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Fröstelnd zog ich das nachtblaue Seidentuch fester um meinen Hals. Ich war mir nicht sicher, ob dieses Frösteln von der Zugluft, die den klapprigen Rover durchwehte, oder vom rasanten Fahrstil meiner Begleiterin herrührte.
"Ich finde die Landschaft hier wirklich atemberaubend", startete ich einen weiteren Versuch, die junge Frau dazu zu bewegen, den Fuß wenigstens ein kleines bisschen vom Gaspedal zu nehmen. "Leider kann man bei der Geschwindigkeit die Details kaum in sich aufnehmen ..."
"Details - ach was!" Marcella Burton hob gelangweilt die Schultern. "Hier sieht es doch aus wie überall in Schottland. Berge, Seen ... und hin und wieder mal ein Sumpf."
Mit quietschenden Reifen lenkte sie den Wagen in eine enge Kurve ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Die Hauptpersonen
Die Geister vom Teufelsmoor
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Kuznetcov_Konstantin; All kind of people; Paul Vasarhelyi
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4421-9
Die Hauptpersonen:
Jessica Bannister
Sie ist Reporterin beim London City Observer und auf mysteriöse Fälle spezialisiert. Sie hat übersinnliche Fähigkeiten, kann in Visionen und Träumen in die Vergangenheit reisen und die Zukunft voraussehen. So sah sie als Zwölfjährige auch den Tod ihrer Eltern voraus. Sie wuchs danach bei ihrer Großtante Beverly Gormic auf, bei der sie noch heute lebt.
Jim Brodie
Er ist Fotograf beim London City Observer. Als Jessica ihren Job bei der Zeitung antritt, steht er ihr sogleich mit Rat und Tat zur Seite, und es entwickelt sich schon bald eine enge Freundschaft zwischen den beiden. Wenn Jessica an einem Auftrag arbeitet, ist er fast immer als Fotograf an ihrer Seite.
Beverley Gormic
»Tante Bell« ist Jessicas Großtante. Nach dem Tod von Jessicas Eltern hat sie ihre Nichte bei sich aufgenommen und großgezogen. Jessica hat auch heute noch ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Ziehmutter. Beverly weiß über Jessicas übersinnliche Fähigkeiten Bescheid, sie selbst befasst sich intensiv mit Spiritismus und Okkultismus.
Martin T. Stone
Der Chefredakteur des London City Observer
Die Geister vom Teufelsmoor
von Janet Farell
Fröstelnd zog ich das nachtblaue Seidentuch fester um meinen Hals. Ich war mir nicht sicher, ob dieses Frösteln von der Zugluft, die den klapprigen Rover durchwehte, oder vom rasanten Fahrstil meiner Begleiterin herrührte.
»Ich finde die Landschaft hier wirklich atemberaubend«, startete ich einen weiteren Versuch, die junge Frau dazu zu bewegen, den Fuß wenigstens ein kleines bisschen vom Gaspedal zu nehmen. »Leider kann man bei der Geschwindigkeit die Details kaum in sich aufnehmen …«
»Details – ach was!« Marcella Burton hob gelangweilt die Schultern. »Hier sieht es doch aus wie überall in Schottland. Berge, Seen … und hin und wieder mal ein Sumpf.«
Mit quietschenden Reifen lenkte sie den Wagen in eine enge Kurve …
Mit beiden Händen stützte ich mich vorne am Armaturenbrett ab.
»Ich bin nun wirklich nicht der besonders ängstliche Typ – aber ich würde mich einfach wohler fühlen, wenn du etwas langsamer fahren würdest.«
Ich hatte es aufgegeben, noch länger um den heißen Brei herumzureden.
»Sag das doch gleich.« Marcella drosselte das Tempo. »Es tut mir leid, wenn ich zu schnell gefahren bin. Aber ich als alte Großstadtpflanze komme mir in der freien Natur stets ein wenig verloren vor. Dann drücke ich immer ein bisschen auf die Tube, um möglichst bald wieder in die Zivilisation zu kommen.«
Sie grinste fröhlich zu mir herüber. Ihre blauen Augen schienen vor Energie zu sprühen, eine vorwitzige Strähne ihres halblangen blonden Haares fiel ihr in die Stirn.
