Jessica Bannister - Folge 011 - Janet Farell - E-Book

Jessica Bannister - Folge 011 E-Book

Janet Farell

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Beschreibung

Die kleine Hebrideninsel Ogg birgt viele Geheimnisse, das erkennt Jessica Bannister sehr schnell, als sie das vom Nebel verhangene Eiland erreicht.

Schon vom Meer her sieht sie eine unheimliche Gestalt auf den Klippen stehen, durchscheinend und schaurig. Es ist eine Geisterfrau, die auf der Insel spukt, und bald erfährt Jessica die traurige Geschichte dieses Mädchens.

Aber da sind auch noch das Rätsel der schwarzen Särge, das es zu lösen gilt, und die uralte Kultstätte von Ogg, über die niemand etwas weiß.

Jessica Bannister ist entschlossen, den Geheimnissen dieser Insel auf den Grund zu gehen ...

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Seitenzahl: 136

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Hauptpersonen

Die Insel der Gespenster

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Boris Ryaposov Hintergrund: shutterstock / Stuart Monk

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-3787-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die Hauptpersonen:

Jessica Bannister

Sie ist Reporterin beim London City Observer und auf mysteriöse Fälle spezialisiert. Sie hat übersinnliche Fähigkeiten, kann in Visionen und Träumen in die Vergangenheit reisen und die Zukunft voraussehen. So sah sie als Zwölfjährige auch den Tod ihrer Eltern voraus. Sie wuchs danach bei ihrer Großtante Beverly Gormic auf, bei der sie noch heute lebt.

Jim Brodie

Er ist Fotograf beim London City Observer. Als Jessica ihren Job bei der Zeitung antritt, steht er ihr sogleich mit Rat und Tat zur Seite, und es entwickelt sich schon bald eine enge Freundschaft zwischen den beiden. Wenn Jessica an einem Auftrag arbeitet, ist er fast immer als Fotograf an ihrer Seite.

Beverley Gormic

»Tante Bell« ist Jessicas Großtante. Nach dem Tod von Jessicas Eltern hat sie ihre Nichte bei sich aufgenommen und großgezogen. Jessica hat auch heute noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Ziehmutter. Beverly weiß über Jessicas übersinnliche Fähigkeiten Bescheid, sie selbst befasst sich intensiv mit Spiritismus und Okkultismus.

Martin T. Stone

Der Chefredakteur des London City Observer

Die Insel der Gespenster

von Janet Farell

Ein rauer Wind wehte über dem kleinen düsteren Hafen, der von einer Mole eingeschlossen war, und zerzauste mir das Haar. Die Abenddämmerung war über die Hebriden, einer großen Inselgruppe westlich von Schottland, hereingebrochen. Schwarze Wolken hingen am Himmel und färbten das aufgewühlte Meer dunkel. Dicke Regentropfen klatschten mir ins Gesicht, und der Wind trug den Geruch der nahen Fischhallen mit sich. Es stank auch nach Seetang, Muscheln und Salz.

Fröstelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte über das wogende Meer. Die kleinen Kutter im Hafen schaukelten und schwankten. Das verloren klingende Läuten einer Sturmboje drang von Ferne an mein Ohr …

Ich ließ meinen Blick über den kleinen Fähranleger gleiten. Die Lampen wippten auf und nieder und warfen bizarre Schatten auf die Bordwand der weißen Fähre, die uns vor einer halben Stunde auf die Insel Barra gebracht hatte.

Seitdem lag die Fähre verlassen da. Sie würde erst morgen früh ihren Betrieb wiederaufnehmen.

Ich seufzte und hob meinen Blick, sodass ich jetzt die kleineren Inseln südlich von Barra sehen konnte. Wie schwarze Höcker ragten sie vor dem Horizont auf, und nur das regelmäßige Aufblinken der Leuchttürme ließ erahnen, dass es sich bei den dunklen Erhebungen um Inseln und nicht bloß um besonders hohe Wellen handelte.

Eine Böe erfasste mich und beutelte meine Regenjacke.

Ich drehte den Rücken in den Wind und sah zu der mit Kopfstein gepflasterten Straße, an dessen Rand unser Mietwagen stand – ein roter Mini Cooper.

Der kleine, unkomfortable Wagen hatte bei unserer Ankunft auf dem Flughafen von Glasgow für Jim Brodie und mich bereitgestanden.

