Mord im Schlafrock - Martin Cordemann - E-Book

Mord im Schlafrock E-Book

Martin Cordemann

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Krimis für die Bühne Das ist wie Kino zum Lesen. Mit jeder Menge Ablösung. Abwechslung. Auflösung. Ein paar Stücke sind quasi in Spielfilmlänge, im Flugzeug, im Hochhaus, im Landhaus. Und es gibt die "Kurzfilme", die kleinen "Serien", bei denen mehrere kurze Stücke zu einem Abend zusammengefasst wurden. Hier kann man alten Damen begegnen, einem schüchternen Mörder, einem schwer ermittelbaren Detektiv, sogar einem Mordfall, der wie eine Quizshow aufgelöst wird. Es gibt einen Western und ein Reimspiel – und dann ist da noch die Dialogkomödie. Gut, die passt hier nicht ganz rein, aber wen stört das schon? Wichtig ist, dass der Spaß im Vordergrund steht. Und die Auflösung. Abwechslung. Ablösung. Krimis für die Bühne – denn Krimi muss nicht immer Prosa sein!

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EPUB

Seitenzahl: 416

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Martin Cordemann

Mord im Schlafrock

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

MORD IM HIMMEL

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

MORD IM SCHLAFROCK

Mord einer alten Dame

Der schüchterne Mörder

Eingeschlossene Gesellschaft

Ein mörderisches Quiz

Mord im Schlafrock

MORD IM SCHAUSPIEL

Die Tragödie des Verbrechens

Schuld und Bühne

Die Todesfahrt der Postkutsche

Frauenabend

Erster Akt

Zweiter Akt

ALLES LIEBE – ODER NICHT

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Vierter Akt

Epilog

DER MÖRDER IST IMMER DER BUTLER

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Impressum neobooks

Vorwort

Dies ist eine Sammlung mit Krimi-Stücken… und einer Art Boulevardkomödie. Naja, eigentlich eine Dialogkomödie, aber werben Sie mal mit so was. Da kommen Sie mit „Boulevard“ einfach weiter – und wenn man’s geschickt macht, merkt auch keiner, dass es eigentlich kein Boulevardstück ist!

Die beiden Krimi-Stücke „Mord im Himmel“ und „Mord im Oberstübchen“ entstanden eigentlich als Kurzgeschichten für ein anderes Krimiprojekt, das Sie in dem Band „Gruppenbild mit Leiche“ nachlesen können. Da sie aber beide über eine begrenzte Anzahl an Personen und vor allem nur einen einzigen Schauplatz verfügen, eigneten sie sich eigentlich sehr gut für die Bühne. Falls Sie diese Fassung mit der im „Gruppenbild“ vergleichen, werden Sie feststellen, dass bei der Bühnenversion jeweils eine Person herausfiel… welche das ist, müssen Sie aber selbst herausfinden.

„Mord im Schlafrock“ und „Mord im Schauspiel“ sind Sammlungen von Kurzstücken, die sich ebenfalls mit Themen rund um Mord und derlei Dinge beschäftigen. Beim „Schlafrock“ gibt es Bezüge zur erwähnten „Boulevardkomödie“, da die gesamte Szene als Teil einer extrem langen Fassung dieses Stückes geschrieben, dann aber herausgekürzt wurde. So tauchen die beiden Figuren Artie und Robert also nicht nur in „Mord im Schlafrock“ auf, sondern sind auch die Protagonisten von „Alles Liebe – oder nicht?“, das übrigens 2011 mit dem Autoren selbst in der Rolle des Artie in Köln uraufgeführt wurde. Ein Wiedersehen mit ihm oder einer Figur ähnlichen/gleichen Namens gibt es aber schon vorher in der „Mord im Schauspiel“ Sammlung mit dem Zweiakter „Frauenabend“.

„Der Mörder ist immer der Butler“ war der Versuch, ein Stück mit vielen Verdächtigen aber möglichst wenig Schauspielern zu schreiben – aus dem Gedanken heraus, es selbst auf die Bühne zu bringen und das mit möglichst wenig Unkosten (sprich: Schauspielern). Es zeigt, dass man auch mit vier Schauspielern neun Verdächtige haben kann… was ich dann aber mit „Kammerspiel für Shylock Holmes“ noch unterbieten konnte, in dem es nur zwei Schauspieler, aber jede Menge Verdächtige gibt.

Diese Sammlung enthält die folgenden Theaterstücke:

Mord im Himmel

Mord im Oberstübchen

Mord im Schlafrock

Mord im Schauspiel

Alles Liebe – oder nicht?

Der Mörder ist immer der Butler

HINWEIS: Der Erwerb dieses E-Books berechtigt nicht zur Aufführung der Theaterstücke! Falls Sie Interesse daran haben, eines oder mehrere der hier vorhandenen Stücke auf die Bühne zu bringen, wenden Sie sich bitte an den Autor.

MORD IM HIMMEL

Eine satirische Krimikomödie

Das Stück stammt aus dem Jahr 2008 und basiert auf einer Kurzgeschichte. Es spielt in der Enge eines Flugzeugs. Theoretisch wäre es natürlich möglich, das Publikum als weitere Passagiere in die Handlung zu integrieren und den Theatersaal zur Flugkabine machen – je nach Größe des Theaters. Man müsste in diesem Fall natürlich überlegen, wie man es logisch auflöst, dass die Verdächtigen nicht mit dem Rücken zum Publikum sitzen und spielen – und warum das Publikum nicht verdächtig ist. Aber möglich wär das schon…

Personen

Peter Cooper

der Pilot und gleichzeitig auch der Erzähler… was es im Theater eher selten gibt, aber das muss ja nichts heißen

Dr. Alf Sebretzki

Schönheitschirurg, der das Mordopfer operieren wollte, aber nicht durfte, der aber jemand anderen an Bord der Maschine verunstaltet hat

Steffi LaMour

das „Comedy-Luder“ hat sich mangels Talent in der Comedyszene hochgeschlafen, verfügt nicht über Pointen sondern nur über zwei runderneuerte Brüste, die sie anstatt der Pointen für Lacher entblößt

Walter Walther

Professor für Langweiligkeit… viel mehr ist da nicht zu sagen

Maria Krist

Herausgeberin einer Hundezeitschrift mit dem Hang dazu, allen auf die Nerven zu gehen

Josef Krist

leidenschaftlicher wenn auch nicht professioneller also quasi unbezahlter Trinker, der auch gerne mal besoffen mit dem Auto fährt und dabei Hunde und Mexikaner plattmacht, je nachdem was sich ihm in den Weg stellt

(Gloria Wunder)

die Leiche… bleibt tot

Erster Akt

erste Szene

(Die Personen kommen an Bord. COOPER stellt sie alle vor. Er hat ein Klemmbrett in der Hand, von dem er von der Passagierliste abliest.)

COOPER: (zum Publikum)

Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich bin Ihr Flugkapitän Pete Cooper und ich darf Sie heute auf unserem Flug von New York nach Los Angeles begrüßen. Die Notausgänge befinden sich dort und dort. Während des Fluges werden Getränke und ein kleines Frühstück serviert.

Ihre Mitreisenden auf diesem Flug sind...

(DR. ALF SEBRETZKI tritt auf)

Sie sind sicher Dr. Alf Sebretzki. Schön, dass Sie mit uns fliegen.

(COOPER schüttelt ihm die Hand, SEBRETZKI geht zu seinem Platz)

Schönheitschirurg. Sehr erfolgreich. Sagt man. Hat schon halb Hollywood runderneuert. Und immer gut, einen Arzt an Bord zu haben. Man weiß ja nie, was passiert.

(STEFFI LAMOUR tritt auf)

Frau... Steffi LaMour, herzlich willkommen!

(COOPER schüttelt ihr die Hand, LAMOUR geht zu ihrem Platz)

Sie ist bekannt als das „Comedy-Luder“. Hat sich wohl in der internationalen Comedyszene hochgeschlafen. Talent soll sie zwar keins haben, aber dafür zwei tolle Brüste, die glaub ich (er deutet auf DR. SEBRETZKI) der da gemacht hat. Und sie hat keine Angst, die auf der Bühne auch zu zeigen. Naja, genau genommen scheint das wohl Teil der Nummer zu sein. (seufzt)

(WALTER WALTHER tritt auf)

Professor Walter Walther, wenn ich mich nicht irre. Schön, dass Sie mit uns fliegen.

