Herbstzeitlose - Lisi Schuur - E-Book

Herbstzeitlose E-Book

Lisi Schuur

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Beschreibung

Diese beiden die als der Herbst dämmerte gingen dem Winter zu entgehen

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Seitenzahl: 63

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Inhaltsverzeichnis

Zuvor ...

Sie (1973)

Er (1970)

Das Leben

Er ( 1939 )

Er (1941)

Sie (1944)

Er (1944)

Sie (1947)

Er (1948)

Sie (1948)

Er (im Juni 1949)

Sie (26. Juni 1949)

Sie und Er (1949)

Er (1950)

Sie (1951)

Sie (1952)

Sie ( 1952 )

Er (1952)

Sie (1952)

Er (1952)

Sie (1952)

Er (1952)

Er (1953)

Sie (1953)

Sie (1953)

Er (1955)

Sie (1955)

Sie (1956)

Sie (1957)

Er (1957)

Sie (1957)

Sie und Er (Köln, 14. Oktober 1957)

Er (1957)

Sie (1957)

Er (1958)

Sie (1958)

Sie (1958)

Sie ( 1958 )

Sie (November 1958)

Er (1958)

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Sie ( 1959 )

Er (1959)

Sie (1959)

Er (1959)

Sie (1959)

Er (1959)

Er (1960)

Sie ( 1961)

Er (1961)

Sie (1961)

Er (1962)

Sie (1962)

Sie (1962)

Er (1963)

Ein fiktiver Dialog (1963)

Sie ( 1964)

Sie (1964)

Er (1965)

Sie (1965)

Er (1966)

Sie (Baden-Baden, Februar 1967)

Sie ( 1967 )

Er (Juli 1967)

(Er, Berlin, Dezember 1967)

Er (1968)

Sie (1968)

Er (Paris, Mai 1968)

Er (1968)

Sie (1969)

Er (Jerusalem, Oktober 1969)

Er (1970)

Er (1970)

Sie ( 1970)

Im Hinblick auf den Leser (undatiert)

Er (1970)

Sie (1970)

Er (zuletzt)

Sie (1971)

Sie (1972)

Sie (März 1973)

(Sie, September 1973)

Zuvor ...

Sie (1973)

Die Schatten sind zum Leben erwacht.

Seit wann klafft der Riss in der Wand?

Es ist Mord.

Mord, das heißt, jemanden ums Leben zu

bringen aus eigenem, freien Entschluss.

Ein Brandbeschleuniger.

Es war keine sehr alte, eine sehr schwache

Wand, aus der leicht zu fallen, die leicht zu

durchbrechen war.

Durch sie hindurch klang eine letzte

Verlautbarung, stammelnde Worte, die

keiner mehr verstehen konnte. Sie waren

unaufnehmbar geworden.

Ich war es nicht. Es waren andere, die

haben es mir ins Zimmer gelegt.

Staub, eine dicke Schicht, die hat sich in

den Boden eingefressen.

Ich nehme ein Tuch, ich nehme

Scheuermilch. Ich reibe mir einen

kreisrunden Fleck.

Holz von dunkler Farbe tritt hervor.

Jede Maserung, jede noch so feine

Verästelung wird erkennbar gemacht.

Ich arbeite fieberhaft.

Doch mehr als diesen kreisrunden Fleck

bringe ich nicht zustande.

Ich starre, erstarre.

Ich bin das nicht.

Ich bin zu einer Chiffre geworden.

Ich könnte mir ein eigenes Alphabet

erschaffen.

Ich wollte so vieles. Ich könnte nicht mehr.

Er (1970)

Es gibt einen Schmerz, und es gibt eine

Schuld, und es gibt kein Erbarmen den

Schuldigen.

Jahr um Jahr. Und Stein auf Stein.

Eine Grablegung in Schritten.

Wie in einem Paso Doble.

Der Stier zur Schlachtbank geführt.

Eine Schlächterei.

Feste Spannung in gerundeten Armen.

Die Capa ausgebreitet. Darin den Degen

verborgen zum Todesstoß.

Dass Augen sich finden. Dann.

Im Blutrausch vereint.

Verschwemmen Tränen die Sicht.

Ein hohes Vibrato.

Wie wenn Glas zerbricht. Ein Spiegel.

Feinste Scherbensplitter, die sich in die

Luft ausgießen. Hautbeißender Regen.

Das Leben

Er ( 1939 )

Heimkehr

Freunde. Schenkt mir euren Blick.

So wichtig seid ihr mir. Zu kennen mich im

dunklen NochDahinter.

Doch du.

Wie unersetzlich du mir bist. Geliebte

Mutter.

Mich liest, wie keiner sonst vermag.

Wenn ich dich frag. Und deine Klugheit

spür. Wie schön du bist. Vertraute mein.

Wie es wohl ginge ohne dich? So lieb und

zart. Begleitest mich, der ich genauso bin.

Ich möcht zu allen sein ganz liebevoll,

nicht grob.

Ich unterteil. Ich teil sie ein. Sind alle mir

im Herz gelegen.

Mag meine JungenFreunde sehr.

