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Jason will nur eines sein: ein erfolgreicher Lektor in Chicago. Leider wird er gerade dem Autor zugeteilt, der ihn nach einem One-Night-Stand aus seiner Wohnung geworfen hat. Christian Heart ist ein echter Mistkerl, doch er hat auch noch eine andere Seite, eine verletzliche. Seit sein Freund vor zwei Jahren gestorben ist, verdrängt er seinen Kummer mit Alkohol und Sex. Als dann auch noch ein übereifriger Lektor in Christians Leben tritt, der ihn mit allen Mitteln zum Schreiben bringen will, denkt er, er hätte nur ein weiteres Spielzeug gefunden. Aber Jason wird mehr für ihn. Mehr als er jemals erwartet hätte.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Francisca Dwaine
Hautnah – an deiner Seite
Inhalt:
Jason will nur eines sein: ein erfolgreicher Lektor in Chicago. Leider wird er gerade dem Autor zugeteilt, der ihn nach einem One-Night-Stand aus seiner Wohnung geworfen hat.
Christian Heart ist ein echter Mistkerl, doch leider hat er auch noch eine andere Seite, eine verletzliche. Seit sein Freund vor zwei Jahren gestorben ist, verdrängt er seinen Kummer mit Alkohol und Sex.
Als dann auch noch ein übereifriger Lektor in Christians Leben tritt, der ihn mit allen Mitteln zum Schreiben bringen will, denkt er, er hätte ein weiteres Spielzeug gefunden. Aber Jason wird mehr für ihn. Mehr als er jemals erwartet hätte.
Copyright ©2015 Francisca Dwaine
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt und darf nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin ganz oder in Auszügen vervielfältigt oder kommerziell genutzt werden.
Alle handelnden Personen wurden frei erfunden.
Cover ©Francisca Dwaine
Bildmaterial © katalinks www.fotosearch.com
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Impressum
Kapitel 1
Das Stadtgebiet Boystown in Chicago machte seinem Ruf alle Ehre. Musik dröhnte aus den verschiedenen Bars und Clubs. Die Neonreklamen tauchten die North Halsted Street in buntes Licht und blendeten jeden, der auf ihr schlenderte. Die Bässe durchdrangen Jasons Brust. Sein Herz schlug im Takt. Er wusste nicht, wo er als Erstes hinschauen sollte. Heiße Kerle in hautengen Shirts, glitzernde Dragqueens und bärige Männer in Lack und Leder liefen an ihm vorbei, schienen sich ebenso wenig an der Kälte zu stören wie er.
Dabei hatte Jason geglaubt, sein Outfit wäre zu gewagt für die Straße. Er trug ein enges T-Shirt mit weitem Ausschnitt, das einen großen Teil seiner Brust zeigte. Seine vollen, hellbraunen Haare hatte er in der Mitte hochtoupiert und seine Jeans schmiegte sich ebenso eng an seinen Körper wie das T-Shirt.
Die Blicke anderer Partygänger machten ihn nervös, aber gleichzeitig hatten sie etwas Ermutigendes. Es war aufregend. Er befand sich keine fünf Minuten in diesem Teil der Stadt und hatte bereits fünf Telefonnummern zugesteckt bekommen. Niemand hatte ihn bisher wirklich interessiert – drei davon waren alt genug gewesen, um sein Vater sein zu können –, aber so fühlte er sich nicht vollkommen fehl am Platz in dieser neuen Stadt.
Als er durch die Straßen schlenderte und sein Kopf sich mehrmals schnell genug drehte, um seinen Hals zum Knacken zu bringen, bemerkte Jason, wie sich seine Schultern langsam entspannten. Erst vor einem halben Jahr hatte er sich geoutet und diese neugewonnene Freiheit, das Ende seines Versteckspiels, es war atemberaubend.
Boystown ... ein Ort, an dem er nicht befürchten musste, wegen seiner Liebe zu Männern blöd angemacht zu werden. Bis vor kurzem hatte er sich die Existenz eines solchen Ortes nicht einmal vorstellen können.
Jason sah auf den Flyer, den ihm ein Mann mit Vollbart zugesteckt hatte. Er beschrieb den Weg zu einem Tanzclub in der Nähe. Das Crossroads war angeblich die angesagteste Location in der Gegend. Von diesem Club hatte Jason sogar in Cleveland gehört. Es hatte drei Tanzflächen, eine riesige Bühne und einen Darkroom. Der Gedanke an Letzteren ließ Jasons Bauch nervös flattern. Er glaubte nicht, bereits den Mut für einen Besuch aufzubringen, aber er wollte ihn sehen. Er wollte wissen, ob dieser Ort genauso aufregend war, wie Tom ihm erzählt hatte.
Ein Grinsen huschte über Jasons Gesicht, als er an seinen besten Freund dachte. Tom würde tierisch neidisch werden, wenn er ihm von diesem Besuch erzählte. Und das würde Jason tun. In allen Einzelheiten.
Das Crossroads befand sich an der nächsten Kreuzung, die Jason nach einigen Minuten erreichte. Eine lange Schlange hatte sich vor dem Eingang gebildet. Der Anblick ließ Jason vor Enttäuschung leise seufzen, aber er schleppte sich an dem glatzköpfigen Türsteher vorbei in Richtung der Schlange. Bevor er jedoch auch nur zwei Schritte gemacht hatte, packte eine Hand seinen Kragen.
»Warte mal, Süßer. So läuft das hier nicht.«
Verwirrt starrte Jason den Türsteher an. »Wie?«
Der Mann schenkte ihm einen anerkennenden Blick. Er leckte sich über die dicken Lippen und legte einen Arm locker um Jasons Schultern. »Du bist neu hier, was? Jungs wie du stehen im Crossroads nicht an. Geh schon rein.«
Jason wusste nicht, was er sagen sollte. Buhrufe kamen aus der wartenden Menge, aber der Glatzkopf zeigte ihnen den Mittelfinger. »Noch ein Ton von euch und ihr könnt woanders anstehen!«, blaffte er sie an und lächelte Jason daraufhin zu. »Ignorier die Lutscher und geh rein. Viel Spaß!«
Jason nickte und ging durch einen roten Vorhang, den der Türsteher für ihn aufhielt. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Offenbar kam er bei den Kerlen in Chicago noch besser an, als er erwartet hatte.
Wenn er bisher auch noch kein Dauergast in Schwulenbars und -Clubs gewesen war, so hatte er in Cleveland immerhin einige Erfahrungen sammeln können. Er hatte keinen muskelbepackten Traumkörper, aber besaß dafür ein hübsches Gesicht, volle Lippen und einen, wie er fand und mehr als einmal gehört hatte, knackigen Hintern. Offenbar war das genug, denn er machte nur einen Schritt auf die Tanzfläche und zahlreiche Blicke trafen ihn.
Jason schüttelte den Kopf. Er fühlte sich wie nach einem Sprung ins eiskalte Wasser. Der erste Eindruck des Crossroads war gigantisch. Vor ihm breitete sich die größte Tanzfläche aus, die Jason jemals gesehen hatte. Und dieser Anblick ... Hunderte Kerle mit freiem Oberkörper tanzten zu schnellen Beats, Go-go-Tänzer in nichts anderem als knappen Tangas bewegten sich auf mehreren Plattformen und Kunstnebel bedeckte den Boden.
Ein Mann mit nichts als einer knappen Hotpants bekleidet und fußballdicken Oberarmen tanzte ihn augenblicklich an. Seine gebräunte Haut glänzte im farbigen Licht der Scheinwerfer und ohne jede Scheu legte er eine Hand auf Jasons Hintern, um ihn an sich zu ziehen.
Jason lächelte ihn entschuldigend an und drückte sich weg. Enttäuscht zog der Typ ab und hatte Sekunden später einen anderen Tänzer gefunden.
Um zunächst weiteren Anmachen zu entgehen, zog sich Jason zur Bar zurück.
»Was möchtest du trinken, mein Hübscher?«, fragte ihn augenblicklich der Barkeeper, ein Mann mit ungewöhnlich breiten Schultern, über die sich ein weißes T-Shirt spannte. Er trug ein Namensschild mit dem Wort »Caspar«.
»Im Moment nichts, danke. Ich war nur ...«
»Überwältigt? Ja, das sind viele bei ihrem ersten Mal hier.«
»Sieht man mir an, dass es das erste Mal ist?«, fragte Jason.