(COOPER schüttelt ihm die Hand, WALTHER geht zu seinem Platz)

Er ist Professor für Langeweile. Hält Vorlesungen über die Langeweile an sich, die Langeweile in der Literatur, die Langeweile in der Antike und die Langeweile im Wilden Westen. Seine Seminare sollen so langweilig sein, dass es kaum jemanden gibt, der sie bis zum Ende erträgt... manchmal nicht einmal er selbst.

(MARIA KRIST tritt auf)

Sie sind Maria Krist? Herzlich willkommen!

(COOPER schüttelt ihr die Hand, MARIA geht zu seinem Platz)

Sie ist die Herausgeberin einer Hundezeitschrift. Sie liebt Hunde... weil sie eine Katzenallergie hat. Nur Hundezüchter kann sie nicht ab, weil sie glaubt, dass Hunde so leben sollten, wie Gott sie geschaffen hat. Irgendwie scheint sie da ein paar Jahrhunderte Domestizierung verpasst zu haben.

(JOSEF KRIST tritt auf)

Das war Maria Krist und Sie sind Josef Krist.

(COOPER schüttelt ihm die Hand, JOSEF geht zu seinem Platz)

Maria und Josef... aber nicht miteinander verwandt. Glaub ich jedenfalls. Bei ihm hier bin ich mir aber nicht ganz sicher. Riecht ein bisschen nach Alkohol, oder? Naja, kann man nichts machen. Dann sind wir glaub ich vollständig.

Moment, nein, da fehlt noch jemand. (sieht auf seiner Liste nach) Gloria Wunder, die Pudelzüchterin. Sehr... sympathisch. Hat drei Ehemänner verschlissen, ist aus ihrem Yachtclub geflogen und wurde aus der Gewerkschaft der Pudelzüchter ausgeschlossen. Alles nur wegen ihres lautstarken Temperamentes. (sieht sich um, entdeckt sie auf ihrem Platz) Ah, die hat schon auf ihrem Sitz Platz genommen.

Nun gut, dann sind wir ja vollständig. Ich darf Sie bitten, nicht zu rauchen, bleiben Sie sitzen, bis die „Bitte anschnallen“-Zeichen erloschen sind und genießen Sie den Flug!

BLACKOUT

zweite Szene

(Das Flugzeug ist dunkel. Nur vorne im Cockpit ist Licht. Wir sehen COOPER, den Piloten an seinem Platz sitzen. Er ist wach, alle Passagiere schlafen. Durch die angelehnte Cockpittür oder den halb offenen Vorhang, der das Cockpit von der Passagierkabine trennt, fällt ein Lichtschein auf die erste Reihe. Dort sitzt, als einziges beleuchtet, ein überdimensionaler Stoffpudel.

Die Sitzordnung:

Reihe 1: links vom Gang der überdimensionale Stoffköter

Reihe 2: rechts Steffi LaMour

Reihe 3: links, am Fenster, Gloria Wunder

Reihe 4: leer

Reihe 5: links Maria Krist

Reihe 6: rechts Josef Krist

Reihe 7: links, am Fenster, Dr. Sebretzki

Reihe 8: rechts Professor Walter Walther

Alternativ könnte man die vom Cockpit aus gesehen rechten Sitzreihen weglassen, um mehr Raum zum Spielen zu haben oder sich die Stühle zu sparen. In dem Fall reicht es, die Sitze auf der Seite links vom Cockpit aus zu haben und ggf. in der ersten Reihe einen auf der rechten, wo später die Verhöre stattfinden.

Alles ist ruhig... dann hören wir einen grauenvollen Schrei.)

dritte Szene

(Alles ist ruhig... dann hören wir einen grauenvollen Schrei.)

LAMOUR: (schreit)

COOPER: (sieht sich um.)

LAMOUR: Nein, nein!

COOPER: (steht auf und läuft so schnell er kann in die Passagierkabine. Er sieht nichts. Er nimmt seine Taschenlampe aus seiner Tasche und leuchtet herum.)

LAMOUR: Oh mein...

COOPER: (geht zu LAMOUR)

LAMOUR: Das kann doch nicht...

COOPER: Was ist los?

LAMOUR: (schüttelt den Kopf, ist völlig fassungslos)

COOPER: Was haben Sie?

LAMOUR: (deutet wild in der Gegend herum) Da... da...

COOPER: (versucht zu sehen, worauf sie deutet)

LAMOUR: Es ist... schrecklich. (sie sackt in sich zusammen)

COOPER: Beruhigen Sie sich. Was ist passiert?

LAMOUR: Ich kann nicht... ich kann es nicht noch einmal sehen. Dieser Anblick, dieser... (ihre Stimme bricht und sie deutet in die Dunkelheit)

COOPER: (leuchtet mit der Taschenlampe in die angegebene Richtung) Was ist dort? Meinen Sie den Spiegel? Was ist passiert?

LAMOUR: Alles ist zerstört!

COOPER: Meine Güte... haben wir einen Saboteur ein Bord? Hat jemand das Flugzeug manipuliert? Will er die Maschine zum Absturz bringen? Gibt es einen Verräter?

LAMOUR: Nein. Es gibt zwei.

COOPER: (leuchtet in den Spiegel. Das Licht wird reflektiert und trifft ihre Brüste. Er stutzt. Dann leuchtet er die Brüste direkt an. Sie sehen grotesk aus und stehen in verschiedene Richtungen ab.)

LAMOUR: Es ist grauenvoll.

COOPER: Meine Güte!

LAMOUR: Meine Brüste!

COOPER: Das meinte ich. Die meinte ich. Oh mein…

LAMOUR: Sie sehen es also auch?

COOPER: Es ist nicht zu übersehen. Sie zeigen…

LAMOUR: …meinen Erfolg.

COOPER: Sie zeigen…

LAMOUR: …meine Schönheit.

COOPER: Sie zeigen… in verschiedene Richtungen!

LAMOUR: Ja. (nickt) Sie waren wegweisend.

COOPER: Das sind sie noch… weg weisend.

LAMOUR: Sie sind rund…

COOPER: Das sind sie noch.

LAMOUR: …10.000 Euro wert.

COOPER: Das sind sie nicht.

LAMOUR: Sie sind…

COOPER: …irgendwie verdreht.

LAMOUR: Sie sehen…

COOPER: …irgendwie merkwürdig aus.

LAMOUR: Sie können…

COOPER: …mich nicht dafür haftbar machen!

LAMOUR: Sie schauen…

COOPER: …nur auf Ihre Brüste, ich weiß. Es tut mir leid.

LAMOUR: Meine Karriere ist beendet.

COOPER: Sie meinen… wegen Ihrer Brüste?

LAMOUR: Sind das überhaupt noch meine Brüste?

COOPER: Nun, Sie haben sie mit an Bord gebracht.

LAMOUR: Waren das wirklich diese Brüste?

COOPER: Haben Sie denn noch andere?

LAMOUR: Ich glaube, ich habe nicht mal mehr diese.

COOPER: Da sind sie ja noch, nur… anders.

LAMOUR: Sie waren einmal mein ganzer Stolz.

COOPER: Nun, sie sind ja nicht verschwunden.

LAMOUR: Ihre Schönheit ist dahin.

COOPER: Vielleicht sind sie mehr was für… Liebhaber?!

LAMOUR: Für Liebhaber? Von was?

COOPER: Tjaaaa…

LAMOUR: Ich habe alles verloren.

COOPER: Wie gesagt, da sind sie ja noch!

LAMOUR: Aber sie sehen nicht mehr so aus.

COOPER: Vielleicht haben sie nur einen schlechten Tag?

LAMOUR: Ja, den habe ich.

COOPER: Ich meinte Ihre… Brüste.

LAMOUR: Ich erkenne sie nicht wieder.

COOPER: Sie sehen… anders aus.

LAMOUR: Als wären es nicht meine.

COOPER: Aber wessen sollten es denn sonst sein?

LAMOUR: Ja… und doch. Ich habe alles in sie gesteckt.

COOPER: Hm?

LAMOUR: All mein Talent.

COOPER: Ach so.

LAMOUR: All meine Liebe.

COOPER: Ach ja?

LAMOUR: All mein Geld.

COOPER: Das schon eher.

LAMOUR: Und jetzt…

COOPER: Ja. Was genau ist hier eigentlich passiert?

LAMOUR: Ich weiß es nicht. Aber… es geht um meine Brüste.

COOPER: Soweit habe ich die Situation im Griff… verstanden!

LAMOUR: Es sind meine Brüste... sie sind verrutscht!

COOPER: Ja.

