Skull-Ranch 112 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 112 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Mike Hartford ist ein harter Bursche. Einsam und misstrauisch wie ein Einzelgängerwolf geht er seinen Weg, den rauen Trail der Outlaws. Zu diesem Urteil kommt John Morgan, der Boss der Skull-Ranch, als er Mike zum ersten Mal sieht. Einer der Cowboys hat den Fremden erwischt, nachdem dieser ein Rind abgeschlachtet hat, und ihn zur Ranch gebracht. Viehdiebstahl! Dafür büßt man auch in Colorado mit dem Tod.
Aber John Morgan sieht auch, dass der junge Mike wirklich am Ende ist, abgerissen und halb verhungert. Er beschließt, ihm eine Chance zu geben - und setzt sich damit eine Laus in den Pelz...


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Inhalt

Cover

Wie eine Laus im Pelz

Vorschau

Impressum

Wie eine Laus im Pelz

von Dan Roberts

Mike Hartford ist ein harter Bursche. Einsam und misstrauisch wie ein Einzelgängerwolf geht er seinen Weg, den rauen Trail der Outlaws. Zu diesem Urteil kommt John Morgan, der Boss der Skull-Ranch, als er Mike zum ersten Mal sieht. Einer der Cowboys hat den Fremden erwischt, nachdem dieser ein Rind abgeschlachtet hat, und ihn zur Ranch gebracht.

Viehdiebstahl! Dafür büßt man auch in Colorado mit dem Tod. Aber John Morgan sieht auch, dass der junge Mike wirklich am Ende ist, abgerissen und halb verhungert. Er beschließt, ihm eine Chance zu geben – und setzt sich damit eine Laus in den Pelz...

Der Reiter sitzt zusammengesunken im Sattel. Als das Pferd in den Vorderbeinen etwas einknickt, hebt der Mann den Kopf.

»Ah, immer noch Felsen«, murmelt er schwach. »Verdammte Steine, und nichts zu essen.«

Er holt tief Luft, strafft sich und setzt sich richtig zurecht.

Das Pferd atmet schnarchend und rasselnd. Es ist erschöpft. Seine Flanken zittern. Unsicher setzt es Huf vor Huf.

Endlich erreicht es den höchsten Punkt des Trails, der nach Westen führt. Die Wasserscheide ist erreicht.

Ungläubig starrt der junge Reiter in das weite Tal hinab.

»Das gibt es doch gar nicht«, sagt der Mann. »Das ist doch eine Luftspiegelung.«

Aber es ist keine Halluzination.

Müde rupft das klapperige Pferd einige fette Bergkräuter ab.

»Ein Paradies«, murmelt der junge Mann im Sattel, »und das mitten in der Felsenwildnis. Aaahh, ich muss mir was schießen. Sonst verhungre ich.«

Suchend blickt sich der ausgemergelte Mann um. Weit entfernt entdeckt er ein Bergmurmeltier, das auf einem vorspringenden Felsen sitzt. Es ist der Wächter der Kolonie. Kommt irgendeine Gefahr zu nahe, wird es seinen schrillen Warnpfiff ausstoßen und wie der Blitz in einer Erdröhre verschwinden.

»Ich frage mich, ob man ein Murmeltier essen kann«, sagt der Reiter mit neuer Energie.

Er will es versuchen und sitzt ab. Vorsichtig geht er auf das Wächtertier zu. Immer wieder verharrt der Mann, damit sich das kleine Vieh an seinen Anblick gewöhnt.

Aber als Mike Hartford auf Coltschussweite herangekommen ist, als er unendlich langsam seinen Revolver zieht, schrillt auch schon der Warnpfiff auf.

Das Murmeltier saust davon, verschwindet in einer Felsspalte und lässt sich nicht mehr sehen.

Enttäuscht hebt Mike einen kleinen Stein auf und wirft ihn zielsicher in das Versteck. Noch nicht mal ein Quieken schrillt auf. Die Felsspalte ist wohl ziemlich tief.