»Klar. Alle Neuen haben diesen Blick. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Einige Möchtegernmachos können ziemlich aufdringlich werden, aber wir haben eine hervorragende Security.« Caspar nickte in Richtung zweier schwarzgekleideter Männer, die am Rand der Tanzfläche standen. »Wer zu weit geht, fliegt.«
»Ich war noch nie in einem so großen Club«, sagte Jason erleichtert. »Ist es immer so voll?«
»Freitags ist natürlich Hochbetrieb. Jede arme Sau mit 0815-Job kommt hierher, um sich zu besaufen und einen wegzustecken. Unter der Woche ist es ruhiger, aber auch nicht wesentlich. Für einen Drink haben die meisten am Abend Zeit.«
»Und ... wie sind die Typen so? Von Möchtegernmachos einmal abgesehen.«
»So wie überall sonst auch: Notgeil und bereit, dir alles zu versprechen, wenn du sie nur an deinen süßen kleinen Arsch lässt«, sagte Caspar lachend. »Aber Spaß beiseite. Ich kenne die meisten hier. Such dir einen aus und ich kann dir sagen, ob sich die Mühe lohnt.«
Jason nickte und sah sich um, während der Barkeeper drei Männer mit Drinks versorgte. Seine Augen flogen über einen Traumkörper nach dem anderen. Bei diesem Anblick wurde ihm schmerzlich bewusst, wie wenig er in den letzten Wochen trainiert hatte. Durch den Umzug von Cleveland nach Chicago hatte er kaum Zeit für etwas anderes gehabt.
Das typische Ziehen entstand in seinem Unterkörper, als er ein Paar entdeckte, das am Rand der Tanzfläche weit mehr tat, als nur zu tanzen. Ihre Hosen hingen ihnen an den Kniekehlen, einer hatte sich an die Wand gelehnt und der andere warf den Kopf zurück und genoss offenbar, was immer sie mit ihren Händen trieben. »Ich dachte, das wäre nur im Darkroom erlaubt«, rief Jason über die Musik hinweg und deutete auf die beiden Männer.
Der Barkeeper grinste. »Ja, das kommt vor. Viele lassen sich von der Atmosphäre hinreißen, vergessen sich oder lieben es, wenn jemand zuschaut. Das würde ich dir aber nicht empfehlen. Wer es auf der Tanzfläche treibt und erwischt wird, bekommt Hausverbot. Aber du würdest so etwas ganz sicher nicht tun, was?« Er zwinkerte Jason zu, der seinem Blick auswich.
Nein, dazu hätte er garantiert nicht den Mut. »Ich kann es mir nicht einmal im Darkroom vorstellen ...«
Schmunzelnd stützte sich der Barkeeper auf dem Tresen ab und sagte: »Meine Schicht endet in einer Stunde. Wenn du willst, kann ich dir eine Probefahrt geben.«
Jason hatte plötzlich das Gefühl, heißes Wasser würde ihm ins Gesicht laufen. Mit einer Anmache des Barkeepers hatte er nicht gerechnet. »Ich dachte, ich soll mir einen aussuchen ...«
»Ich wollte nur behilflich sein«, sagte Caspar und Jason hatte den Verdacht, er wollte ihn nur in Verlegenheit bringen. »Also? Hast du jemanden gefunden?«
Noch einmal ließ Jason seine Augen über die Tanzfläche wandern. Zunächst sah er nur das gleiche Meer nackter Oberkörper und hautenger Shirts, doch dann stockte ihm der Atem. Ein Mann bewegte sich wie ein Raubtier durch die tanzenden Körper. Die Menge teilte sich vor ihm, schien die gleiche unbarmherzige Dominanz zu spüren, die auch Jason fühlen konnte. Auf einmal schlug Jasons Herz weit schneller als der Takt der Musik.
Die Augen des Fremden bewegten sich suchend über die Tanzfläche, wie Jasons es zuvor getan hatten. Er hatte noch keinen Glücklichen gefunden, mit dem er die Nacht verbringen konnte, aber lange würde er nicht brauchen. Seine Bewegungen versprachen puren Sex und ein unvergessliches Abenteuer.
Jasons Körper vibrierte vor Verlangen bei diesem Gedanken. Er wollte ihn. Er wollte ihn an sich spüren, wollte von den Händen berührt werden, die jeden wegstießen, der mutig genug war, diesen König anzusprechen.
Feuer entbrannte in Jasons Augen. Ihre Blicke trafen sich und der Fremde fixierte sich auf ihn. Sein Mund formte ein kaum merkliches 'Oh', die Augen blitzten im Licht und er senkte den Kopf wie ein Löwe, der seine Beute gesichtet hatte.
»Nicht der«, zischte der Barkeeper Jason zu. »Der macht dich nur unglücklich, Kleiner.«
Jason hörte nicht auf ihn. Er war auserwählt worden.
Der Mann blieb vor ihm stehen und riss ihm mit seinem Blick bereits die Klamotten vom Leib. Jason glaubte nicht, sein Herz jemals so stark schlagen gefühlt zu haben. Eine Hand streckte sich zu ihm aus, strich durch seine Haare und blieb auf Jasons Nacken liegen. Sie war heiß. »Ich bin Christian. Kommst du mit zu mir?«
Er konnte nur nicken.
Kapitel 2
Jasons Rücken traf die Außenwand einer Gasse neben dem Club. Christian starrte ihn aus blauen, fast grauen Augen an. Er hatte kein weiteres Wort gesagt, sondern einfach nach Jasons Hand gegriffen und ihn aus dem Club gezogen. Seine Hand lag erneut auf Jasons Nacken und er ließ sie nach vorne zu dessen Schlüsselbein wandern. Finger tanzten über sein Shirt, bahnten sich einen Weg hinunter, bis sie Jasons Schritt erreichten und zupackten.
Jason stöhnte auf. Sein Kopf fiel nach vorn, blieb auf Christians Schulter liegen. Er konnte nicht fassen, was er hier tat. Er wusste nichts über diesen Mann und doch hatte er keine Angst. Alles, was er spürte, war Erregung und Neugier. Was würde dieser Fremde mit ihm anstellen? Wie würde er ihn berühren, in ihn eindringen, sich in ihm bewegen? Nichts zuvor hatte Jason mehr gewollt, als Antworten auf diese Fragen zu finden.
Christians Hand versank in Jasons Haaren, zog seinen Kopf zurück und Lippen flüsterten ihm zu, »Ich kann es kaum erwarten, dich zu ficken. Willst du mich auch?« Seine Stimme war tief und rau. Er küsste Jason nicht, aber die geteilten Lippen waren ihm nah genug, um mit jedem Atemzug Berührung zu versprechen.
Jason hatte längst jede Kontrolle über seinen Körper verloren. Er sah, wie sich seine Hand zu Christians Wange bewegte, sein Daumen über die Unterlippe strich und sich Christians Augen bei dieser Berührung verengten. »Ja, ich will dich«, hörte sich Jason flüstern. »Fick mich.«
Zum ersten Mal sah er Christian lächeln. »Du bist neu in der Stadt, nicht wahr? Sonst wärst du mir schon aufgefallen.« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern legte seine Lippen an Jasons Hals, sog etwas Haut ein und lutschte daran. »Wie soll ich es tun?«, flüsterte er. »Wie willst du mich spüren?«
Jason schluckte. Dirty Talk war noch nie sein Ding gewesen, aber an diesem Abend galten andere Regeln. »Schnell und hart«, sagte er mit stockendem Atem. »Aber nicht hier. Nicht draußen.« Er fuhr mit den Fingern über Christians Kragen, fasste unter sein Shirt und berührte das bisschen Haut, das er sehen konnte.
»Du stehst nicht auf Publikum?« Christian genoss seine Kontrolle sichtlich. Seine Dominanz war in jedem einzelnen Wort zu hören und Jason machte das wahnsinnig an. In diesem Moment hätte er am liebsten alles um sich herum vergessen, wäre gerne so mutig gewesen wie das Paar im Crossroads, aber so war er nicht.
»Ich will dich für mich allein«, sagte Jason mit festerer Stimme. Er konnte die Blicke anderer Partygänger spüren, die es sich am Ende der Gasse gemütlich gemacht hatten. Kehlige Laute drangen an Jasons Ohren und er schloss für einen Moment die Augen. Das fremdartige Stöhnen, verzerrt durch die Musik der Clubs und die Geräusche der nahen Straße, machten ihn noch härter, als er ohnehin schon war.