LAMOUR: Es ist schrecklich!

COOPER: Ja… Und deswegen haben Sie so geschrieen?

LAMOUR: Diese Brüste bedeuten meine Karriere. Aber jetzt ist alles vorbei!

COOPER: Dann seien Sie doch froh.

LAMOUR: Worüber?

COOPER: Dass Sie sich nicht auch noch den Hintern haben machen lassen.

LAMOUR: Oh nein!

COOPER: Oh!

LAMOUR: Und… was soll ich jetzt tun? Kann man da denn gar nichts machen?

COOPER: Bessere Texte? (seufzt und geht zurück ins Cockpit)

(Die Kabine ist dunkel, nur das Cockpit ist beleuchtet)

COOPER: (nimmt Platz, zum Publikum)

Warum muss ich mich immer mit den Bekloppten herumärgern? Warum gibt es nicht einfach mal einen ruhigen Flug, auf dem nichts passiert, auf dem nicht irgendjemand durchdreht?

(seufzt) Haben die denn keinen Respekt vor anderen? Da hat man einen undankbaren, unterbezahlten Job und dann werden einem nicht mal die wenigen Augenblicke gegönnt, die einen für die miesen Arbeitszeiten und die nervigen Passagiere entschädigen.

(deutet auf das Fenster vor ihm) Wenn nämlich hoch über den Wolken die Sonne aufgeht. Dieser eine seltene Moment der Ruhe und der Schönheit. Ist das denn zuviel verlangt? Haben Sie das schon mal erlebt? Es ist wundervoll. Ein Moment der Ruhe und des Friedens. Die Schönheit der Natur, wie sie sonst nur die Vögel genießen können. Etwas, das einem zeigt, warum man Pilot geworden ist. Man will es einfach nur genießen…

Stattdessen muss ich mich mit verrutschten Brüsten herumschlagen. Zum Glück nur im übertragenen Sinne. Meine Güte, wenn man das wörtlich nehmen würde mit dem „Herumschlagen mit Brüsten“, das wäre ja was. Dann landet man ja unweigerlich beim... „Tittenboxen“.

(hat eine Idee) Und das klingt nach einem Konzept, von dem kein Idiot beim Fernsehen jemals erfahren darf. Denn sonst...

vierte Szene

(Das Licht verändert sich. Traumstimmung, d.h. man merkt, dass sich die Szene nur in seinem Kopf abspielt. Aus der Kabine treten nun WALTER WALTHER (WW), DR. SEBRETZKI (DS) und JOSEF KRIST (JK), die aber nicht „sich selbst“ spielen, sondern hier die Rollen von Fernsehproduzenten übernehmen)

JK: „Tittenboxen“, das ist ein Format mit Zukunft!

WW: Ich weiß ja nicht...

JK: Nein, Kollegen, das ist nicht nur ein Format mit Zukunft, das ist die Zukunft!

WW: Wir haben doch schon genug Sendungen...

JK: Das ist keine einfache Sendung, meine Freunde, das ist Event-Fernsehen! Das hat das Potential zu einem ganzen Thementag!

DS: Thementag?

JK: Ja.

DS: Sie meinen so etwas wie den „Schlampen Freitag“?

JK: Ist der nicht super gelaufen? Unsere Mega-Nannie! War das nicht eine tolle Vorführung?

WW: Sie hat die Leute vorgeführt, das stimmt.

JK: Und mehr noch: Die Kinder aus diesen armen Familien...

WW: Hat man denen geholfen, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern?

JK: Viel besser! Die bleiben uns erhalten denn sie werden mit Sicherheit die Stars bei: „Schlampen Freitag – die nächste Generation“!

WW: Oh.

JK: Es bleibt eben in der Familie. (denkt nach) Was ist eigentlich aus unserer Sendung über Pädophile geworden?

WW: Wir wollten nicht mehr darüber reden!

JK: Jedenfalls war der „Schlampen Freitag“ ein großer Erfolg! Hey, wir sind der erste Sender, der Prostitution live im Fernsehen gezeigt hat.

WW: Wir werden auch immer noch dafür verklagt. Von einigen Politikern, die „Gast“ in der Sendung waren.

JK: Die haben doch selber Schuld. Wenn die sich ihre Nutten nicht vom Steuerzahler hätten bezahlen lassen, hätte niemand was gesagt.

DS: Toll war auch die Sendung, in der die Frauen ihre Freunde betrogen haben. Was für ein Spaß.

JK: Und ist es denn zu fassen, wieviele Leute im Fernsehen noch immer sagen: „Ich hoffe, dass niemand was davon erfährt.“ Ich meine: Im Fernsehen?!!!

DS: Ach, der „Schlampen Freitag“, das waren noch Zeiten. Oder der „Intellektuellen Mittwoch“, das war...

JK: Ein Desaster!

DS: Ja, ein absolutes Desaster. Niemand will intelligente Unterhaltung. Niemand.

JK: Jedenfalls nicht im Fernsehen. Und deshalb präsentiere ich Ihnen: den „Asi Dienstag“!

WW: Klingt das nicht etwas negativ?

JK: Nein, denn wir sprechen den Zuschauer jetzt da an, wo er sitzt. Auf seiner Couch. Und machen wir uns nichts vor, die meisten unserer Zuschauer sind Asis. Also warum sollen wir sie nicht direkt ansprechen?

WW: Vielleicht, weil sie sich nicht gerne selbst als Asi sehen?

JK: Und genau da liegt die Schönheit des Projekts. Wir werden dafür sorgen, dass sie stolz darauf sein werden, Asis zu sein.

DS: Wie soll das gehen?

JK: Ganz einfach: Sendungen für die Zielgruppe! Kann denn ein Abend, der mit „Frauentausch“ anfängt und mit „Tittenboxen“ aufhört wirklich erfolglos sein? Nein. Niveaulos, geschmacklos, phantasielos – aber keinesfalls erfolglos.

DS: Ja, ich seh es direkt vor mir. Da bieten sich ja ungeahnte Möglichkeiten. Nach dem Frauentausch könnte man „den Bewährungshelfer“ ins Rennen schicken.

WW: Worum geht es dabei?

DS: Echte Knackis werden von echten Bewährungshelfern betreut. Man begleitet sie auf dem Weg in die Ehrlichkeit oder kann sie bei neuen Straftaten beobachten. Wer sauber bleibt, bekommt einen Job – wahrscheinlich nachts als Anbiederer bei irgendeiner unserer Call-in-Abzocke-Sendungen.

WW: Kann man das dann nicht wieder als Abrutschen in die Kriminalität ansehen?

DS: Das ist... eher eine Grauzone. Aber wer wirklich rückfällig wird, landet auf jeden Fall sofort wieder im Knast – und bekommt seine eigene Serie, „Bück dich in der Dusche“ oder so.

JK: Sehr gut! Es gab doch mal diese Sendung, wo man im Fernsehen heiraten konnte. Warum machen wir nicht das Gegenteil? Viel mehr Paare lassen sich scheiden…

WW: Viel mehr Paare als heiraten?

JK: Äh… schon möglich! Da also so viele Ehen geschieden werden, warum machen wir nicht auch eine Show daraus?

DS: „Die Traumscheidung“, super, da kann jeder Partner dem anderen noch mal so richtig vorwerfen, warum seinetwegen die Beziehung gescheitert ist. Toll.

JK: Das bringt mich auf eine Idee. Viel zu viele Paare bekommen heute ungewollt Kinder. Warum helfen wir denen nicht?

WW: Indem wir Familien für diese Kinder suchen, in denen sie ein gutes Elternhaus und eine gute Erziehung bekommen?

JK: Nein, viel sinnvoller: Indem wir ihnen die Abtreibung bezahlen.

WW: Bitte?

JK: Das gibt’s auch noch nicht: „Die Traumabtreibung“!

DS: Dafür brauchen wir unbedingt eine holländische Moderatorin!

WW: Wieso das?

DS: Weil niemand den nichtwerdenden Eltern so charmant die Ultraschallaufnahmen zeigen kann: „Das wäre Ihr Kind gewesen!“

JK: Man könnte den goldenen Kleiderbügel gewinnen…

DS: …oder den Sturz auf der Showtreppe!

JK: Und wer weiß, vielleicht sorgen wir so sogar dafür, dass diese Paare zusammenbleiben. Wir tun tatsächlich noch ein gutes Werk!

DS: Obwohl das eigentlich gar nicht unsere Aufgabe ist. (denkt nach, hat Idee) Aber wir könnten damit werben! Gut, was kommt danach?

