NICHT MASSENTAUGLICH - Martin Cordemann - E-Book

NICHT MASSENTAUGLICH E-Book

Martin Cordemann

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Beschreibung

Packungsbeilage: Geschichten, Sketche, gereimtes und Ungereimtheiten, mal scharfzüngig, mal bissig, mal ehrlich, mal nicht. Kabarettstückchen und Kabinettsstückchen. Wenn man die Konstitution dafür hat, nur in kleinen Dosen einnehmen. Warnhinweis: Nichts für ein großes Publikum, nichts für den Mainstream!

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Seitenzahl: 215

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Martin Cordemann

NICHT MASSENTAUGLICH

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Ganz ehrlich…

Zapping duster

Bank über Fall

Die 1000 Facebookfreunde des Dr. Mabuse

Im Regen eines lauen Wintermonats

Als der Frühling kam

Der Teufel und Herr Gott

Sport und Totschlag

Klingel des Todes

Mein Name tut nichts zur Sache

Reiseführer durch Bressinien

Job mit Zukunft

Der Banküberfall, Teil 1

Eine Geschichte ohne…

Von Kant zu Kant

Der Banküberfall, Teil 2

Was vom Texte übrig blieb

Ein Krimi für Raucher und Kranke

Der Mörder ist immer der Gärtner

Schneeflocken auf einer lila Kuh

Das können wir Ihnen versichern

Das kleine Mädchen und der Tod

Ein Vampir auf Hartz IV

Gute Vorstellung

Frühlingsgefüge

Die Nacht nach dem Tag danach

Gottes Schöpfung

Gottes kleiner Bruder

Jesus kehrt zurück

Der Papst beim Arbeitsamt

Ticket in die Unterwelt

Herr Graf

Für Guido Knopp

Der Apotheken-Sketch

Schlämm Poetry

Ein Plädoyer für die Literatur…

U-Bahn Geschichten

In der DVD-Abteilung für Krankheiten

Einen Gast zum Essen einladen

Über arbeitet

Hamlet - Part 2: The Revenge

Das Buch des Telefons

Inspektor Fish und der Graf

Inspektor Graf

Chefinspektor Graf

Herr Graf gesteht

Zerbrechliche Ermittlungen

Der Ausbruch – Eine Analogie auf Guantanamo

Die Aushälterin

Modernes Museum

Ein herrlicher Tag in der Zukunft

Ein Interview mit Gott

Germany’s Next Mars Module

Entschuldigen Sie, ist das Ihr Implantat?

Therapiegruppen sind Horror

Eine traurige Geschichte

Wenn Zeugen aussagen

Überraschende Enden

Impressum neobooks

Ganz ehrlich…

Sie sollten das nicht lesen! Wirklich nicht! Lassen Sie die Finger davon, gehen Sie jetzt weiter, solange Sie’s noch können! Denn, ganz ehrlich, ich will hier kein Gemecker hören. Oder Rumgenöle. „Da sind zu viele Schreibfehler drin.“ Ja ja ja! (Ja, ja, ja!) Da sind Schreibfehler drin, sicher, geb ich zu. Weil ich hier alles alleine mache. Und doch ist es kein so großes Desaster wie der Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 oder „Star Trek Into Darkness“, alles Projekte, an denen so viele Leute beteiligt waren, dass man sich fragen sollte, wie eine so unglaubliche SCHEISSE dabei herauskommen kann, also warum hängen Sie sich ausgerechnet an mir auf, der wenigstens zu seinen Fehlern steht?

Und, mal ganz ehrlich, warum sagt mir mein Rechtschreibprogramm, dass es kennen lernen heißt, während man nahezu überall kennenlernen liest? Also, wenn es Ihnen um Rechtschreibung geht, dann kaufen Sie sich doch nen verdammten Duden, da sollten Sie dann eigentlich auf Ihre Kosten kommen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass der von Leuten gemacht wird, die mit der deutschen Sprache nur sporadisch zu tun haben. Ach, wäre es nicht schön, wenn so was von Leuten gemacht würde, die diese Sprache auch ständig anwenden, mit ihr arbeiten, mit ihr spielen und sie deshalb vom umfangreichen Gebrauch kennen und nicht nur aus… Büchern!