»Gute Antwort.« Christian küsste ihn. Seine Zunge drang in Jasons Mund ein, suchte augenblicklich dessen eigene. Er presste sich an Jasons Körper, legte eine Hand auf seinen Hintern. »Dann gehen wir jetzt zu mir. Wie war noch dein Name?«
»Jason. Jason Braddock.«
»Gut, Jason Braddock. Mach dich auf eine Nacht gefasst, die du nie wieder vergessen wirst.« Christian nahm Jasons Hand und zog ihn zur Straße.
Jasons Herz schlug ihm bis zum Hals. »Wohnst du hier in der Nähe?« Christian sagte nichts. Er blieb erst stehen, als sie einen weißen Ford auf der North Halsted Street erreicht hatten. »Ist ... ist das deiner?«
Erneut erwiderte Christian nichts, sondern nahm einen Schlüssel aus seiner Manteltasche und drückte den Knopf. Die Lichter des Autos leuchteten. »Sieht ganz danach aus. Bist du nervös?«
Jasons Wangen erwärmten sich. »Ich bin noch nie mit einem Fremden mitgegangen. Nach Hause ... meine ich.«
Ein Lächeln kräuselte Christians Lippen. Er ging auf Jason zu und zwang ihn auf diese Weise mit dem Rücken gegen den Ford. »Wir haben uns geküsst, ich hatte meine Hand an deinem verpackten Schwanz, wir haben uns einander vorgestellt ... Wir sind keine Fremden mehr, oder?« Er küsste Jason langsam und genüsslich, als wäre er eine besondere Köstlichkeit. »Was ist nun?«, flüsterte er. »Kommst du mit oder willst du kneifen?«
Jason schüttelte den Kopf. Seine Härte drückte schmerzhaft gegen die zu enge Hose und er trat von einem Fuß auf den anderen, um sich etwas Erleichterung zu verschaffen. Mit einem Grinsen sah ihm Christian zu, brachte Jasons Gesicht damit erneut zum Glühen und trat schließlich von ihm weg.
Sie stiegen in den Ford und Christian hatte seine Finger Sekunden, nachdem Jason die Tür hinter sich zugezogen hatte, an dessen Reißverschluss. Ein erleichtertes Seufzen entkam Jason, als etwas Druck von seinem harten Schwanz genommen wurde. »Versuch nicht im Auto zu kommen. Ich habe noch viel mit dir vor und die Sitze sind neu.«
***
Nach nur zehn Minuten Fahrt hielt Christians Wagen vor einem modernen Apartmenthaus. Die weiße Fassade erstreckte sich über zahlreiche Stockwerke und ein Großteil wurde von riesigen Fenstern eingenommen.
Jason stieg aus dem Ford und schloss umständlich seine Hose, bevor er seine Blicke die Fassade hinaufwandern ließ. »Hier wohnst du? Du musst eine Menge Kohle haben.«
»Ich kann mich nicht beklagen.« Christian ging um das Auto herum und legte eine Hand auf Jasons Rücken. Mit leichtem Druck führte er ihn zu der automatischen Haustür, die er mit einem Schlüssel öffnete. Er ließ Jason kaum Zeit, sich in dem geräumigen Flur umzusehen und drückte den Knopf des Aufzugs. Sobald sich die Türen hinter ihnen geschlossen hatten, griff Christian erneut nach Jasons Kopf und küsste ihn. Zum zweiten Mal an diesem Abend wurde Jasons Rücken gegen eine Wand gepresst.
Christians Hände arbeiteten schnell, waren bereits wieder an Jasons Hose, aber diesmal schien er sie nur mit einer zu öffnen, während die andere unter dem Bund von Jasons Jeans rutschte und seinen Hintern packte.
Das ist doch unmöglich, sagte eine Stimme in Jasons Kopf, aber sie verstummte mit einer Bewegung von Christians Zunge in seinem Mund.
Als der Fahrstuhl sein Ziel erreicht hatte, packte Christian Jasons T-Shirt und zog ihn hinter sich her. Er schloss die Wohnungstür auf und schubste Jason hinein. »Das Schlafzimmer ist geradeaus. Du kannst es dir schon mal gemütlich machen.« Mit diesen Worten zog Christian seinen Mantel aus, warf ihn über die Couch und verschwand im Badezimmer.
Jason sah sich um. Christians Wohnung erinnerte ihn an die Wohnbeispiele in Möbelkatalogen. Er hatte keine persönlichen Dinge oder Fotos auf den Regalen stehen und alles passte ungewöhnlich gut zusammen. Eine weiße Couch stand vor einem riesigen Fernseher, weiße Vorhänge verdeckten die großen Fenster und auch die offene Küche war weiß.
Wie in Trance bewegte sich Jason in Richtung Schlafzimmer, das jedoch ein ganz anderes Bild bot. Die Wände waren schwarz, das Bett dafür vollkommen rot. Die glänzende Satin-Bettwäsche lag in einem Bündel auf der Matratze, als wäre Christian soeben erst aufgestanden.
Als Jason auf das riesige Bett starrte, war seine Nervosität mit einem Schlag zurück. Es wirkte weniger wie ein Schlafplatz als eine große Spielwiese, und wenn ihn der erste Eindruck von Christian nicht täuschte, war es nichts anderes als das.
Ein Arm schlang sich um Jasons Brust, Christians Lippen legten sich an Jasons Ohr. »Gefällt es dir?«
»Es ist schön«, sagte Jason tonlos. Seine Hände fingen an zu schwitzen. Verdammt ... Warum musste sich Christian auch so gut an seinem Rücken anfühlen? Seine Hand streichelte über Jasons Brust, zog das T-Shirt dabei etwas hoch und berührte die brennende Haut, die sie darunter fand.
»Nicht nur schön, auch unheimlich praktisch«, sagte Christian, ließ Jason los und warf sich auf die Matratze. »Reichlich Platz, um sich auszutoben.« Er streckte eine Hand nach Jason aus. »Komm.«
Es war nur ein einfaches Wort, aber Jasons Körper setzte sich augenblicklich in Bewegung. Er legte sich neben Christian, der sogleich Jasons T-Shirt über dessen Kopf zog und auf den Boden warf.
»Erzähl mir was, wenn du nervös bist«, sagte Christian und begann, Jasons Brust zu küssen.
»Ich ... Ich komme aus Cleveland.« Christian küsste Jasons Nippel, während Jason sprach. »Das ist mein erster Tag in der Stadt.«
»Und dein Weg hat dich direkt zu mir geführt.«
Jason erschauderte. Christians Zunge fuhr über seinen Bauch, leckte bis zu der Stelle, wo Christian den Bund von Jasons Hose hinunterzog.
»T-Tom hat immer gesagt, ich wäre zu feige, um mit jemandem mitzugehen, den ich nicht kenne.«
»Da hat sich Tom wohl geirrt«, sagte Christian. Er klang, als würde ihn Jasons Nervosität amüsieren und der konnte es ihm nicht einmal verdenken. Er hörte sich wie eine verdammte Jungfrau an.
Christian zog Jasons Hose über seine Hüften, dann über die Beine und ließ sie schließlich auf den Boden fallen. Ein Lächeln bildete sich auf Christians Lippen. »Ein Jockstrap? Dass ich den vorhin nicht gefühlt habe ...«
Am liebsten wäre Jason im Boden versunken. Dieses Nichts aus Gummibändern, die seinen Hintern umrahmten, hatte er bei der Aufregung völlig vergessen. Warum musste er auch immer auf Toms dumme Ideen hören? Der hatte immer wieder auf ihn eingeredet und gemeint, wenn er schon im berühmten Boystown unterwegs war, müsste er auch das Passende tragen. Jason hätte aber niemals damit gerechnet, an seinem ersten Abend mit jemandem mitzugehen.
