Sky-Navy 25 - Durchbruch nach Shanyar - Michael Schenk - E-Book

Sky-Navy 25 - Durchbruch nach Shanyar E-Book

Michael Schenk

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Beschreibung

Die Serie "Sky-Navy" bietet spannende Unterhaltung im Bereich der Science Fiction. In einer fernen Zukunft stellen sich die Sky-Navy und die Sky-Trooper fremden Völkern und spannungsgeladenen Abenteuern, bei denen das Militär vor allem eine Aufgabe erfüllt - dem Leben zu dienen und Konflikte zu beenden. Schenk bietet dabei faszinierende Einblicke in fremde Kulturen und versieht seine Action immer auch mit einer Prise Humor.

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Seitenzahl: 293

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Michael Schenk

Sky-Navy 25 - Durchbruch nach Shanyar

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Was bisher geschah

Kapitel 2 Auf dem Marsch

Kapitel 3 Offensive Erkundung

Kapitel 4 Luftpatrouille

Kapitel 5 Unerwartet

Kapitel 6 Nase an Rüssel

Kapitel 7 Taktische Planung

Kapitel 8 Ablenkungsmanöver

Kapitel 9 Das menschliche „Schleichschiff“

Kapitel 10 Bereitschaft

Kapitel 11 Im Anflug

Kapitel 12 Zuständigkeiten

Kapitel 13 Die Sturzboote

Kapitel 14 Morgen-Rapport

Kapitel 15 Das Schiff auf dem Mond

Kapitel 16 Die Verborgenen

Kapitel 17 Kontaktsuche

Kapitel 18 Im Sturm

Kapitel 19 Tod aus der Luft

Kapitel 20 Sammeln

Kapitel 21 Eine Frage des Vertrauens

Kapitel 22 Planänderung

Kapitel 23 Unerwartet

Kapitel 24 Spähende Augen

Kapitel 25 Eine Stätte des Todes

Kapitel 26 Steinschlag

Kapitel 27 Die Guerillas von Shanyar

Kapitel 28 Abberufung

Kapitel 29 Eine Frage des Standpunkts

Kapitel 30 Heimlichkeiten

Kapitel 31 Vorbereitungen

Kapitel 32 Datentransfer

Kapitel 33 Schnell und unsichtbar

Kapitel 34 Ankündigung

Kapitel 35 Homepage www.sky-navy.de

Kapitel 36 „Sky-Troopers“ ‒ Als e-Book oder Print

Impressum neobooks

Kapitel 1 Was bisher geschah

Sky-Navy 25

Durchbruch nach Shanyar

Military Science Fiction

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2022

Aus der bislang geheimen Verschwörung von Angehörigen der Veteranenorganisation CoBRA und kolonialen Kräften ist mit der Besetzung der Welt Shanyar ein offener Krieg geworden. Der Abbau der wertvollen Hiromata-Kristalle könnte den Feinden des Direktorats einen entscheidenden Vorteil bringen, denn interstellarer Verkehr und interstellare Kommunikation sind in erheblichem Umfang von diesen Kristallen abhängig, die beides ohne Zeitverlust ermöglichen. So bleibt den Streitkräften der Sky-Navy und der Sky-Cavalry keine andere Wahl, als den Planeten mit allen Mitteln zurückzuerobern.

Inzwischen suchen die überlebenden Sky-Troopers unter Captain Peter Custer die Hilfe der intelligenten Einheimischen, um mit ihnen einen Guerillakrieg gegen die Besatzer durchzuführen, während man im High-Command überlegt, wie man ihnen Verstärkung schicken und den Feind bezwingen kann.

Kapitel 2 Auf dem Marsch

E-Troop, 7th Sky-Cavalry, auf dem Marsch entlang der Westküste des Hauptkontinents

„Verdammt, Custer, wir marschieren jetzt schon eine Woche am Ufer der Küste entlang … Wo sind die verfluchten Landsiedlungen der Shanyar, die Sie uns ständig so vollmundig ankündigen, hä?“

Die Nerven des Archäologen Doktor Kasim lagen blank. Wie ihm ging es vielen der zivilen und militärischen Wissenschaftler, die vor Wochen aufgebrochen waren, um die Ruinen einer verfallenen Siedlung des Konzerns United Mining Industries zu untersuchen.

Einst hatte UMI den Planeten Shanyar illegal ausgebeutet und dadurch im Krieg mit den einheimischen Bewohnern gelegen. Als zusätzlich der erste koloniale Krieg zwischen der Solaren Föderation und den freien Kolonien ausbrach, wurden Belegschaften und Sicherheitsteams von UMI isoliert und von allem Nachschub abgeschnitten. Der Niedergang der menschlichen Siedlung wurde vom technischen Aufstieg der Shanyar begleitet und so endete die Zeit der Vorherrschaft von UMI. Inzwischen war das Direktorat als demokratischer Nachfolger der Föderation gegründet worden und die Notlandung eines Testschiffes der Sky-Navy führte zum Ende des viele Generationen währenden Konfliktes.

Für Jahre herrschte auf Shanyar Frieden. Die Menschen erhielten die Erlaubnis, auf dieser Welt eine kleine militärisch-wissenschaftliche Forschungsstation zu unterhalten. Von dieser war die Expedition zur Untersuchung der Ruinen aufgebrochen, doch alles kam anders, als es sich die Wissenschaftler und die Eskorte aus Sky-Troopern vorgestellt hatten.

Erneut kam der Krieg nach Shanyar. Diesmal in Gestalt der Streitkräfte von Kolonien, die sich gegen das Direktorat erhoben hatten. Sie besetzten den Planeten, ermordeten die ahnungslose Besatzung der Station und schnitten damit die Mitglieder der Expedition von jedem Nachschub ab.

Doktor Kasim war der wissenschaftliche Leiter und stand rund sechzig Männern und Frauen vor, welche zum zivilen Personal gehörten und deren einziger Schutz derzeit aus den Sky-Troopern des E-Troops der siebten Raumkavallerie bestand, die von Captain Peter Custer kommandiert wurden.