Lieber Duden, der du bist im Himmel und ständig willkürlich irgendwelche Dinge änderst, wie zum Beispiel, dass daß jetzt dass ist, obwohl das wahrscheinlich auch nichts daran ändert, daß es die meisten Leute falsch benutzen und, äh… genau, dass die „…“ jetzt nicht mehr direkt am Wortende stehen, so wie früher, sondern … ach ja, getrennt sein müssen, obwohl Kommas, wie man sieht, auch direkt ans Wort anschließen, ebenso wie Punkte, Frage- und Ausrufezeichen, die Enden von Sätzen eben… also eine völlig sinnlose und idiotische Entscheidung, die ich nicht mitmache, lieber Duden, der du nie verstanden hast, dass naja eigentlich EIN Wort ist und dass es überhaupt keinen Sinn ergibt, dass es zwei sein sollten, aber, na ja, du hast eben keine Ahnung von Sprache und arbeitest genauso willkürlich wie diese Leute, die sich anmaßen, ständig ein „Wort des Jahres“ zu bestimmen, wobei sie mit steter Beharrlichkeit Wörter in den Markt pressen, die vorher keine Sau benutzt hat, an denen sie aber wahrscheinlich die Verwertungsrechte haben und dran verdienen, wenn sie benutzt werden, was nicht zwingend dem Sinn oder Begriff eines „Wort des Jahres“ entspricht, aber da du, oh mein Duden, genauso bist in deiner Weisheit und Farblosigkeit, werde ich dich auch in diesem Werk mit dem gebührenden Respekt behandeln – nämlich mit gar keinem!

Also, für alle, die noch da sind: Wenn Sie Spaß am Mainstream haben und NUR am Mainstream, dann haben Sie mit diesem Buch keinen, versprochen! Das hier sind genau die Art Texte, die Verlage und Literaturagenturen ablehnen, weil sie für große Publikumsverlage nicht geeignet sind. Gehören Sie also zum großen Publikum, suchen Sie lieber das Weite! Denn hier gibt es keine sexy romantischen Vampire, die, statt auf grausame Weise Leute umzubringen, lieber hübsch im Dunkeln leuchten und total nicht auf Sex vor der Ehe stehen, hier gibt es keine von anderen Werken zusammengeklauten Zauberlehrlingsgeschichten, hier gibt es keine von fachunkundigen, prüden Tussen zusammengeschmierten SM-Phantasien und letztendlich gibt es hier keine Teenager, die in einer distopischen Zukunftswelt auf die unrealistischsten Arten um ihr blödes, wertloses Leben kämpfen müssen.

Für diejenigen von Ihnen, die all das mögen, gilt: Dann wird Ihnen dieses Buch nicht gefallen!

Und für die anderen… möglicherweise auch!

Also, Weiterlesen auf eigene Gefahr!