»Das war nicht meine Idee! Ich ...«
»Du bist wirklich süß«, sagte Christian grinsend und Jasons Herz schlug ihm bis zum Hals, als er ihn küsste. »Ist doch heiß. Willst du ihn anbehalten?« Jason schüttelte den Kopf. »Zu schade.«
Christian streichelte Jasons Härte, die den Stoff des Jocks so weit spannte, dass sie fast an der Seite herausrutschte. Das seidige Laken war kühl an Jasons nacktem Hintern, die Bänder schnitten mit jeder Bewegung von Christians Händen in seine Seite. »Dafür, dass du dich nicht darin ficken lassen willst, scheint es dir aber verdammt gut zu gefallen.«
»Deine Hand würde mir auch direkt auf meinem Schwanz gefallen«, flüsterte Jason, aber Christian verstand jedes Wort. Mit erhobenen Augenbrauen zog er die Gummibänder des Jocks hinunter und befreite Jason von dem einengenden Stoff.
»Nicht schlecht«, sagte Christian, als er zum ersten Mal Jasons vollständige Erektion vor sich sah. »Leg dich auf den Bauch.«
Jason spürte einen Anflug von Erregung bei diesen Worten, aber er folgte der Aufforderung. Christian zog ihm den Jock vollständig aus und strich über Jasons Rücken. Seine Finger fuhren über die Linie der Wirbelsäule bis hinunter zu seinem Hintern, wo er Jasons Öffnung umkreiste.
»Warte einen Moment«, flüsterte Christian. Jason bemerkte, wie auch dessen Atem endlich ins Stocken geriet, und drückte seinen Kopf tiefer in das Kissen.
Gleich war es so weit. Mittlerweile erfüllte eine nervöse Spannung Jasons Körper, und als Christian sich über seinen Körper lehnte, machte sein Herz einen Sprung. Das Kratzen einer sich öffnenden Schublade erklang, kühles Gel berührte Jasons heiße Haut. Er wagte kaum noch zu atmen, presste sein Gesicht weiter in das Kissen. Ein Finger drang in ihn ein und Jason stöhnte.
Christian hielt entweder wenig vom Vorspiel oder es ging ihm wie Jason und er konnte nicht eine Sekunde länger warten. So schnell, wie er gekommen war, verschwand Christians Finger aus Jason, dessen Schwanz bereits unter ihm pochte, sich nach Berührung, nach Reibung sehnte. Sein Hintern zuckte, als die kühle Luft ihn traf.
Erneut das Geräusch einer Schublade, gefolgt von dem Knistern einer Tüte. Ein Kondom? Oh, Gott ... gleich geht es los.
»Bist du oft passiv?«
»Meistens«, stotterte Jason. Christians Härte rieb sich bereits an seinem Hintern, verteilte offenbar das Gel auf der Spitze. Jason wünschte sich, er würde einfach zustoßen. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so hart gewesen zu sein.
»Das habe ich mir gedacht. Du hast einen tollen Arsch.« Christian streichelte erneut Jasons Rücken und gab ihm einen Klaps auf den Hintern, als er diesen erreichte. Er packte Jasons Hüften und endlich – endlich! – drang er langsam in ihn ein.
Jason stöhnte auf. Er spürte einen brennenden Schmerz, aber Christian bewegte sich vorsichtig und nach einigen weiteren Stößen, ließ er nichts als Erregung zurück.
»Du bist wunderbar«, flüsterte Christian. »So heiß hier drin.« Seine Finger umrahmten die Stelle, wo er mit Jason verbunden war. Wie zuvor drückte er mit seinem Daumen hinein und weitete Jason, stieß noch härter in ihn.
Jasons Finger vergruben sich im Kopfkissen, er schrie in den Stoff, sein harter Penis rieb gegen das seidige Laken, hinterließ ohne Zweifel eine feuchte Spur. So nah! Mit jedem Stoß fühlte er sich der Erlösung näher.
Zwei Hände packten seine Hüften, rissen ihn regelrecht zurück und Christians harter Penis rammte sich in ihn, traf genau die richtige Stelle. Jasons Körper zuckte. Sein Mund war aufgerissen, stieß einen erstickten Schrei aus, bevor er die Zähne zusammenbiss, sein Körper sich ein letztes Mal anspannte und er kam. Sein Samen spritzte über das Seidenlaken, Jasons Finger krallten sich im Kissen fest. Eine wohltuende Wärme folgte, seine Muskeln entspannten sich.
Aber nicht alle.
Während Jason gekommen war, hatte Christian seine harten Stöße gestoppt, ihm Zeit gegeben, aber das war nun vorbei. Erneut packte er Jasons Hüften und arbeitete seinem eigenen Orgasmus entgegen. Er wurde immer schneller und Jason konnte nichts anderes tun, als sich irgendwie festzuhalten, den Stößen so gut wie möglich zu begegnen.
Es war, als würde sein Körper in Flammen stehen. Jede Bewegung Christians schien er in jeder einzelnen Zelle zu spüren und dann, nach einer Unendlichkeit, die in Wahrheit nur wenige Minuten gedauert hatte, kam Christian. Seine Finger drückten sich in Jasons Hüften, er stöhnte laut und tief, bevor er auf die Matratze zurücksank und sein Penis aus Jason glitt.
Christian kroch das Bett hoch, zog das Kondom von seinem Penis und warf es in einen Mülleimer. Anschließend legte er sich neben Jason. Er sah ihm noch einmal kurz in die Augen, bevor er die seinen schloss und einschlief.
Bei diesem Anblick zog sich Jasons Brust zusammen. Nie zuvor hatte er einen Mann als so schön empfunden. Die Härte, die Dominanz war vollständig aus Christians Gesicht verschwunden, als er schlief. Schweiß perlte auf seiner Stirn und der Mund war leicht geöffnet.
Jason griff nach der Bettdecke und deckte sie zu. Noch für eine Weile sah er Christian an, bevor auch er die Augen schloss.
Kapitel 3
Jason wurde von dem nervtötenden Klingeln eines Telefons geweckt. Er blinzelte zu einer ihm unbekannten Zimmerdecke hoch und berührte den leeren Platz neben sich, als seine Erinnerungen zurück in sein Gedächtnis schlichen. Er hatte es tatsächlich getan. Er hatte mit einem Mann geschlafen, von dem er nichts als den Vornamen wusste.
Und er bereute keine Sekunde davon.
Als Jason sich langsam aufrichtete, spürte er augenblicklich ein schmerzhaftes Ziehen in seinem Unterkörper. Er schloss die Augen, versuchte sich an jede Sekunde mit diesem traumhaften Mann zu erinnern. Nie hatte er etwas ähnlich Intensives gespürt. Es war, als hätte Christian eine unsichtbare Verbindung zu ihm gehabt. Bereits jetzt wusste Jason, dass er ihn noch tagelang in sich spüren würde. Nicht nur in seinem Körper, sondern auch in seinem Geist, in seinem Herzen.
Er stand auf und musste sich zunächst an der Kommode festhalten, als seine Knie nachgaben. Trotz der Schwäche stahl sich ein Grinsen auf Jasons Gesicht. Er war fast bis zur Bewusstlosigkeit durchgerammelt worden. Wenn Tom davon wüsste, würde er vor Neid platzen. Aber wo war Christian?
Jason sammelte den Jockstrap vom Boden auf, zog ihn über, um sich nicht vollkommen nackt zu fühlen und ging durch die fremde Wohnung. Aus der offenen Küche konnte er das Geräusch des Wasserkochers hören.
Christian saß am Küchentisch und las die Zeitung. Er hatte einen dunkelblauen Morgenmantel übergezogen, aber der Gürtel stand offen und zeigte seine nackte Brust. Mit dem unbändigen Verlangen gepackt, ihn zu überraschen, schlich Jason über den Dielenboden auf ihn zu.
»Du kannst gerne die Dusche benutzen, bevor du gehst, aber beeile dich bitte. Ich muss gleich weg.«
Jason erstarrte. Christian hatte gesprochen, ohne ihn anzusehen. Seine Stimme klang kalt und unnahbar. Nichts war mehr von dem Charme der letzten Nacht darin zu hören. »Ich ... soll schon gehen?«
»Sobald du geduscht hast, ja. Ist das ein Problem?«
Ernüchtert schüttelte Jason den Kopf. Er hätte es wissen müssen. Natürlich war es nur ein One-Night-Stand gewesen. Dieser Mann hatte offensichtlich nicht ansatzweise das Gleiche wie er gefühlt.
Jason drehte sich um und wollte ins Badezimmer gehen, aber als er an der Couch vorbeikam, fiel ihm ein Foto auf, das auf dem Boden lag. Christians Mantel hing über der Rückenlehne. War es aus der Tasche gefallen?
