Skull-Ranch 126 - Dan Roberts - E-Book

Skull-Ranch 126 E-Book

Dan Roberts

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Beschreibung

Es sind zähe Burschen, die Skull-Rancher John Morgan mit einer Rinderherde nach Kansas schickt. Chet Quade, der ehemalige Revolverkämpfer und jetzige Vormann, führt den Trail an. Und schon bald muss er die erste Feuerprobe bestehen: Eine Rotte abtrünniger Indianer ist hinter ihnen her.
Aber es soll noch schlimmer kommen. Blutige Meilen liegen vor ihnen, und in Dodge City ist ihr Höllentrail immer noch nicht zu Ende. Dort wollen die Rancher den Rinderkrieg...


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Inhalt

Cover

Rinderkrieg

Vorschau

Impressum

Rinderkrieg

von Dan Roberts

Es sind zähe Burschen, die Skull-Rancher John Morgan mit einer Rinderherde nach Kansas schickt. Chet Quade, der ehemalige Revolverkämpfer und jetzige Vormann, führt den Trail an. Und schon bald muss er die erste Feuerprobe bestehen: Eine Rotte abtrünniger Indianer ist hinter ihnen her.

Aber es soll noch schlimmer kommen. Blutige Meilen liegen vor ihnen, und in Dodge City ist ihr Höllentrail immer noch nicht zu Ende. Dort wollen die Rancher den Rinderkrieg...

In den Büschen rauscht es, zerfetzte Blätter und Zweige fliegen durch die Luft, und dann dröhnt das urwelthafte Brüllen des mächtigen Bullen durch das weite Tal.

Shorty reißt die Zügel zur Seite. Das Weidepferd dreht sich, stemmt in Erwartung des Angriffes alle viere in den Boden, aber der gewaltige Stier steht reglos zwischen den Sträuchern.

»Das ist er!«, brüllt der kleinwüchsige Cowboy begeistert. »Das ist unser Leitstier! Holt ihn euch, Jungs. Loooos, kreist ihn ein, packt ihn am Schwanz und bringt ihn her!«

Das Geschrei des Kleinen bringt alles durcheinander.

Fünf Reiter reißen ihre Pferde herum und lassen sechs Dutzend gehörnter Tanten einfach davonsausen. Die Viecher waren genau richtig für den langen Trail nach Kansas, aber die Cowboys wissen, dass ein guter Leitbulle mehr wert ist als dreihundert Schlachtrinder.

Brazos gibt seinem starken Wallach die Zügel frei. Der schwere Cowboy, der früher mal Hufschmied war, kann sich auf seinen kleinen Freund verlassen. Brazos weiß, dass Shorty den richtigen Stier gefunden hat, wenn er so ein Geschrei anstimmt. Jetzt kommt es nur noch darauf an, diesen Bullen an die Kette zu legen, ihn zum wahrhaftigen Anführer der Herde zu machen, die aus dem Bluegrass Valley nach Kansas trailen soll.

Drei Cowboys lenken ihre Pferde in weitem Bogen hinter den Stier. Der Wind steht günstig. Er weht genau auf den massigen Toro zu. Er wittert nur die Angreifer, die sich in Sichtweite nähern.

Als die Angreifer, die Feinde auf den Pferden, nur noch zwei Dutzend Längen entfernt sind, springt der Stier mit allen vieren zugleich hoch und dreht sich dabei. Wie eine gewaltige Maschine aus Muskeln donnert er durch das Strauchwerk, reißt Büsche und kleine Bäume um, wirft mit den Hufen große Grassoden hoch und lässt die Reiter nur den steil aufgerichteten Schwanz sehen.

Die Cowboys grinsen und lachen laut. Denn der Toro wird der Überraschung seines Lebens begegnen.

Als er den Buschgürtel hinter sich gebracht hat, stemmt er plötzlich die Vorderhufe in den Boden. Länger als drei Yards reißt der Stier die Grasnarbe auf. Schwerfällig pendelt sein Kopf hin und her. Die nadelscharfen Hornspitzen fetzen Zweige von einer jungen Gelbkiefer.

Shorty lacht meckernd und ruft: »Pech gehabt, was Toro? Jetzt haben wir dich. Pass mal auf, gleich bist du in der Schlinge.«

Die Wurfseile schwirren durch die Luft. Erschreckt springt der Bulle einen Schritt zurück, aber mit seinen Vorderläufen tritt der genau in zwei liegende Ovale. Die Reiter zerren an den Zügeln, reißen die Pferde zur Seite, und die Seile straffen sich.