Sie alle waren Überlebende und sie alle hofften, auch weiterhin am Leben zu bleiben, obwohl die Maschen des Netzes, das der Feind über den Planeten geworfen hatte, immer enger gezogen wurden.

„Doktor, keiner von uns ist begeistert davon, am Meer entlangzumarschieren“, sagte Custer in versöhnlichem Tonfall. „Eigentlich hätten wir längst eines der Küstendörfer der Shanyar erreichen sollen, aber offensichtlich sind unsere Karten in diesem Punkt nicht sehr genau.“

„Nicht sehr genau?“, knurrte der Archäologe. „Himmel, Custer, meine Leute sind erschöpft und hundemüde. Die tragen nicht so hübsche Klimaanzüge wie Ihre Militärs und können auch keine bionische Verstärkung benutzen. Haben Sie eigentlich gesehen, wie zerstochen und verbissen die meisten von uns sind?“

Custer war selbst müde und bemühte sich, Verständnis zu zeigen. Dennoch musste er wohl einige Dinge klarstellen. „Doktor, die Klimaanlagen unserer Kampfanzüge werden nur ab und an aktiviert, weil man es sonst in den Panzern einfach nicht aushält. Kampfanzüge bestehen nun einmal nicht aus atmungsaktivem Stoff wie die Overalls Ihrer Leute. Aber wir schalten die Regler nur sporadisch ein, weil wir Energie sparen müssen. Daher gilt das Gleiche auch für die bionische Verstärkung. Natürlich tragen Ihre Leute ebenfalls Gepäck, aber die schweren Transportbehälter stemmen meine Troopers. Das geht mitunter nicht ohne Kraftverstärkung.“ Custer lächelte erschöpft. „Wenn Sie Wert darauf legen, die Verstärkung vollends abzuschalten, dann werden wir einige der schweren Ausrüstungsteile zurücklassen müssen.“

„Verdammt“, fluchte Kasim inbrünstig. Sein Gesicht entspannte sich ein wenig. „Himmel, Custer, ich war vielleicht nicht ganz gerecht. Tut mir leid.“

„Schon gut, Dok, wir sind alle ziemlich am Ende und könnten eine längere Pause gebrauchen. Das Problem ist nur, dass wir von unseren Vorräten zehren, ob wir nun marschieren oder eine Rast einlegen.“

„Hier am Ufer des Meeres ist dessen Wasser von Trinkwasserqualität“, meinte Kasim. „Was an unerfreulichen Bestandteilen enthalten ist, können wir rausfiltern. Außerdem haben wir schon gejagt und essbare Pflanzen gesammelt.“

„Nichts für ungut, Dok, ich gebe Ihnen ja Recht, aber um fast hundertvierzig Leute zu versorgen, da braucht es eine Menge Zeug. Gut, ich will ganz offen sein … Als wir beim letzten Camp Vorräte für einen Tag gesammelt und erjagt haben, da benötigten wir dafür einen ganzen Tag. Ohne die Zeit, die wir aufwenden müssen, um das erlegte Wild auch genießbar zu machen.“

„Sie meinen also, dass unsere Vorräte schneller schrumpfen, als wir sie ergänzen können?“

„Darauf läuft es hinaus.“

„Verdammt, Custer, warum haben Sie mir das nicht längst gesagt?“

„Die Stimmung ist schon mies genug und ich hoffe jeden Tag darauf, endlich eines der Küstendörfer zu finden.“

„Dass es so ernst um uns steht …“ Kasim stieß einen vernehmlichen Seufzer aus. „Jetzt rächt es sich wohl, dass wir keine genauen Karten haben, nicht wahr?“

„Na ja, die Karten sind absolut exakt, was die topografischen Gegebenheiten angeht, aber aus Sicherheitsgründen wurden bestehende Siedlungen unserer einheimischen Freunde nicht eingetragen. Grundgütiger, Dok, jedem wurde ein Teil seines Gedächtnisses gelöscht, wenn seine Zeit auf Shanyar um war.“

Kasims Grinsen wirkte ein wenig kläglich. „Viel genutzt hat es ja nicht, sonst wären unsere neuen ‚Freunde‘ nicht hier.“

„Yeah, würde mich brennend interessieren, wie die Rotstreifen an die Info über Shanyar herangekommen sind“, gab der Captain zu. Custer nannte die kolonialen Invasionskräfte „Rotstreifen“, da an ihren Raumschiffen und Fahrzeugen sowie den Uniformen ein breites rotes Band zu sehen war.

Doktor Kasim warf einen langen Blick um sich und seufzte abermals, während er sich ausgiebig die Brust kratzte. Den Einteiler, der gleichermaßen Arbeitsoverall und leichter Raumanzug war, hielt er bis zum Bauchnabel geöffnet. Auf seiner Haut stand Schweiß, der nur widerwillig zu trocknen schien.

Sky-Troopers und Zivilisten waren nun eine knappe Woche an der Süd- und dann der Westküste des Hauptkontinents von Shanyar entlangmarschiert. Der manchmal kilometerbreite Uferstreifen bestand überwiegend aus Sand und einigen Felsbrocken und schien kein Ende zu haben. Links lag das Meer, rechts der Dschungel, der die Küste vom Inneren des Kontinents trennte. Dort wurde das Land von riesigen Ebenen und Wäldern beherrscht, deren scharfkantiges Gras bis über Mannshöhe wuchs.

Custer hielt die Truppe am Ufer, denn hier war ein leichteres Vorankommen möglich und gelegentlich brachte eine frische Meeresbrise etwas Linderung von den schwül-heißen Tagestemperaturen. Es gab jedoch noch zwei weitere gute Gründe, sich an der Küste zu bewegen. Zum einen war der Dschungel nahe, in dem man notfalls Sichtschutz vor den gelegentlichen Luftpatrouillen des Feindes fand, und zum anderen gab es hier Siedlungen der Shanyar. Auch wenn deren Lage nicht genau bekannt war, musste man früher oder später auf sie stoßen.

Im Augenblick rastete man.