WW: Wie wäre es mit einer Sendung, bei der ein Sozialarbeiter den missbrauchten „Stars“ der Serien, aber auch den missbrauchten Zuschauern, klarmacht, warum diese Sendungen rein gesellschaftlich gesehen eigentlich für keinen von ihnen gut sind?

JK: Das würden wir machen, wenn wir glauben würden, wir hätten eine Verantwortung für unsere Zuschauer.

WW: Haben wir das nicht?

JK: Haben wir schon, ignorieren wir aber. Also ignorieren wir das und kommen zum Höhepunkt des Abends: Tittenboxen.

DS: Super! Wie wollen wir das umsetzen? Zwei aufgepumpte Blondinen, die sich gegenseitig die Implantate aus der Bluse schlagen?

JK: Möglich. Oder ein Ringkampf, in dem nur die Brüste als Waffen eingesetzt werden dürfen.

DS: Vielleicht ein Kleinwüchsiger, der in zwei überdimensionalen Möpsen die Sparringspartner seines Lebens gefunden hat?!

JK: Sie sehen, die Möglichkeiten sind endlos. Und natürlich werden wir um „Promi-Tittenboxen“ nicht herumkommen.

DS: Großartig!

JK: Immerhin hat noch nicht jeder dieser Pseudo-Promis versucht, gleichzeitig seine Brüste und seine Bekanntheit zu vergrößern. Das ist die Gelegenheit: Erst „Promi-Brustvergrößerung“ und dann die Bewährung der neuen Körbchengröße auf dem Schlachtfeld der Ehre.

DS: Phantastisch!

JK: Und zum finanziell krönenden Abschluss gibt es dann das Tittenboxen in DVD-Tittenboxen. Das wird der Renner!

BLACKOUT

fünfte Szene

(Das Licht verändert sich wieder, die Kabine wird dunkler, das Cockpit wird beleuchtet wie zuvor. COOPER sieht das Publikum an)

COOPER: Es ist ein Konzept, mit dem man nur Erfolg erleiden kann!

Aber dieses Comedy-Luder mit ihrer „verrückten“ Oberweite? Wie soll denn sowas während des Fluges passieren? Beim Start, okay, das wäre nachvollziehbar. Aber so? Außerdem habe ich gelesen, sie würde gerne mal in den Weltraum reisen. Na, da hätten sich die Astronauten aber gefreut, wenn ihnen nach einem geglückten Start die Implantate um die Ohren geflogen wären. Wenn die Dinger eine Reise im Düsenjet schon nicht aushalten, wie hätten die sich dann wohl auf dem Weg in den Weltraum verhalten? Oder in der Schwerelosigkeit? Oder gar beim Wiedereintritt? Wäre das Shuttle auseinander gebrochen und verglüht? Und das einzige, was man von den Insassen gefunden hätte, wären zwei Silikonkissen Größe Doppel-D gewesen? Bestimmt wird die mich jetzt verklagen, weil ich ihre Karriere zerstört habe. Dabei kann ich gar nichts dafür. Wahrscheinlich eher ein lausiger Schönheitschirurg.

LAMOUR: (schreit)

COOPER: Na toll. Wahrscheinlich hat sie endlich den Mut gefasst, aufzustehen und festgestellt, dass ihr Arschimplantat das gleiche Schicksal ereilt hat wie ihre Brustpolster. Vielleicht gibt es ja Dämonen der Lüfte, die sich einen Spaß daraus machten, unschuldige Silikonkissen zu verschieben?

LAMOUR: (schreit)

COOPER: Ja, ich komm ja schon. (geht in die Passagierkabine. Alle Passagiere haben sich erhoben starren in die gleiche Richtung: zu Gloria Wunder, die am Fenster sitzt) Was ist jetzt wieder?

LAMOUR: Sie... sie

COOPER: Sie? Sie? (sieht sich um, folgt der Blickrichtung der anderen... und erkennt) Oh!

LAMOUR: Ihre Brüste...

COOPER: Ich sehe es.

LAMOUR: ...sie sind so natürlich...

COOPER: Ja, das kommt vor.

LAMOUR: ...und wohlgeformt...

COOPER: Ja.

LAMOUR: ...und klein...

COOPER: Ja.

LAMOUR: ...aber etwas stimmt mit ihnen nicht...

COOPER: Ja.

LAMOUR: ...was... was kann das nur sein?

COOPER: (schaltet das Licht ein. Die Passagierkabine ist gut ausgeleuchtet) Ein Messer steckt in ihnen drin!

LAMOUR: Und... was machen wir jetzt?

COOPER: Das, was man in einem solchen Fall immer macht: Schreien!

LAMOUR: (schreit)

COOPER: (nach einiger Zeit) Gut, ich denke das reicht jetzt.

MARIA: (steht von ihrem Platz auf und sieht die Leiche) Meine Güte. (sie deutet auf die Leiche und beginnt zu schreien)

COOPER: (steht dabei, sieht auf die Uhr) Okay, genug.

MARIA: (verstummt)

COOPER: Sonst noch jemand?

LAMOUR: (will wieder anfangen)

DR. S: (kommt ihr zuvor und schreit)

COOPER: (sieht auf die Uhr) Gut, da das erledigt wäre...

MARIA: (deutet auf die Tote) Ist sie tot?

COOPER: Wovon sind Sie denn bitte ausgegangen, als Sie angefangen haben zu schreien?

MARIA: Aber vielleicht haben wir uns geirrt?

COOPER: Ein Messer steckt in ihrer Brust und sie hat sich nicht gerührt, als sie Ihr ohrenbetäubendes Gekreische gehört hat.

JOSEF: Die is hin. Das is der Beweis.

MARIA: Woran mag sie gestorben sein? (sieht sich die Leiche aufmerksam an)

COOPER: Gift?

MARIA: Woher wissen Sie das? Haben Sie an ihrem Atem gerochen?

COOPER: (seufzt) Sie hat ein Messer in der Brust, was meinen Sie, woran sie wohl gestorben ist?

MARIA: Oh! Sie meinen, sie wurde erstochen?

COOPER: Das wäre wohl meine erste Theorie.

MARIA: War es möglicherweise Selbstmord?

COOPER: (seufzt, diesmal ausgiebiger) Davon würde ich mal nicht ausgehen.

MARIA: Wovon würden Sie denn dann ausgehen?

COOPER: Dass sie irgendjemand umgebracht hat.

MARIA: Irgendjemand hier an Bord?

COOPER: Nein, jemand von außerhalb – natürlich irgendjemand hier an Bord. Oder hatten Sie das Gefühl, sie hatte das Messer schon der Brust, als sie an Bord gekommen ist?

MARIA: Kein Grund, ruppig zu werden. Ich versuche nur zu verstehen, was hier wohl passiert ist. Aber woher wollen wir denn wissen, dass sie noch nicht tot war, als sie das Flugzeug bestiegen hat?

WALTHER: (spricht sehr, sehr langsam und einschläfernd langweilig) Ich glaube, Sie haben sich mit ihr unterhalten. Es war, bevor Sie an Bord gekommen ist, da haben Sie mit mir gesprochen und haben mir die Frage gestellt, wie es mir geht, worauf ich geantwortet habe, es ginge mir so einigermaßen, nicht unbedingt gut, aber auch nicht schlecht, nichts besonderes halt, ein Zustand, in dem man durchaus leben kann, der aber nicht als sonderlich befriedigend zu bezeichnen wäre und der weit entfernt von wahrem Glück ist, aber wahres Glück zu finden erscheint mir in der heutigen Welt sowieso sehr schwierig...

COOPER: Ähm?

WALTHER: ...und dann haben Sie gesagt, ich wäre langweilig und haben sich mit der Frau unterhalten, die jetzt sehr tot erscheint, wobei ich mich frage, ob sie wohl jetzt einen Zustand des Glücks erreicht hat, oder ob es sich eher um einen Zustand der Leere handelt, falls das überhaupt ein Zustand ist oder ob sie einfach nur nicht mehr da ist, aber das...

COOPER: ...werden wir wohl heute nicht mehr klären, nein. (zu MARIA) Ist Ihre Frage damit beantwortet?

MARIA: Welche Frage?

COOPER: Ob sie schon tot war, als sie an Bord gekommen ist?

MARIA: Ja. Nein. Habe ich das gefragt?

JOSEF: Das heißt, wir haben einen Mörder an Bord!

DR. S: Was? Es war ein Unfall. Ein Kunstfehler. Es war kein Mord.