Jason hob es auf. Es war ein Foto von Christian, der einen anderen Mann von hinten umarmte und glücklich in die Kamera lächelte. Vorsichtig ließ Jason die Finger über den abgenutzten Rand fahren. Das Fotopapier hatte mehrere Risse, als wäre es zusammengeknüllt und dann wieder ausgebreitet worden.
»Was zum Teufel tust du da?«
Erschrocken fuhr Jason zusammen. Christian war aufgesprungen. Er rannte auf Jason zu, riss ihm das Foto aus den Händen und stieß ihn zur Seite. Sein Gesicht war wutverzerrt. »Das gehört mir. Du hast kein Recht, es zu berühren!«
»Ich ... ich wollte nicht ...«
Doch Christian stampfte bereits ins Schlafzimmer und warf das Foto in eine Schublade. Er sammelte Jasons restliche Kleidung auf, kam zurück ins Wohnzimmer und drückte sie Jason in die Arme. »Raus! Ich will dich hier nie wieder sehen!«
»Aber ich dachte, ich könnte noch duschen.«
Christian schüttelte den Kopf und schubste Jason zur Tür. Er öffnete sie, stieß ihn auf den Flur hinaus und knallte die Tür hinter ihm zu.
Unbeweglich stand Jason halbnackt auf dem Flur. Was war gerade passiert?
Kapitel 4
Er konnte ihn nicht vergessen.
Jason saß auf dem Bett seines Hotelzimmers und seine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu dieser Nacht. Noch immer konnte er Christian in sich spüren, hörte das Flüstern seiner tiefen Stimme, fühlte die großen Hände auf seiner erhitzten Haut ...
»Was für ein Arschloch«, sagte Jason in den Raum hinein. Seit Stunden zerbrach er sich den Kopf, was er falsch gemacht haben könnte. Was hatte dieses Foto zu bedeuten und warum war Christian deswegen so ausgerastet?
Jason setzte sich auf und kramte in der Reisetasche nach seinem Handy. Seine Möbel befanden sich noch in einem kleinen Lager, das ein Bekannter von Tom ihm freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte, bis er eine geeignete Wohnung fand.
Er entdeckte das Handy unter seinen alten Tennissocken und wählte Toms Nummer. »Hey, JB!«, antwortete Toms Stimme nach wenigen Sekunden. »Wie ist das Großstadtleben? Schon aus gewesen?«
Jason stöhnte. »Erinnere mich bitte nicht daran.«
»Oho! Ich will die ganze Story. Jedes schmutzige Detail!«
Augenblicklich verzog sich Jasons Mund zu einem Lächeln. Tom arbeitete für eine Klatschzeitschrift und damit bestand seine Hauptaufgabe darin, in dem Schmutz anderer Leute herumzuwühlen. Diese Neugier machte leider nicht vor seinen Freunden halt. »Na schön. Ich habe sowieso das Gefühl, ich müsste platzen, wenn ich es niemandem erzähle. Ich hatte gestern die schönste Nacht meines Lebens.«
Tom kicherte daraufhin wie ein kleines Schulmädchen. »Das klingt doch vielversprechend.«
»Das ist aber leider nicht alles.« Jason erzählte ihm davon, wie er Christian im Crossroads getroffen hatte, von ihrer gemeinsamen Nacht und dem folgenden Rausschmiss. »Kannst du dir das vorstellen? Ich stand mit nacktem Hintern auf dem Flur!«
»Hat dich einer gesehen?«
»Nein.«
»Wie schade.«
»Tom!«
»Ich mach doch nur Spaß«, sagte Jasons Freund schnell. »Klingt aber als wäre der Typ ziemlich durchgeknallt. Heiß und gaga, eine explosive Mischung. Apropos, ich schreibe gerade an einem Artikel über eine weibliche Sängerin und -«
»Tom ...«
»Ist ja gut! Aber echt mal, vergiss den Kerl einfach. Mach eine heiße Erinnerung aus ihm und pack den ganzen Rest in einen Ordner mit dem anderen Kram, den du am liebsten vergessen würdest. So wie die Sache mit dem Typen, der dir mal vorgeschlagen hat, Windeln zu -«
»Ich hab’s kapiert, sprich nicht weiter«, sagte Jason schnell. »Es ist nur ... Es hat sich gar nicht angefühlt wie ein One-Night-Stand und er war ganz anders, als wir ...«
Tom seufzte. Jason konnte seinen mitleidigen Blick regelrecht vor sich sehen, als er sprach. »JB, er wollte dich eben in die Kiste kriegen. Es sind nicht alle Männer so wie du. Die andere Seite besteht aus Typen wie mir und diesem Sexgott, dem du begegnet bist. Vergiss es einfach und konzentrier dich auf deine Arbeit. Montag geht es schon los, oder?«
»Ja und ... doch, wahrscheinlich hast du recht. Wie läuft es denn bei dir?«
Tom erzählte ihm augenblicklich eine irrsinnige Geschichte, wie er eine Schlägerei in einer Bar ausgelöst hatte und Jason ließ sich mit dem Rücken zurück auf das Bett fallen. Er musste nur Toms Stimme hören und fühlte sich schon wieder wie zu Hause.
***
Zwei Tage später stand Jason im Büro des Carnival Verlags und wartete darauf, hineingerufen zu werden. Nervös sah er sich um. Mehrere Schreibtische standen in dem mit dunklem Holz verkleideten Raum. Eine große Pinnwand erstreckte sich an einer Seite der Wand und zeigte einige Themen der Economy Weekly.
Jason musterte die Post-its ohne wirkliches Interesse. Seine Ankunft in Chicago war denkbar ungünstig verlaufen. Nachdem er aber den gesamten Samstag damit verbracht hatte, über Christians merkwürdiges Verhalten nachzudenken, war er zu dem Entschluss gekommen, diese Erfahrung aus seinen Gedanken zu verbannen.
Chicago war eine der größten Städte in den USA. Christian würde nicht der einzige merkwürdige Typ bleiben, dem er hier begegnete. Warum sollte er also einem Kerl nachweinen, der ihn nach einer gemeinsamen Nacht einfach so rauswarf? Egal, wie unvergesslich diese Nacht auch gewesen sein mochte, Jason hatte Besseres verdient.
Ungleich wichtiger für seine Zukunft war dieser Termin. Jason hätte niemals erwartet, mit seinen jungen Jahren eine solche Chance zu bekommen. Carnival war zwar nicht der größte Verlag der Stadt, aber er hatte einige der erfolgreichsten Autoren unter Vertrag. Bereits wenige Monate hier würden sich hervorragend in seinem Lebenslauf machen.
Jason zog noch einmal seine Kleidung zurecht. Zuletzt war er vor der Bekanntgabe seiner Abschlussnote so nervös gewesen. Was, wenn er dieses Gespräch vermasselte? Ihm wurde der Job bereits zugesagt, aber was hieß das schon? Solange er den Vertrag nicht unterschrieben hatte, konnte alles passieren.
Jason schüttelte den Kopf. Wenn Tom hier wäre, würde er ihm sagen, dass es ein verflucht schlechter Zeitpunkt war, an seinen Fähigkeiten zu zweifeln. Er hatte so gut wie keine Erfahrung, ja, aber dafür besaß Jason Ehrgeiz, Arbeitseifer. Bedeutete das nichts?
Die Tür des Büros öffnete sich und Jasons Herz schien für einen Augenblick den Dienst zu quittieren. Eine Brünette lächelte ihn freundlich an. »Mr Braddock? Mr Weatherly erwartet Sie nun.«
Jason nickte steif und betrat das Büro. Mr Weatherly saß auf einem dickgepolsterten Chefsessel und erhob sich, als Jason hereinkam. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, Sie endlich persönlich zu treffen. Angus spricht in den höchsten Tönen von Ihnen. Ich bin Tobias Weatherly, der Chefredakteur und Geschäftsführer des Carnival Verlags.« Weatherly sprach mit einer öligen Stimme, die Jason an einen Gebrauchtwagenhändler erinnerte.