Obwohl er lieber keine weitere Zeit verloren hätte, sah sich Custer in der Pflicht, der Kolonne etwas Ruhe zu gönnen. Zivilisten und Troopers hatten im Schutz der vorderen Bäume ein paar Zelte errichtet. Von Bewaffneten geschützte Gruppen waren im näheren Umfeld unterwegs, um Essbares aufzutreiben. Die Definition hierfür war weit gesteckt. Was sich nicht vehement wehrte, nicht die Haut oder den Gaumen verätzte und seinerseits keine Anstalten machte, die Menschen als Appetithappen zu sehen, galt inzwischen als genießbar.

Auch nach dem Holz einer ganz bestimmten Pflanze wurde gesucht, welches rauchlose Feuer ermöglichte. Wer nicht damit beschäftigt war, nutzte die Gelegenheit, die Kleidung in der schwachen Dünung des Meeres oder auch sich selbst zu säubern. Sogar hier hielten Sky-Troopers mit schussbereiten Karabinern Wache, denn das Meer besaß seine eigenen und keineswegs nur harmlosen Bewohner.

Nahe am Ufer stand einer der Filtertanks, dessen gereinigter Inhalt bald in Kanister umgefüllt werden sollte. Kasim hatte sicher recht, wenn er meinte, dass zumindest an Trinkwasser so schnell kein Mangel entstehen würde.

„Kein Rauch“, meinte Kasim übergangslos.

Custer sah ihn irritiert an. „Rauch?“

„Nun, diese Shanyar beherrschen doch die Dampftechnik. Dennoch haben wir, seitdem wir die Küste erreichten, keine einzige Rauchfahne bemerkt. Ich meine, die Shanyar treiben ja schließlich Handel untereinander, nicht wahr? Da müssten wir doch zumindest ab und zu eine Rauchfahne von einem ihrer Dampfer sehen können. Schließlich werden sie doch wohl in Sichtweite der Küste vorbeifahren. Eine Küstenlinie ist doch für einen Wasserbefahrer ein guter Orientierungspunkt, finde ich.“

„Da dürften Sie recht haben. Dennoch glaube ich nicht, dass wir so bald eine Rauchfahne sehen werden. Luftpatrouillen, Dok.“

„Oh.“ Kasim schwieg einen Moment. „Ja, die würden den Rauch ja sehen. Hm, glauben Sie, die Shanyar wissen inzwischen, was hier läuft?“

„Davon gehe ich aus. Die landenden Raumschiffe und die Luftpatrouillen der Rotstreifen sind kaum zu übersehen.“

„Kontakt!“, rief eine der Wachen in Ufernähe. „Mein Sensor hat einen Scanner erfasst. Ungefähr Zwei-Fünf-Acht, vom Süden und über dem Meer. Höhe und Entfernung unbekannt!“

Die simplen Kompasse der Expeditionsteilnehmer waren auf die magnetischen Pole Shanyars eingestellt und einige sahen automatisch auf die kleinen Geräte, um die Meldung nachvollziehen zu können.

„Alle unter die Bäume, Wärmequellen abdecken!“, rief First-Lieutenant John Thunder-Elk prompt, der im Augenblick die Aufsicht über das provisorische Lager innehatte. „Bewegung, Leute, Bewegung!“

Augenblicklich unterbrachen alle ihre derzeitigen Tätigkeiten und hasteten unter die vorderen Bäume. Zwei oder drei der rauchlosen Feuerstellen wurden abgelöscht, damit sie keine stärkeren Wärmeechos abgaben als die Umgebung. Für die Menschen galt dieses Risiko zum Glück nicht, da die Außentemperaturen am Tage einfach zu hoch waren.

Custer und Kasim rannten Seite an Seite in den Schutz des Dschungels. Die Wache, die den Alarm ausgelöst hatte, war einer der letzten Schutzsuchenden. Der Trooper hatte seinen Helm noch geschlossen und kommunizierte über Mikrofon und Lautsprecher mit den Umstehenden, da er so die passiven Sensoren seines Helms und dessen taktisches Display nutzen konnte.

Custer und Thunder-Elk besaßen Offiziershelme mit doppelter Reichweite, doch sie beide schonten ihre Energie-Packs und verließen sich auf die Angaben des Postens.

„Relativ massives Objekt aus Zwei-Fünf-Acht, mit Kurs auf uns, Sir“, berichtete der Mann mit leiser Stimme. „Es ist größer als eine Luftpatrouille. Könnte ein kleiner Frachter oder ein FLV sein.“

„Kurs auf uns?“, ächzte Kasim besorgt. „Haben die uns entdeckt?“

„Glaube ich nicht“, antwortete der Captain. „Unsere passiven Sensoren kann man nicht anmessen und die Hitzequellen haben wir neutralisiert. Schätze, es ist Zufall, dass er in unsere Richtung kommt.“

Custer war in Versuchung, seinen Helmscanner zu benutzen, beherrschte sich aber, da er wusste, dass dieser sofort angemessen werden konnte. Alle starrten in den Himmel.

Plötzlich stieß Thunder-Elk einen leisen Fluch aus. „Grundgütiger, die Spuren …“

Der gebürtige Crow-Indianer wollte die Deckung der Bäume verlassen, doch Custer hielt ihn zurück. „Zu spät. Wir können nur hoffen, dass sie die Abdrücke übersehen.“

Alle waren übermüdet, sonst wäre ihnen ein so schwerwiegender Fehler nicht unterlaufen. Sonst nutzte man sofort abgetrennte Zweige, um Abdrücke im Sand zu beseitigen, doch diesmal hatte kaum jemand daran gedacht. Custer konnte nur hoffen, dass das Flugobjekt so hoch flog, dass man die Spuren nicht entdeckte.

„Dort!“ Der Wachtposten mit dem teilaktivierten Helm deutete nach oben. „Zu groß für einen Jäger, Sir. Ich wette, das ist ein FLV.“

Der Mann hatte recht. Das Objekt näherte sich rasch und gewann an Konturen. Bald konnte man ein FLV erkennen, das in den typischen hellgrauen Farbtönen der Sky-Navy gehalten war, aber an Stelle des blauen Farbbalken des Direktorats den roten der rebellierenden Kolonien trug.