COOPER: Wollen Sie damit sagen, Sie haben an der Toten während des Fluges eine Operation durchgeführt?

DR. S: Bitte? Ach die Tote?! Nein, damit habe ich nichts zu tun. Ich habe sie ja nicht mal operiert.

LAMOUR (fängt laut an zu weinen)

COOPER: Die haben Sie aber operiert, oder?

DR. S: Ja. Mit... es waren... ein ganz neues Design.

(Die Blicke aller Anwesenden wenden sich dem Comedy-Luder zu)

MARIA: Das wirkt irgendwie wie eine geschmacklose Parodie auf Picasso.

COOPER: Meinen Sie, das trägt man so in Zukunft?

DR. S: Es war nicht so geplant! Sie... sie... sie hat sie auch völlig falsch benutzt.

COOPER: Wie kann man sowas denn falsch benutzen?

DR. S: Ich habe ihr ausdrücklich gesagt, sie soll nicht fliegen.

LAMOUR: Die Operation war vor neun Monaten.

DR. S: Nie mehr fliegen! Die Dinger sind einfach... instabil.

COOPER: Ja, das haben wir alle gesehen. Gut, kommen wir zurück zu wichtigeren Dingen.

MARIA: Wann wird Frühstück serviert? Ich dachte, auf diesem Flug gibt es auch eine Mahlzeit.

COOPER: Meinen Sie nicht, es gibt im Moment wichtigere Dinge?

JOSEF: Er meint die Leiche.

MARIA: Ach so, ja, die hatte ich völlig vergessen. Sie wollen doch nicht etwa andeuten…

JOSEF: Andeuten?

MARIA: Nun, ich weiß, dass man so etwas tut, wenn die Maschine abgestürzt ist, irgendwo in den Bergen oder in Schnee und Eis, wo es keine Nahrungsmittel gibt und keinen Zimmerservice. Um zu überleben.

JOSEF: Häh?

MARIA: Nun, dass man sie isst. Seine Mitreisenden. Die dann natürlich schon tot sind. Jedenfalls hoffe ich das. Sonst muss eben abgestimmt werden. Dann muss sich halt jemand opfern, damit die anderen überleben können. Für die ist es ja auch keine rege Freude, das glauben Sie mal nicht.

JOSEF: Ich versteh nich…

MARIA: Obwohl ich gehört habe, dass der Geschmack ganz interessant sein soll. Einer meiner Bekannten flog angeblich nur, weil er hoffte, dass die Maschine abstürzen würde und er dann legal Menschenfleisch essen könnte. Er war wohl bei einem Aufenthalt in Afrika auf den Geschmack gekommen, sagt man.

JOSEF: Bei was?

MARIA: Bei einem Stamm. In Afrika. Oder war es eine Reitermiliz? Auch möglich. Jedenfalls gab es da das Gerücht, er hätte Menschenfleisch gegessen. Und er wäre auf den Geschmack gekommen.

JOSEF: Und dann?

MARIA: Dann ist er ständig mit dem Flugzeug geflogen in der Hoffnung abzustürzen, aber das habe ich ja schon erzählt.

JOSEF: Ja, das haben Sie. Und was ist mit ihm?

MARIA: Oh, er ist irgendwann mit einem Flugzeug abgestürzt. Man sagt, seine Mitreisenden haben ihn gegessen. Aber das bedeutet nicht, dass ich auch nur ein Flugzeug besteige in der Hoffnung, meine Mitreisenden verspeisen zu dürfen. Außerdem möchte ich hinzufügen, dass ich die Verstorbene nicht gemocht habe und deshalb davon ausgehe, dass ich Sie auch als Mahlzeit nicht mögen werde. Wenn sie also der Snack auf diesem Flug sein soll, dann passe ich.

COOPER: Der Snack auf diesem Flug?

MARIA: Das Frühstück. Auf das ich warte. Für das ich bezahlt habe. Das war es doch, das Sie andeuten wollten. Dass ich nur auf diesem Flug bin, um einen Menschen zu verspeisen und dass diese Verstorbene dort das Frühstück ist… oder nicht?

COOPER: Nein, nicht mal andeutungsweise.

MARIA: Oh.

JOSEF: Ich glaube, er wollte sagen, dass die Leiche an Bord wohl wichtiger wäre als das Frühstück.

MARIA: Ach so. Ja, jetzt verstehe ich. Ein Missverständnis. Das passt ja mal wieder ins Bild.

JOSEF: In welches?

MARIA: Manche Leute denken eben niemals an andere. Da verlangt man nicht mehr als ein harmloses kleines Frühstück, aber nein, irgendjemand hält sich für so wichtig, dass er sich umbringen lässt und alle anderen müssen darunter leiden.

JOSEF: Genau.

MARIA: Das gehört sich aber auch nicht. Sich einfach auf einem Flug umbringen zu lassen. Dafür gibt es doch Hotels oder Bars oder alte Schlösser in England. Das verdirbt uns allen die Reise, aber denken diese Leute daran? Nein, die denken mal wieder nur an sich.

JOSEF: Die Opfer?

MARIA: Die auch. Und natürlich die anderen.

JOSEF: Die anderen Passagiere?

MARIA: Die anderen, diese… Mörder.

JOSEF: Ach die.

MARIA: Mörder sind ja sowas von egoistisch!

COOPER: Ja, das sind schlimme Leute. Haben Sie noch weitere Ideen?

MARIA: Nun, wenn sich der Mörder vielleicht einfach melden könnte, damit wir alle Bescheid wissen?! Wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch nicht gerne während des Fluges neben so jemandem sitzen. Wer weiß, vielleicht hat er sein Soll ja noch nicht erfüllt und dann will er mich auch noch umbringen...

COOPER: Verdenken könnte man es ihm nicht.

MARIA: Bitte?

COOPER: Nichts. Nun, das war ein Vorschlag zur Vorgehensweise. Möchte sich der Mörder bitte freiwillig melden, damit wir die Sache hinter uns haben?

COOPER: (sieht von einem zum anderen)

WALTHER: (scheint zu einer Erwiderung anzusetzen, überlegt es sich dann aber anders und schüttelt nur den Kopf)

DR. S: (starrt nur vor sich hin, als erwarte er, jeden Moment verklagt zu werden)

LAMOR (starrt Dr. SEBRETZKI an, als habe sie vor, ihn jeden Moment zu verklagen. Oder schlimmeres.)

MARIA: (sieht von einem zum anderen, ob sich denn wohl jemand melden würde)

JOSEF: (wirbelt mit einem Zahnstocher das Eis in seinem Whisky herum)

COOPER: Gut, da niemand spontan die Tat zugeben möchte, was machen wir?

JOSEF: Warum landen wir nicht einfach und lassen die Polizei die Sache klären?

COOPER: Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Aber wir haben einen Mörder an Bord. Und solange wir in der Luft sind, kann er nicht verschwinden. Was sich aber ganz schnell ändern kann, wenn wir erstmal gelandet sind. Und außerdem: Was, wenn er einen Pilotenschein hat? Was, wenn er uns nach und nach alle umbringt und die Maschine dann selber landet? Ich habe ehrlich gesagt keine Lust, von hinten erstochen zu werden, während ich mich im Landeanflug befinde. Und wer kann mir garantieren, dass nicht einer von Ihnen genau das vorhat?

WALTHER: Aber, und ich frage das nur ungern, weil ich weiß, dass die Zeit knapp wird und wir bestimmt auch nicht ewig in der Luft bleiben können, da sich die Tanks der Maschine bestimmt auch langsam leeren, was bleibt uns denn sonst noch in einer solchen unangenehmen und sicher auch gefährlichen Situation an Möglichkeiten, was wir noch tun können, um weiteres Unheil abzuwenden.

COOPER: Gute Frage, Herr Walther. Nun, ich habe den Autopiloten eingeschaltet. Wir erreichen unser Ziel frühestens in (sieht auf seine Uhr) 90 Minuten. Ich werde jeden von Ihnen einzeln befragen, und dann... werden wir den Mörder hoffentlich finden.

MARIA: Eine Frage hätte ich da noch. (alle sehen sie an) Was ist mit dem Frühstück?

BLACKOUT

Zweiter Akt

erste Szene

(Während der Verhöre befinden sich COOPER und die Person, die er verhört vor der Wand zum Cockpit. COOPER lehnt sich meist an die Wand, während die zu verhörende Person in der Sitzreihe davor Platz genommen hat. Der Rest der Passagiere befindet sich „am Heck“ der Maschine, also im hinteren Bereich.)