Jason reichte ihm die Hand. »Es ist eine große Ehre für mich, Sie kennen zu lernen. Ich liebe Ihre Arbeit.«
Sie setzten sich und Weatherly fuhr in demselben geschwollenen Ton fort. »Ah, ich komme leider nur noch selten in den Genuss, direkt mit unseren Autoren zu arbeiten. Die meisten Tage verbringe ich im Büro und kämpfe gegen den Papierkram. Genau deswegen brauchen wir Leute wie Sie.«
»Ich muss zugeben, dass ich überrascht war, als mir Mr Angus von diesem Angebot erzählt hat. Am Telefon wurde mir gesagt, ich wäre wegen meiner speziellen Fähigkeiten ausgewählt worden, aber niemand hat mir einen genaueren Grund gesagt. Warum gerade ich? Wäre ein Verlag wie der Ihre normalerweise nicht eher an einem Lektor interessiert, der mehr Erfahrung in diesem Bereich hat?«
Mr Weatherly lachte. »Sie dürfen ruhig etwas mehr Vertrauen in Ihre Fähigkeiten haben. Wir wollen junges Blut in den Verlag holen. Ihre Jugend ist ein großes Plus und was die Erfahrung angeht, die werden Sie schnell genug sammeln können. Ich habe sogar bereits einen Autor, den Sie betreuen sollen.« Mr Weatherly schrieb einen Namen auf einen Zettel und schob ihn Jason zu.
Als Jason ihn las, konnte er seinen Augen nicht trauen. »Das ... das muss ein Scherz sein. Kristin Heart ist Ihre erfolgreichste Autorin!«
»So war es, ja. Leider hat es in den letzten zwei Jahren kein neues Buch mehr gegeben. Deshalb möchte ich, dass Sie Heart besonders eng betreuen.« Mr Weatherly seufzte. »Ich möchte ehrlich mit Ihnen sein, es hängt eine Menge von Ihrem Erfolg ab. Hearts Bücher haben unserem Verlag das meiste Geld gebracht und ohne diese Einnahmen wird es so gut wie unmöglich sein, neue Autoren unter Vertrag zu nehmen. Ich verlasse mich auf Sie.« Mr Weatherly nahm den Zettel erneut und schrieb etwas Weiteres darauf. »Das ist die Adresse. Gehen Sie bitte behutsam vor! Heart ist ... schwierig.«
»Aber ... Was soll ich tun? Ist das Manuskript bereits fertig?«
»Nicht, dass ich wüsste. Heart scheint einige Schwierigkeiten mit der Geschichte zu haben. Zudem haben wir Grund zu der Annahme, dass persönliche Probleme eine Rolle spielen. Ich weiß, dass es normalerweise nicht zu Ihrem Aufgabenbereich gehören würde, sich derart ... intensiv um einen Autor zu kümmern, aber in diesem Fall haben wir keine andere Wahl. Ich denke, durch Ihr Alter und Ihr Engagement werden Sie diese Aufgabe erfüllen können.«
Als er das Büro verließ, kam es Jason vor, als würde er auf Wolken laufen. Kristin Heart. Diese Autorin hatte bereits drei Bestseller geschrieben und zwei weitere erfolgreiche Bücher. Sie war besonders unter den Frauen beliebt, denn jeder ihrer Romane enthielt eine zuckrig süße Romanze. Warum vertraute Weatherly Jason sein bestes Pferd im Stall an? Außer einem Journalismusstudium und einem dreimonatigen Praktikum in Angus' Verlag hatte er nichts zu bieten. Mr Angus hatte seine Arbeit stets gelobt, ja, aber es machte dennoch keinen Sinn.
Jason sah noch einmal auf die Adresse, die ihm Weatherly gegeben hatte. West Aldine Avenue? Warum kam ihm dieser Name so bekannt vor?
***
Am frühen Abend stand Jason vor dem Haus, in dem Kristin Heart angeblich wohnte. Bereits zum dritten Mal überprüfte er nun die Haus- und Apartmentnummer, aber er kam immer wieder zum gleichen Ergebnis: Er befand sich an dem richtigen Ort.
Tausende von Fragen zischten durch seinen Kopf, als er mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr. Nur wenig später stand er auf dem gleichen Flur, auf dem er vor zwei Tagen hektisch seine Klamotten angezogen hatte. Auch dieses Mal fragte er sich, wie zum Teufel er dort gelandet war. Wie konnte das sein? Christian war ein Mann und sein Apartment hatte nicht den Eindruck erweckt, er würde mit einer Frau zusammenleben. Der bloße Gedanke daran war lachhaft. Weatherly musste sich geirrt haben.
Nichtsdestotrotz atmete Jason tief ein und klopfte an die Tür. Er konnte ein verärgertes Murren dahinter hören und bereute seinen Wagemut sofort. Mit einem Ruck öffnete sich die Tür und Christian starrte ihn nieder.
Er trug nichts als eine weite Sporthose und seine Haare standen ab, als wäre er soeben aus dem Bett gestiegen. Für einen Augenblick sah er Jason verwirrt an, doch dann schien er ihn zu erkennen. »Was willst du denn? Habe ich dir nicht gesagt, dass ich dich nie wieder hier sehen will?«
»Ich ... ich glaube, es liegt ein Irrtum vor.« Jason war froh, seine Stimme wieder gefunden zu haben. Während er ihn so ansah, wirkte Christian mehr denn je wie ein Raubtier. Ein verschlafenes, aber tödliches Raubtier. »Mr Weatherly vom Carnival Verlag hat mir gesagt, ich würde hier Kristin Heart treffen. Sie ist die Autorin, die ich betreuen soll.«
Christian fluchte und schlug mit der flachen Hand gegen die Wand. »Dieser verdammte Hurensohn!« Er schloss die Augen und atmete tief ein, bevor er weitersprach. »Hör zu, ich brauche keinen Babysitter. Sag Weatherly, dass ich da nicht mitspiele.«
Jason blinzelte. Er musste sich verhört haben. »Verzeihung, aber ... Ich wollte doch zu Kristin Heart?«
»Kapierst du es immer noch nicht? Kristin Heart ist mein Pseudonym. Weatherly war der Meinung, eine Frau würde bei den weiblichen Lesern besser ankommen als ein promiskuitiver schwuler Mann.« Wütende, rote Flecken bildeten sich auf Christians Gesicht, als er fluchte. »Dieses Arschloch! Denkt er tatsächlich, er braucht nur einen süßen Hintern vorbeischicken und ich tanze nach seiner Pfeife?«
Jason verstand gar nichts mehr. Christian konnte unmöglich Kristin Heart sein! Hearts Bücher waren so unheimlich romantisch und gefühlvoll. Ein Mann wie dieser hätte niemals solche Geschichten schreiben können. »Aber ich habe doch ein Foto von Kristin Heart gesehen! Sie macht Lesungen und Interviews.«
»Das ist eine Schauspielerin.« Christian schüttelte den Kopf. »Warum erkläre ich dir das überhaupt? Ich brauche keine Betreuung und erst recht nicht von einem kleinen Schnüffler wie dir. Wenn wir also fertig sind, dann verschwinde jetzt. Ich will zurück ins Bett.« Er wollte die Tür schließen, aber Jason stoppte sie mit seinem Fuß.
»Ich kann nicht einfach gehen«, sagte er, während Christian an der Tür rüttelte. Jason wich jedoch nicht von der Stelle. »Das ist mein erster Job als Lektor. Wenn du mir nur eine Chance geben würdest, dann -«
Christian gab es auf, die Tür schließen zu wollen und lachte kalt. »Du verstehst es immer noch nicht, oder? Du glaubst doch nicht wirklich, du wärst wegen deiner Fähigkeiten ausgesucht worden?« Er lehnte sich gegen den Türrahmen und kreuzte die Arme. »Tut mir leid, dass ich deine süße, kleine Seifenblase zerstören muss, aber Weatherly ist ein manipulativer Mistkerl. Durch meinen Erfolg ist der Verlag inzwischen abhängiger von mir, als ich es von ihm bin. Weatherly will, dass ich tue, was er von mir verlangt und weder Geld noch Drohungen haben bisher etwas gebracht. Denkst du, es wäre ein Zufall, dass er mir einen jungen, schwulen Nachwuchslektor schickt? Wach doch auf! Du bist hier, weil du einen geilen Arsch hast. Witzig, eigentlich ... Wenn ich dich nicht schon gehabt hätte, hätte der Trick vielleicht sogar funktioniert.«
Es war, als hätte Christian Jason eine Ohrfeige verpasst. Natürlich musste es einen Haken geben. Keine Sekunde lang hatte Jason geglaubt, es wären tatsächlich nur seine Fähigkeiten gewesen, die ihm diesen unglaublichen Job ermöglicht hatten, aber das?