»Das war der Traum vom Mittagessen«, sagt Mike bitter.

Er legt sich die linke Hand auf den Magen, als wolle er das wütende Grollen packen und zerdrücken.

Abrupt dreht sich der junge Mann um. Seine blauen Augen zeigen den Zorn, der in ihm schwelt. Zorn auf sich selbst, das wachsame Murmeltier und die ganze Welt, die Mike Hartford keine Chance gibt.

Langsam geht er zum Pferd zurück. Das Tier ist fertig. Es hebt noch nicht mal den Kopf, als sein Herr näherkommt.

»Du bist ziemlich runtergekommen«, stellt Mike fest, als er seinen Gaul mustert. »Deine Rippen stehen so weit raus, dass du was damit aufspießen kannst. Los, weiter. Da unten gibt es Blaugras. In zwei Tagen bist du so gut wie neu. Und dann sehen wir uns nach einem Job um. Es muss doch irgendwo eine Chance für mich geben.«

Langsam sitzt Mike auf. Er achtet nicht auf den schnarchenden Atemzug seines Tieres. Es geht erst an, als Mike ihm die flache Hand zwischen die Ohren schlägt.

Langsam marschiert das Pferd bergab. Es strengt sich mächtig an, um nicht hinzufallen. Aber irgendwoher nimmt das knochige Biest noch etwas Kraft. Es wittert wohl das Bluegrass und das gute Wasser dort unten.

Mike sieht auf. Ein paar Seen, Bäche und eine Ranch entdeckt er weit entfernt.

Hoffnung flackert für ein paar Sekunden in dem jungen Mann. Aber bald vergeht ihm dies wieder. Er denkt, er kennt die Menschen. Und dabei ist er doch eigentlich noch ein Junge.

Hier, in der Einöde, im wilden Land, hier sind die Menschen misstrauisch. Sie werden nur vorsichtig Gastfreundschaft gewähren. Denn inmitten der Wildnis ist jeder auf sich allein gestellt. Und schon ein einzelner Fremder kann Unruhe und Ärger mit sich bringen.

Darum zupft Mike am Zügel, als der klapperige Schimmelhengst endlich die Talsohle erreicht. Das Tier senkt den Kopf und frisst. Es ist am Ende. Bevor es weitergehen kann, muss es sich erholen.

Hartford steigt vorsichtig ab. Es hat keinen Sinn, das Pferd zu zwingen.

Mike spürt wieder den nagenden Hunger und wartet auf das Knurren seines Magens. Es bleibt aus. Bitter grinsend denkt der junge Mann: Na, bald kann ich meinen Magen wegwerfen. Aber wo 'ne Ranch ist, muss es doch auch Rinder geben.

Langsam marschiert Hartford vom Pferd weg. Er geht einen großen Bogen. Allmählich spürt er die Feuchtigkeit, die von der kleinen Waldung herüberkommt. Erlen und Weiden stehen dort. Und diese Bäume gedeihen am besten in feuchtem Gelände. Unter den Stämmen wuchern Büsche.

Mike drängt sich durch die Zweige und starrt verblüfft das Kalb an.

Es hebt gerade den Kopf. Wassertropfen fallen von den Lippen des Mavericks.

Ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, zieht Mike seinen Colt und feuert. Das Kalb bricht tot zusammen.

»Heiliger Jason«, sagt der junge Mann laut, »oh großer Lord, ich danke dir. Und wenn es hundert Mal Diebstahl ist, ich muss essen.«

Sorgfältig ersetzt Hartford die verschossene Kugel, bevor er den Colt holstert und das Messer aus dem Stiefelschaft zieht.

Wenig später hat der junge Mann das Kalb zerlegt. Gier flammt in ihm auf, aber er beherrscht sich. Am liebsten hätte er die Zähne in das rohe Fleisch geschlagen.

