Notärztin Andrea Bergen 1393 - Hannah Sommer - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1393 E-Book

Hannah Sommer

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Beschreibung

Todesfahrt bei Eis und Schnee

Immer wieder wischt sich Lena Tränen aus den Augen, während sie in ihrem alten Auto über die tief verschneite Landstraße zum Waldfriedhof fährt. Nur dort, am Grab ihrer Oma, findet sie Ruhe und kann nachdenken. Selbst Eis, Schnee und katastrophale Straßenverhältnisse schrecken sie nicht ab. Zu groß ist ihre Verzweiflung darüber, dass ihr geliebter Jakob sie nur benutzt hat, um seine Karriere als Arzt voranzutreiben! All seine zärtlichen Worte waren nichts als Lügen und Berechnung! Als das Schneetreiben immer dichter wird, umklammert Lena das Lenkrad fester und starrt durch die Windschutzscheibe. Doch sehen kann sie kaum noch etwas, vor allem nicht die Fahrbahnbegrenzungen. Und mit einem Mal spürt Lena, wie ihr kleiner Wagen die Bodenhaftung verliert und zu schlittern beginnt - geradewegs auf einen dicken Baumstamm zu, der plötzlich mitten im Weg steht! Ein Schrei entfährt ihr, der Aufprall ist gewaltig und reißt das Metall des Autos auf. Nur kurz spürt sie einen brennenden Schmerz, dann senkt sich dunkelste Schwärze über Lena ...

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Seitenzahl: 127

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Inhalt

Cover

Impressum

Todesfahrt bei Eis und Schnee

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: FXQuadro / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9054-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Todesfahrt bei Eis und Schnee

Gib nicht auf, Lena! Bitte, gib nicht auf!, ist alles, was ich denken kann, während ich mit gleichmäßigem Druck und Atemgaben versuche, das Herz der jungen Frau wieder zum Schlagen zu bringen. Als ich spüre, dass meine Kräfte nachlassen, übernimmt mein Kollege Jakob Holthaus, und ich mag mir nicht vorstellen, was in dem angehenden Chirurgen in diesem Moment vor sich geht. Denn Lena Reichenbach, die auf eisglatter Straße verunglückt ist und um deren Leben er gerade kämpft, ist die Frau, die er liebt – und die nach einem erbitterten Streit der beiden in ihr Auto gesprungen und davongebraust ist. Mitten hinein in ihr Verderben …

Als das tragbare EKG nun eine erste schwache Herztätigkeit anzeigt, hält Jakob inne, und wir verladen die Patientin in Windeseile in den Rettungswagen. Auf der halsbrecherischen Fahrt durch Eis und Schnee schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel, dass Lena leben darf! Und dass die zarte Liebe, die zwischen Jakob und ihr gewachsen ist, noch eine Zukunft hat …

„Guten Tag, ich habe ein Problem mit meinem Motorrad“, sagte Jakob Holthaus, als er den Kundentresen der Autowerkstatt erreicht hatte.

Die Frau, die hinter dem Tresen an einem Schreibtisch saß, hob kurz den Blick und deutete mit einem Finger auf das Telefon an ihrem Ohr.

„Einen Moment, ich bin gleich für Sie da“, sagte sie zu Jakob, dann wandte sie sich wieder dem Telefonat zu.

Jakob vergrub die Hände in den Taschen seiner Jeans und wartete. Er ließ den Blick über die Zertifikate an der Wand schweifen, die die Werkstatt als eine der besten und kundenfreundlichsten Autowerkstätten auszeichneten. Dann sah er wieder zu der Frau mit den roten Haaren, die ihm einen entschuldigenden Blick schenkte.

„Genau, das Teil wurde falsch geliefert“, sagte sie jetzt in den Hörer. „Ich brauche das Gegenstück dazu.“ Sie klemmte das Telefon zwischen Schulter und Ohr und notierte etwas auf einem Block. „Ja, perfekt. Alles klar, bis dann.“

Nachdem Sie aufgelegt hatte, wandte sie sich mit einem Lächeln Jakob zu, und ihm wurde es eigenartig warm ums Herz.