Der Autor,

Köln 2015,

17 Uhr 32

Zapping duster

Dies sind die Nachrichten…

…und unser Angebot des Tages ist…

…ein Anschlag, bei dem 8 Menschen verletzt wurden…

…also mitmachen und gewinnen…

…denn dank dieser neuen Windel ist…

…die B22 teilweise voll gesperrt…

…48.95 ist der Preis und…

…morgen nehmen die…

…Terroristen…

…ihre Tarifverhandlungen wieder auf…

…Jetzt anrufen…

…denn nur C4 Plastiksprengstoff erreicht…

…eine glatte Rasur…

…auf die man sich verlassen kann, weil…

…in den frühen Morgenstunden…

…wenn der Kaffee duftet…

…ein Selbstmordattentäter…

…mit 50% weniger Kalorien…

…bei einer Massenkundgebung…

…ohne Zucker…

…eine Bombenstimmung auslöste…

…mit einem Song des berühmten Sängers…

…Osama bin Laden…

…vor einem begeisterten Publikum, bei dem tausende…

…starben. Wir unterbrechen unser Programm für eine wichtige…

…Werbung!…

…Ich als Zahnarztfrau …

…sprenge mich in die Luft…

…vor Freude, dass Sie …

…alle heute hier versammelt sind…

…mit so einer Latte…

…dass es zu Auseinandersetzungen kam…

…bis der Vertreter der UN klarstellte, es wäre…

…Kaffee Latte, mitte viele Milche unde…

…einem eigenen Atomprogramm!…

…Experten vermuten…

…das war ein Attentat…

…für die ganze Familie!…

…Die Entführer verlangen…

…KEKSE!…

…war der Vorwurf der SPD!…

…Bei der Frühjahrsmode in Paris…

…haben Sie jetzt die einmalige Gelegenheit…

…ältere Modelle nachzurüsten…

…liebe Zuschauer, wir präsentieren Ihnen…

…die dümmsten…

…Attentäter…

…der Welt…

…das Beste für Ihre Katze…

…ist eine Steuerreform…

…mit zartem Schmelz und feiner Füllung…

…mit dem neuen Vier-Klingen-System…

…das viele verurteilte Verbrecher bereits den Kopf gekostet hat…

…da geht was ab…

…alles muss raus…

…die Hinrichtung…

…ein Gedicht…

…aber wie krieg ich die Flecken aus dem Teppich…

…nach einem Anschlag auf den…

…guten Geschmack…

…Deutschland hofft jetzt auf…

…noch mehr Tote…

…da sind die Erwartungen hoch…

…die Vorhersagen für morgen…

…niedrige Preise…

…hohe Verluste…

…ein Fest für die Sinne…

…eine unglaubliche Katastrophe…

…und es war…

…einfach spitze…

…sie zu identifizieren, denn…

…die Leiche hatte…

…blendend weiße Zähne…

…und wedelte freudig mit dem Schwanz…

…was der chinesische Außenminister in seiner Ansprache…

…vor dem Big Brother Haus…

…so richtig lecker…

…fand die Hinrichtung doch noch statt…

…Beim Staatsempfang gab es…

…lecker Schnittchen…

…viele Stars und Sternchen…

…viele Tote und Verwundete…

…ein tolles Buffet…

…ein grauenvoller Anblick…

…die Promis…

…die Leichen…

…ein Feuerwerk…

…eine Bombenexplosion…

…Rufe der Begeisterung…

…Schreie des Entsetzens…

…ein toller Abschluss…

…ein furchtbarer Anfang…

…das ist nicht mehr zu toppen…

…wie soll es jetzt weitergehen…

…wir informieren Sie über die…

…Risiken und Nebenwirkungen…

…gleich im Anschluss!

Bank über Fall

KUNDE: Guten Tag, ich benötige einen Damenstrumpf. Als Maske, für einen Banküberfall.

VERKÄUFER: Ah. Da kann ich Ihnen diese Marke hier empfehlen. Die ist sehr reißfest. Probieren Sie den mal an. (reicht ihm einen)

KUNDE: (tut es) Hmm, der engt etwas ein…

VERKÄUFER: Vielleicht eine Nummer größer. Wie ist es mit diesem?

KUNDE: Oh, sehr gut. Ja, wie angegossen. (imitiert) „Hände hoch, das ist ein Banküberfall.“ Wie wirkt das?

VERKÄUFER: Als wäre er dafür gemacht worden.

KUNDE: Super. Aber, passt der auch zu meinem Anzug?

VERKÄUFER: Nein, leider nicht.

KUNDE: Das ist schade. Wissen Sie, ich wollte bei meinem ersten Banküberfall einen guten Eindruck hinterlassen.

VERKÄUFER: Das kann ich sehr gut verstehen. Sie sind neu in der Branche, da will man Fehler vermeiden…

KUNDE: Ganz genau. Ein schöner Anzug, die passende Maske, eine große Kanone…

VERKÄUFER: Ganz ehrlich?

KUNDE: Ja?

VERKÄUFER: Strümpfe und Anzüge passen einfach nicht zusammen. Das vermittelt kein schönes Gesamtbild, wenn Sie verstehen, was ich meine? Sie werden immer einen… unangenehmen Eindruck hinterlassen.

KUNDE: Oh, das ist schlecht, das wollte ich eigentlich vermeiden.

VERKÄUFER: Da muss ich Ihnen von einem Damenstrumpf leider abraten. Aber lassen Sie Ihren Kopf nicht hängen, ich zeige Ihnen, was der Bankräuber von Welt heut trägt. Wie wäre es hiermit?

KUNDE: Was ist das?

VERKÄUFER: Eine Skimaske.

KUNDE: Ich fahre nicht…

VERKÄUFER: Nein, nein, niemand trägt die beim Skifahren. Ist nur für Verbrecher. Oh, äh, darf man das sagen, Verbrecher?

KUNDE: Bankräuber. Eigentlich Geldinstitutausnehmer…

VERKÄUFER: Nun, probieren Sie doch die Maske mal auf.

KUNDE: Sehr bequem.

VERKÄUFER: Steht Ihnen ausgezeichnet. Und bringt Ihre Augen besser zur Geltung.