Brüllend fällt der Stier zu Boden. Immer noch versucht das Tier, mit seinem Kopfschlenkern die Hörner als Waffe einzusetzen, aber die Spitzen reißen nur das Moos vom Boden.

Der Toro ist besiegt.

»Seid nur vorsichtig mit ihm«, brüllt Brazos, der von der anderen Seite heranreitet. »Wir brauchen diesen Kerl. Er wird unsere Herde nach Kansas führen. Er ist ja ein richtiger King, und die gehörnten Tanten hören auf ihn, folgen ihm, wenn er an der Spitze marschiert.«

»Wenn«, sagt Slick skeptisch, »ich denke, dass der alte King jede Gelegenheit ausnutzt, die er sieht. Er denkt doch gar nicht dran, sich als Leitstier benutzen zu lassen. Der hat doch seine eigenen Ideen von einem feinen Leben.«

Slick ist ein Cowboy aus dem Süden. Irgendwie verschlug es ihn nach Colorado, in die Goldfelder. Aber Reichtum erwarb Slick dort nicht. Es langte nicht mal zu einem ordentlichen Leben. Also gab er auf und suchte sich einen Job, von dem er was verstand.

John Morgan und Chet nahmen den jungen Reiter sofort. Nach wenigen Minuten im Sattel, nach wenigen Minuten bei den halbwilden Longhorns wussten die Skull-Männer, dass Slick ein hervorragender Cowboy war.

Und er fühlt sich wohl bei diesen harten Kerlen, die aus dem Bluegrass-Valley so etwas wie eine Heimat, ein Stück Zivilisation geschaffen haben.

»Slickboy«, sagt Brazos mit seiner Bassstimme, »seine Einfälle treiben wir ihm schon aus. Wenn ich ihn zwischengenommen habe, weiß er, wer der Boss ist.«

Slick schaut zu Brazos hinüber. Der schwere Mann wirkt zwar wie ein Berg aus Fleisch und Blut, aber dass er einen solchen Stier bezwingen kann, das glaubt der junge Reiter nun doch nicht.

Brazos sitzt ab und geht schräg von vorne auf den Bullen zu. Der King röhrt wütend, will sich befreien, schafft es aber nicht.

Misstrauisch, aus blutunterlaufenen Augen, betrachtet er den massigen Zweibeiner. Als Brazos in die Nähe der weit ausladenden Hörner gelangt, setzt der Bulle seine Waffen ein. Geschickt biegt der schwere Mann den Oberkörper zurück. Kaum einen Inch vor seinem blaukarierten Hemd fährt das nadelspitze Horn durch die Luft.

»Komm schön, mein Kleiner«, sagt Brazos einschmeichelnd, und das klingt bei seinem Organ, als rolle Donner über die Gipfel der Rockies.

»Du bekommst von mir einen feinen Nasenring verpasst, du kleines Zuckerbüllchen. Das muss nämlich sein, sonst haben wir nichts, woran wir die Leine befestigen können, Honigschlecker. Komm schön zum guten Brazos...«

Eigentlich will der Stier überhaupt nicht hinter dem großen Mann herlaufen. Das Tier wittert, ahnt, dass es ihm nicht besonders gut ergehen wird. Dennoch folgt er Brazos. Einmal lockt die einschmeichelnde Stimme den Stier, und zum anderen holt Brazos jetzt aus der Tasche seiner Jacke einen kleinen Brocken Salz und reibt sich erneut die Hände damit ein.

Slick schlägt sich vor die Stirn, als er das sieht, und schimpft sich innerlich einen Narren. Natürlich! Salz bringt den Bullen dazu, hinter dem verhassten Zweibeiner herzulaufen wie ein Hund hinter seinem Herrn.

Bald wird Brazos ihm den Nasenring anlegen, und das Spiel ist gewonnen.

Als Doc Smoky, der Koch, vom Chuck-Wagen her ruft, lenken die Reiter ihre Pferde zum Feuer und sitzen ab.

Erwartungsvoll hocken sich die Cowboys auf die Hacken. Aber Doc Smoky macht keine Anstalten, das Essen zu verteilen.

»Wenn du nicht sofort anfängst«, droht Brazos, »bekommst du genauso einen Nasenring wie unser Leitstier.«

»Er wartet noch auf jemand«, sagt Shorty und deutet auf die drei Teller, die auf der Klappe des Chuckwagons stehen.