Das war ... Prostitution, nichts anderes. Weatherly hatte ihm mit Absicht verschwiegen, dass Kristin ein Mann war. »Ich kann das nicht glauben. Er hat mir nichts davon gesagt!«
»Natürlich nicht. Wahrscheinlich hat er geglaubt, nur weil wir schwul sind, würden wir übereinander herfallen und zusammen eine Schnulze nach der anderen produzieren. Tja, du kannst ihm ausrichten, dass er sich seine Pläne sonst wohin stecken kann. Ich arbeite nach meinem eigenen Tempo, und wenn es ihm nicht passt, kann er sich nach einem anderen Bestsellerautor umsehen.« Christian stieß Jason zurück und knallte die Tür zu.
Wie angewurzelt stand Jason nun zum zweiten Mal auf diesem Flur und starrte die geschlossene Tür an. Das konnte nicht wahr sein ... Das konnte nicht wirklich passieren. Er war so stolz auf sich gewesen, hatte seine Sachen gepackt, sobald er dieses Jobangebot bekommen hatte und sein altes Leben hinter sich gelassen. Aber wofür? Um von einem manipulativen Verleger benutzt und von einem Mann wie Christian herumgeschubst zu werden?
Jasons Augenbrauen zogen sich zusammen. Er hämmerte gegen die Tür. »Ich bin ein Lektor, verdammt! Wenn du mir eine Chance gibst, kann ich dir zeigen, was ich drauf habe. Ich meine es ernst!«
Er hörte ein verächtliches Schnauben durch die Tür und war erstaunt, als Christian sie Sekunden später wieder öffnete. »Mumm hast du ja«, sagte er nachdenklich. »Aber was ist mit Erfahrung? Hast du überhaupt schon mal als Lektor gearbeitet?«
»Nicht ... wirklich, aber ich habe ein Praktikum in Cleveland gemacht und ein abgeschlossenes Journalismusstudium.«
»Du und tausend andere. So wie ich das sehe, haben deine Fähigkeiten nicht das Geringste mit der Stelle zu tun. Du sollst mich nur bei Laune halten und dafür sorgen, dass ich arbeite, anstatt jeden Tag auszugehen. Ist dir klar, was das bedeutet?« Christian streckte die Hand aus, legte sie an Jasons Hals und ließ sie über sein Schlüsselbein zu dem ersten Knopf seines Hemds wandern. »Ich schreibe allein. Ein Lektor darf mir allenfalls Ratschläge geben, wenn das Manuskript fertig ist. Solltest du also tatsächlich diese Stelle wollen, wirst du nichts davon tun, weswegen du hierhergekommen bist. Du wärst mein Spielzeug, ein Grund, mich zu Hause zu amüsieren und nicht mehr.«
Jasons Augen verengten sich. Eine nie zuvor gespürte Wut stieg in ihm auf. Was glaubte Christian eigentlich, wer er war? Wenn Jason bisher auch keine Bestseller oder andere besondere Errungenschaften vorzuweisen hatte, hieß das noch lange nicht, dass er sich herumschubsen ließ! Weder von einem Verleger noch von einem Autor. »Ich kann nicht zurückgehen, aber ich bin auch kein Spielzeug. Ich bin Lektor geworden, weil ich gerne mit Autoren zusammenarbeite. Ich möchte das Beste aus ihnen herausholen und ihnen helfen, etwas Einzigartiges zu erschaffen. Das ist mein Traum und es ist mir egal, was ich dafür tun muss.« Die Worte waren raus, bevor Jason richtig darüber nachgedacht hatte, aber er nahm sie auch nicht zurück. Dafür wollte er diesen Job zu sehr.
Zunächst sagte Christian nichts. Er starrte Jason nachdenklich an, als wäre er sich nicht sicher, was genau er vor sich hatte. Dann schmunzelte er jedoch. »Ehrgeiz hast du, das muss ich dir lassen. Ich hoffe, du weißt, was du tust, denn ...« Er legte eine Hand auf Jasons Nacken und zog ihn zu sich. »Deine Arbeitsstunden werden lang und hart werden.«
Und er küsste ihn. Augenblicklich wurden sämtliche Gedanken aus Jasons Kopf vertrieben. Christians Lippen ... hatte er sie vermisst, ohne es zu bemerken? Er war entschlossen gewesen, ihre gemeinsame Nacht als eine merkwürdige Erfahrung hinter sich zu lassen und doch konnte ein einziger Kuss seine Entschlossenheit dermaßen ins Wanken bringen. Er spürte Christians Zunge, öffnete bereitwillig seinen Mund. Finger versanken in seinem Haar, ein harter Körper presste sich an seinen.
»Hol das Beste aus mir heraus«, flüsterte Christian gegen Jasons Lippen und zog ihn in seine Wohnung.
Kapitel 5
Beinahe geräuschlos berührten Jasons Füße den Boden. Christian lag auf dem Bauch, seine Decke war bis zu seinem Hintern heruntergerutscht und er hatte den Kopf in das Kissen gedrückt.
Diese zweite Nacht war mindestens genauso unglaublich wie die erste gewesen, aber Jason konnte nicht so weitermachen. Er musste wenigstens mit Weatherly reden. Was Christian gestern gesagt hatte ... damit konnte er nicht leben. Jason liebte seine Arbeit über alles und war fest davon überzeugt gewesen, dass es diese Hingabe war, die ihm den Job verschafft hatte. Natürlich hatte Angus von seiner Homosexualität gewusst, aber warum hätte er Weatherly davon erzählen sollen? Nein, es musste ein Zufall sein.
Jason zog sich an und wollte zur Tür hinausschleichen, als eine müde Stimme sagte: »Du gehst schon?«
Unweigerlich errötete Jason. Christians Stimme hatte einen rauen, tiefen Ton, der Jason an die Laute der letzten Nacht erinnerte. »Ich muss zum Verlag. Ich will wissen, warum ich diesen Job bekommen habe.«
»Das habe ich dir doch schon gesagt.« Christian setzte sich auf und gähnte. Die Bewegung ließ die Decke weiter hinunterrutschen und entblößte seinen Unterkörper. Jason zwang sich sofort, woandershin zu sehen. »Du bist ein Spielzeug für mich und sollst darauf aufpassen, dass der böse Autor auch ja seine Arbeit macht. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Aber ich kann mir das nicht vorstellen. Das wäre so ... so ...«
»Unfair? Skandalös?« Christian lächelte und stand auf. Er stemmte seine Hände in die Hüften und streckte seinen Rücken durch. Dieses Mal musste Jason hinsehen. Christians Rücken war unheimlich muskulös und stark, wie Jason nur zu gut wusste. Nur wenige Stunden zuvor hatte er sich noch daran festgekrallt, während Christian sich in ihm bewegt hatte. Jason schloss die Augen. Falscher Zeitpunkt!
Christian nahm einen Notizblock von seinem Nachtschrank. »Weißt du in etwa, was der Verlag mit meinem letzten Buch verdient hat?«
Jason schüttelte den Kopf. Er wusste, dass sein Roman mehrere Wochen an der Spitze der Bestsellerlisten gestanden hatte, aber genaue Zahlen kannte er nicht.