Ein Dutzend Schwefelhölzer, ein halbes Paket Durham-Tabak und zehn Blättchen Maisblattpapier sind neben den Waffen, dem Pferd und dem Sattel der einzige Besitz des Reiters.

Er sucht trockenes Holz für das Feuer. Die Zweige und Äste, die unter den Erlen und Weiden liegen, will Mike nicht nehmen. Sie sind zu feucht, sie verraten ihn, wenn er das Fleisch brät.

Denn Hartford hat deutlich die Ohrmarkierungen gesehen. Einen Brand trug das Kalb zwar noch nicht. Aber die Cowboys hatten das Tier schon gekennzeichnet.

Und was Mike gemacht hat, gilt in jedem Staat des Westens als Diebstahl.

In diesen abgelegenen Tälern ist der Rancher das Gesetz. Und meistens ist das Urteil eindeutig: Der Rustler wird an den nächsten Ast geknüpft.

Aber das ist Mike im Moment gleichgültig. Lieber satt hängen, denkt er, als hungrig zur Hölle fahren.

Endlich ist das Fleisch halbwegs gar. Hartford schneidet sich mit dem Messer breite Streifen herunter und verschlingt sie, fast ohne zu kauen.

Ein scharfer Schmerz jagt durch seinen Magen. Heiser aufstöhnend wirft sich der junge Mann auf den Rücken. Es dauert Minuten, bis der Schmerz verschwindet. Mike hat zu lange nichts mehr gegessen.

Ab und zu fand er ein paar Beeren, die schon reif waren. Sie waren außer Wasser die einzige Nahrung in der letzten Woche. Um sich ein Stück Wild zu schießen, fehlt Mike die Erfahrung.

Obwohl er jetzt weiß, dass er langsam und wenig essen muss, dass er sorgfältig kauen sollte, schlingt Hartford noch zwei Streifen Fleisch herunter.

Am kleinen Teich nimmt er ein paar Schlucke Wasser und rollt sich neben dem Feuer zusammen. Übergangslos schläft der junge Mann ein. Sein Pferd rupft Blaugras ab, als wolle es das ganze weite Tal kahlfressen.

Eine Weile später ist das Pferd satt. Es ist klüger als sein Herr. Es spürt instinktiv, dass es aufhören muss.

Als die Sonne beinahe senkrecht steht, schiebt sich der Schimmelhengst zwischen die Sträucher, um Schatten zu finden.

Nichts weist darauf hin, dass ein Fremder im Bluegrass Valley ist. Und nichts weist darauf hin, dass dieser Mann ein markiertes Kalb geschlachtet hat.

Doc Smoky sitzt pfeifend auf dem Bock des Kutschwagens. Der alte Koch hat Vorräte zur Südweide gebracht. Die meisten Männer der Crew arbeiten dort unten; denn es gilt, Jungtiere aus den Canyons und Wäldern zu holen und zu bränden.

Smoky ist früh am Morgen losgefahren. Auf der Ranch hat er Mary-Lou seine Küche anvertraut. Denn Smoky ist der Meinung, dass Mary-Lou inzwischen brauchbares Essen zusammenbrutzeln kann.

Darum ließ sich der Oldtimer Zeit und kochte den Cowboys sogar das Mittagessen. Als Höhepunkt gewissermaßen zauberte er unter einem Tuch des Ranchwagens eine riesige Schüssel Pudding hervor. Es dauerte nur Minuten, bis die Süßspeise vertilgt war.

Aber die Schüssel soll auch noch einem anderen Zweck dienen. Smoky hat sich nämlich etwas ausgedacht.

Er zermarterte sich schon lange den Kopf, und jetzt hat er die Lösung. Vor einiger Zeit war ein Zirkus in Golden City. Noch heute reden die Goldsucher, die Bürger und die Gambler und Flittergirls von diesem wahrhaft großen Ereignis.

