innerhalb der Ruine gelegen war und ihnen nichts mehr geschehen konnte, sobald sie sich auf dem festen Grund außerhalb der Mauern aufhielten. Sie führten die Pferde vom Gebäude weg, jederzeit bereit, die Zugseile zu durchtrennen, wenn das unheimliche Loch sich auszudehnen drohte. Aber nichts geschah.

Die Mauern der Krypta reichten tief in die Erde hinab. Nur ein Erdbeben hätte sie aus dem Gleichgewicht bringen können. Allein das Dach, einst der Fußboden der Kapelle und später des spiritistischen ›Tempels der Kristallseelen‹, zersprang zu einem Spinnennetz von Klüften und Spalten, stürzte in das Gewölbe hinunter und lastete schwer auf den gemauerten Sarkophagen.

In einem dieser Sarkophage hatten Lord Murgatroyds halbmenschliche Dienerinnen sein Gerippe beigesetzt, nachdem sein eigener Schattenleib ihn auf grausame Weise getötet hatte, und dann mit magischen Mitteln den Eindruck erweckt, dieser Sarkophag sei wie alle anderen von Staub und Spinnweben bedeckt. Deshalb hatte auch die behördliche Kommission, die seinerzeit Haus, Park und Krypta nach dem verschwundenen Hausherrn durchsucht hatten, ihn nicht weiter beachtet. Der greise Lord hatte als vermisst gegolten, bis Königin Victoria befunden hatte, dass sieben Jahre Frist genug seien, um einen so alten Mann für tot zu erklären.

Da er keine Verwandten hatte und kein Testament existierte, fiel sein Besitz an die Krone, und ein Dutzend Spekulanten rauften sich um das wertvolle Grundstück so nah an der Grenze von London. Der siegreiche Spekulant, Mr Hogwillem – zufällig ein enger Verwandte eines der Günstlinge der Königin – hatte angeordnet, sich nicht lang mit einer Räumung der uralten Begräbnisstätte aufzuhalten, sondern sie einfach platt zu walzen und ein paar Granitplatten darüber legen zu lassen mit einem sehr diskreten Hinweis, was sich hier einst befunden hatte.

Die Granitplatten wurden geliefert und von den Pferdegespannen an Ort und Stelle geschleift.

Erst jetzt bemerkte der Bauherr, dass der Steinmetz ihn missverstanden hatte. Zwar stand auf einer der Platten wie gewünscht ›Hier befand sich dereinst die Familiengruft der Familie M.‹, aber der Steinmetz hatte offenbar nichts davon gehört, in welchem Ruf die Murgatroyds standen. Einem schönen alten Brauch folgend, hatte er in jede der acht Platten ein Kreuz gemeißelt und mit Goldfarbe ausfüllen lassen.

Seine Unachtsamkeit nahm Lord Montgomery, der in dumpfer Wut brütend im Wipfel einer Tamariske hockte, jede Hoffnung, noch einmal an diesen Ort zurückkehren zu können.

Er saß auf einem Ast in Gestalt eines riesigen, schmutzig grauen Vogels mit schlaff herabhängenden Flügeln und einem Schweif wie ein Pfau, aber ohne dessen reizvolle Farben. Silberne Augen schielten boshaft zwischen zerschlissenen Federn hervor. Aus der Halskrause reckte sich ein armlanger, rot geäderter nackter Geierhals, auf dem der Kopf eines menschlichen Leichnams steckte wie der Schädel eines Gerichteten auf einem Pfahl.

Nachdem er jetzt nur noch ein Schatten war, konnte er keinen menschlichen Körper mehr vortäuschen, sondern musste sich in allerlei grotesken Gestalten manifestieren.

Er litt bitter unter dem Verlust seiner Macht. Was nützte ihm all sein magisches Wissen – das er noch immer besaß –, wenn seine nebelhaft schwache Spukgestalt keine Rituale mehr durchführen konnte, keine Evokationen ausrufen, nicht einmal eine Seite in einem seiner Zauberbücher umblättern?

In die Gedanken und Träume der Menschen konnte er noch eindringen, ihnen auch als ein Schatten erscheinen, aber damit stieß er an seine Grenzen. Es sei denn, er konnte es schaffen, sich in einer neuen Heimstätte niederzulassen.

Es war ein teuflischer Plan, den der alte Nekromant einst ausgeheckt hatte, um fast am Ende seines Lebens noch einmal jung zu werden. Erst hatte er einer vertrauensseligen Frau eingeredet, er könne ihr zu einem Sohn verhelfen, der ein Messias des Spiritismus werden sollte – übermenschlich schön, klug und ein Liebling der seligen Geister – und sie dann zu seinen eigenen Zwecken benutzt, indem sein dienstbarer Dämon einen Tropfen seines Blutes in ihren Astralleib eingeschmuggelt hatte. So weit, so gut.