Brazos stöhnt und murmelt: »Auch das noch! Was in diesen zwei kleinen Töpfen ist, reicht gerade für mich alleine. Dieser verrückte Suppenbrater von Smoky will 'ne ganze Schwadron damit versorgen. Ich seh's schon, ich muss nachher mit knurrendem Magen weiterschuften.«

»Spiel dich nicht so auf«, antwortet der Alte freundlich. »Ich wette meinen Hut, dass du satt wirst.«

Ungläubig starrt Brazos den faltengesichtigen Koch an und schüttelt den Kopf. Der schwergewichtige Cowboy glaubt nicht, was er hört. Misstrauisch blickt er zu den Dutch-Öfen und kratzt sich am Kinn, dass die Bartstoppeln knistern.

»Wenn du die Dinger bis zum Rand mit Suppe gefüllt hast«, droht Brazos, »ersäufe ich dich in dem Zeug.«

Smoky lässt sich auf nichts ein. Er zeigt grinsend seine gelben Zähne und wirkt auf die Männer am Feuer wie ein Muli.

»Reiter kommen«, sagt Shorty auf einmal und steht auf.

Auch Smoky wird lebendig, schnellt hoch, späht nach Nordwesten und stiefelt zum Küchenwagen hinüber. Der Koch hantiert geschickt und schnell mit seinen Vorräten. Es duftet durchdringend nach frischem Salbei.

Brazos verzieht sein Gesicht zu einem erwartungsvollen Grinsen. Der Cowboy ahnt jetzt, was Doc Smoky für sie alle vorbereitet hat.

Und als John Morgan, seine Tochter Mary-Lou und Chet Quade ihre Tiere am Round-up Camp zügeln und absitzen, verteilt Smoky bereits die Salbei-Omeletts auf die Blechteller. Frisches, selbstgebackenes Brot und grüner Salat aus Mary-Lous Küchengarten runden die Beilagen ab.

Als Smoky danach den Deckel des ersten Dutch-Ofens abhebt und dicke Scheiben Fleisch rausholt, grunzt Brazos selig.

»Hallo, Jungs«, sagt John Morgan lächelnd, als er die verklärten Gesichter seiner Weidereiter sieht. »Das ist euer Abschiedsessen. Smoky war der Meinung, ihr müsstet vor dem Trail nach Kansas noch mal richtig verwöhnt werden. Lasst es euch schmecken.«

Wie selbstverständlich hocken sich der Boss, seine Tochter und der Vormann Chet ans Feuer und nehmen ihre Teller in Empfang. Solange sie alle essen, den sogenannten Armen Mann vertilgen, sagt niemand ein Wort. Eigentlich ist dieses Gericht ein Ranch-Essen, denn es erfordert eine Menge Vorbereitungen.

Brazos stöhnt nach einer Weile und nach der dritten Portion und sinkt langsam gegen das Rad des Küchenwagens. Der Dicke ist satt!

Chet steht auf, mustert die Männer und sagt: »Wir brechen morgen früh auf, Leute. Die Pferderemuda steht bereit. Und ihr seid ja auch fertig, wie ich sehe.«

»Der Leitstier«, wirft Brazos ein, »er hat sich noch nicht richtig an uns gewöhnt. Shorty fand den King erst heute Morgen.«

Morgan sieht den Kleinen fragend an.

»Er schafft es schon«, sagt Shorty wegwerfend, »wenn der Boss will, dass wir morgen trailen, dann machen wir das. Wenn wir die gehörnten Teufel den ganzen Tag gejagt haben, sind sie abends fertig. Dann hat sich auch der Bulle eingewöhnt.«

John Morgan weiß inzwischen eine Menge über Rinder. Aus dem ehemaligen Baumwollpflanzer aus Alabama ist im Laufe der Zeit ein Mann mit Rinderverstand geworden.

»Sehen wir uns mal an, was ihr zusammengetrieben habt«, sagt der Boss.

Der Boss und sein Vormann umreiten die Herde, zählen die Tiere und sind zufrieden.

»Achthundertsiebzig gehörnte Teufel«, sagt Quade. »Selbst wenn wir nur siebenhundert nach Dodge bringen, hat sich das Jahr für dich gelohnt, John.«

»Ja, auf jeden Fall«, erwidert Morgan nachdenklich, »dazu kommen die Dollars und Vorräte, die wir in den Diggercamps und Golden City eintauschen. Chet, uns geht's gut. Mary-Lou zieht in ihrem Garten unser Gemüse selbst. Smoky hält sich Hühner und Bienen und seine Mais- und Weizenäcker gedeihen.«

Der Rancher hat allen Grund, zufrieden zu sein. Wenn jetzt noch diese Herde ohne große Verluste in Kansas ankommt, hat John Morgan einen schönen Gewinn erwirtschaftet.