Mein Kreuz schmerzte noch immer wegen der ungemütlichen, harten Sitze.

Aber Jim mit seinen langen schlaksigen Beinen hatte es noch viel schwerer gehabt. Ständig war er mit den Knien oder dem Kopf irgendwo angestoßen.

Wir hatten etliche Kilometer mit dem Mini Cooper zurücklegen müssen, bis wir die Westküste von Schottland erreicht hatten. Dann war es mit der Autofähre weitergegangen, bis wir schließlich den Hafen von Barra angelaufen hatten.

Doch unsere Reise war hier noch nicht zu Ende gewesen. Unser Ziel war eine der kleineren Inseln im Süden. Ihr Name war Ogg – und die Fähre dorthin, die nur von der Hauptinsel Barra aus fuhr, würde erst in drei Tagen wieder verkehren!

Die Fähre nach Barra hatte gut eine Stunde Verspätung gehabt, aber die Fähre nach Ogg hatte nicht gewartet, und das war ebenso unverständlich wie ärgerlich!

Ich seufzte erneut und hielt nach Jim Ausschau. Nachdem wir mit unserem Leihauto die Fähre verlassen hatten und erfahren mussten, dass wir Ogg heute nicht mehr erreichen würden, war er wutschnaubend zu den windschiefen Häusern auf der anderen Straßenseite hinübergegangen. Er wollte versuchen, eine andere Möglichkeit für uns zu finden, auf die kleine Insel zu kommen.

»Das nächste Mal bestehe ich darauf, dass wir uns selbst um die Reisevorbereitungen kümmern«, hatte er mir noch zugerufen, als er über die Straße auf die niedrigen Häuser zuging. »Ich hätte es mir eigentlich denken können, dass an der Sache irgendetwas faul ist, als Stone uns großzügig erklärte, er hätte bereits alles für uns geregelt.«

Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, als ich mich an Jims Worte erinnerte. Der Starfotograf des London City Observer hatte natürlich recht. Unser Chefredakteur Martin T. Stone, der seine Mitarbeiter antrieb wie der Trommler auf einer Galeere die Rudersklaven, war natürlich auch darum bemüht, die Spesen eben jener Mitarbeiter so niedrig wie möglich zu halten. Außerdem kannte er die laxe Art, mit der Jim die Spesengelder des London City Observer verschleuderte.

***

Einen Tag zuvor

Als Stone Jim und mich nachmittags in sein Büro zitierte, funkelte er den Starfotografen wütend an, hielt eine Spesenliste in seinen spitzen Fingern und streckte sie weit von sich, als halte er irgendetwas Abstoßendes in seiner Hand.

»Sie haben für Ihren letzten Auftrag mehr Geld ausgegeben, als ich für fünf Wochen Urlaub benötige«, wetterte Stone.

Seine Stirn war zerfurcht, und das dunkle, an den Schläfen graumelierte Haar wirkte fast eine Spur unordentlich.

Jim hatte daraufhin nur mit den Schultern gezuckt. »Dann vermute ich, dass Sie nicht sehr fantasievoll bei Ihrer Freizeitgestaltung sind«, erwiderte er respektlos. »Oder verbringen Sie Ihren Urlaub etwa immer noch auf Balkonien?«

Stone brachte Jim mit einer ungeduldigen Geste zum Schweigen. Er warf die Spesenliste zu den anderen Papieren, die seinen Schreibtisch lückenlos bedeckten.

»Vergessen wir die Geschichte«, sagte er mürrisch und fischte eine Agenturmeldung aus dem Wust von Briefen, Manuskripten und Notizen. »Ich möchte, dass Sie sich dieser Sache annehmen«, erklärte er lapidar und reichte mir die Tickermeldung.

»Der Aktionär und Firmengründer Sir Adrian Willcon kauft die Hebrideninsel Ogg«, las ich laut vor, »und löst damit einen Proteststurm der Inselbewohner aus. Willcon, der durch seine Heirat mit Lady Sophie McIntire zu seinem Adelstitel gelangte, ist der fünfte Käufer innerhalb weniger Jahre. Wie seine Vorgänger versprach auch er den Einwohnern wirtschaftlichen Aufschwung. Doch die Insulaner sind misstrauisch und fordern jetzt eine Reformierung des veralteten Landrechts, das es einer Einzelperson erlaubt, eine ganze Insel zu kaufen.«

Jim zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.