»Vielleicht vermisse ich auch bloß die Abgase …«
»Wenn das so ist, befürchte ich, dass du in den nächsten Tagen unter akuten Entzugserscheinungen leiden wirst.« Ich erwiderte das Lächeln. »Ich denke nicht, dass mittlerweile eine Autobahn oder etwas Ähnliches durch das Gorm-Ioch Mòr gebaut worden ist. Deine Lungen werden sich also an die saubere Luft gewöhnen müssen.«
»Kein Problem«, erklärte Marcella augenzwinkernd. »Wenn mir der Sauerstoff zu viel wird, kann ich immer noch auf ein Päckchen Zigaretten zurückgreifen.«
»Du rauchst?«, fragte ich erstaunt. Ich hatte sie noch nie mit einer Zigarette in der Hand angetroffen.
»Schon lange nicht mehr.« Sie winkte ab. »Aber ich habe immer ein Päckchen in der Fototasche bei mir. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leute oft viel eher zu einer Zusammenarbeit bereit sind, wenn man ihnen eine Zigarette anbietet. Vor allem, wenn sie unter Stress sind.«
Trotz ihrer erst zweiundzwanzig Jahre hatte es Marcella schon zu einiger Routine in ihrem Beruf als Pressefotografin gebracht. Sie schien in ihrem Job aufzugehen, und die Qualität ihrer Bilder lag weit über dem üblichen Maßstab.
Marcella war mir mit ihrer forschen Art sofort sympathisch gewesen, als ich sie vor wenigen Tagen in Martin T. Stones Büro das erste Mal persönlich getroffen hatte …
***
»Setzen Sie sich«, brummte der Chefredakteur des London City Observer in seiner typischen verdrießlichen Art und deutete auf einen der Besucherstühle.
Ein anderer Stuhl war bereits besetzt von einer jungen Frau, die zu ihren Jeans und ihrer Leinenbluse eine Weste trug, die mit unzähligen Taschen und Reißverschlüssen bestückt war.
»Das ist Marcella Burton«, erklärte Martin T. Stone unwirsch, während er wieder auf seinem überfüllten Schreibtisch herumzuwühlen begann. »Sie wird Sie auf der nächsten Reportage begleiten.«
»Ach?«, sagte ich nur und grinste die junge Fotografin an.
Sie machte erstklassige Bilder, das wusste ich, deshalb war es auch nicht so schlimm, dass ich diesmal nicht mit meinem Partner Jim Brodie zusammenarbeiten würde.
Bei unserem letzten Abenteuer war Jim angeschossen worden.[1] Die Notoperation war zwar erfolgreich verlaufen, trotzdem war er natürlich noch nicht sofort wieder auf dem Damm.
Ich hatte nichts gegen Marcella Burton – ganz im Gegenteil, die Aufnahmen von ihr, die mir bisher in die Hände geraten waren, hatten mir stets ein bewunderndes Kopfnicken entlockt.
Sie zwinkerte mir jetzt frech zu. »Ich verspreche dir auch, mich gut zu benehmen.«
»Das will ich hoffen«, ging ich auf ihr Spiel ein. »Wenn nicht, wird unser Chef bestimmt ein gewaltiges Donnerwetter über uns hereinbrechen lassen.«
»Wenn die zwei Damen jetzt vielleicht wieder zum Thema zurückkehren könnten …« Martin T. Stone verdrehte die Augen und seufzte tief. »Es mag Ihnen entgangen sein, aber ich habe heute durchaus noch ein paar andere Dinge zu erledigen.« Er lehnte sich in seinem ledernen Bürostuhl zurück und sah uns auffordernd an.
»Entschuldigen Sie bitte.« Ich wendete mich wieder meinem Chef zu.
Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass auch Marcella in Habachtstellung ging.
»Gut.« Stone schien zufrieden zu sein, dass ihm unsere Aufmerksamkeit wieder ungeteilt geschenkt wurde. »Sagt Ihnen der Name Christopher Deacon etwas?«, fragte er in meine Richtung.
»Christopher Deacon?«, überlegte ich laut. »Nein, tut mir leid. Da muss ich passen.«
»Aber von Midge Clarkfield haben Sie schon etwas gehört?«, fragte der Chefredakteur grimmig.