Die Frau hatte leuchtend grüne Augen, fast ein bisschen wie die einer Katze, ein hübsches rundliches Gesicht mit einer Stupsnase, und wenn sie lächelte, zeichneten sich niedliche Grübchen in ihre Wangen.

„So, was kann ich für Sie tun?“

Jakob brauchte einen Moment, bis er wieder in der Realität ankam. Das Wesen dieser Frau hatte ihn ganz gefangen genommen.

„Äh, ich bin wegen meines Motorrads da“, stammelte er. „Die Maschine springt nicht mehr an.“

„In Ordnung, dann sehe ich mir das mal an.“ Sie stand auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Ihre Arbeitshose und ein Sweatshirt konnten ihre feminine Figur nicht verbergen, und Jakob bemerkte wieder, dass die junge Frau ihn völlig in seinen Bann zog.

Lena Reichenbach, stand auf ihrem Namensschild, das auf ihrer Latzhose angebracht war. Lena … Ein weicher, fließender Name, beschwingt und leicht. Das passte zu ihr, fand Jakob.

Er folgte ihr nach draußen auf den Parkplatz, auf dem die Maschine stand.

„Das da vorne ist sie.“ Jakob deutete auf das Motorrad, das gegenüber dem Eingang geparkt war. „Eigentlich wollte ich mit ihr die Blinker abholen, die ich letzte Woche bestellt habe, doch jetzt will sie überhaupt nicht mehr fahren.“

„Aber getankt haben Sie?“, erkundigte sich Lena.

Jakob verdrehte die Augen. „Natürlich. Wegen so etwas bleibe ich doch nicht liegen!“

Lena lächelte ihn an. „Das war nicht böse gemeint. Ich frage das nur, um die einfachen Dinge auszuschließen. Sie wissen gar nicht, mit welchen Problemen wir uns so tagein, tagaus herumschlagen. Manchmal sind die Lösungen so einfach, aber keiner kommt darauf, weil alle gleich von gravierenden Mängeln ausgehen.“

„Das kenne ich“, sagte Jakob amüsiert. „In meinem Beruf ist es ganz genauso.“

„Was machen Sie denn beruflich?“, erkundigte sich Lena interessiert, während sie das Motorrad einer intensiven Blickkontrolle unterzog.

„Ich bin Assistenzarzt am Elisabeth-Krankenhaus. Viele meiner Kollegen gehen bei unseren Patienten häufig gleich vom Schlimmsten aus, dabei handelt es sich manchmal auch einfach nur um einen harmlosen Schnupfen oder eine Wirbelverrenkung.“

„Na ja, besser, man rechnet erst mal mit etwas Ernstem, als dann etwas zu übersehen“, sagte Lena. „Jedenfalls ist das meine Herangehensweise. Bei Ihnen sind die Menschen natürlich noch mehr darauf angewiesen, dass Sie akkurat arbeiten, aber auch in meinem Beruf kann es schnell sein, dass jemand ernstlich in Gefahr gerät, wenn ich einen Fehler mache.“

Darüber hatte Jakob bisher noch gar nicht nachgedacht. „Das stimmt“, gab er dann verblüfft zu.

„Na, jetzt machen Sie nicht so ein Gesicht. Hier geht es nicht darum, wer den bedeutsamsten Job hat“, sagte Lena amüsiert. „Kann ich mal den Schlüssel bekommen?“

„Klar.“ Jakob reichte ihn ihr, und Lena versuchte, den Motor zu starten. Nichts tat sich.

„Und das ist jetzt ganz plötzlich aufgetreten?“, hakte sie nach.

Jakob nickte. „Ich wollte sie eigentlich umparken, aber sie springt nicht mehr an.“

„Hm.“ Lena dachte kurz nach. „Vielleicht ist es die Batterie.“

„Möglich, bei den Temperaturen.“

„Moment, das haben wir gleich.“ Lena verschwand in der Werkstatt und kam nach kurzer Zeit mit einem Batteriemessgerät wieder. Sie überprüfte die Spannung und zog mehrere Sicherungen, um deren Durchgang zu prüfen. „Hier scheint alles in Ordnung zu sein.“ Sie fuhr sich durchs Haar. „Vielleicht ist es ein Schalter“, überlegte sie laut. Sie testete den Start- und den Kupplungsschalter, schien aber nichts Ungewöhnliches festzustellen. Dann kniete sie sich neben die Maschine und maß den Durchgang des Seitenständerschalters. „Aha, hier kommt nichts an.“