KUNDE: Finden Sie? Ich wollte dazu eigentlich eine verspiegelte Sonnenbrille tragen…

VERKÄUFER: Aber auf gar keinen Fall! Dieser Anzug, diese Maske und man wird sich immer an Sie erinnern.

KUNDE: Oh, super. Genau das richtige. Ich werde eingehen in die Geschichte des Banküberfalls als Der Große Unbekannte. Und niemand wird je meinen Namen erfahren. Oh, äh, ich hab gar kein Geld dabei… kann ich mit Karte zahlen?

Die 1000 Facebookfreunde des Dr. Mabuse

Der erste Fehler, den Dr. Mabuse machte, war, seine Verbrechen bei Facebook zu posten.

Bin gerade auf dem Weg, den Leiter der Irrenanstalt umzubringen, schrieb er, wünscht mir Erfolg!

Vielen Leuten gefiel das, der Polizei weniger. Sie verfolgte seine Taten online und verhaftete ihn offline. Sein Beziehungsstatus wechselte schnell von *ledig* zu *verhaftet* zu *vor Gericht* zu *lebenslänglich*.

„Es gibt einen Verräter in meiner Organisation“, hatte er während der Gerichtsverhandlung geschrieen.

„Es gibt eine Organisation?“ hatte der Staatsanwalt überrascht gefragt.

„Wer hat Ihnen das verraten?“ zischte Mabuse zurück, dem man inzwischen seinen Doktor aberkannt hatte und der sich nur noch „Herr Mabuse“ oder, für den internationalen Markt, „Mr. Mabuse“ nennen durfte.

Sein Anwalt beugte sich zu ihm herüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

„Was???“

Mabuse sah den Juristen ungläubig an.

„Niemand hat etwas durchsickern lassen“, wiederholte der.

Mabuse hatte triumphierend sein Smartphone in die Höhe gehalten und geschrieen: „Das sehen meine Freunde aber anders!“

Im Gefängnis begann Mabuse sofort damit, sich eine neue Doktorarbeit zusammenzukopieren und durfte schon bald wieder seinen alten Titel benutzen. Angebote auf Ministerposten lehnte er jedoch ab. Er hatte wichtigeres zu tun. Er saß in seiner Zelle und brütete einen neuen Plan aus. Aber er musste vorsichtiger sein. Wie er nun wusste, wurde seine Tätigkeit bei Facebook vom Feind überwacht.

Früher, dachte er, da war alles anders gewesen. Da hatte man seine Pläne für Massenmord noch in einem Buch veröffentlichen können und niemand hatte sie vereitelt. Weil niemand las. Aber heutzutage? Zu faul, um ein Buch in die Hand zu nehmen, aber trotzdem den ganzen Tag vor dem Computer herumhängen und den Leuten mitteilen, was sie gerade nicht taten, worüber sie gerade nicht nachdachten und was sie als nächstes nicht tun würden. Dr. Mabuse lachte.

„Ruhe!“ schrie sein Zellengenosse.

Mabuse verstummte sofort. Der Mann saß wegen Körperverletzung im Gefängnis, also war er offensichtlich nicht in einem sozialen Netzwerk, er behelligte die Leute direkt. Typen mit solchen Hobbys waren selten online zu finden. Oder überhaupt Leute mit Hobbys.

Der Doktor sah auf den Bildschirm. Und lächelte. Auf seiner „Dr. Mabuse Fanpage“ teilten ihm viele ihr tiefstes Bedauern über seine Verhaftung und das damit verbundene Sinken der Kriminalität mit. Die „Wählt Dr. Mabuse zum König der Verbrecher Gruppe“ wartete mit einer Auflistung seiner bisher geleisteten und seiner noch angestrebten Verbrechen auf, gab den Usern aber auch die Möglichkeit, sich Verbrechen zu wünschen oder eigene Verbrechen zu posten. Und auf der „Befreit Dr. Mabuse Seite“ gab es Tipps und Anregungen für den Ausbruch aus dem Gefängnis sowie einen Hinweis, warum er sich von der Dusche besser fernhalten sollte. Sein diabolisches Lachen wurde durch das angesäuerte Husten seines Zellengenossen abrupt unterbrochen.