Aus dem leisen Säuseln der Atmosphäretriebwerke wurde ein tiefes Dröhnen, als das rund achtzig Meter lange Landungsboot immer tiefer und näher glitt. Selbst Custer zog unwillkürlich den Kopf ein, obwohl das Raumfahrzeug noch einige hundert Meter hoch war.

„Der will landen!“, rief Thunder-Elk gegen den Lärm an. „Cap, der kommt runter!“

„Grundgütiger“, ächzte Kasim, „man hat uns entdeckt und setzt Truppen ab.“

„Nein, das ist nicht der Fall“, versuchte Custer zu beruhigen. „Die Abdeckung der Kombiwaffe am Bug ist geschlossen. Sie wäre geöffnet, wenn die Flight-Crew Feindkontakt befürchten würde.“

„Sind Sie sicher?“, fragte der Archäologe zweifelnd.

„Ziemlich“, brummte der Captain. „Wenn die Leute dort an Bord den Kontakt mit Sky-Troopern befürchten würden, dann würden sie auch an unsere M-74er denken. Die könnten dem FLV ziemlich zusetzen, also wäre das FLV kampfbereit. Aber die Bugwaffe und der Raketenwerfer an der Oberseite sind eingefahren.“

„Aber warum kommt er dann genau auf uns zu?“

„Dok, der hat nicht uns zum Ziel, sondern will irgendwo in der Nähe landen.“

„Was bezeichnen Sie als Nähe, Mister Custer?“

„Dem Flugwinkel nach würde ich schätzen, dass er in rund vierzig oder fünfzig Kilometern landeinwärts runterkommt.“

Das gedrungene Landungsboot zog über sie hinweg und verschwand in östlicher Richtung.

„Okay, Leute, Entwarnung“, kam es von Thunder-Elk. „Er ist weg. Weitermachen, aber haltet die Augen und die Ohren offen.“

Der First-Lieutenant kam zu Captain Custer und Doktor Kasim. „Cap, ist nur eine Vermutung, aber ich würde sagen, das FLV fliegt ein Ziel in ungefähr fünfzig Kilometern östlich an.“

„Ist auch meine Einschätzung, John.“

Peter Custer zog eine Folienkarte aus der Tasche. Normalerweise konnten Sky-Troopers darauf verzichten, da die Tetroniken ihrer Helme das erforderliche Kartenmaterial gespeichert hatten und bei Bedarf auf das taktische Display an der Innenseite der Helmscheibe projizierten, doch da es Energie zu sparen galt, hatte Custer einige Exemplare von den Wissenschaftlern ausdrucken lassen.

„Ich vermute, dass östlich von uns eine der alten UMI-Anlagen liegt, welche die Rotstreifen nun ausbeuten wollen.“ Custer zog einen Kreis auf der Karte. „Ungefähr in diesem Bereich müsste sie liegen. Ich hätte nicht übel Lust, ihr einen Besuch abzustatten.“

„Das wäre viel zu gefährlich“, wandte Doktor Kasim sofort ein. „Bis jetzt ist es uns ja scheinbar gelungen, uns vor den Colonials verborgen zu halten, aber wenn wir bei einer ihrer Anlagen auftauchen, ist es damit vorbei. Das würde uns nur unnötig in Gefahr bringen.“

„Ich verstehe Ihren Standpunkt, Dok, aber so einfach ist es nicht. Wir benötigen Informationen, was die Burschen hier treiben.“

„Na, was wohl?“, stieß Kasim hervor. „Sie bauen Hiromata ab.“

„Nun, davon dürfen wir wohl ausgehen.“ Custer lächelte. „Aber es wäre hilfreich, wenn wir in Erfahrung bringen könnten, mit welchen Mitteln sie das tun. Ich meine, was zum Beispiel die Befestigung der Abbauanlagen betrifft.“

„Ich verstehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen, Custer.“

„Wenn sie kaum Vorbereitungen für eine Verteidigung treffen, dann rechnen sie weder mit uns noch mit den Shanyar.“ Custers Lächeln vertiefte sich. „Ich denke aber nicht, dass die Shanyar die erneute Ausbeutung ihrer Welt widerstandslos hinnehmen werden. Es wäre jedoch wichtig, das herauszufinden, Dok.“

„Nun, nach allem, was man so über die Rüsselnasen hört, werden sie wohl ziemlich übellaunig, wenn es um ihren ‚heiligen Boden‘ geht“, meinte Kasim.

„Ich schätze den Begriff ‚Rüsselnasen‘ nicht, Doktor, und Sie sollten ihn in Gegenwart von Shanyar tunlichst meiden, denn er stammt aus dem Sprachgebrauch des Blaubanners.“

Doktor Kasim errötete und zuckte dann mit den Schultern. „Schön, wenn Sie meinen.“

Peter Custer wandte sich seinem Freund und Untergebenen zu. „Was meinst du, John?“

„Wir sollten auf jeden Fall nachsehen, was da los ist. Falls es eine Abbauanlage ist, dann geht wohl keine Gefahr von ihr aus, aber falls die Colonials dort Truppen stationieren, aus welchem Grund auch immer, dann sollten wir das wissen.“

Kasim protestierte erneut, doch Custer wischte dessen Bedenken zur Seite: „Ich werde einen Erkundungstrupp dorthin führen. Du, John, bleibst mit dem größten Teil unseres Troops hier und schützt das Lager. Ihr könnt die Zeit nutzen, um Vorräte zu sammeln.“

Kasim schüttelte den Kopf. „Ich würde dann doch lieber weitermarschieren, Custer. Falls uns die Leute im FLV doch gesehen haben, dann …“

„Gut, Doktor Kasim, meinethalben. John, ich schätze, ich werde drei Tage bis zum Landeort des FLV benötigen. Wahrscheinlich zwei Tage mehr für den Rückmarsch, denn ihr werdet entlang der Küste gut vorankommen.“ Der Captain sah auf die Karte. „Ihr müsstet dann ungefähr hier sein. Ich werde mit meinem Trupp dorthin kommen und euch folgen, falls ich euch verpassen sollte.“

„Wen willst du mitnehmen?“

„Mein erstes Platoon. Mit mir sind das siebenundzwanzig. Das reicht für eine notfalls offensive Erkundung und du behältst einen verstärkten Zug zum Schutz der Kolonne.“

Kapitel 3 Offensive Erkundung

1st Platoon, E-Troop. 7th Sky-Cav, auf dem Weg nach Osten

Die Schätzung von Captain Peter Custer traf zu. Seine siebenundzwanzig Männer und Frauen starke Abteilung erreichte am Ende des dritten Marschtages, quer durch den Dschungel, wieder dessen Rand im Landesinneren. Vor dem Platoon öffnete sich eine der typischen Grasebenen und nur wenige Kilometer entfernt waren die Überreste einer alten Abbauanlage von UMI zu sehen. Es wurde dunkel und dort drüben erhellten zahlreiche Scheinwerfer die heraufziehende Nacht.