Lena betätigte den Schalter mehrfach, sprühte dann etwas Rostlöser darauf, aber auch das brachte nicht das gewünschte Ergebnis. „Da ist nichts zu machen“, sagte sie schließlich. „Der Seitenständerschalter ist defekt. Ich fürchte, wir müssen Ihre Maschine hierbehalten.“

„Im Ernst? Vor ein paar Tagen ging der Schalter doch noch tadellos“, sagte Jakob überrascht.

Lena hob die Schultern. „Tja. Manchmal bricht einfach der Kontakt. Seien Sie froh, dass Sie damit nicht auf der Autobahnraststätte, sondern hier bei uns vor der Werkstatt liegen geblieben sind. So sparen Sie sich wenigstens die Abschleppkosten.“ Sie zwinkerte ihm zu.

„Na, das ist ja wirklich tröstlich“, entgegnete Jakob wenig begeistert.

„Wenn Sie wollen, kann ich so gleich auch Ihre neuen Blinker montieren.“

Jakob seufzte ergeben. „Schön, vermutlich wird mir nicht viel anderes übrig bleiben.“

„Alternativ können Sie die Maschine selbstverständlich auch nach Hause schieben“, sagte Lena gelassen.

Jakob brummte nur zur Antwort.

„Das werte ich mal als ein Nein.“ Lena drehte sich um und ging wieder in den Verkaufsraum.

Jakob folgte ihr. Auch wenn er nicht begeistert davon war, dass er sein Motorrad jetzt hierlassen musste, musste er zugeben, dass er die Mechanikerin ziemlich sympathisch fand.

Lena hatte sich mittlerweile wieder an ihren Schreibtisch gesetzt und tippte auf der Computertastatur herum. „Nächste Woche wäre das Teil da. Da hätten wir auch noch einen Werkstatttermin frei.“

„Gut, dann nehme ich den.“

Lena druckte ein Blatt Papier aus und reichte es ihm. „Ich brauche hier eine Unterschrift von Ihnen und da oben noch Ihre Telefonnummer.“

„Na, Sie gehen aber ran“, sagte Jakob neckend, um sich für ihre Frotzeleien auf dem Parkplatz zu revanchieren.

In Lenas Augen blitzte etwas auf. „Oh, wenn Sie wüssten, wie viele Herren ich schon nach Ihrer Nummer gefragt habe … Wobei ich auch die Damen nicht außen vor lasse.“

Ein Lächeln huschte über Jakobs Gesicht. Diese Frau war wirklich schlagfertig. Er hätte gerne mehr Zeit mit ihr verbracht, aber er wusste nicht, ob er einen Vorstoß wagen und sie auf einen Kaffee einladen sollte. Wahrscheinlich würde sie ihn bei ihrer Schlagfertigkeit ohnehin nur auf die Kaffeemaschine im Wartebereich verweisen, also ließ Jakob es lieber bleiben.

„Wir rufen Sie dann an, wenn Ihr Motorrad fertig ist“, sagte Lena jetzt wieder in ihrem professionellen Ton, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen. „Brauchen Sie ein Ersatzfahrzeug?“

Jakob schüttelte den Kopf. „Nein, danke, ich nehme den Bus.“

„In Ordnung.“ Lena lächelte noch einmal, doch jetzt hatte Jakob den Eindruck, als wäre das Lächeln viel distanzierter als noch vor ein paar Minuten. Vielleicht hatte er sich diese kleine Neckerei ja doch nur eingebildet?

„Gut, dann vielen Dank erst mal.“ Jakob verabschiedete sich und ging.

***

Lena sah auf das Motorrad, das nun schon seit einigen Tagen im Inneren der Werkstatt stand. Weil der Wetterbericht Frost gemeldet hatte, hatte ihr Chef es hereingeholt, damit es keinen Schaden nahm. Lena musste zugeben, dass es ein hübsches Modell war. Sie hätte nur zu gerne eine Probefahrt damit unternommen, aber jetzt im Winter würde das nur halb so viel Spaß machen, wie bei strahlendem Sonnenschein eine kleine Überlandtour damit zu drehen – und außerdem musste sie die Maschine ja auch erst einmal reparieren.