Der Junge war in einem fleischlichen Leib geboren worden. Sein irdischer Vater war der reiche Reeder Alphonse Sarrazin, seine Mutter die berühmte Okkultistin Heloise Sarrazin, aber in seinem tiefsten Inneren verborgen hauste Lord Montgomery Murgatroyd und brauchte nur noch zu warten, bis er erwachsen genug war, um ihm von Nutzen zu sein.

Und dann hatte ein dummer, abergläubischer Trampel von einer Hebamme Lunte gerochen, hatte das Neugeborene gepackt und zu einem papistischen Priester gebracht, der es getauft hatte. Damit war Murgatroyds Plan gescheitert, auch wenn der Blutstropfen an Ort und Stelle geblieben war.

Da die Zeit drängte, hatte er auf gut Glück einen weiteren Versuch unternommen und aus dem totgeborenen Säugling einer Giftmörderin einen Schattenleib erschaffen, der ihm als irdische Hülle dienen sollte.

Der Kropf schwoll ihm an, wenn er daran dachte, wie es geendet hatte. Statt einen weiteren Blutstropfen in den Schattenleib zu träufeln, hatte ihn sein Dämon verraten, den Tropfen ausgespuckt und sich selbst in den Besitz der schönen Puppe gesetzt – und als Murgatroyd nichtsahnend in diese einfahren wollte, hatte der Dämon ihn gepackt und entsetzlich verstümmelt. Er konnte von Glück reden, dass seine halbmenschlichen Dienerinnen Verstand genug gehabt hatten, den Leichnam in einem der uralten Sarkophage in der Familiengruft zu verstecken, denn um als Astralleib weiter existieren zu können, musste ein Hexer auf seinem eigenen Grund und Boden beigesetzt werden. Deshalb hatte man seinerzeit solche Leute mitsamt ihrer Habe auf dem Schindanger verbrannt, um zu verhindern, dass ihr böser Geist weiterhin auf der Welt herumschweifte.

Der Kloß in seinem Hals wurde noch dicker, als er daran dachte, wie wertvoll die Frucht seines missglückten Experiments jetzt für ihn war. Leander Sarrazin allein stand zwischen ihm und einer Ewigkeit, an die der alte Teufelsdiener gar nicht denken mochte.

Da Murgatroyd kein Dämon war, sondern nur eine böse erdgebundene Seele, konnte er nicht einfach in diesen Menschen einfahren. Er musste warten, bis er eingeladen wurde. Vor allem aber musste er dieses für ihn so wertvolle Gefäß in Sicherheit bringen, bevor der Narr am Ende vor ihm starb – was gar nicht unwahrscheinlich war, denn Leander Sarrazin war jetzt zwar ein Mann in den besten Jahren, aber weder unverwundbar noch unsterblich, und er lebte gefährlich.

Er liebte nächtliche Spaziergänge in den finsteren Bezirken von London, übte sich in riskanten Sportarten wie Degenfechten und Kickboxen und soff wie ein Kesselflicker.

Murgatroyd sah nur eine Möglichkeit: Er musste ihn in die Falle locken und in einem unzugänglichen Kerker gefangen halten, bis er ihn soweit zermürbt und eingeschüchtert hatte, dass er ihm freiwillig Zugang zu seiner Seele gewährte. Bis ihm das gelungen war, musste Murgatroyd auf jeden Fall dafür sorgen, dass Leander Sarrazin am Leben und unbeschadet blieb.

Einen Vorteil hatte es immerhin, dass der Mensch seinen Blutstropfen in sich trug: Wo immer Leander sich befand, was immer er tat, ob er schlief oder wachte, der Schatten des untoten Nekromanten schwebte über ihm.

Er ließ ein keckerndes Lachen hören, so laut, dass einige der Arbeiter sich umdrehten und in die Höhe blickten. Sehen konnten sie ihn jedoch nicht. Sein halb materieller Körper verschmolz mit den Zweigen der düsteren Tamariske, zwischen denen er hockte.

Mr Hogwillem, der in der Nähe stand, fragte barsch: »Was glotzt ihr da?«

Die Männern rückten verlegen an ihren Kappen, zuckten die Achseln und machten sich mit doppeltem Eifer wieder ans Werk. Hogwillem würde es ihnen übel nehmen, wenn sie ihm eingestanden, dass sie sich fürchteten.

Als in London bekannt wurde, dass das Anwesen geschleift werden sollte, hatten einige Zeitungen lange Berichte über das geheimnisvolle Verschwinden des berüchtigten Adeligen gebracht und bei der Gelegenheit gleich allen Klatsch aufgewärmt, den sie nur zusammentragen konnten. Da von Lord Murgatroyd, einst einer der mächtigsten Männer der Metropole, nun nichts mehr zu befürchten war, konnten sie offen über Dinge schreiben, über die man zuvor nur hinter vorgehaltener Hand gemunkelt hatte.