Smoky schließt daraus, dass Abwechslung notwendig ist. Und da er ein mächtig schlauer Bursche ist, will er zugleich ein paar Dollars machen. Sicher, am Pokertisch kommt er vielleicht schneller an das Geld der anderen. Aber dort besteht die Gefahr, dass er sein Geld verliert. Jetzt hat sich der Alte eine todsichere Sache ausgedacht. Er braucht nur etwas Zeit dazu, dann schafft er es sicher.

Und darum zieht er jetzt am Zügel und schreit dem Wagenpferd zu: »Nach rechts, du alter Ziegenbock, mehr nach rechts.«

Willig ändert das schwere Tier die Richtung. Es strotzt vor Kraft. Der leichte Wagen ist keine Last. Denn sonst muss das Deichseltier meistens den schweren Plattformwagen ziehen.

Smokys Ziel ist ein Tümpel, der in einem kleinen Wald liegt. Das Wasser dort ist klar und rein. Kaum ein Rind verirrt sich dorthin. Aber dafür wimmelt es von Käfern und Fliegen.

Smoky ist sicher, an diesem Tümpel fette Beute zu machen. Er braucht die besten Springer. Und um herauszufinden, wer der Beste ist, hat sich der Oldtimer etwas Besonderes ausgedacht.

Er grinst, legt sein Gesicht in tausend Falten, als er an seinen Trick denkt. Denn bestimmt ist noch niemand auf eine solche Idee gekommen.

Aber Smoky hat nicht die geringste Ahnung, dass er seine Versuche überhaupt nicht durchführen kann.

»Rauch, kalter Rauch«, sagt der Alte halblaut, als er noch knapp hundert Yards von dem kleinen Wald entfernt ist.

Sofort zügelt Doc Smoky das Wagenpferd. Aufmerksam beobachtet der Koch der Skull-Ranch die Bäume und Sträucher.

Keine Bewegung ist zu sehen. Die Hitze liegt drückend über dem weiten Tal. Kein Windhauch bewegt die Luft, sorgt für Kühlung.

Trotzdem trägt der faltengesichtige Alte seinen alten, zerbeulten und speckigen Lederhut. Kein Tropfen Schweiß rinnt unter der Krempe hervor.

Doc Smoky ist ein zäher Bursche.

»Pass mal auf, du nachgemachter Gaul«, sagt der Oldtimer zu dem Deichseltier, »ich steige jetzt ab und gehe zu Fuß weiter. Du marschierst einfach in diese Richtung, klar?«

Das Pferd bleibt regungslos stehen.

Smoky spürt, wie der Zorn in ihm aufsteigt.

»Du widerwärtige Mähre, du Bastard zwischen einem Igel und einem Opossum«, sagt er böse, »wirst du wohl losmarschieren?«

Nichts hilft. Also bindet Smoky die Zügel um das Sitzbrett und springt wie ein Eichhörnchen vom Bock.

Das Zugtier spürt den Druck der Zügel und geht weiter. Befriedigt grinst der Alte hinter dem Wagen her. Aber sein Grinsen erlischt schlagartig, als er an seine Sharps denkt.

Das umgebaute Büffelgewehr liegt unter dem Sitz. Früher musste Smoky umständlich Schwarzpulver und gepflasterte Kugeln in den Lauf stopfen.

Aber seit er sich entschloss, das Gewehr für Patronen umbauen zu lassen, geht alles wesentlich schneller.

Natürlich lässt der Oldtimer ab und zu Bemerkungen über diesen neumodischen Kram fallen, doch niemand nimmt sie ernst.

Und jetzt liegt das Gewehr mit dem mächtigen Kaliber unter dem Bock. Smoky tastet nach dem Colt und schüttelt den Kopf. Sicher, hat der Koch den Revolver einmal draußen, vollbringt er, wie fast jeder Cowboy, wahre Wunder mit dem Schießeisen. Aber schnell ziehen, blitzartig schussbereit sein, das können die wenigsten Weidereiter.