»Zufrieden?«, fragt Brazos, als Chet und der Boss ihre Tiere wieder am Feuer zügeln.

Der Dicke säubert mit den Fingern die Puddingschüssel und blinzelt den Boss an.

»Voll und ganz«, antwortet Morgan, »Chet bleibt bei euch. Am frühen Abend bringen Sam und Jimmy Twodance die Pferde. Wann brecht ihr auf?«

»Sobald die Sonne aufgeht«, antwortet Shorty. »Wir jagen die Tanten drei Tage durch die Gegend, dass sie abends vor Müdigkeit nicht mehr aus den Augen sehen können. Anschließend treiben wir langsamer.«

Chet sondert sich von den anderen ab. Er geht mit Mary-Lou von der Herde weg. Lächelnd sehen die Cowboys und Smoky den beiden nach. Für die Männer der Ranch ist es beschlossene Sache, dass Chet und John Morgans Tochter heiraten werden.

John Morgan verabschiedet sich von seinen Reitern.

»Ich möchte euch alle gesund und munter wiedersehen«, sagt der Boss nachdrücklich. »Wenn aber einer in Dodge das große Jucken in den Füßen verspürt, so kann er sich von Chet auszahlen lassen. Ihr wisst, dass ihr hier immer einen Job bekommt. Aber ich verstehe auch, dass ihr wissen wollt, wie die Welt woanders aussieht.«

Mary-Lou und Chet kommen zurück.

»Sechs bis acht Wochen brauchen wir bis Dodge«, sagt Chet laut. »Eine Woche Erholung fürs Vieh, zwei für den Ritt zurück. Girly, in drei Monaten sehen wir uns wieder. Lass dich nicht von einem steinreichen Digger einfangen.«

Mary-Lou lächelt, als sie antwortet: »Und lass du die Finger von den aufgeputzten Saloongirls in Dodge. Wehe du brennst mit so einer gepuderten Schlange durch. Ich verfolge dich bis ans Ende der Welt.«

»Keine Sorge«, ruft Brazos dröhnend, »ich passe schon auf diesen komischen Indianer auf. Wenn er Unsinn macht, bekommt er 'nen Schlag ans Kinn und schläft drei Tage.«

Shorty verzieht besorgt sein Gesicht und sagt laut: »Wie willst du das machen? Sobald du in Dodge den Whisky riechst, drehst du ja wieder durch. Wir alle werden Mühe haben, dich vom Zertrümmern einiger Saloons abzuhalten.«

Brazos ist beleidigt und erzählt Shorty haargenau, was er von ihm hält, welchen Tierarten seine Vorfahren angehörten und andere schöne Dinge mehr.

Mary-Lou kennt den rauen Ton unter den Freunden. Sie sitzt auf, schaut Chet noch einmal lange an und gibt ihrem Pferd die Zügel frei. John Morgan und seine Tochter reiten zur Ranch zurück.

Die Nacht verläuft ruhig. Abwechselnd umkreisen die Cowboys die Herde, die sie vor Stunden in Schlaf gesungen haben. Sie wollen die Rinder an die ständige Anwesenheit von Menschen gewöhnen. Selbst der Leitstier gibt sich zahm und friedlich.

Am frühen Abend trieben Jimmy Twodance, der sommersprossige junge Reiter und ein anderer Cowboy zwei Dutzend Pferde zum Lagerplatz. Jeder Mann muss während des Treibens drei Reittiere zur Verfügung haben, denn die Arbeit ist nicht nur für die Reiter, sondern auch für die Pferde aufreibend und hart.

Doc Smoky ist lange vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Er heizt das Feuer an, kocht Kaffee und bereitet ein kräftiges Frühstück.

Jimmy und Sam nehmen die Brandeisen und übrigen Werkzeuge mit zur Ranch zurück.

»Raus aus den Decken«, schreit Smoky, als er das Frühstück fertig hat. »Ihr faulen Halunken, wir treiben heute. Raus, los, wenn ihr nicht in zwei Sekunden mit euren Kaffeebechern vor mir steht, schütte ich alles weg.«

Er braucht seine Drohung nicht wahrzumachen. Shorty und Brazos steckt noch das Treiben in den Knochen. Wer einmal einen Trail von Texas nach Kansas mitgemacht hat, wird in einer ähnlichen Situation sofort reagieren.