DR. S: (geht nervös auf und ab) Ich habe die Brüste dieser Frau nicht berührt!

MARIA: Ach, das sagen sie doch alle.

COOPER: Bitte?

MARIA: Niemals hat einer von denen die Brüste berührt. Jedenfalls nie absichtlich. 'Huch, ich bin gestolpert.' 'Tut mir leid, ich bin aus dem Gleichgewicht gekommen.' 'Sind das Ihre Brüste, ich dachte, das wäre der Nachtisch?' Ich habe schon jede dumme Ausrede gehört, die sich Männer so einfallen lassen.

COOPER: Es geht hier nicht um sexuelle Belästigung.

MARIA: Ach nein?

COOPER: Nein. (sieht DR. SEBRETZKI an) Oder vielleicht doch?

DR. S: Nein.

COOPER: Sehen Sie! Hier geht es nur um... schlechte Handarbeit.

MARIA: Wohl eher Kopfarbeit.

COOPER: Sagen wir Brustarbeit.

MARIA: Pff!

COOPER: Und außerdem komme ich zu Ihnen später.

MARIA: Ach ja? Wollen Sie sich ein gutes Zeugnis für Ihre Dienste auf diesem Flug abholen?

COOPER: Das wohl nicht gerade.

MARIA: Schön, dass Sie das auch so sehen. Bisher haben Sie mich nämlich wohl kaum überzeugt.

COOPER: Und an der Leiche bin ich vielleicht auch noch schuld, was?

MARIA: Vielleicht? Liegt vielleicht an Ihren Flugkünsten. Vielleicht wollte sie sich nur ein Brötchen schmieren und dann sind Sie in ein Luftloch geflogen und sie hat sich selbst erstochen?!

COOPER: Und wo wäre dann das Brötchen?

MARIA: Das haben Sie gegessen um die Beweise verschwinden zu lassen.

COOPER: Sie meinen, ich habe einen Unfall gegen einen Mord ausgetauscht?

MARIA: Ich habe nie gesagt, dass Sie logisch gehandelt haben.

COOPER: Müsste es dann nicht noch mehr geben?

MARIA: Noch mehr Tote?

COOPER: Noch mehr Besteck. Einen Teller? Butter? Marmelade?

MARIA: Das wäre sehr nett.

COOPER: Bitte?

MARIA: Und dazu etwas Kaffee bitte.

COOPER: Ich nehme hier nicht Ihre Bestellung auf, ich frage mich, wo diese Dinge in Ihrer Theorie betreffend des Ablebens der Toten wären.

MARIA: Ach, das ist wieder so typisch. Ihr Männer denkt doch immer nur an das Eine!

COOPER: Sie meinen eine Leiche im Flugzeug?

MARIA: Ja, aber mich und meine Bedürfnisse ignorieren. Typisch. Deshalb ziehe ich auch die Gesellschaft von Hunden vor.

COOPER: Und ich nehme an, die hören Ihnen auch immer brav zu.

MARIA: Natürlich tun sie das. Worauf wollen Sie hinaus? Dass ich nichts zu sagen habe, dem sich zuzuhören lohnen würde?

COOPER: Das wäre die höfliche Formulierung.

MARIA: Dann will ich die unhöfliche gar nicht hören.

COOPER: Können wir uns also darauf einigen, dass der Toten für Ihre Theorie die nötigen Utensilien wie das restliche Besteck fehlen?

MARIA: Bitte sehr, meinetwegen. Das wäre aber auch nicht fair gewesen.

COOPER: Was?

MARIA: Na, dass sie Frühstück bekommt und wir nicht.

COOPER: (seufzt) Darf ich mich jetzt wieder diesem Fall zuwenden?

MARIA: Wenn Ihnen das wichtiger ist als meine Zufriedenheit.

COOPER: Das ist es. (wendet sich wieder DR. SEBRETZKI zu) Wo waren wir?

DR. S: Ich habe die Brüste dieser Frau nicht berührt!

COOPER: Den Satz sollten Sie sich merken. Fürs Gericht!

DR. S: Gericht?

COOPER: Ja. Sie sollten verdammt froh sein, dass wir nicht mit Überschall fliegen. Möglicherweise hätte sie uns dann alle umgebracht. (deutet auf LAMOUR) Durch Ihre Arbeit! Was Sie zu einem Mitschuldigen machen würde!

(hat eine Idee – zum Publikum) Moment. Das wäre doch die neue Methode für Terroristen...

ÜBERBLENDE

zweite Szene

(Das Licht verändert sich wie in Erster Akt, dritte Szene. Traumstimmung, d.h. man merkt, dass sich die Szene nur in seinem Kopf abspielt. Aus der Kabine treten nun WALTER WALTHER (WW), STEFFI LAMOUR (SL) und JOSEF KRIST (JK), die aber nicht „sich selbst“ spielen, sondern hier die Rollen von Terrorismus-Vorstandsmitgliedern übernehmen)

JK: Liebe Vorstandsmitglieder, wir sind heute hier zusammengekommen, um über den Terrorismus in der Welt zu sprechen. Es ist erschreckend.

SL: Der Terrorismus ist erschreckend? Dann hatten unsere Marketingstrategen also Recht. Terrorismus erschreckt die Menschen. Nur gut, dass wir damit nicht an die Börse gegangen sind.

WW: Die Börse erschreckt die Menschen auch.

SL: Aber hat sie genau so viele Menschen getötet wie der Terrorismus?

WW: In den Ruin getrieben vielleicht…

SL: Aber nicht getötet. Damit liegt der Terrorismus in seinem Kompetenzbereich noch immer an erster Stelle.

WW: An zweiter Stelle.

SL: Wieso, was liegt denn an erster?

WW: Krieg.

SL: Ach Krieg, den vergess ich immer. Sind wir damit schon an die Börse gegangen?

JK: Ich glaube, das ist heute nicht unser Thema. Herr Kollege, Sie wollten uns über die Probleme mit dem Terrorismus unterrichten.

WW: Das ist richtig. Wir haben ein Problem. Terrorismus stößt weltweit auf wenig Akzeptanz.

SL: Außer... in gewissen Kreisen.

WW: Und selbst da gibt es keine guten Neuigkeiten.

SL: Was ist mit den Hasspredigern? Die leisten doch sehr gute Arbeit.

WW: Das reicht leider noch nicht. Wir steuern auf eine weltweite Krise zu.

JK: Inwiefern?

WW: Die Zahlen im Bereich Terrorismus sind rückläufig.

JK: Aber... das kann doch nicht sein! Wir bekommen doch immer wieder Zulauf…

WW: ...den wir direkt wieder verlieren. Selbstmordattentate, gut für die Unmoral, schlecht für den Nachwuchs.

JK: Meine Güte, in dieser Branche ist es mit dem Wegsterben der Kundschaft ja noch schlimmer als in der Tabakindustrie.

SL: Lässt sich nichts dagegen machen?

JK: Ich fürchte nein. Das Selbstmordattentat hat sich inzwischen als Standard in vielen Bereichen durchgesetzt. Es ist zu einer Art Markenzeichen geworden…

SL: …und ein gutes Markenzeichen verändert man nicht.

WW: Ja, doch das ist nur eins unserer Probleme. Was noch schlimmer ist, die Attentate werden immer einfallsloser. Auch dadurch lässt sich die mangelnde Begeisterung der Bevölkerung für Terroristische Aktionen erklären.

SL: Das stimmt leider. Von Autobomben haben die Leute die Nase inzwischen gestrichen voll.

JK: Wie unangenehm. Haben wir irgendwelche neuen Ideen in diesem Bereich? Irgendwas, das den Terrorismus wieder ankurbeln könnte?

WW: Ja, die haben wir. Und zwar: Explodierende Brustimplantate.

SL: Bitte?

WW: Stellen Sie es sich vor: Sie sind unauffällig, sehen gut aus und werden trotzdem nicht entdeckt. Und dann, wenn die Maschine in der Luft ist: Bumm!

JK: Ja, ich verstehe, was Sie meinen. Vielversprechend.

WW: Aber nicht nur in Flugzeugen. Das gesamte Konzept hat ungeahntes Potential. Warum denn nicht die Ungläubigen da treffen, wo es ihnen besonders weh tut.

SL: In der Kirche?

WW: In Stripclubs!

JK: Stripclubs?