Es war nicht zu übersehen, dass innerhalb der halb verfallenen Anlage gearbeitet wurde. Ein neuer Förderturm war zu erkennen und die Dächer großer Zelte. Einige hundert Meter entfernt war ein Landefeld aus Plas-Beton errichtet worden. Von dort führte eine ebenfalls betonierte Straße zur Anlage und von dieser weiter nach Osten.

Auf dem Landefeld stand tatsächlich ein FLV. Ob es das gleiche war, welches sie auf die Spur der Anlage geführt hatte, war schwer zu sagen. Das Landungsboot stand auf seinen drei kräftigen Landekufen, die Heckrampe war offen und im verglasten Cockpit war Bewegung zu sehen. Neben dem FLV waren Transportbehälter gestapelt. Soeben entfernte sich ein Bodenfahrzeug von dort und fuhr zur neuen Siedlung hinüber.

Custer war froh, Sergeant Fjodor dabei zu haben. Der erfahrene Trooper war ein ausgezeichneter Scout und besaß die richtigen Instinkte, die ihn bislang stets zuverlässig und rechtzeitig vor Gefahren gewarnt hatten. Beide standen nebeneinander im hohen Gras, welches ihnen guten Sichtschutz gab. Ihre Köpfe waren in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Die Helmscheiben waren halb geschlossen, so dass sie deren Nachtsichtfunktion nutzen und sich zugleich im Flüsterton unterhalten konnten.

Fjodor sah seinen Captain mit breitem Grinsen an. „Ziemlich einladend, was, Cap?“

„Vermutlich denken wir das Gleiche“, antwortete Custer und erwiderte das Lächeln.

Fjodor nickte. „In den Behältern muss sich Nachschub befinden. Egal, was es ist, wir können es auf jeden Fall brauchen.“

Dem konnte Custer nur zustimmen. „Notverpflegung, Medikamente, Energie-Packs, Munition … Verdammt, es gibt eine Menge Dinge, die für uns nützlich wären.“

„Nun ja, wir brauchen nur zuzugreifen.“ Fjodor musterte die Behälter. Ein Teil stand günstig genug, um die Beschriftungen in der Vergrößerung lesen zu können. „Munition, Sir. Da stehen mehrere Kisten mit Munition für M-70er.“

„M-70er? Die Standardwaffe unserer geschätzten Feinde. Die alten Karabiner haben doch auch schon die 1-Millimeter-Hochrasanz-Munition verschossen, nicht wahr?“

„Positiv, Sir. Aber die Munitions-Clips der 70er sind wesentlich schmaler als die unserer 74er Modelle.“ Fjodor überlegte kurz. „Unsere Karabiner haben Magazine, die aus zwei seitlich aneinander geflanschten Clips bestehen. Für Weichziel und panzerbrechend. Mein Waffenausbilder hat uns einmal gezeigt, mit welchem Kniff man die 70er-Magazin-Clips für unsere 74er verwenden kann.“

„Wäre schon verdammt nützlich, ein paar Kisten zu schnappen und damit zu verschwinden.“ Custer sah zum beleuchteten Cockpit des FLV. „Die haben einen Hiromata-Sender an Bord. Würde verdammt gerne eine Nullzeit-Nachricht senden, damit unsere Leute wissen, dass wir noch am Leben sind und auf Hilfe warten.“

„Sie brauchen es nur anzuordnen, Sir, und schon sind wir auf dem Weg.“

„Führen Sie mich nicht in Versuchung, Sarge“, knurrte Custer und schüttelte unbewusst den Kopf. „So verlockend das Angebot auch ist, das Risiko ist zu hoch. Ich gebe Kasim recht, wenn man uns entdeckt, dann blasen die Rotstreifen zur Jagd auf uns.“

„Schade“, seufzte Fjodor. „Machen wir uns auf den Rückweg?“

„Zurück zum Platoon, Sarge. Rückmarsch erst bei Tagesanbruch. Ohne aktive Scanner ist es einfach zu riskant, nachts durch den Dschungel zu latschen. Wir lagern bis zum Morgen und machen uns dann auf den Rückweg.“

Kapitel 4 Luftpatrouille

Air Three-Five, Luftpatrouille Colonial Expeditionary Force Shanyar

Lieutenant Hyan hatte die Ausbildung der Colonial Forces abgeschlossen und sollte seine Karriere eigentlich in der Navy der Kolonien beginnen. Doch während der Zeit an der Akademie hatte er erstmals erlebt, welche Freude ihm das Fliegen in einem Atmosphärejäger bereitete. Die kolonialen Kräfte verzichteten auf raumtaugliche Jagdbomber, wie sie die feindliche Sky-Navy besaß, da man an ihrer Stelle die bewaffneten Raumdrohnen nutzte. So sah sich Colonial Supreme Command genötigt, für planetare Einsätze die erforderlichen Lufteinheiten zu konstruieren und in Dienst zu nehmen. Hyan entschloss sich zu einer Laufbahn in der Air Force der kolonialen Streitkräfte und war auf diesem Weg ein Angehöriger der Colonial Expeditionary Force Shanyar geworden.

Bereits mit den ersten Landungen waren etliche Einheiten der Colonial Air Force ausgeschifft worden, da ihre Fähigkeiten zur Erkundung benötigt wurden. Hyan gehörte zu den ersten, die Patrouille über Shanyar flogen.