»Verfluchter Trottel«, schimpft Smoky mit sich selbst und rennt zum Wagen.

Er schafft es, zerrt das schwere Gewehr unter dem Bock hervor, bevor er langsam durch das hohe Bluegrass zu dem kleinen Wald schleicht.

Ein Dutzend Schritte vor den ersten niedrigen Erlen sinkt der Alte zu Boden. Langsam schiebt er sich weiter, immer darauf bedacht, die hohen Grashalme nicht zu stark zu bewegen.

Endlich hat er es geschafft. In der Deckung einer Weide richtet Smoky sich auf. Behutsam schiebt er sich zwei Inches weiter vor. Jetzt kann er um den Stamm herumspähen, aber nirgendwo ist eine Fährte zu erkennen.

Entweder hockt wirklich ein Fremder zwischen den Büschen, denkt der Alte, oder die Kiowa wollen sich mit mir einen Spaß erlauben. Angestrengt überlegt Smoky, welchen Streich er in den letzten Wochen Big Nose oder einem seiner Krieger gespielt hat, aber er kommt zu keinem Ergebnis.

Also ein Fremder, denkt der alte Koch. Und er hat sich wahrhaftig ein Rind oder ein Kalb unter den Nagel gerissen. Denn jetzt riecht der Alte deutlich den Duft gebratenen Fleisches.

Die Falten um die Mundwinkel vertiefen sich. Doc Smokys blaue Augen wirken auf einmal hart und ernst.

Denn das ist Rinderdiebstahl. Und nur der Teufel weiß, ob dies hier nicht einfach ein Versuch ist. Vielleicht wollen ein paar Halunken rausfinden, wie leicht es ist, im Bluegrass Valley an vierbeinige Beefsteaks zu kommen, für die in jedem Diggercamp eine Menge Gold bezahlt wird.

Aber das wird Smoky den Kerlen versalzen.

Er denkt keine Sekunde daran, dass er vielleicht allein gegen ein halbes Dutzend hartbeiniger Rustler steht. Doc Smoky traut sich eine Menge zu und ist sicher, dass er mit sechs Gegnern auf einmal fertig wird.

Zumindest, wenn er überraschend auftaucht.

Der Alte zieht prüfend den Atem ein. Der Geruch des gebratenen Fleisches hängt nach wie vor in der Luft.

Es hat keinen Sinn, noch länger zu warten. Smoky verlässt die Deckung des Weidenstammes. Behutsam schiebt der Koch Zweige und Äste zur Seite, als er zwischen die Büsche eindringt. Wenn die Kerle nur ein wenig unaufmerksam sind, bemerken sie nichts. Das leise Rauschen der Blätter ist kaum zu hören.

Smoky packt die Sharps fester, als er einen großen, hellen Flecken entdeckt.

Ein Schimmel steht dort. Das Tier hält den Kopf gesenkt und die Lider geschlossen. Der Schimmelhengst schläft. Die Zügel hängen zu beiden Seiten des Kopfes herab.

Ein Stück weiter schimmert das Wasser des kleinen Teiches silbern auf. Und neben diesem Tümpel liegt ein Mann. Er schläft. Das Feuer zu seiner Linken ist niedergebrannt. Ein paar große Fleischbrocken liegen in der Asche. Die Haut des Mavericks hat der Kerl zwischen den Sträuchern versteckt.

Smoky schiebt sich weiter vor.

Der Fremde schläft tief und fest. Smoky geht lautlos um ihn herum und mustert aufmerksam die Haut des Kalbes. Deutlich erkennt der Oldtimer die Ohrmarkierungen.

Also doch Rinderdiebstahl!

Aber der junge Kerl sieht so aus, als hätte er ein paar Pfund Fleisch dringend nötig gehabt. Nachdenklich kratzt sich der Alte mit dem linken Zeigefinger zwischen den spärlichen Haaren, die unter dem Lederhut hervorschauen.