Als hätte er diese Antwort erwartet, schrieb Christian eine Zahl auf einen Zettel und gab ihn Jason, der darauf starrte. Da waren Nullen vor dem Komma. Viele Nullen. »Es geht ums Geschäft, Kleiner. Weatherly würde alles tun, um seine Finger an mein nächstes Buch zu bekommen und wer könnte es ihm verübeln? Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber du bist nur eine Spielfigur, mit der er gewinnen will.«
»Ich muss trotzdem mit ihm reden. Wenn du wirklich Recht hast, muss ich es wenigstens aus seinem Mund hören.«
»Tu, was du nicht lassen kannst.« Christian ging in die Küche, nahm eine Packung Zigaretten vom Tisch und steckte sich eine davon an. »Sag ihm von mir, dass er sich seine Pläne sonst wohin stecken kann. Ich arbeite allein und das wird auch ein guter Fick nicht ändern.« Grinsend ging Christian auf Jason zu, legte eine Hand auf seinen Rücken und küsste ihn ausgiebig. Er schmeckte nach Rauch. Jason wünschte sich, er würde es nicht so genießen. »Noch eine Runde unter der Dusche, bevor du gehst? Du willst dem guten Weatherly doch schließlich erzählen, dass du alles versucht hast, oder?«
So gut war der Kuss dann doch nicht gewesen. Jason stieß Christian wütend von sich und zog sich an. »Das mag alles ein Witz für dich sein, aber es geht um meine Zukunft.«
»Die Zukunft ... wie niedlich. Ein Job garantiert dir keine Zukunft, Kleiner. In ein paar Minuten kann sich dein Leben verändern. Egal, ob du einen Job hast oder nicht.« Für einen Augenblick wurde Christian still. Er starrte ins Nichts, schüttelte dann den Kopf und drückte seine Zigarette in dem Aschenbecher auf dem Küchentisch aus. »Ich geh duschen. Kommst du jetzt mit oder nicht?«
Mit einem finsteren Blick nahm Jason seinen Mantel von der Couch und zog ihn über.
Christian zuckte mit den Achseln. »Dann halt nicht. Heul dich bloß nicht bei mir aus, wenn sich jemand beschwert, dass du nach Gleitgel stinkst.« Damit verschwand Christian ins Bad und Jason verließ mit hochrotem Kopf das Apartment.
***
Jason bereute, die Dusche ausgeschlagen zu haben, sobald er in Weatherlys Büro stand. Er konnte das Gel immer noch spüren, genauso wie diesen leichten Druck, als wäre Christian noch in ihm. Diese Tatsachen machten es nicht unbedingt einfacher, entschlossen vor Weatherly aufzutreten, aber Jason wäre nicht er selbst, wenn er es nicht versuchen würde. »Kristin Heart«, sagte er bloß und starrte Weatherly nieder.
»Ich bin nicht ganz ehrlich zu Ihnen gewesen, ja.«
Nicht ganz? Ha! Jason musste sich zusammenreißen, um noch halbwegs höflich zu bleiben. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein. »Ich bin nach Chicago gekommen, weil ich dachte, dass ich als Lektor arbeiten soll. Kaum bin ich hier, erfahre ich, dass ich den Job nur habe, weil ich schwul bin?«
Weatherly seufzte. Er sah aus, als wäre ihm die Sache äußerst peinlich. »Das ... hat möglicherweise eine Rolle in meiner Entscheidung gespielt, ja, aber Sie sind nicht nur deswegen hier. Ich möchte ehrlich sein, es steht nicht besonders gut um den Verlag. Früher waren unsere Magazine unser stärkstes Pferd, aber in Zeiten des Internets ...« Er schüttelte den Kopf. »Wir brauchen neue Romane von Heart. Ohne diese Einnahmen wird es Carnival bald nicht mehr geben.«
»Und was erwarten Sie jetzt von mir? Soll ich Christian etwa verführen?«
»Haben Sie das nicht bereits? Zumindest tragen sie die gleichen Sachen wie gestern.«
Jason schluckte und wich Weatherlys Blick aus. »Christian weiß genau, was Sie vorhaben. Er wird nicht mitspielen.«
Weatherly lachte. »Er hat Ihnen erzählt, dass ich ihn mit Ihrer Hilfe manipulieren will, nicht wahr? Dramatisch wie immer, aber da täuscht er sich. Ich möchte nur, dass er wieder der Autor wird, der er einmal war. Ich meine, Sie haben ihn kennengelernt. Können Sie sich vorstellen, dass er romantische Bücher schreibt?«
»Niemals«, sagte Jason sofort. »Er ist so ... kalt. Ich konnte es nicht glauben, als er mir gesagt hat, er wäre Kristin Heart.«
»Heart ist nie jemand gewesen, den du liebend gerne deiner Mutter vorstellen würdest. Er hat ein großes Maul und könnte vermutlich allein von Bier und Sex leben, aber er war früher zumindest ein Mensch, den man mögen musste. Er besaß damals noch diesen gewissen Charme. Vor zwei Jahren ist jedoch etwas passiert. Ich weiß nicht, was – er hat nie mit mir über Privates gesprochen –, aber seitdem hat er sich verändert. Er ist zynisch geworden und scheint nicht mehr schreiben zu können.«
»Aber was hat das mit mir zu tun? Soll ich für ihn die Muse spielen? Sie können nicht erwarten, dass ich einen besonderen Draht zu ihm habe, nur weil wir beide schwul sind.«
»Natürlich nicht. Das Problem ist nur, dass er niemanden mehr an sich heranlässt. Jeder Lektor, der mit ihm zusammenarbeiten sollte, hat mir entweder wütend die Kündigung auf den Tisch geknallt oder um einen anderen Autor gebeten. Ich weiß, dass es unfair von mir ist, Sie auf diese Weise zu benutzen, aber das Einzige, das ihn noch zu interessieren scheint, ist Sex. Ich würde Sie nie darum bitten, wenn der Verlag nicht wirklich in Schwierigkeiten wäre, glauben Sie mir.«
Jason war sprachlos. Er war also wirklich nur nach Chicago gekommen, um einen Star-Autor bei Laune zu halten. »Das können Sie unmöglich von mir verlangen. Ich bin doch kein Stricher.«
Weatherly riss die Augen auf. »So meine ich das doch gar nicht! Gott, nein, ich würde nie ... Ich dachte nur, Sie könnten ihn mit ihrer Anwesenheit dazu bringen, zu Hause zu bleiben und an seinem Buch zu arbeiten. Sie sollen ihn bloß von seinen abendlichen Sauftouren abbringen. Ein schwuler, gutaussehender junger Mann ist da sicherlich erfolgreicher als unsere älteren oder weiblichen Lektoren.«
»Wie soll ich das denn anstellen? Ich kann ihn kaum an seinen Schreibtisch fesseln.«
»Wie ich bereits sagte, ich bin verzweifelt. Es ist bloß ein Versuch. Ein letzter Strohhalm, sozusagen. Es würde auch nicht lange dauern. Nach eigener Aussage ist er bereits weit mit dem Manuskript vorangeschritten.«
»Und wenn er sich weigert, mich zu akzeptieren?«
»Dann drohen Sie ihm mit der Auflösung seines Vertrags. Er hätte sicherlich keine Schwierigkeiten, einen anderen Verlag zu finden, aber dann müsste er seinen Vorschuss zurückzahlen. Bei seinem Lebensstil würde es mich wundern, wenn er das ganze Geld noch hätte.« Weatherly stand auf, ging um seinen Schreibtisch herum und blieb vor Jason stehen. »Zahlreiche Jobs hängen von Hearts nächstem Werk ab. Kann ich auf Sie zählen?«
Jason war hin und hergerissen. Einerseits könnte die Arbeit mit Christian ein Sprungbrett für seine Karriere sein, aber dieser Mann war so unnahbar. Wenn Jason scheitern sollte, hätte er seine Heimatstadt umsonst verlassen. »Was, wenn ich es nicht schaffe?«, fragte er. »Wenn er sich weigert, mit mir zu arbeiten? Ich bin extra nach Chicago gezogen und ... ich brauche Sicherheit.«
»Ich würde Sie natürlich nicht deswegen entlassen. Obwohl die Zukunft des Verlags unsicher ist und vermutlich ... aber solange es Carnival gibt, werden Sie auch für uns arbeiten können. Ich stehe zu meinem Wort.«
Jason sah zu Weatherly hoch. »Einen Versuch ist es wert. Vielleicht ... vielleicht habe ich da sogar schon eine Idee.«
***
Das wird niemals klappen! Nie!
Jason verfluchte sich selbst, als er auf Christians Wohnungstür starrte. Was hatte er sich dabei gedacht? Er hatte doch am eigenen Leib erlebt, wie unausstehlich Christian sein konnte. Wahrscheinlich würde er nur wieder die Tür ins Gesicht geschlagen bekommen.
Dennoch atmete Jason tief ein. Kein Grund zur Panik. Er musste es wenigstens versuchen. Gedanklich ging er noch einmal seine Worte durch. Was er vorhatte, beinhaltete ein großes Risiko, aber es ging um seinen Traum. Wenn er Weatherly beweisen könnte, was er drauf hatte, stünde ihm eine große Zukunft im Verlagsgeschäft bevor.