Doch an den Lippen hängen mir die

schwärmerischen jungen Mädchen.

Sie zu umgarnen voller Poesie.

Wie könnte ich sie nicht verehren.

Begehren auch. Doch sanft und zart.

Und eine zu brutale Gier. Verbiet ich mir.

Er (1941)

Erst jenseits der Kastanien stirbt die Welt ...

Was für ein aussichtsreicher Gedanke das

hätte werden können.

Ich habe ihn nicht ausgesprochen,

aufgeschrieben.

Ich habe es nicht sehen können.

Ich sah nichts. Mich.

Mich allein habe ich gesehen.

Die Welt war fern.

Sie ging in Asche gehüllt.

Eine Aschewolke.

Darinnen die apokalyptischen Reiter.

Sie rückten näher und näher heran.

So dicht, dass mir das Atmen verging.

Wie von einem Feuerstoß berührt schwelte

das Zahnfleisch mir.

Bevor es beginnt ...

Ich dachte an

Engelsüß und roten Fingerhut.

Ich wusste nicht mehr als über Kastanien

hinzutragen

ein Gefühl von taumeliger Enge

die mir das Herz zusammenpresste.

Erst jenseits der Kastanien ist die Welt ...

War die Welt.

Damals, da sie aufgebrochen waren.

Ein Heerbann schwarzer Husaren.

Und ich stand, und ich sah, einsam vor der

Zeit.

Sie (1944)

Nach grauen Tagen

Es will nicht weggehen. Es ist immer da.

Wen könnte ich fragen?

Niemand. Bomben. Und wieder Bomben.

Und das Ohrenzuhalten kann nicht helfen.

Ohnmacht. Du warst mir nicht gnädig.

Du hast dich vor mir aufgebaut. Und mich

nicht fallen lassen.

Nur spüren. Ein Leben lang werde ich dich

spüren.

Müssen.

Kein Verlass. Auf niemand. Nur auf mich.

Meine Sprache.

Alles was zählt.

Du bist mir geblieben.

Ohne dich wäre ich nichts. Meine Worte.

Die mich retten.

Die ich schreibe. Schreiben muss ich.

Schreiben.

Nur dadurch fühle ich mich.

Mein Tagebuch. Wie wichtig. Du für mich.

Gedichte werde ich schreiben.

Immerzu.

Freiheit. Das Wichtigste. Wo bist du.

Zeig dich mir wieder.

Ich will mich schütteln.

Ausschütten.

Schütteln. Bis die Bitternis abgefallen ist.

Die lichtlose Zeit.

Soll weichen.

Licht soll sein. Licht trinken will ich.

Bis es herausbricht aus mir. Überquillt.

Mich in sich baden lässt.

Dann stehe ich im Licht. Bin ich licht. Hell.

Wieder.

Endlich.

Frei.

Er (1944)

Das Innere dröhnt in meinen Ohren.

Mein Gehirn findet keinen klaren

Gedanken.

Es will mich zerreißen. Gibt es ein Recht zu

überleben?

Wenn neben mir alles sterben muss?

Warum konnte ich euch nicht schützen?

Geliebte Eltern.

Sie haben euch ermordet.

Was soll ich tun? Wie soll ich jemals

wieder freien Atem schöpfen.

Nie wieder kann ich zu mir stehen.

Ich durfte nicht versagen. Und doch.

Es war mir nicht vergönnt.

Ich, euer Sohn. War nicht bei euch, als ihr

mich am nötigsten brauchtet.

Geliebte Mutter.

Ich bin so verzweifelt. Ich suche mich in

deiner Sprache, Mutter.

Würdest du mir sie auch heute noch

nahebringen, die Reime deiner Sprache?

Darf ich sie noch verwenden? Die geliebte

Sprache, die mir die Tiefe so gestattet.

Ist zur Mördersprache geworden.

Ich habe alle Hoffnung verloren.

In das lange Sterben hab ich mich

aufgemacht.

So werde auch ich vernichtet.

Ausgesperrt. Gedemütigt.

Mehr denn je. Leer.

Nichts darf sein, es voll auszukosten.

Wie ein Verrat wäre es mir.

Nähe der Gräber

Und duldest du, Mutter, wie einst, ach,

daheim,

den leisen, den deutschen, den

schmerzlichen Reim?

Sie (1947)

Hoch fliegende Pläne.

Die verfangen sich in grauem

Wolkengerippe.

Das drängt nach Umklammerung, bauscht

sich auf, türmt sich zu unübersteigbaren

Bergen, die brechen über mir zusammen,

eine donnernde Steinlawine, die begraben

das Tal, mich inmitten.

Doch kam ich davon

beschadet

der Fall drückte mich zusammen

stauchte meine gerundete Existenz

die kroch hervor

ein flaches Gebälk von Ecken und Kanten

die Fragen stellte

Auf einem vertrockneten Stück

Wiesengrün

Erwachen

ich stehe auf

und sehe

ich schaue ringsum

mit schmerzender Stirn

einen Stachel im Herzen

Holzscheite splittern

unter der Äxte Hieb

in meinen Augen reißen