Air Three-Five besaß die Grundform eines stumpfen Dreiecks, welches mit der stumpfen Seite voranflog. An den Ecken saßen die schwenkbaren Rotoren des Hubantriebs, über und unter dem flachen Rumpf die Ansaugschächte und Abstrahlöffnungen der Turbinen, die den Jäger auf dreifache Schallgeschwindigkeit bringen konnten. Das voll verglaste Cockpit saß in der Mitte der stumpfen Seite und bot freie Sicht. Der tote Winkel im Heckbereich wurde von Kameras ausgeglichen.

Der Jäger war mit zwei 20-Millimeter-Schnellfeuerkanonen, zwei leichten HE-Lasergeschützen und Raketen bewaffnet, die gegen Ziele am Boden oder in der Luft eingesetzt werden konnten.

Lieutenant Hyan war befohlen worden, Patrouille zwischen den reaktivierten Abbauanlagen an der Westküste und deren Hauptdepot zu fliegen. Seine Scanner und Kameras sollten mögliche weitere Ruinen ausfindig machen und nach potenziellen Bedrohungen Ausschau halten. Das Combat Information Center unter General Garland warnte vor einer Gruppe Sky-Trooper, die wohl dem Angriff auf ihre Bodenstation, an der Südküste, entkommen waren, zudem brauchte man Informationen über mögliche Bewegungen der Eingeborenen.

Das Briefing über die Shanyar war ausgesprochen rudimentär gewesen und hatte vor allem anderen verdeutlicht, wie wenig man bei den Colonials über dieses Volk wusste. Angeblich sollten sie über Dampftechnologie verfügen und intensiven Seehandel betreiben. Hyan hatte bislang jedoch nicht ein einziges Schiff auf dem Meer beobachten können. Allerdings konnte er auch immer nur einen kurzen Blick über das küstennahe Wasser werfen, denn sein Flug führte ihn rasch in jenen Bereich, in dem der Dschungel von Grasland abgelöst wurde.

Scanner und Sensoren von Air Three-Five liefen mit maximaler Leistung. Hyan bestreifte zwei Abbauanlagen und deren zentrales Depot und konnte zwei große Herden ihm unbekannter Tiere melden.

Es war ein Nachtflug und Hyan liebte Patrouillen unter sternklarem Himmel. Für seine Ortungsgeräte spielte die Tageszeit keine Rolle, ihre Zuverlässigkeit erlaubte es ihm, den Anblick ein wenig zu genießen.

Der Schlag traf ihn vollkommen unvorbereitet.

Ein Ruck ging durch den Jäger und brachte ihn ins Taumeln. Hyan brauchte alle seine Fähigkeiten, ihn abzufangen und wieder auf Kurs zu bringen, während vor ihm ein Teil der Kontrollen in warnendem Orange und sogar Rot zu leuchten begann. Ein hastiger Blick zeigte ihm, dass das linke obere Atmosphärentriebwerk brannte und eine Schleppe aus Rauch und Flammen hinter sich herzog. Rasch nahm er die notwendigen Schaltungen vor. Das Triebwerk verstummte, die Löscheinrichtung blies ihr Gas in die Turbine und nach einigen Sekunden erlosch der Brand.

„Himmel, was war das denn?“, ächzte Hyan und überflog die Kontrollen. „Turbine Eins ausgefallen. Die anderen drei laufen normal. Na schön, kein Grund zur Panik. Mal sehen, was das Feuer verursacht hat.“

Eine erste Ahnung beschlich ihn bereits, bevor er damit begann, die Aufzeichnungen des Bordsystems durchzusehen und kurz darauf fand er sie bestätigt. „Vogelschlag“, knurrte er missmutig. „Diese Gitter sind also doch kein Wunderwerk.“

Die Ansaugöffnungen der Turbinen wurden durch Gitter geschützt, die eigentlich verhindern sollten, dass ein Objekt, wie zum Beispiel ein Vogel oder anderes Flugwesen, in die Turbine geriet und deren empfindliche Schaufelblätter beschädigte. Doch genau das war geschehen. Hyan entschloss sich jedoch, seine Patrouille fortzusetzen und den Schaden erst bei seiner Rückkehr zur Basis zu melden. Das ausgefallene Triebwerk mochte bei einem Luftkampf eine Rolle spielen, doch für die Durchführung einer Streife war es unerheblich. Air Three-Five hätte sich auch mit zwei der vier Turbinen in der Luft halten können, selbst wenn Hyan auf die drei Rotorantriebe verzichten würde.

So setzte der Lieutenant seinen Weg fort, auch wenn er nun nicht mehr so entspannt war wie zuvor. Der Schreck saß ihm noch immer in den Gliedern und nun beobachtete er die Umgebung sehr aufmerksam, um sich nicht erneut überraschen zu lassen.

Er flog über eine Ebene, in der die alte UMI Mining Facility 9 lag. Er konnte die verfallenden Ruinen und die neuen Zeltbauten der Colonials erkennen, die im Licht ihrer Scheinwerfer unter ihm lagen. Das Landefeld des FLV war nicht beleuchtet, doch das Raumfahrzeug durch seine offene Heckrampe, den beleuchteten Frachtraum und das Cockpit gut zu sehen.

Hyan zog seinen Jäger in eine leichte Kurve. Seine Messinstrumente zeigten nichts Verdächtiges und so wollte er wenden, um seinen nächsten Turnus zu begingen. Dann fiel ihm etwas aus den Augenwinkeln auf. Instinktiv trat er auf die „Bremse“ und während die Leistung der Schubturbinen drastisch abnahm, ging Three-Five dank der Rotoren in den Schwebeflug über. Hyan schaltete den Jäger in den Flüstermodus und aus dem Sausen der Rotoren wurde ein leises Zischen. Vorsichtig steuerte er seine Maschine etwas näher.

„Was, zur Hölle …?“ Unter ihm waren im Licht des klaren Sternenhimmels die Konturen zweier Menschen oder doch zumindest humanoider Lebewesen zu erkennen. Für Scanner und Sensoren schienen sie allerdings nicht zu existieren.