WW: Ganz genau. Gibt es denn einen Ort, der noch mehr besudelt ist, der noch mehr für die Unreinheit und Dekadenz der Feinde steht? Hier kann man sie kalt erwischen. Oder vielmehr: heiß! Als heiße Stripperin getarnt macht die Attentäterin ihre Opfer scharf und dann – sprengt sie die Show.

JK: Und alle anderen mit ihr. Genial!

WW: Der Nachteil ist natürlich, dass man für diese Art Anschläge Frauen braucht, denn eine Horde bärtiger Männer mit Brustimplantaten würde hier einfach nicht funktionieren, so sehr sie auch an ihre Sache glauben.

SL: Frauen? Das ist schlecht. Wenn wir jetzt auch noch Frauenarbeit in den Terrorismus einbringen, dann bekommen wir direkt Ärger mit den Frauenrechtlerinnen.

WW: Die sind doch immer für Gleichberechtigung. Warum nicht auch im Terrorismus?

JK: Genau. Wenn Männer so dumm sind, sich selbst in die Luft zu jagen, warum sollten Frauen nicht das Recht haben, genau so dumm zu sein?

SL: Haben Sie sich mal das Schönheitsideal angesehen, das in Zeitschriften propagiert wird? Da steht explodiert ganz weit unten auf der Liste.

JK: Und wenn wir es denen als eine Art Diät verkaufen? Abnehmen... auf einen Schlag?

WW: Schöne Idee, aber das ist ja leider nur die Spitze des Eisbergs. Fangen wir mit Frauenarbeit an, dann wird man als nächstes die billige Kinderarbeit in den Terrorismus einführen...

SL: Statt für den Westen Klamotten nähen sich für den nahen Osten in die Luft jagen.

WW: Ganz genau, das gibt nur böses Blut...

JK: Was der Sache ja gut tut.

WW: Aber nicht in dem Zusammenhang. Fehlt nur noch, dass sich irgendwelche Umweltschützer aufregen, weil all die Bomben den CO2-Gehalt erhöhen...

SL: ...oder Tierschützer, falls auch mal unschuldige Tiere bei einem Anschlag ums Leben kommen...

JK: ...und dann werden sich die Terroristen irgendwann in Gewerkschaften zusammenschließen und das ist doch das Ende des Abendlandes.

WW: Also genau das, was sie erreichen wollen!

BLACKOUT

dritte Szene

(Das Licht verändert sich wieder, die Kabine wird beleuchtet wie zuvor.)

COOPER: Also?

DR. S: Mein Interesse an der Toten war rein beruflich.

COOPER: Was soviel heißt wie: Sie wollten sie operieren, aber Sie wollten sie nicht töten?

DR. S: Nur, wenn es ein Kunstfehler wäre. Nein, ich meine, ich wollte sagen... ich wollte sie nicht töten. Sie alle nicht. Ich wollte sie nur... verbessern!

COOPER: Wie das?

DR. S: Meine Güte, sehen Sie sich die Frau doch mal an. Wenn es eine Frau wirklich nötig gehabt hat, operiert zu werden, dann sie. In Würde altern, das ist doch Blödsinn. In was für einer Zeit leben wir denn? Niemand altert mehr mit Würde. Jeder lässt sich verschönern. Da kann so eine Frau doch nicht einfach daherkommen und meinen Beruf lächerlich machen.

COOPER: Sie hat sich also über Sie lustig gemacht?

DR. S: Ja. Belastet mich das?

COOPER: Nur im Zusammenhang mit dem, was Sie davor gesagt haben.

DR. S: Heißt das, ja?

COOPER: Das heißt sogar 'ja mit Sternchen'! Kannten Sie sie persönlich?

DR. S: Wir sind uns nie persönlich begegnet. Nur per... Bildschirm. In einer Talkshow.

COOPER: Worum ging es in dieser Talkshow?

DR. S: Ist Schönheit käuflich?

COOPER: Und, ist sie das?

DR. S: Natürlich ist sie das. Ich habe jeder der Frauen in der Show gezeigt, was sich an ihr verbessern lassen würde. Sie wissen, das Gesicht straffen, die Brüste vergrößern, das Fett absaugen, die Augenbrauen zupfen... gut, bei manchen hätte man den Kopf komplett überarbeiten müssen, aber so kann sich die Frau immer in dem Gedanken sonnen, dass sie ein entstehendes Kunstwerk ist.

COOPER: Ja, das stimmt, Frauen mit vielen Operationen sehen sehr... künstlich aus!

DR. S: Künstlerisch!

COOPER: Nein, künstlich! Wie kam die Tote ins Spiel?

DR. S: Sie wurde zugeschaltet. Per Videoübertragung. Von irgendsoeinem Pudelkongress oder sowas. Sie hat gesagt, sie würde die Arbeit von uns Schönheitsheinis verabscheuen und mich im Besonderen.

COOPER: Sie hat Sie also persönlich angegriffen?!

DR. S: Ja, das hat sie.

COOPER: Unprovoziert? Oder hatten Sie vielleicht kurz zuvor gesagt, dass sie Operationen dringend nötig habe?

DR. S: Sie haben die Show gesehen?

COOPER: Ja, das habe ich. Hatte ihre Antwort irgendwelche Konsequenzen?

DR. S: Die Hälfte der anwesenden Frauen, die bereits eingewilligt hatten, sich verbessern zu lassen, hat eine Behandlung bei mir anschließend abgelehnt.

COOPER: Und die andere Hälfte?

DR. S: Die ist noch immer in Behandlung. Langwierige Fälle. Viel Nachbearbeitung.

COOPER: Heißt das, die Aussage der Ermordeten in dieser besagten Talkshow hat Ihnen Nachteile gebracht.

DR. S: Oh ja, das kann man sagen.

COOPER: Was Sie eher verdächtiger als unverdächtiger macht.

DR. S: Oh!

COOPER: Aber so muss es nicht enden.

DR. S: Muss es nicht?

COOPER: Nein.

DR. S: Das beruhigt mich sehr.

COOPER: Sie könnten immer noch ein Geständnis ablegen.

DR. S: Das beruhigt mich weniger.

COOPER: Es würde uns allen helfen.

DR. S: Mir auch?

COOPER: Nein, Ihnen nicht.

DR. S: Dann verzichte ich vielleicht lieber.

COOPER: Das ist sehr schade.

DR. S: Aber das lernt man in meiner Branche. Niemals etwas zugeben, niemals etwas gestehen. Wissen Sie, wir alle machen Fehler, aber niemand will sie zugeben. Und wissen Sie, was die Leute von jemandem halten, der seine Fehler zugibt?

COOPER: Dass er ein ehrlicher Mensch ist?

DR. S: Dass er ein schlechter Arzt ist. Sie verstehen also, ich kann es mir nicht leisten, ehrlich zu sein. Zu viel hängt davon ab. Man könnte mir meine Lizenz entziehen. Ich könnte meine Kunden verlieren. Man könnte… man würde mich verklagen.

COOPER: Und man würde gewinnen.

DR. S: Mit Sicherheit! Sie verstehen also, selbst wenn ich diesen Mord begangen hätte, könnte ich ihn nicht zugeben, aus rein beruflichen Gründen.

COOPER: Weil man Sie ins Gefängnis stecken würde.

DR. S: Weil es schlecht fürs Geschäft wäre. Glauben Sie mir, ob Sie jemanden auf dem Operationstisch umgebracht haben, macht für meine Kundschaft keinen Unterschied, solange sie nach meiner Behandlung gut aussieht. Aber sobald ich gestehe, dass ich jemanden umgebracht habe, wird niemand mehr…

COOPER: …kommen?

DR. S: …bezahlen!

COOPER: Ich verstehe. Okay, ich denke das war es erstmal.

DR. S: Gut. Als Schönheitschirurg hat man es nicht leicht, wissen Sie? (geht geknickt zu den anderen Passagieren)

COOPER: (zum Publikum) Kein schlechtes Motiv, oder? Und was für ein Zufall, dass sie ausgerechnet auf diesem Flug aufeinander treffen. Ich finde, Dr. Alf Sebretzki ist ein hervorragender Verdächtiger. Aber wir haben ja die anderen Geschichten noch nicht gehört!

BLACKOUT

vierte Szene

(Im Heck der Maschine. JOSEF KRIST macht sich über die Bar her. STEFFI LAMOUR kommt dazu und sieht nicht glücklich aus.)

JOSEF: Was zu trinken?

LAMOUR: Sollte ich? In meinem Zustand?