»Der Autor?«, erwiderte ich. »Natürlich habe ich schon von ihm gehört. Schließlich ist sein Roman Schottlands wahre Herrscher schon seit Monaten auf den Bestsellerlisten.«
»Wer von Midge Clarkfield noch nichts gehört hat, muss die letzten Monate wohl auf dem Mars verbracht haben«, mischte sich nun auch Marcella in die Unterhaltung ein. »Schließlich wurde in den Medien genug Rummel um sein Buch gemacht. Überall wurde darüber diskutiert.«
»Bei Midge Clarkfield und Christopher Deacon handelt es sich um ein und dieselbe Person.« Martin T. Stone deutete mit seinem teuren Füllfederhalter in meine Richtung. »Deacon benutzt den Namen Clarkfield als Pseudonym. Aber eigentlich ist es sogar mehr als das: Midge Clarkfield ist seine Tarnung. Er lebt sehr zurückgezogen, auf keinem seiner Bücher ist sein Foto abgedruckt. Man behauptet sogar, dass er sich bei öffentlichen Auftritten von einem Schauspieler vertreten lässt.«
»Das klingt, als würde es sich bei diesem Herrn um ein ganz besonders scheues Exemplar der Gattung Schriftsteller handeln.« Marcella kreuzte die Arme vor der Brust. »Wahrscheinlich ist das wieder so einer, der vollkommen abgehoben in anderen Sphären schwebt, aber im normalen Alltag nichts auf die Reihe bekommt.«
»Christopher Deacon ist ein Mann, der sehr in seiner Arbeit aufgeht.« Stone sah sie tadelnd an. »Für seinen halbdokumentarischen Roman Schottlands wahre Herrscher hat er jahrelange Recherchearbeiten hinter sich. Wie Sie sicher wissen, vertritt er in seinem Buch die These, dass in der Vergangenheit sämtliche Stammesführer Schottlands in engem Kontakt zu Geisterwesen standen, um so ihren Machterhalt zu sichern. Auch der christliche Glaube soll an diesen Traditionen nichts geändert haben.«
»Ich kann es mir richtig vorstellen, wie das damals vor sich gegangen sein muss«, spottete Marcella. »Bestimmt saß bei jedem der Könige ein unsichtbares Gespenst auf dem Schoß und flüsterte ihm irgendwelche Boshaftigkeiten ins Ohr.« Sie grinste.
Ich schwieg. Wenn die junge Fotografin schon die gleichen unheimlichen Erlebnisse gemacht hätte, wie sie mir bereits widerfahren waren, sie wäre bestimmt respektvoller mit diesem Thema umgegangen.
Obwohl ich es mir immer noch nicht gerne selbst eingestand: Die Existenz eines jenseitigen Zwischenreichs konnte ich nicht länger leugnen. Trotzdem verspürte ich keinerlei missionarischen Eifer, das Thema bei entsprechenden Diskussionen gegen Skeptiker zu verteidigen.
»Christopher Deacon soll mittlerweile mit den Vorarbeiten für ein weiteres Buch begonnen haben.« Martin T. Stone ging nicht weiter auf Marcellas Kommentare ein. »Mir ist es gelungen, von ihm ein Einverständnis zu einem Interview zu bekommen. Und ich glaube, dass Sie dafür die Richtige wären, Jessica.«
Der Chefredakteur des Observer schien den erstaunten Ausdruck zu genießen, der sich auf meinem Gesicht breitmachte.
»Wie haben Sie das denn geschafft?«, erkundigte ich mich. »Der Mann gilt unter Journalisten als ausgesprochen verschlossen.«
»Manchmal erweisen sich Verbindungen, die man in seinem Club knüpft, als äußerst hilfreich.« Martin T. Stone senkte seine Stimme geheimnisvoll, konnte sich aber den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen, was bei ihm eine Seltenheit war. »Er ist auf jeden Fall mit einem Gespräch einverstanden. Allerdings musste ich ihm versprechen, dass sein Bild nicht in unserer Zeitung erscheint.«
»Und was soll ich dann bei der ganzen Sache?«, meldete sich Marcella wieder zu Wort. »Soll ich vielleicht mit meinem Blitzlicht die Geister aus dem Raum vertreiben, damit das Interview ungestört vonstattengeht?«
Ihre freche Bemerkung brachte ihr einen tadelnden Blick des Chefredakteurs ein.