»Glauben Sie etwa, es wird zu einer revolutionären Erhebung der Inselbewohner kommen?«, fragte er spöttisch. »Soviel ich weiß, kämpfen die Insulaner schon seit Jahrzehnten darum, dass das Landrecht geändert wird.«

Jim nahm mir die Agenturmeldung aus der Hand und ließ sie auf Stones Schreibtisch zurückflattern.

»Ich bin gerade einer brandheißen Story auf der Spur«, erklärte er. »Auf einem Londoner Friedhof trieben sich vergangene Nacht Grabräuber herum. Es ist unglaublich. Die Kerle nahmen gleich einen ganzen Sarg samt dem Toten mit. Der Friedhofswärter, der die Burschen überraschte, hat einen von ihnen gesehen und eine Beschreibung abgegeben.«

Jim zog ein Phantombild aus der Innentasche seiner verwaschenen Jeansjacke hervor. Es zeigte das aufgedunsene Gesicht eines etwa vierzigjährigen Mannes mit Halbglatze. Auffällig waren die wuchtige Nase und die buschigen Augenbrauen.

»Bei diesem Mann handelt es sich wahrscheinlich um Doktor Flesh, einen berühmt-berüchtigten Gesichtschirurgen, der laut Polizeiangaben in mehrere unaufgeklärte Verbrechen verstrickt ist und von Interpol gesucht wird …«

Stones Miene versteinerte. Normalerweise ließ er sich durch Jims respektlose Art nicht aus der Ruhe bringen. Er wusste die Arbeit seines Starfotografen zu schätzen und war daher gewillt, seine Eigenarten geflissentlich zu übersehen.

Jetzt aber platzte Stone der Kragen. Er sprang ruckartig von seinem Sessel auf und beugte sich über die Papierberge auf seinem Tisch.

»Schlagen Sie sich diese Story aus dem Kopf!«, grollte er. »Morgen früh geht Ihr Flug nach Glasgow. Ich habe alles für Sie arrangiert. Ein Leihauto ist auch schon gebucht. Sie werden also morgen zu dieser Hebrideninsel fahren, schöne Fotos von der Landschaft und den Bewohnern machen und mit Adrian Willcon sprechen!« Jetzt wandte er sich an mich, und sein Gesichtsausdruck wurde wieder ein wenig milder. »Und Sie, Jessica, schreiben mir einen objektiven Bericht über die Situation auf der Insel. Wohnen werden sie im alten Schloss. Sie sind dort Gäste von Adrian Willcon, dem neuen Laird der Insel.«

Plötzlich dämmerte mir, woher der Wind wehte und warum Stone so ungehalten war.

Lächelnd sah ich den Chefredakteur an. Ich wusste, dass sich hinter seiner rauen Schale ein sympathischer, umgänglicher Mann verbarg.

»Geben Sie zu, dass Ihnen der Auftrag selbst nicht schmeckt«, sagte ich.

Stone ließ sich auf seinen Stuhl fallen und seufzte. »Sie wissen, dass ich es nicht schätze, wenn sich jemand in meine Arbeit einmischt«, sagte er und schaute auf seine Uhr. »Doch manchmal kann selbst ich nicht anders.«

Ich nickte verstehend. »Arnold Reed«, sagte ich nur.

Und der Blick, den Stone mir zuwarf, verriet, dass ich mit meiner Vermutung richtig getippt hatte.

Arnold Reed war der Verleger des London City Observer. Er war bereits siebzig Jahre alt und kümmerte sich für gewöhnlich nur äußerst selten um die Belange seiner Zeitung. Aber hin und wieder kam es schon mal vor, dass er bei Stone in der Redaktion anrief und ihm ein paar »Ratschläge« erteilte, denen Stone sich dann zähneknirschend beugen musste.

Arnold Reed hatte ich es auch zu verdanken, dass ich damals, nachdem ich mein Journalistik-Studium beendet hatte, im London City Observer eine Chance bekommen hatte. Denn wenn es nach Stone gegangen wäre, hätte er die freie Stelle, für die ich mich beworben hatte, einem erfahreneren Journalisten gegeben.