Er hatte Anhänger, er hatte Genossen, er hatte Freunde dort draußen. Das wusste er, seit er eine neue Seite eröffnet hatte. Sie trug den schlichten Titel „Krieg“ und sie bewies, dass er auf dem richtigen Weg war: „5000 Usern gefällt Krieg“ war die klare Aussage der Facebook-Gemeinde. Mabuse lächelte diabolisch, damit sein Zellengenosse nicht wieder sauer wurde. Es gab viel zu tun.

Dr. Mabuse hat Dr. Mabuses Status kommentiert. Dr. Mabuse gefällt Dr. Mabuses Kommentar. Das waren wichtige Informationen, Dinge, die seine Anhänger, die seine Freunde dort draußen wissen wollten. Verbrechen wurden nicht mehr in der Dunkelheit der Anonymität ausgeübt, sie wurden von einem Filmteam begleitet, in Shows vorgestellt und von Jurys bewertet. In Formaten wie „Germany’s Nest Top Gangster“ und „Deutschland sucht den Superverbrecher“ würde schon bald der Nachwuchs der Unterwelt gecastet werden. Verbrechen lohnte sich wieder! Also wurde es Zeit, sein Profil zu aktualisieren. Bei „studiert“ hatte er angegeben: „die menschlichen Schwächen“, laut seinem Eintrag arbeitete er für „das Böse“ und wohnte derzeit in „der Hölle“. Lediglich die Angabe, er wäre auf der „Märchenwald Grundschule“ gewesen, stach ein wenig hervor.

Doch was saß er hier so untätig herum und überprüfte seine Freundschaftsanfragen? Er hatte Verbrechen zu planen, Menschen zu ermorden, Regierungen zu stürzen. Die Welt sollte im Chaos versinken und seine Mannen dort draußen sollten ihm dabei helfen. Das waren seine Facebook-Freunde, auf die er sich verlassen konnte, die ihm treu zur Seite standen und die ihn nie im Stich lassen würden.

Stürzen wir die Regierung, schrieb er deshalb voller Eifer.

Ich bin auch gestern gestürzt, antwortete sofort einer seiner Freunde.

Gute Besserung! schrieb jemand anders.

Hast du dir Weh getan? war eine gut gemeinte Frage.

Nicht sehr, aber das Bein ist gebrochen, beruhigte die Antwort.

Ich habe auch eben erbrochen, war daraufhin ein launiger, mit einem LOL versehener Kommentar.

Und die Regierung? wollte Mabuse seine Gemeinde auf das eigentliche Thema zurück bringen.

Bei der muss ich auch immer erbrechen, meinte ein Witzbold.

Ich könnt kotzen, wenn ich die sehe, war einer der weniger subtilen Kommentare.

Hab ich gerade, meldete sich der LOL-User von eben zurück, und: Wollt ihr mal sehen?

Dann veröffentlichte er eine Reine von Bildern, eins, das ihn beim Kotzen zeigte und zwei mit dem Resultat.

Ganz schön bröckelig, meinte jemand.

Hattest du Gummibärchen zum Frühstück? preschte jemand vor.

Mit Tomaten und Möhren? rätselte ein anderer weiter.

Und Bieeeeeer! schrieb LOL und stellte die Sounddatei eines Rülpsers online.

Dr. Mabuse verzweifelte. Das waren seine Untergebenen, seine Gehilfen, seine Helfershelfer, warum verhielten die sich wie unterbelichtete Idioten?

Die Regierung! schrieb er. Stürzen!!! mit drei Ausrufezeichen, aber ohne Emoticon.

Die stürzt doch von alleine, so wie die stolpert, schrieb jemand.

Sind nicht bald Wahlen? fragte ein anderer.

Die Wahlen sind vom Aussterben bedroht! meinte einer.

Das sind Wale, korrigierte jemand.

Wer den Wal hat, hat die Qual, meldete sich der Witzbold wieder zu Wort.

Wer den Kater hat, hat auch die Qual! kam es von LOL.

Mabuse seufzte. Das führte zu nichts. Das war nicht so wie früher. Da musste man nur ein Wort sagen und die Leute erfüllten seine Wünsche. Man hatte in seinem Namen Morde begangen, da war niemand auf die Idee gekommen, seinen Mageninhalt zur Schau zu stellen.

Weltherrschaft! schrieb er, schlicht und auf den Punkt.

Um wie viel Uhr? fragte jemand.

Schon bald! antwortete Mabuse.

Hab ich auch mal versucht, meldete sich LOL zu Wort, aber mein Abischnitt hat nicht gereicht.