Zum Beispiel über das ungewöhnlich hohe Alter, das alle Patriarchen der Familie seit Jahrhunderten erreichten, oder die riesigen, in unverständlichen Zeichen beschrifteten Bücher in ihrer Bibliothek – wobei das nur diejenigen waren, die offen sichtbar herumstanden! Oder das achteckige Turmzimmer, in das die Mitglieder der behördlichen Kommission damals nur einen flüchtigen Blick geworfen hatten, weil eine so unerträglich erstickende Atmosphäre drin herrschte. Oder die beiden außergewöhnlich schönen und dennoch abstoßenden Dienerinnen, Ghislaine und Anthea, die ebenso spurlos verschwunden waren wie ihr Meister, und noch anderes mehr.

Die Arbeiter hätten sich keine Sorgen zu machen brauchen. Mr Hogwillem fürchtete sich nicht weniger als sie. Was er natürlich nie zugegeben hätte! Und er zweifelte mittlerweile daran, dass ihm sein Verwandter wirklich einen Gefallen getan hatte, als er ihm das Baurecht für Murgatroyd Manor zugeschanzt hatte. Er war kein Mitglied der Kommission gewesen, also hatte er erst vor kurzem Gelegenheit gehabt, einen Rundgang durch das Haus zu machen, und was er gesehen hatte, war nicht erfreulich gewesen.

Der Familiensitz der Lords Murgatroyd war ein imposantes, aber keineswegs behagliches Gebäude. Hogwillem, der Bequemlichkeit liebte, schauderte bei dem Gedanken an die kalten Räume mit den riesigen, bleifarbenen Gemälden in verschnörkelten Goldrahmen an den Wänden, den bizarr gemusterten Fliesenböden, die einem das Gefühl gaben, dass sich der Fußboden unter jedem Schritt krümmte, und den riesigen bronzenen Statuen, die in jedem Korridor hockten. Sie stellten zumeist nackte oder in Mönchskutten gehüllte menschliche Gestalten dar, grob und plump wie Trolle, aber von einem flackernden Leben erfüllt. Wer an ihnen vorbeiging, dem schien es, dass Augen aus dem Dunkel unter den Kapuzen blinzelten und sich die Falten der Gewänder blähten und senkten, Muskeln sich strafften und die zyklopischen Körper ein wenig ihre Stellung veränderten.

So bedrückend war das Gefühl, dass Mr Hogwillem und seine Begleiter mit eingezogenem Kopf und dicht an die gegenüberliegende Wand gedrückt an ihnen vorbeigeschlichen waren, voll Angst, ihre Gegenwart könnte die Statuen aus ihrem Schlummer erwecken.

Die Murgatroyds waren seit Jahrhunderten leidenschaftliche Sammler von Artefakten und Büchern gewesen. Ihr Haus quoll über von Schätzen, wie keine königliche Wunderkammer sie aufweisen konnte. Erst hatte der Baumeister sich gewundert, dass in den Jahren seit Lord Montgomerys Verschwinden noch kein Einbrecher auf den Gedanken gekommen war, sich hier die Taschen zu füllen. Als er dann allerdings näher betrachtete, was da in einer Unzahl von gläsernen Vitrinen stand und lag, hatte er den Grund dafür begriffen.

Nie zuvor hatte er so gräuliches heidnisches Zeug gesehen! Aus Gold und Silber gebosselt, aus Ebenholz und Jade und Elfenbein geschnitzt, grinsten Masken und Figurinen durch die staubigen Scheiben ihrer Behältnisse und schienen hungrig darauf zu lauern, dass ihre Anhänger ihnen blutige Opfer darbrachten. Und erst die Bücher, von denen viele auf hüfthohen Gestellen aufgeschlagen darauf warteten, dass jemand einen neugierigen Blick in ihre Seiten warf!

Mr Hogwillem verstand nichts von Büchern. Das Einzige, was er so richtig lesen konnte, waren Baupläne und Kassenbücher. Aber er hatte da und dort in einem Folianten geblättert, nur aus müßiger Neugier, und war dabei auf Zeichnungen gestoßen, bei denen es ihm kalt über den Rücken rann. Sie stellten absurde Geschöpfe dar, aus Elefanten, Krokodilen, Löwen und Skorpionen zusammengestückelte Chimären, wie sie nur in der Fantasie eines Kupferstechers existieren konnten – oder in einer Welt weit jenseits der menschlichen.

Obwohl er keinen Buchstaben von dem Text lesen konnte, war ihm so schuldbewusst zumute gewesen, als hätte er mit Absicht etwas Obszönes und Blasphemisches studiert.

Noch dazu hatte er das höchst unangenehme Gefühl gehabt, dass die gräulichen Kreaturen auf diesen Zeichnungen unsichtbar, aber leibhaftig hinter ihm standen und ihm über die Schulter lugten, während er sie betrachtete!

Das Schlimmste allerdings war dieses achteckige Turmzimmer gewesen. Dabei hätte er nicht einmal sagen können, warum es ihn plötzlich im Hals würgte, als er die Tür aufsperrte und einen Blick hineinwarf.