Doch meine Großtante Beverly Gormic, bei der ich seit dem Tod meiner Eltern lebte und die den Verleger des London City Observer persönlich kannte, hatte bei ihm ein gutes Wort für mich eingelegt, woraufhin Reed Stone befohlen hatte, mir die Chance zu geben. Wenn ich mich bewährte, sollte ich die Stelle haben.

Nur widerwillig hatte sich Stone dieser Anweisung gebeugt und mir einen Auftrag zugeteilt, von dem er sich sehr wenig versprach. Doch am Ende hatte er es nicht bereut, denn ich hatte ihm eine packende Story geliefert und den Job bekommen.[1]

Stone hatte sich nun seiner Post zugewandt, die seit dem Morgen ungeöffnet auf seinem Schreibtisch lag. Niemand würde ihn jetzt noch dazu bewegen können, weitere Erklärungen zu unserem neuen Auftrag oder Arnold Reed abzugeben.

Jim zerriss demonstrativ das Phantombild von Dr. Flesh und sah mich schulterzuckend an. Schließlich verließen wir Stones Büro. Uns blieben nur noch ein paar Stunden, um uns auf die Reise nach Schottland vorzubereiten …

***

Jetzt befanden Jim und ich uns also auf der Insel Barra, und unvermittelt kehrten nun meine Gedanken wieder in die Gegenwart zurück, denn ich bemerkte zwei dunkle Gestalten, die sich aus den Schatten der windschiefen Häuser auf der anderen Straßenseite lösten und direkt auf mich zukamen.

Ich sah genauer hin. Es handelte sich um zwei Männer. Sie hatten sich untergehakt und torkelten über das Kopfsteinpflaster, während sie versuchten, ein gälisches Volkslied zu singen, was sich jedoch ziemlich schaurig anhörte.

»Jim?«, fragte ich ungläubig, als ich in einem der Männer den Starfotografen des London City Observer erkannte.

Der Sturm und der Regen schienen ihm nichts mehr auszumachen, obwohl er vor einer halben Stunde noch lauthals darüber geflucht hatte. Sein blondes Haar war noch unordentlicher, und die Zipfel seines hellblauen Hemds schauten aus der zerschlissenen Jeanshose hervor.

Jim winkte mir fröhlich zu und krakelte: »Jessi! Stell dir vor, ich habe einen Fährmann für uns aufgetrieben!«

Wankend kamen die beiden auf mich zu. Der Mann an Jims Seite hatte ein wettergegerbtes Gesicht und trug derbe Cordkleidung, die genauso schmuddelig und zerschlissen aussah wie Jims Jeansklamotten. Er hatte braunes Stoppelhaar und vergnügt dreinblickende braune Augen.

»Hallo!«, grüßte er und hielt mir seine schwielige Hand hin. »Mein Name ist Frank Kyle. Meine Freunde nennen mich aber einfach nur Kyle. Ich wohne drüben auf der Insel Ogg. Wenn Sie wollen, nehme ich Sie mit.«

Er deutete auf den Mini Cooper am Straßenrand. »Ihre Limousine müssen Sie allerdings zurücklassen«, bemerkte er grinsend. »Ich besitze nur einen kleinen Fischkutter und keine Autofähre.«

Ich lächelte gequält, befreite meine Hand aus dem festen Griff des Fischers und warf Jim einen tadelnden Blick zu.

»Warum musstest du dich so gehen lassen?«, zischte ich Jim zu, während Kyle auf den Mini Cooper zuwankte und anfing, unsere Koffer umständlich aus dem Wagen zu zerren. Jim hatte ihm wohl den Wagenschlüssel anvertraut, und das gefiel mir noch viel weniger.

Der Starfotograf zuckte nur mit den Schultern und sah mich mit einer Unschuldsmiene an.