Plötzlich war sich Hyan sicher, auf zwei Sky-Troopers hinunterzublicken. Vermutlich hatten sie die tetronischen und thermischen Tarnungen ihrer Kampfanzüge aktiviert, verzichteten jedoch auf die zusätzliche optische Täuschung, da sie sich im hohen Gras vor Blicken geschützt glaubten. Sie rechneten nicht damit, aus der Luft beobachtet zu werden.

Hyan aktivierte seinen Helmfunk, der mit der Antenne des Jägers verbunden war. „Luftstreife Air Three-Five an Security Mining Facility 9: Ich habe hier einen Kontakt. Möglicherweise zwei Sky-Troopers, ungefähr sechshundert Meter südlich Ihrer Position.“

Hyan wartete einen Moment und wiederholte seine Meldung, doch der Funkempfänger blieb stumm. Stattdessen blinkte ein rotes Licht an den Kontrollen auf.

„Das darf doch nicht …“ Hyan stieß einen Fluch aus, doch der änderte nichts an der Tatsache, dass die Antenne seines Jägers ausgefallen war. Ob dies mit dem Vogelschlag zusammenhing, konnte er nicht sagen, doch vor diesem hatte der Funk noch vollkommen normal funktioniert.

Er überlegte kurz, ob er bei der Abbauanlage landen und deren Besatzung warnen sollte, doch dann entschied er sich dagegen. Mit Vollschub konnte er seine Basis in einer knappen Stunde erreichen und von dort konnte man Verstärkungen in Marsch setzen.

Falls die beiden unbekannten Humanoiden etwas beabsichtigten, so würde Hyan ihnen einen kräftigen Strich durch die Rechnung machen.

Kapitel 5 Unerwartet

Nähe UMI Mining Facility 9, Hauptkontinent Shanyar, westlicher Teil

„Johnson und Comstock sind weg.“

Diese Worte rissen Peter Custer aus dem Schlaf, in den er erst vor Kurzem gesunken war. Die alarmierende Information vertrieb sofort seine Müdigkeit. „Was? Was sagen Sie da, Sarge?“

„Johnson und Comstock sind weg“, wiederholte Fjodor. „Sie haben sich in Richtung auf die Anlage davongemacht.“

„Verdammt, die wollen sich ein paar Kisten unter den Nagel reißen“, stieß Custer verärgert hervor. „Dabei habe ich ganz klar gesagt, dass wir die Finger davonlassen. Verfluchter Dung. Wie spät?“

„Genau die richtige Zeit, Sir. Die Morgennebel beginnen gerade aufzusteigen. Der günstigste Moment, zum FLV vorzustoßen und ein paar der Behälter zu erbeuten.“

„Fjodor, ich kratze Ihnen die Sergeant-Winkel persönlich vom Panzer, wenn Sie da mit drinhängen.“

Fjodor hob beschwörend die Hände. „Es hätte mich zugegeben gereizt, Sir, aber die beiden haben mich ebenso überrumpelt wie Sie. Beide waren als Posten eingeteilt, hatten also kein Problem, unentdeckt zu verschwinden.“

„Yeah, und nun halten sie sicher in der Ladebucht des FLV Wache. Dreimal verflucht.“

„Was jetzt, Sir? Warten wir darauf, dass sie zurückkehren?“

„Und wenn nicht? Sarge, wir können nicht riskieren, dass man die beiden schnappt. Nein, wir haben keine Wahl. Wir müssen vorrücken und ihnen Schutz bieten.“

Nur wenige der Sky-Troopers hatten tatsächlich geschlafen und wurden nun von den Kameraden geweckt. Hastig instruierte Custer sie über seine Absichten und ließ die Abteilung vorrücken. Die Situation ließ es nicht zu, sparsam mit den Energie-Packs umzugehen und so ließ der Captain alle Anzüge voll aktivieren, mit Ausnahme der Scanner, da deren Impulse zu verräterisch waren.

Die Tarnung war perfekt und die Thermostate der Kampfanzüge regelten die Wärmeabstrahlung so ein, dass sie exakt der Umgebungstemperatur entsprach. Auf den taktischen Displays wurden die Wärmeechos anderer Objekte sichtbar sowie die Transpondersignale der eigenen Abteilung.

Das Platoon schwärmte in doppelter Schützenlinie auseinander und näherte sich rasch der Anlage und dem Landefeld.

Eines der Transpondersignale war erloschen, das andere wurde unmittelbar bei der Heckrampe des FLV abgestrahlt, so dass Custer davon ausging, dass sich einer der Männer im Raumfahrzeug aufhielt. Dessen Strahlenschutz schirmte das Signal ab. Als er in Richtung des Cockpits sah, bemerkte er dort ein fahlblaues Aufleuchten und eine der Scheiben zeigte plötzlich ein spinnennetzartiges Muster, Zeugnis eines abgefeuerten Hochrasanz-Projektils.

Einen leisen Fluch murmelnd, trieb Peter Custer die Truppe voran. Er befehligte die vordere Reihe, während Fjodor die zweite übernommen hatte.

Diesmal konnten sie keine Rücksicht auf entstehende Geräusche nehmen und das Rascheln abknickender Grashalme begleitete ihr Vordringen.

Das zweite Transpondersignal tauchte wieder auf. Im Licht der Frachtraumbeleuchtung erschien der betreffende Sky-Trooper auf der Heckrampe. Das Signal identifizierte ihn als Trooper Comstock. Er und sein Begleiter verzichteten auf optische Tarnung, hatten die tetronische jedoch aktiviert. Nun erkannte Comstock die sich nähernde Truppe auf seinem eigenen Display und winkte, wobei er immer wieder auf die Transportbehälter deutete, die unterhalb der Rampe standen.