»Entschuldigung.« Sie hob bedauernd die Schultern.
»Mister Deacon soll sich angeblich in seinem neuen Buch mit spezifischen Landschaftsformen und deren historischen Bedeutungen beschäftigen. Davon benötigen wir einige exemplarische Fotos.« Martin T. Stone erklärte Marcella ruhig ihre Aufgabe. »Natürlich wäre es für unser Archiv von großem Interesse, wenn wir an einige Bilder des kamerascheuen Autors gelangen könnten. Es wäre also alles andere als unangenehm, wenn sich Mister Deacons Kopf zufällig auf der einen oder anderen Landschaftsaufnahme befinden würde …«
»Sozusagen ein Geheimauftrag.« Marcellas Augen leuchteten begeistert. »Klasse. Das ist meine Spezialität.«
»Deshalb gebe ich Ihnen ja den Job«, brummte Stone ungemütlich.
»Und wo wird unser Treffen stattfinden?«, wollte ich von ihm wissen.
»In Schottland«, erklärte er. »Mister Deacon lebt momentan bei Altanduin, einer kleinen Ortschaft in der Nähe des Gorm-Ioch Mòr.«
»Das klingt, offen gestanden, nicht gerade gemütlich.« Marcella schien bei dem Gedanken an das Sumpfgebiet zu schaudern.
»Wenn Sie’s gemütlich haben wollen«, brummte Stone, und es blitzte dabei gefährlich in seinen Augen, »dann setzen Sie sich zu Hause vor den warmen Kamin und trinken Tee. Bin nur gespannt, wer Ihnen dafür einen monatlichen Scheck ausstellen wird.« Er beugte sich über den Schreibtisch und fügte etwas lauter hinzu: »Haben Sie sonst noch irgendwelche Einwände? Wünschen Sie, dass ich Ihnen Heizdecken mit auf den Weg gebe?«
»N … nein, Sir«, stammelte Marcella eingeschüchtert.
»Dann ist es ja gut«, brummte Stone. »Und jetzt raus! Alle beide!«
***
»Ich bin wirklich schon sehr gespannt auf den Herrn Schriftsteller.« Marcella schaltete die Scheinwerfer ihres Wagens an, da sich mittlerweile die Dämmerung auf die schottische Landschaft niedersenkte. »Hoffentlich musst du ihm nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen. Außerdem habe ich keine Lust darauf, ständig in der Angst leben zu müssen, dass er mir die Filme aus der Kamera reißt, bloß weil er befürchtet, ich könnte heimlich eine Aufnahme von ihm gemacht haben.«
»Wo dir doch so eine Gemeinheit niemals in den Sinn kommen würde!«, spottete ich.
»Unser Chef hat ihm lediglich versprochen, dass kein Bild von ihm im Observer erscheint.« Marcella schaute mich verschlagen an. »Er hat niemals gesagt, dass ich keine Fotos von ihm schießen werde …«
»Ich schlage vor, wir lassen uns einfach überraschen.« Ich hoffte, dass die junge Fotografin in ihrem Eifer nicht über ihr Ziel hinausschießen würde. »Wenn es sich herausstellt, dass Mister Deacon zu keiner Kooperation bereit ist, haben wir immer noch genügend Zeit, um in unsere Trickkiste zu greifen.«
»Hast du denn schon einmal mit ihm gesprochen?«, erkundigte sich Marcella.
»Ja«, bestätigte ich. »Ich habe vorgestern mit ihm telefoniert.«
»Und was macht er für einen Eindruck?«
»Das ist schwer zu sagen.«
Ich rief mir das Gespräch, das ich von den Redaktionsräumen des London City Observer geführt hatte, wieder ins Gedächtnis.