Da hätt ich gar nicht die Zeit für! schrieb der Witzbold, doch Mabuse wusste, dass das eine Lüge war, denn der Kerl postete stündlich irgendwelchen Mist. Wenn einer Zeit hatte, dann der!

Ich erwarte eure Hilfe! lautete Mabuses Aufruf an seine Handlanger.

Ich erwarte den Pizzadienst, schrieb LOL.

Ich erwarte ein Kind, schrieb eine Userin aus Bayern.

Ich erwarte dich in der Dusche, schrieb ein bekannter Gewalttäter aus Zellenblock 6 und Mabuse wurde ein bisschen unwohl zumute. Das hatte er sich alles ein bisschen anders vorgestellt. Seine Facebook-Freunde hatten ihm helfen sollen, doch sie waren nutzlos. Er wollte Chaos. Er wollte Verwirrung. Er wollte Wege, die Polizei abzulenken und zu beschäftigen, während er seine teuflischen Pläne ausführte. Und dann hatte er es. Er lächelte böse vor sich hin, während er an seinem Plan tüftelte, einem Coup, der nicht Fehl schlagen konnte.

Erleben Sie das genialste Verbrechen des Jahrhunderts in:

Die Facebook-Party des Dr. Mabuse

Im Regen eines lauen Wintermonats

Von einem kleinen Café ging ich in ein größeres, um mir dort einen Kaffee zu bestellen, aber als ich zurückkehrte, war mein Tisch verschwunden und man hatte eine Überlandstraße durch mein Auto gebaut. Ich nahm den 10 Uhr Tee nach Hause und kam zu spät, um noch zu sehen, wie meine Frau mit den Sicherungen durchbrannte. Aus Deprimation legte ich einen Zahn zu, als ich beim Dentisten war und wurde zu einem medizinischen Wunder erklärt, das einen Punkt hatte, den man bekämpfen musste. Das passte mir wie die Faust auf meinem Auge und bevor die Rosen den Dorn aus dem Stein im Brett ziehen konnten, erbrach sich die Dämmerung über mir und alles wurde verzehrt von einem Schwarm Fische auf ihrem mitternächtlichen Kreuzzug durch Soho. Sie schleppten mich in ein Kino, wo ich süchtig gemacht wurde nach Filmen ohne Happyend und mit Werbeunterbrechungen, um aufs Klo zu gehen, aber da saß ein riesiger Gorilla und wollte über Dramen diskutieren. Während seine Darmtätigkeiten noch in aller Munde waren, schwamm ich durch die Themse, um einen U-Bahnschacht zu finden, in dem Gold war. Die Riesenechsen, die sich seit Jahren unter der Stadt befanden, schrubbten die Kanalisation und ließen mir passieren, was immer mich passieren würde. Mühsam erstieg ich den Berg der Weißheit und wurde von Schnee bedeckt. Eine Torte erblühte in hellem Sonnenschein und verbarg ihr Antlitz vor dem Werbeblock. Wieder zurück in London suchte ich ein Miederwarengeschäft auf und zu und war wieder draußen, bevor der Wachmann kam. Jetzt sangen die himmlischen Chöre ihre Choräle und jauchzten vor Glück und Befriedigung über den Weltfrieden, den sie dank ihrer Dröhnung mit Marihuana nicht nicht sehen konnten. Alles war stark, alles war verschwommen, alles war groovy, Brüder. Gott schlenderte vorbei und erschuf eine neue Welt, wog sie gegen die alte ab und ging sich dann besaufen. Die Schöpfung war da, aber die Garantie war abgelaufen. Er konnte sie nicht mehr zurückgeben. Endlich erreichte ich mein Heim und mein Castle und noch bevor die Geschichte ihren Anfang nehmen konnte, war ich da und nichts war passiert.

Als der Frühling kam

Der Frühling ritt in die Stadt und hielt sein Pferd vor dem Saloon an. Ed Winter, der Sheriff von Seasons Welch, wich vor ihm zurück. Die beiden hatten schon immer ein gespanntes Verhältnis gehabt.

„Diese Stadt ist nicht groß genug für uns beide“, hatte der Frühling gesagt, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Und er hatte Recht behalten. Immer, wenn Frühling in die Stadt kam, zog sich Winter zurück.