Für ein paar Sekunden kommt Doc Smoky in Versuchung, sich leise wieder zurückzuziehen und weiterzufahren. Der junge Fremde sieht abgerissen aus. Seine Kleidung gehört in einen Waschzuber. Das Gesicht ist eingefallen, und auch der Gaul erweckt den Eindruck, als ob er seit Tagen kein vernünftiges Futter mehr bekommen hat.

Aber dann ruft sich Doc Smoky zur Ordnung. Wie kommt er dazu, einen Maverickdieb einfach laufen zu lassen?

So fängt es an!

Ein Jungtier aus Hunger stehlen. Es dauert nicht lange, bis sich so ein Satteltramp überlegt, wie einfach das doch war. Und dann kommt wie von selbst der Gedanke, sich auf diese Art sein Geld zu verdienen.

Smoky kennt seine Pflicht. Er weiß auch, dass es fast unmöglich ist, das weite Bluegrass Valley ständig zu überwachen. Dazu ist das Tal zu groß. Geschickte Männer können das Valley durchreiten, ohne gesehen zu werden.

Der Oldtimer stellt seine Sharps vorsichtig gegen den Stamm einer Erle und zieht ein paar Rohlederriemen aus der Hosentasche.

Unter den Männern des Westens geht die Legende um, dass ein Texascowboy mit rohledernen Riemen buchstäblich alles wieder zusammenflicken kann.

Aber jetzt dienen sie dazu, den jungen Viehdieb zu fesseln.

Er ist mächtig erschöpft, denn er merkt nichts davon, dass ihm die Hände verschnürt werden. Auch um die Fußgelenke legt Smoky eine Schlinge.

Zufrieden betrachtet der Alte sein Werk und tritt einen Schritt zurück. Er gibt sich keine Mühe mehr, leise zu sein. Der Oldtimer geht zu dem Schimmelhengst. Das Tier hebt den Kopf, öffnet die Lider und prustet leicht, als es die Witterung des Fremden aufnimmt.

Aber es wehrt sich nicht, als Smoky ihm die Vorderfüße hobbelt.

Vielleicht, denkt der Alte, kann ich jetzt noch auf Jagd gehen. Wenn ich mir schnell meine Ausrüstung hole, wer weiß, es könnte klappen.

Ohne auf die Sträucher zu achten, läuft der Koch zum Wagen und kramt die hohe Schüssel hervor, in der er den Pudding transportiert hatte. Mit der Rechten umklammert er einen langen Stab, an dessen Ende er ein engmaschiges Netz befestigt hat. Damit will er die Biester aus dem Wasser holen. Und nur wer die glatte Wand der Schüssel mit einem einzigen Sprung überwindet, hat eine Chance bei Doc Smoky.

Aber als er zum Tümpel zurückgeht, hört er das leise Wiehern des Schimmelhengstes. Seufzend dreht der Oldtimer um und bringt die Sachen wieder zum Wagen.

Denn das Wiehern weckt den jungen Fremden bestimmt.

So ist es auch.

»Verdammt noch mal«, hört Smoky eine Stimme, »wer hat mich zusammengeschnürt? Bei mir ist doch wahrhaftig nichts zu holen.«

Ohne auf das Rauschen der Zweige und Blätter zu achten, marschiert der Koch zum Teich.

Mike erwacht, als sein Pferd wiehert. Ein angenehmes Gefühl geht von Hartfords Bauch aus. In einer instinktiven Bewegung will er sich über den Magen reiben, aber seine Hände bewegen sich nicht.

Verwundert reißt der junge Mann die Lider auf. Ungläubig starrt er auf die Lederriemen, die seine Gelenke umschlingen.

Und dann sagt er jenen Satz, den Doc Smoky hört.

Mike schüttelt den Kopf. Gewaltsam versucht er, die rohledernen Schnüre zu zerreißen. Sie halten so fest wie eiserne Handschellen.