JOSEF: Ja, vielleicht lieber nicht. (trinkt selbst) Ihr „Zustand“… war er das? (deutet auf DR. S)

LAMOUR: (nickt)

JOSEF: Was n Dreckskerl. So was gehört aufgeknüpft.

LAMOUR: Finden Sie?

JOSEF: Na klar. Tut nem armen Mädchen so was an.

LAMOUR: Er hat das in mich reingetan.

JOSEF: Weiß ich, Liebes.

LAMOUR: Und jetzt will er mir nicht helfen.

JOSEF: Der Drecksack! (kippt den Drink runter)

LAMOUR: Er hat mich einfach allein gelassen damit… (schluchzt) und will nichts unternehmen.

JOSEF: Was n Schwein! Wo ich herkomme hat man für so was gerade zu stehen.

LAMOUR: Das wär doch nur gerecht, oder?

JOSEF: Aber klar. Sie einfach zu schwängern und Sie dann sitzen zu lassen…

LAMOUR: Ja. Was?

JOSEF: Na, das hat der Dreckskerl doch gemacht. Hat sie geschwängert…

LAMOUR: Hat er?

JOSEF: Ja. Hat er nich?

LAMOUR: Hat er! Sie haben es doch eben gesagt!

JOSEF: Ja. Was?

LAMOUR: Sie haben es doch gesagt, was er getan hat.

JOSEF: Ich? Nein, Moment, Sie haben gesagt, dass Sie schwanger sind…

LAMOUR: Meine Güte, ich bin schwanger? Aber… Jetzt wird mir erst bewusst, was Sie mir da gerade klar machen. Meine Güte, schwanger! Davon wusste ich ja gar nichts. Und er hat mich geschwängert? Ohne, dass ich es gewusst habe? Dieses miese…

JOSEF: Moment, Moment, Moment! (hebt beschwichtigend die Hände)

LAMOUR: (beruhigt sich)

JOSEF: (sieht sie an, überlegt es sich, nimmt einen Schluck, sieht sie an) Das sind schwere Anschuldigungen…

LAMOUR: Das sind sie!

JOSEF: …und ich glaube nich, dass Sie sie meinen.

LAMOUR: Glauben Sie nicht?

JOSEF: Nein.

LAMOUR: Mein ich nicht?

JOSEF: Nein.

LAMOUR: Aber Sie sagten doch, er hätte mich geschwängert.

JOSEF: Missverständnis.

LAMOUR: Es war nur ein Missverständnis, dass er mich geschwängert hat?

JOSEF: Es war n Missverständnis, dass ich das verstanden hab.

LAMOUR: Aber Sie haben mir doch die Augen darüber geöffnet, mit was für einem Verbrecher wir es hier zu tun haben. Ein Doktor, der hinter ihrem Rücken und ohne ihr Wissen eine arme Patientin ausnutzt und schwängert… das ist Vergewaltigung!

JOSEF: Nein, das ist nur n Missverständnis. Ich dachte, Sie wären schwanger, weil ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie wären schwanger!

LAMOUR: Wann soll ich das denn gesagt haben?

JOSEF: Vorhin, als ich gefragt habe, ob Sie was trinken wollen.

LAMOUR: Nicht in meinem Zustand.

JOSEF: Eben! Für gewöhnlich bedeutet der Satz, dass jemand schwanger is.

LAMOUR: Oh, wirklich?

JOSEF: Ja. Deshalb dacht ich, Sie wären es. Mein Fehler.

LAMOUR: Das bedeutet… ich bin gar nicht schwanger?

JOSEF: Wahrscheinlich nich. Es sei denn, Sie hatten ungeschützten Geschlechtsverkehr.

LAMOUR: Oh. Tja, dann vielleicht doch.

JOSEF: Aber das dürfte ihn dann wahrscheinlich ausschließen.

LAMOUR: Ja, das tut es.

JOSEF: Na also, war doch gar nicht so schwierig. Was hat er Ihnen denn dann angetan?

LAMOUR: Das hier. (deutet auf ihre Brüste)

JOSEF: Moderne Kunst?

LAMOUR: Das sind meine inneren Werte... meine Schauwerte.

JOSEF: Und die waren so nich gedacht?

LAMOUR: Nein, das waren sie nicht. Sie sollten meine innere Schönheit zeigen… und meine Intelligenz.

JOSEF: Aha. Naja, vielleicht isses so treffender?! (sieht sie an) Wissen Sie, bis vor kurzem hätt ich Sie glatt geheiratet.

LAMOUR: Ach? Aber jetzt bin ich Ihnen nicht mehr attraktiv genug? (deutet auf ihre Brüste)

JOSEF: Nee, aber ich kann’s mir nicht mehr leisten. Wegen der Alimente. Hab schon genug Exfrauen angehäuft. Wär lieber Witwer, spart einem die Zahlungen.

LAMOUR: (strahlt) Sie könnten mein Witwer werden!

JOSEF: Du weißt nich, was n Witwer ist, oder, Kindchen?

LAMOUR: Nein. (schüttelt den Kopf)

JOSEF: Mach dir nichts draus, manche haben’s im Kopf und andere in der… (sieht ihre Brüste, trinkt) Ach, wär ich doch Witwer. Das wär n Leben. Und dann ständ uns beiden nix im Weg.

LAMOUR: (klopft ihm aufmunternd auf den Arm) Man darf nie aufhören zu hoffen. (ihr Blick fällt auf ihre Brüste) Es sei denn, es gibt keine Hoffnung mehr. (sie schnieft und läuft zu ihrem Platz)

JOSEF: (seufzt und trinkt)

fünfte Szene

(Vorderteil des Flugzeugs. WALTHER erhebt sich von seinem Platz und geht zu COOPER.)

WALTHER: Ich weiß, dies ist eine schwierige Situation, für jeden von uns, auch ganz besonders für Sie als Piloten und damit Verantwortlichen an Bord dieser Maschine und gerade das bringt mich dazu, Ihnen an dieser Stelle eine Frage zu stellen, die für Sie, aber möglicherweise auch für die anderen Passagiere hier von großer Bedeutung sein könnte, obwohl ich zugeben muss, dass sie eine persönliche Note hat und in gewisser Weise auch mich betrifft...

COOPER: In Ordnung, Herr Walther, Sie können als nächster drankommen.

WALTHER: Als nächster? Aber wer ist denn vor mir und vor allen Dingen warum, das heißt, gibt es überhaupt jemanden, der vor mir, der also gerade jetzt, der in diesem Moment, also jemand anderen, der genau zu diesem Zeitpunkt...

COOPER: Wenn ich sage, ich verhöre Sie als nächsten, meinte ich natürlich jetzt.

WALTHER: Verhören? Aber ich habe lediglich fragen wollen, ob ich die Toilette benutzen darf!

COOPER: Oh. Ja, äh, natürlich. Das, das dürfen Sie natürlich.

WALTHER: Danke. (geht auf das Heck der Maschine zu)

COOPER: Aber nicht durchs Fenster abhauen!

JOSEF: Es gibt ein Fenster?

COOPER: War nur Spaß. Das ist wohl einer der Vorteile, wenn ein Mord an Bord eines Flugzeugs passiert: Niemand kann einfach abhauen.

JOSEF: Und was sind die anderen Vorteile?

COOPER: Die, äh, gibt es nicht!

JOSEF: Was is, wenn er nen Fallschirm dabei hat?

COOPER: Wenn er die Tür öffnet, würde die Kabine dekomprimieren…

JOSEF: Was?

COOPER: Die Luft geht raus, die Maschine würde abstürzen und alle an Bord würden sterben.

JOSEF: Is doch n großartiger Plan, um Zeugen loszuwerden.

COOPER: Aber warum hätte er dann erst eine Person so umbringen sollen? Wenn er eh vorhatte, alle zu töten, dann hätte er auch direkt aus dem Flugzeug springen können. Nein, wenn man mal genau darüber nachdenkt, scheint da im Moment keine große Gefahr zu bestehen.

JOSEF: Da wär ich mir nich so sicher.

COOPER: Wie meinen Sie das?

JOSEF: Na da hinten sind wichtige Dinge. Was is, wenn er sich daran zu schaffen macht?

COOPER: Sie meinen, er könnte eine Bombe ins Gepäck geschmuggelt haben?

JOSEF: Nee. Aber er könnte sich über die Bar hermachen.

COOPER: Das wäre in der Tat ein Problem!

JOSEF: Hey, so ne Leber zerstört sich nich von allein. (hält ihm sein Glas entgegen) Sie wären wohl nich so freundlich, oder?

COOPER: Wär ich nicht.