Sie freute sich schon sehr darauf, denn an sich war das Motorrad gut in Schuss, und mit den neuen Blinkern würde es bestimmt noch besser aussehen. Aber zuerst einmal brauchte sie das bestellte Teil, das leider auf sich warten ließ. Hoffentlich war es heute bei der Post mit dabei. Lena musste sich nämlich eingestehen, dass sie nicht nur an dem Motorrad herumschrauben, sondern auch dessen Besitzer gerne wiedersehen würde.

Sie hatte sogar für einen kurzen Moment überlegt, ob sie Jakob Holthaus anrufen sollte, um ihm zu sagen, dass sich die Lieferung leider verzögerte, nur um seine Stimme zu hören. Aber das war natürlich albern. Und bei so einer banalen Nachricht würde sich sicherlich auch kein so nettes Gespräch entspinnen wie vor ein paar Tagen. Bestimmt hatte Jakob Holthaus sie auch schon längst wieder vergessen.

Dieser Gedanke versetzte Lena einen leichten Stich in Herz. Sie konnte sich selbst nicht erklären, wieso, aber irgendwie hätte sie diesen Mann schon gerne näher kennengelernt. Er war nett und attraktiv, hochgewachsen, und der dunkle Bart an Kinn und Wangen stand ihm ausgesprochen gut. Außerdem hatte er Geschmack, wie seine Maschine bewies.

Doch es half alles nichts. Es war sinnlos, sich irgendwelchen Fantasien hinzugeben, nur weil Lena sich hin und wieder mal alleine fühlte, seit sich Marcel vor zwei Jahren von ihr getrennt hatte. Sie hatte knapp ein Jahr gebraucht, bis sie über den Verlust hinweggekommen war, und seitdem hatte sie einfach nicht den Richtigen getroffen.

Lena schob die lästigen Gedanken beiseite und widmete sich dem nächsten Fahrzeug, das auf sie wartete. Sie griff nach der vordersten Auftragsmappe, die in dem Klemmbrett neben der Werkstatttür steckte, zog den Schlüssel heraus und überflog den Auftrag.

Es war der Wagen der Notärztin Andrea Bergen, einer jahrelangen Kundin von ihnen. Lena freute sich, denn sie mochte die Frau sehr gerne. Sie wusste, dass sie am Elisabeth-Krankenhaus arbeitete, und Andrea Bergen hatte stets ein paar nette Worte für sie übrig, selbst wenn sie nur zum Nachziehen der Radmuttern vorbeischaute.

Heute sollte ein Winter-Check gemacht werden, denn die Heizung schien nicht richtig zu funktionieren. „Kalt wie am Nordpol“, hatte Karl Wiekner, Lenas Chef, die Kundenerklärung auf dem Blatt zitiert. Lena musste oftmals schmunzeln, wenn sie diese Erklärungen las. Von „Auto schwimmt“ über „Fahrzeug macht komische Geräusche“ … Es war alles dabei.

Lena schloss den Wagen auf und fuhr ihn zu ihrem Werkstattplatz. Sie hatte schnell den kaputten Messfühler der Klimaanlage gefunden und gegen das neue, bestellte Teil ausgetauscht. Dann machte sie einen Licht- sowie einen Bremstest, füllte Wischwasser und Öl nach und prüfte den Reifendruck. Sie entdeckte einen Wackelkontakt bei der Heizung der Heckscheibe, den sie mit wenigen Handgriffen behob, und weil sie die Notärztin mochte, saugte sie in ihrer Pause auch noch rasch das Wageninnere aus und fuhr das Auto durch die Waschanlage, damit es wieder glänzte.

Lena unterzeichnete das Check-Blatt der Werkstatt und trug die Auftragsmappe dann zu ihrem Chef in den Verkaufsraum.

„Der Wagen von Frau Dr. Bergen läuft jetzt wieder tadellos“, sagte sie und überreichte Karl Wiekner Mappe und Schlüssel.