„Verdammter Narr“, murmelte Custer. „Wenn Comstock nicht geschossen hätte, dann könnten wir uns immer noch unentdeckt zurückziehen, aber diese Chance ist nun vertan.“

„Na ja, wo wir dann schon einmal hier sind …“

„Wer war das?“, fragte Custer erregt. „Waren Sie das, Singh?“

„Äh, Positiv, Sir“, kam die verlegene Antwort. „Sir, nehmen Sie es mir nicht übel, aber da das Kind nun schon im Brunnen gelandet ist, da könnte wir doch ein paar der Kisten mitnehmen.“

„Wenn Sie so bildhafte Vergleiche schätzen, Trooper Singh, dann versichere ich Ihnen, dass das Kind nicht im Brunnen, sondern mitten in einem Krokodilteich gelandet ist“, entgegnete Custer. Ein leises Schnauben war von ihm zu hören. „Aber im Grunde haben Sie recht. Okay, Fjodor, suchen Sie ein paar nette Mitbringsel für uns aus.“ Custer verfluchte den Umstand, dass sich der Tetronik-Spezialist seines E-Troops beim zweiten Platoon unter Thunder-Elk befand. „Corporal Decker, Sie schließen sich mir an. Wir werden versuchen, eine Hiro-Nachricht zu senden.“

„Positiv, Sir, schließe mich Ihnen an.“

Die beiden Reihen erreichten die Einfassung des Landefeldes. Hier herrschte noch das nächtliche Dunkel vor. „Sergeant Fjodor, Sie sichern das Landefeld mit der zweiten Gruppe. Ich will keine unliebsamen Überraschungen erleben. Corporal Fergonne, als Medo-Spezialistin unseres Platoons suchen Sie uns mit ihrer Gruppe die lohnendsten Behälter aus. Einen guten Querschnitt durch das, was wir brauchen können. Corporal Decker, zu mir.“

Die Unterführer bestätigten kurz.

Die zwölf Angehörigen von Sergeant Fjodors zweiter Gruppe überquerten rasch das Landefeld und gingen an der Seite in Stellung, die der alten UMI-Anlage zugewandt war.

Corporal Aishe Fergonne stürzte sich mit ihren Troopern wie ein Aasgeier auf die Behälter, las die Beschriftungen und begann rasch zu sortieren, was am dringendsten benötigt wurde.

Custer und Decker betraten das FLV über die Heckrampe.

Im Frachtraum standen noch ein paar Behälter und ein kleines Bodenfahrzeug. Sie betraten den kurzen Gang, der am Energiereaktor und am Hiromata-Antrieb vorbeiführte und erreichten die Bugsektion. Im Ruheraum der kleinen Flight-Crew stießen sie auf zwei Leichen, die dritte entdeckten sie im Cockpit. Der Schädel des Mannes war von einem HR-Projektil getroffen worden. Knochensplitter, Blut und Hirnmasse waren umhergespritzt.

Custer und Decker hatten die Wirkung von Hochrasanz-Munition schon oft genug gesehen, dennoch waren sie beide froh, dass die Leiche im Pilotensitz saß und Decker sich in den des Co-Piloten setzen musste, um die Funkanlage bedienen zu können. Mit wenigen Handgriffen aktivierte er den Hiromata-Sender und sah dann Custer ein wenig hilflos an.

„Ich kann den Sender nicht ausrichten, Sir“, gestand der Corporal. „Sie wissen ja, ein Hiromata-Strahl ist praktisch fein wie eine Nadel. Wenn man die Position des gewünschten Empfängers nicht kennt, dann verfehlt man ihn. Sollten wir nicht besser eine Cherkov senden?“

„Eine Cherkov-Nachricht ist zwar dreißigfach lichtschnell, aber einfach zu langsam. Versuchen Sie das Navigationsgerät zu aktivieren und den Standort von Arcturus zu ermitteln. Wenn Sie das nur ungefähr hinbekommen, dann senden wir halt mehrere gleichlautende Nachrichten und streuen das ungefähre Zielgebiet damit ab.“

Decker versuchte es. „Sorry, aber Arcturus scheint auf der anderen Seite von Shanyar zu stehen.“

„Verdammt …“ Custer überlegte fieberhaft. „Okay, nehmen Sie folgende Nachricht auf. An High-Command Arcturus … Stopp … Seven Charly Echo … Stopp … Shanyar … Stopp. Strahlen Sie das ab und streuen Sie. Vielleicht haben wir Glück und ein befreundetes Schiff oder eine Station fängt es auf und leitet es ans High-Command weiter.“

„Positiv, Sir. Sende die Info raus, bis wir uns zurückziehen.“

Custer schlug Decker aufmunternd auf die gepanzerte Schulter und verließ das FLV dann wieder.

Dort wurde er von Med-Corporal Aishe Fergonne erwartet. „Wir haben Medikamente, Notrationen, Energie-Packs und M-70er-Munition. Acht Kisten sind schon auf dem Weg in unser Lager, Sir.“ Die Frau mit den persischen Wurzeln strahlte Zufriedenheit aus, während sie auf die anderen bereitgestellten Behälter deutete. „Da drin ist nochmals dasselbe, Sir. Das wird uns ein gutes Stück weiterhelfen.“

Dank der bionischen Kraftverstärker war ein Trooper in der Lage, zwei der Standardbehälter zu transportieren, was sonst wenigstens zwei Helfer erfordert hätte.

Die Männer und Frauen des ersten Platoons arbeiteten rasch und ohne überflüssige Worte.

Custer kniff die Augen zusammen, als er entdeckte, dass die Hälfte des Zuges die optische Tarnung deaktiviert hatte. Zwar waren sie mit tetronischen Mitteln und über Wärmesensoren weiterhin nicht zu erfassen, doch mit Kameras oder bloßem Auge konnte man sie sehen.

„Sergeant Fjodor zu mir.“

Der Unteroffizier kniete in der Reihe der Troopers, die in lockerer Schützenlinie hinter einigen Kisten knieten und in Richtung der Abbauanlage sicherten. Nun kam er mit raschen Schritten zu Custer. „Sir?“

Der Offizier wollte nicht vorschnell urteilen, daher fragte er Fjodor mit gesenkter Stimme. „Irgendein Grund, warum die Hälfte unserer Leute auf volle Tarnung verzichtet?“

„Positiv, Sir. Habe ich so befohlen, Sir. Da der Feind ohnehin von unserer Anwesenheit erfahren wird, dachte ich mir, es sei sinnvoll, dass er in den Bildaufzeichnungen ein paar von uns sehen kann und einen anderen Teil nicht. Das täuscht ihn vielleicht über unsere wahre Stärke und zudem schont es bei ein paar Troopern die Energie-Packs.“