»Unsere Unterhaltung war relativ kurz. Er blieb während des gesamten Gesprächs distanziert, aber immer sehr freundlich. Ich denke, er hat einfach Probleme mit seiner plötzlichen Popularität. Er hat sogar darauf bestanden, dass wir für die Zeit unserer Reportage bei ihm in seinem Landhaus wohnen. Er hat zwar behauptet, wir könnten so einen besseren Eindruck von seiner Arbeit bekommen, aber ich glaube, er hat auch Angst davor, wir könnten einen zu großen Rummel veranstalten, wenn wir im Dorfgasthof übernachten.«
»Wenn er als Gastgeber genauso gut wie als Autor ist, werden wir keinen Grund haben, uns zu beschweren«, lachte Marcella. »Ist es denn noch weit?«
»Ich glaube nicht.«
Ich kramte die Straßenkarte hervor. Die zunehmende Dunkelheit machte es von Minute zu Minute schwieriger, die darauf gedruckten Beschriftungen zu entziffern.
»Wenn ich mich nicht täusche, sind es nur noch wenige Kilometer bis nach Altanduin. Nicht weit von diesem Dorf liegt das Landhaus.«
»Ich muss schon sagen, dieser Mann hat einen recht eigenwilligen Geschmack.« Marcella starrte angestrengt durch die Windschutzscheibe. »Hier ist es so einsam, dass man glauben könnte, nie wieder in eine zivilisierte Gegend zu gelangen.«
»Ich glaube, du kannst ganz beruhigt sein.« Ich zeigte in Richtung einiger Lichter, die aus der Dunkelheit vor uns auftauchten. »Wie du siehst, scheint das 20. Jahrhundert durchaus bis hierher gedrungen zu sein. Auf jeden Fall gibt es elektrischen Strom, wie man an der Straßenbeleuchtung deutlich erkennen kann.«
»Dann kann ja überhaupt nichts mehr passieren«, lachte Marcella.
Ihr Optimismus wäre bestimmt nicht so groß gewesen, hätte sie eine Ahnung von den Ereignissen gehabt, die in den folgenden Tagen auf uns zukommen sollten …
***
»Das Haus von Mister Deacon?« Der alte Mann kurbelte weiter am Griff der alten Benzinpumpe, um den Tank unseres Wagens aufzufüllen.
Wir hatten die Zapfsäulen verlassen vorgefunden und waren erst nach einigem Suchen auf den Betreiber der Tankstelle gestoßen. Er hatte in einem kleinen Büro gesessen und war gerade dabei, einige Briefe auf verschiedene Stapel zu ordnen, als wir zur Tür hereinkamen. Offensichtlich war er Postbeamter und Tankwart in einer Person. Auf jeden Fall überließ er die Umschläge sofort sich selbst und folgte uns zu unserem Auto.
Ich hatte sofort die Gelegenheit genutzt, um mich nach dem Weg zum eigentlichen Ziel unserer Reise zu erkundigen.
Doch der Mann legte die Stirn in nachdenkliche Falten und schüttelte schließlich den Kopf.
»Es tut mir leid, Ma’am. Aber ich weiß nicht, welches Haus sie meinen.«
»Es soll ein altes Landhaus sein.« Nun versuchte Marcella ihr Glück bei ihm. »Es liegt wohl ziemlich einsam, direkt am Rand des Moors.«
»Am Moor?« Ein wissendes Aufblitzen war in den Augen des Mannes zu bemerken. »Dann meinen Sie bestimmt Robbers’ Mansion. Das liegt direkt am Gorm-Ioch Mòr.«
»Und Sie können uns nicht sagen, wer dort wohnt?«, fragte Marcella erstaunt.
»Ich kann Ihnen nicht den Namen sagen.« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass sich dort vor einiger Zeit ein junger Mann eingemietet hat. Ich habe ihn allerdings bisher noch kaum zu Gesicht bekommen. Seine Haushälterin, Mrs. McDouglas, macht sämtliche Besorgungen für ihn.«
»Der Mann legt also keinen gesteigerten Wert auf Gesellschaft.« Marcella sah mich an. »Es scheint aber so, als hätten wir den Unterschlupf unseres geheimnisvollen Autors entdeckt.«
»Ich glaube, du hast recht.« Ich nickte bestätigend, dann wandte ich mich wieder dem Mann zu. »Können Sie uns bitte erklären, wie wir nach Robbers’ Mansion kommen?«