Auch Ron Sommer und Jo Herbst ließen sich nie blicken, wenn einer von den anderen in der Stadt war. Es war, als würden sie einander bewusst aus dem Weg gehen. Sie waren alle ebenbürtige Gegner, aber es wäre fatal gewesen, wenn sie sich gleichzeitig am selben Ort aufhalten würden.

Winter war ein kaltblütiger Hund. Er hatte schneeweiße Haare und man sagte, durch seine Venen würde Eiswasser fließen. Schon viele hatte er mit seiner Kälte in den Tod getrieben.

Sommer war eher der strahlende Typ. Er hatte eine trockene Art und ein sonniges Gemüt. Manche fanden ihn heiß. Aber auch an ihm konnte man sich die Finger verbrennen, wenn man nicht aufpasste.

Herbst war ein bisschen unstet. Seine Wechselhaftigkeit machte ihn zu einem unberechenbaren Gegner. Man sollte niemals mit ihm pokern, denn es ging das Wort, dass er nicht nur ein Blatt im Ärmel hatte, sondern dass bei seinem Anblick alle Blätter fielen.

Und dann war da Frühling, Steve Frühling, der eine warme Art hatte, bei dem die Leute dahinschmolzen und der sich durch seine blühende Phantasie auszeichnete. Er brachte die Menschen zum Lächeln, während Winter sie zu Hauff in den Selbstmord trieb. Gut, Winter hatte mit Cris Weihnachten einen starken Verbündeten, aber auch das half ihm nicht. Irgendwann war für ihn immer die Zeit gekommen, zu gehen – und dann trat Frühling auf den Plan.

Frühling band sein Pferd am Geländer fest und wollte gerade in den Saloon schlendern, da sah er, dass Winter sich keinen Zentimeter bewegt hatte. Er stand noch immer auf der anderen Straßenseite, vor dem Büro des Sheriffs, und sah missmutig zu ihm herüber. Frühling tippte sich an den Hut und wollte weitergehen, aber Winter blieb einfach nur da stehen und starrte ihn an. Irgendetwas stimmte nicht, dachte Frühling. Aber was? Warum verzog sich Winter nicht, so wie er es immer tat? War er plötzlich mutig geworden? Hatte er sich mit einer Bande von Unwettern zusammengetan, die sich nun gegen ihn, den Frühling, auflehnen wollten?

Und dann geschah es. Die Tür zum Büro des Sheriffs öffnete sich und eine Gestalt trat heraus. Sie war groß und freundlich und leuchtete gülden. Frühling traute seinen Augen nicht. Das war kein verwitterter Bandit, das war kein verregneter Wegelagerer, das war kein jahreszeitlicher Gauner. Es war niemand anders als Weihnachten.

Aus dem Saloon hinter ihm hörte Frühling, wie der Klavierspieler „Oh du Fröhliche“ spielte. „Oh du Fröhliche“, nicht „Oh du Frühling“! Er hatte sich geirrt. Er war zu früh gekommen!

Winter schritt jetzt langsam auf ihn zu, flankiert von Weihnachten und Neujahr. Beide waren sie Frühling nie wohl gesonnen gewesen. Alle drei kamen langsam über die Straße, die Hände in der Nähe ihrer Colts.

Frühling sah zu seinem Pferd. Er konnte hinlaufen, aufspringen, davonreiten. Würden ihn die drei ziehen lassen? Würden sie verstehen, dass es nur ein Irrtum war? Er sah auf seine Uhr. Bestimmt war sie stehen geblieben, bestimmt hatte sie ihm deswegen die falsche Zeit angezeigt. Doch nein, sie lief. Und sie zeigte den 20. März an, Frühlingsanfang, der Zeitpunkt seines Erscheinens.

Dann erinnerte er sich. Sommer hatte ihm bei ihrem letzten Aufeinandertreffen diese neue Uhr geschenkt. Er hatte gesagt, sie wäre ein Geschenk, damit er immer pünktlich kommen würde, damit niemand zu lange auf ihn warten musste.

Und dann sah er es. Gegenüber, beim Haus des Totengräbers. Einen Sarg und einen Grabstein. Auf dem Stein stand „Jo Herbst – Mögest du für immer ruhen“. Daneben ein weiterer Sarg, ein weiterer Grabstein, noch ohne Aufschrift. Und dann verstand Frühling. Das ganze war eine Falle, ein Komplott, um ihn auszuschalten. Sommer und Winter hatten sich zusammengetan, um ihre Gegner aus dem Weg zu räumen. Sie wollten die Stadt unter sich aufteilen.