„Ah, prima. Und das in so kurzer Zeit.“ Der Kfz-Meister nickte anerkennend. „Wenn das so weitergeht, schmeißt du den Laden hier bald ohne mich.“

Lena musste lachen. „Quatsch, davor muss ich erst noch die Meisterprüfung machen, Chef.“

Karl nickte. „Ich weiß. Und ich bin mir sicher, dass du die Prüfung auch bestehst, wenn du dich endlich dazu und zu den Vorbereitungskursen anmelden würdest.“

Damit traf er bei Lena einen wunden Punkt. Sie war zwar Quereinsteigerin, aber mittlerweile hatte sie die nötige Berufserfahrung, doch sie traute sich noch immer nicht zu, sich für die Meisterprüfung anzumelden. Im Moment fühlte sie sich wohler, als Angestellte bei Karl zu arbeiten, auch wenn dieser ihr in Aussicht gestellt hatte, dass sie eines Tages die Werkstatt übernehmen könnte, denn Karl hatte keine Kinder, und er würde seinen Betrieb gerne an jemanden übergeben, der ihn zu schätzen wusste.

„Ich kümmere mich jetzt um das nächste Fahrzeug“, sagte Lena, um dem Thema elegant auszuweichen.

Sie wollte gerade wieder in die Werkstatt gehen, als ihr plötzlich schwindelig und schwarz vor Augen wurde. Mit einer Hand tastete sie nach dem Kundentresen und stützte sich ab.

„Lena!“ Sofort war Karl aufgestanden und um den Tisch herumgelaufen. „Geht‘s dir nicht gut?“

Lena schüttelte leicht den Kopf, doch das machte es nicht besser. „Es geht schon“, murmelte sie. „Ich glaube, ich muss mich nur kurz ein bisschen hinsetzen.“

„Du hast schon wieder die ganze Pause durchgearbeitet“, tadelte Karl sanft. „Du weißt, dass du das nicht sollst.“ Er begleitete sie zu der schwarzen Ledersitzgruppe, und Lena nahm Platz. Dann brachte er ihr ein Glas Wasser.

Lena trank in kleinen Schlucken. „Das tut gut“, murmelte sie. „Jetzt geht es schon wieder.“ Sie wollte aufstehen, aber Karl legte ihr seine Hand auf die Schulter und hielt sie zurück.

„Bist du dir sicher?“, fragte er besorgt. „Das hast du in letzter Zeit öfter.“

„Ja, ach, mach dir keine Sorgen, Chef.“ Lena versuchte sich an einem Lächeln, doch es sah wohl eher nach einer schiefen Grimasse aus, denn Karl Wiekner schien nicht überzeugt zu sein.

„Du musst das untersuchen lassen, Lena“, drängte er. „Nicht, dass das was Ernstes ist. Bei deiner Großmutter damals …“

„Nein, wirklich, es geht schon wieder.“ Lena stellte das Glas auf den Tisch, auf dem fein säuberlich einige Zeitschriften für die wartende Kundschaft gestapelt waren. „Bestimmt hast du recht, und ich hätte mir einfach die Pause nehmen sollen. Ich werde nächstes Mal darauf achten.“

Karls Lippen wurden schmal. „Aber versprich mir, dass du das untersuchen lässt, wenn das nicht bald besser wird.“

„Ganz bestimmt“, versicherte Lena rasch. „Es ist einfach nur sehr viel mit all dem Lernstoff und den ganzen Aufträgen im Moment.“

„Brauchst du Urlaub?“, fragte Karl sofort.

„Nein!“ Lena war bestürzt. So hatte sie das doch gar nicht gemeint! Karl mit all den vielen Aufträgen hier alleine lassen wollte sie nun wirklich nicht, und dass er sich um sie Sorgen machte, beunruhigte sie. „Ich verspreche dir, dass ich demnächst mal einen Termin bei meinem Hausarzt ausmache. Und du wirst sehen, dass er mir bescheinigt, dass alles in Ordnung ist.“

„Dein Wort in Gottes Ohr“, brummte Karl, als sich Lena mit einem reichlich schlechten Gewissen wieder in die Werkstatt aufmachte. Sie hatte nämlich ganz und gar nicht vor, zu ihrem Hausarzt zu gehen …

***