Hastig nehmen die Männer ihr Frühstück ein.

Dann ist es endlich soweit.

Smoky muss mit seinem Wagen eine gute Meile vor die Herde gelangen, will er nicht den Staub schlucken. Deswegen fährt der Koch immer voraus. Er braucht außerdem die Zeit, bis die Herde eintrifft und von den Cowboys zur Ruhe gebracht wird, um das Essen zu kochen.

Chet reitet noch weiter vorne. Er sucht als Trailboss den günstigsten Weg und sucht den Lagerplatz aus.

Harry treibt die Pferde neben der Herde her. Wenn es für ihn haarig wird, kann er Tim zu Hilfe rufen. Shorty führt den Leitbullen. Brazos und Slick sind nur für die Herde da. Tim bringt die Ausreißer zurück und macht den Schlussmann, wenn er nicht bei den Pferden helfen muss.

Smoky lenkt seinen Küchenwagen an Quade vorbei und hebt kurz die Hand.

Chet verlässt sich auf den Oldtimer. Er wird als alter Rindermann schon den richtigen Trail finden.

Etwa dreißig Meilen müssen die gehörnten Viecher heute laufen, damit sie sich an das neue Leben gewöhnen. Drei oder vier Tage geht es in diesem Tempo weiter. Danach sind die Longhorns fertig und wissen, was sie von nun an jeden Tag zu tun haben.

»Wie lange brauchen wir durch die Berge?«, fragt der Vormann den erfahrenen Oldtimer.

»Die Biester sind gut im Fleisch und kräftig«, antwortet Smoky. »Ich schätze, dass wir in anderthalb Wochen flaches Land erreichen.«

Chet nickt und denkt an Big Nose und seine Kiowa. Der Häuptling ist vor mehr als vierzehn Tagen mit dem Großteil seiner Krieger davongeritten. Sicher führt der schlitzohrige Chief seine Männer wieder auf einen Raubzug weit entfernt vom Bluegrass Valley. Quade wäre wohler, wenn die Kiowa in der Nähe lagerten. Er hat so das Gefühl, dass sie mit streifenden Indianerbanden Ärger bekommen werden.

Aber noch ist es nicht so weit.

Einige Meilen weiter bemerkt Shorty Chets besorgtes Gesicht.

»Was ist los?«, will er wissen, »alles läuft doch wie geschmiert.«

Quade antwortet ernst: »Ich habe ein schlechtes Gefühl, Shorty. Sicher, es läuft wie geschmiert, aber meiner Meinung nach bleibt es nicht so. Es geht zu glatt, verstehst du? Die Rinder, sie sind das freie Grasen im Bluegrass Valley gewohnt. Jetzt aber marschieren sie hinter dem Bullen her, als hätten sie nie was anderes getan.«

»Das sind eben besondere Viecher«, antwortet Shorty überzeugt. »Sie wissen, was sie tun sollen.«

Quade schüttelt den Kopf. Die Unruhe in dem indianerhaften Vormann bleibt bestehen. Er hat in den Jahren seines Lebens als Revolverkämpfer gelernt, auf solche Warnungen seiner Gefühle zu achten.

Immer wieder beobachtet er die Berge, die kahlen Gipfel der Rockies, immer wieder mustert er die dichten Wälder an den Hängen, die hunderten von Gegnern Deckung bieten können.

Aber Chet weiß auch, dass die Herde noch zu nahe am Tal marschiert. Kein Rustler, kein Bandit wird jetzt angreifen.

Obwohl nichts auf irgendwelche Gegner hinweist, spürt Chet, dass die Herde beobachtet wird. Er benimmt sich wie ein Trailboss, lässt sich nicht anmerken, dass er die Feinde förmlich wittert und gewarnt ist.

Als der Vormann abermals die Spitze mit Shorty und dem Leitstier erreicht, stampfen die Hufe des Bullen bereits den ansteigenden Weg zum Ostpass hinauf.

»Wie weit schaffen die Biester es heute noch?«, fragt Quade.

Shortys Antwort kommt so schnell, als hätte er sich das schon vorher überlegt.

»Hinter dem Pass erreichen wir den schmalen Trail«, sagt der Kleine. »Dort kommen wir nur langsam voran. Aber dieses Stück ist nur zwei Meilen lang, Chet. Danach geht es besser. Ich denke an die Senke mit dem flachen, breiten Creek, was meinst du?«