Frühling stand den dreien nun gegenüber. Die Luft schien den Atem anzuhalten. Drei gegen einen, das war nicht fair. Noch bevor Frühling diesen Gedanken zu ende gebracht hatte, zogen die drei ihre Waffen und streckten ihn nieder. Frühling bekam ein bescheidenes Grab auf dem Friedhof, direkt neben Herbst, Neumond und der immer ein bisschen selbstverliebten Sonnenfinsternis. Das Quartett der Jahreszeiten war um eine weitere Karte ärmer geworden. Aber wer würde gewinnen, wenn sich im Showdown Sommer und Winter gegenüberstanden? Nun, das ist eine andere Geschichte.

Der Teufel und Herr Gott

(Kinderspielplatz. Gott sitzt auf einer Bank. Der Teufel kommt dazu.)

TEUFEL: Tach, Gott.

GOTT: Tach, Teufel.

TEUFEL: Und, alles klar?

GOTT: Natürlich. (ruft) Jesus, geh von der Schaukel runter.

TEUFEL: Ist der nicht etwas zu groß für den Spielplatz?

GOTT: Ach, du weißt doch wie das ist. In seiner Jugend hätte ich mich nicht genug um ihn gekümmert, er hätte keine richtige Kindheit gehabt, sein Vater wäre nie da gewesen... das will er jetzt alles nachholen.

TEUFEL: Aha.

GOTT: Welcher ist deiner?

TEUFEL: Der kleine da.

GOTT: Ist der nicht etwas haarig?

TEUFEL: Das ist sein Hund. DAS DA ist mein Junge!

GOTT: Ach ja. Süß. Er hat deine Hörner.

TEUFEL: Ja... aber er hat den Klummfuß von seiner Mutter. (ruft) Antichrist, lass den Engel in Ruhe!

GOTT: Ach wie herzig. Du hast auch mal als Engel für mich gearbeitet, oder?

TEUFEL: Ja. Bis du mich hast fallen lassen.

GOTT: Weißt du, das war mehr so ne politische Entscheidung. Eigentlich hätten wir jemand wie dich im Himmel ganz gut gebrauchen können, aber wir hatten halt n Image zu verlieren. (ruft) Jesus, komm von dem Kreuz runter. Das ist nicht zum Spielen! (zum Teufel) Weißt du, das ist so, als würdest du die ganze Zeit auf Saubermann machen und dich dann mit Koks und Nutten erwischen lassen. Mit sowas macht man sich halt unglaubwürdig.

TEUFEL: Hey, kein Problem. Ich hab mich selbständig gemacht, die Geschäfte gehen gut, kein Grund sich zu beklagen.

GOTT: Schön. Ich freu mich immer über deine Rundmails. Soll ich dich auch in meinen E-Mail-Verteiler aufnehmen?

TEUFEL: Nee, danke. Was ist eigentlich mit deinem Bart passiert?

GOTT: Abrasiert.

TEUFEL: Ah.

GOTT: Ja. Hab son neuen PR-Berater.

TEUFEL: (ruft) Antichrist, wehe du pinkelst in den Brunnen!

GOTT: Soll mein Image ein bisschen aufbessern. Und der meinte, das würde mich jünger erscheinen lassen.

TEUFEL: (ruft) Ich sag’s dir nicht nochmal!

GOTT: Ist doch ne tolle Idee. Gott soll eine jüngere Note bekommen. Der aktive, sportliche Gott. Das bin ich.

TEUFEL: Ach ja? Seit wann?

GOTT: Schon immer!

TEUFEL: Naja, vielleicht früher mal.

GOTT: Bitte?

TEUFEL: Hey, nichts für ungut, aber was hast du in letzter Zeit gemacht, hm? Was hast du geschaffen?

GOTT: Die Welt!

TEUFEL: Ja. Und seitdem?

GOTT: Viele Dinge! Die Welt... Frauen... den Regenbogen.

TEUFEL: Werd nicht kitschig!

GOTT: Ähm, ja, Tiere, Menschen, Wale...

TEUFEL: Das gehört alles zur Welt. Das ist alles im Starterpaket mit dringewesen. Und hat es seitdem ein Update gegeben? Oder eine Erweiterung? Neue Geschöpfe, neue Lebewesen? Eine Welt 2.0? Irgendwas Neues?

GOTT: Ähm... nein!

TEUFEL: Aktiver Gott, klar!