»Ich habe mich nur den örtlichen Gepflogenheiten angepasst«, behauptete er und bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben, was ihm nur mäßig glückte. »In dem Pub, in dem ich mich nach einer Möglichkeit für eine Überfahrt zu den kleinen Inseln erkundigt habe, wollte man erst mit mir reden, nachdem ich ein Glas Maltwhisky getrunken hatte. Was sollte ich tun? Ich konnte doch schlecht wieder hinausgehen und das Risiko eingehen, dass wir zwei Tage auf dieser gottverlassenen Insel auf die Fähre nach Ogg warten müssen.«

Jim hakte sich bei mir unter und zog mich zum Wagen. »Stone hätte uns die Hölle heißgemacht, wenn er davon erfahren hätte. Jetzt muss er lediglich die Kosten für den Maltwhisky tragen.« Jim blinzelte mir zu. »Ich habe nämlich ein paar Runden spendiert. Auf Spesenkosten natürlich.«

Ich verdrehte demonstrativ die Augen. Die Aussicht, mit einem angeheiterten Fischer eine Bootstour zu unternehmen, erschien mir nicht sehr verlockend.

Auf der anderen Seite aber hatte Jim natürlich recht. Stone würde kaum Verständnis dafür haben, wenn er erfuhr, dass wir drei Tage nutzlos verstreichen ließen, nur weil uns eine Fähre vor der Nase weggefahren war.

Also fügte ich mich in mein Schicksal und trug zusammen mit den beiden flachsenden Männern die Koffer zu den morschen Anlegern, wo Kyles Fischkutter festgemacht war.

Wir wuchteten das Gepäck auf das schwankende Boot, und ich konnte gerade noch verhindern, dass Jim dabei kopfüber ins Wasser stürzte.

Kyle grinste vergnüglich vor sich hin. »Ihr Leute aus der Großstadt könnt einfach nichts vertragen«, sagte er belustigt.

Der Fischer schien hingegen wieder ganz nüchtern zu sein. Mit geübten Griffen machte er die Leinen los und bereitete alles für die Überfahrt vor.

***

Der Motor des Kutters dröhnte und stampfte, der Bug hob und senkte sich bei jeder Welle.

Kyle hatte eine kleine Insel angesteuert, dessen schwarze zerklüftete Steilküste bereits zu erkennen war. Es war die Insel Ogg, und die flimmernden Lichter über der Steilwand markierten das einzige Dorf der Insel, das den klangvollen Namen Oggmaddy trug.

Ich stand im kleinen Steuerhaus neben Frank Kyle und starrte durch die verschmierte Scheibe aufs Meer. Der weitreichende Lichtstrahl eines Leuchtturms huschte in regelmäßigen Abständen übers Wasser und riss die Regenschleier und die aufgewühlten Wellen aus dem Dunkeln.

Jim hatte sich auf eine Bank im rückwärtigen Teil des Steuerhauses gekauert und stöhnte verhalten. Dann und wann klagte er über Übelkeit und Kopfschmerzen.

Aber niemand schenkte seinem Gejammer Beachtung. Er hätte eben nicht so viel Maltwhisky trinken dürfen.

»Ihr Kollege hat mir erzählt, dass Sie von der Presse sind«, sagte Kyle an mich gewandt.

Ich nickte. »Wir arbeiten für den London City Observer, eine bekannte Boulevardzeitung.«

Kyle nickte selbstgefällig. »Sicher sind Sie wegen des neuen Lairds und der Proteste der Inselbewohner gekommen«, brummte er. »Es wird höchste Zeit, dass sich die Presse dieses Themas annimmt.« Er sah mich von der Seite an. »Wo werden Sie denn wohnen?«

Ich räusperte mich verlegen, denn ich ahnte, dass dem Fischer meine Antwort nicht gefallen würde.

»Wir werden bei Adrian Willcon im Schloss wohnen«, sagte ich mit einem unbehaglichen Gefühl.

Kyles Miene verfinsterte sich. »Beim neuen Laird also«, brummte er unzufrieden. »Es wundert mich, dass er in dem alten Kasten überhaupt Gäste empfängt. Das Schloss ist sehr heruntergekommen und sanierungsbedürftig. Seine Vorgänger haben sich nämlich fast nie auf der Insel blicken lassen. Sie haben nur die Pacht für die Ländereien kassiert und sich sonst einen Dreck um die Insel geschert.«

»Wahrscheinlich haben Sie die Lairds auch zu einem Umtrunk überredet«, ließ Jim sich vernehmen und grinste sarkastisch. »Wenn sie sich danach genauso gefühlt haben wie ich jetzt, wundert es mich nicht, dass sie nie wieder einen Fuß auf die Insel gesetzt haben …«

Über Kyles grimmiges Gesicht huschte ein seltsames Lächeln.