Star-Liner - Michael Schenk - E-Book

Star-Liner E-Book

Michael Schenk

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Beschreibung

Das Kreuzfahrtschiff "Star-Liner", auf interstellarer Tour, wird von Terroristen geentert. Eine gnadenlose Jagd auf die Passagiere beginnt, doch die mörderische Truppe hat mit Einem nicht gerechnet: Major Joana Redfeather gehört zu den Urlaubern und sie ist nicht gewillt, sich kampflos zu ergeben.

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Michael Schenk

Star-Liner

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Was bisher geschah

Kapitel 2 Beurlaubung

Kapitel 3 Freunde und mehr

Kapitel 4 Die I.T.T. Star-Liner

Kapitel 5 Auf Kreuzfahrt

Kapitel 6 Zwischenlandung

Kapitel 7 Die Botschaft

Kapitel 8 Der Erste des ersten Kreises

Kapitel 9 Ein interessanter Programmpunkt

Kapitel 10 Der Angriff

Kapitel 11 Neue Order

Kapitel 12 Ein erneuter Überfall

Kapitel 13 Herr des Schiffes

Kapitel 14 Hinterrücks

Kapitel 15 Ein ganz natürlicher Tod

Kapitel 16 Rendezvous im Weltraum

Kapitel 17 Unter „Touristen“

Kapitel 18 Besorgnis

Kapitel 19 Mörder an Bord

Kapitel 20 In der Falle

Kapitel 21 Nachdrückliche Befragung

Kapitel 22 Feder und Schwert

Kapitel 23 Volle Bereitschaft

Kapitel 24 Katz und Maus

Kapitel 25 Von Auge zu Auge

Kapitel 26 Das Ziel vor Augen

Kapitel 27 Prioritäten

Kapitel 28 Nur das Ziel zählt

Kapitel 29 In hoffnungsloser Lage

Kapitel 30 Ein ideenreicher Captain

Kapitel 31 Ankündigung

Kapitel 32 Homepage www.sky-navy.de

Kapitel 33 „Sky-Troopers“ - Als e-Book oder Print

Impressum neobooks

Kapitel 1 Was bisher geschah

Sky-Navy 22

Star-Liner

Military Science Fiction

von

Michael H. Schenk

© M. Schenk 2021

Gegen ihren Willen war die geeinte Menschheit in den tausendjährigen Krieg zwischen den insektoiden Norsun und den menschenähnlichen Negaruyen der verborgenen Welt hineingezogen worden. Nun endete dieser Konflikt mit der scheinbaren Vernichtung der Negaruyen. Nur wenige Menschen wissen, dass die verborgene Welt weiterhin existiert und Hoch-Admiral John Redfeather eine geheime Übereinkunft mit deren oberster Matriarchin getroffen hat.

Noch immer sind die Norsun ein unsicherer Bündnispartner und so setzt das Direktorat der Menschheit alle Kräfte ein, um die erlittenen Schäden zu beheben und die Verluste zu ersetzen. Der Wiederaufbau und die Verstärkung der Streitkräfte, hauptsächlich der angeschlagenen Sky-Navy, genießen dabei die höchste Priorität. Doch für die Nullzeit-Kommunikation und den Nullzeit-Antrieb, von denen Letzterer die Reise zwischen den Sternen ohne Zeitverlust ermöglicht, wird der so genannte Hiromata-Kristall benötigt. Sein Vorkommen ist selten und meist kann man nur geringe Mengen abbauen, weswegen die Zuteilung dem hohen Rat des Direktorats obliegt. So scheint es nicht verwunderlich, dass es auf Hinweise für geheime Abbauanlagen und einen gewinnbringenden Schwarzmarkt gibt.

Durch Zufall stößt der Raumpatrouillen-Kreuzer D.S. Aberdeen auf das Wrack eines Transportschiffes der Bluelight-Corporation. Das Schiff wurde gewaltsam aufgebracht und geplündert und Spuren deuten auf eine geheime Fracht von Hiromata-Kristall hin. Es gelingt der Aberdeen den Ursprungsplaneten ausfindig zu machen. Auf der Eiswelt Honcrest-3 existiert eine große Abbauanlage, Mining-Facility 17, in der Bluelight auf große Vorkommen des begehrten Kristalls gestoßen ist. Doch die Belegschaft der Mine wurde ermordet und die Besatzung der Aberdeen wird in mörderische Kämpfe mit den Angreifern verwickelt.

Es gelingt, die Abbauanlage zu sichern. Schon bald gehört Honcrest-3 zu den am besten beschützten Welten, wo die Bluelight-Corporation die Kristalle nun im Auftrag des Direktorats abbaut.

Endlich hat man Zugriff auf große Vorkommen des kostbaren Hiromata, doch den Verantwortlichen des Direktorats und dem High-Command der Streitkräfte ist bewusst, dass eine geheime Organisation hinter ihrem Rücken agiert. Eine Organisation, die über eine eigene Flotte und Truppen verfügt. Ihre Ziele und Herkunft sind unbekannt, aber es ist sicher, dass man es mit einem neuen und unbarmherzigen Feind zu tun hat.

Kapitel 2 Beurlaubung

Sky-Base Arcturus, High-Command der Sky-Navy des Direktorats

„Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde hier gebraucht.“

Die Stimme von Joana Redfeather klang ebenso ruhig wie entschlossen. Ihr Vater, Hoch-Admiral John Redfeather, Oberkommandierender der Streitkräfte des Direktorats der Menschheit, kannte diesen Tonfall zu Genüge und wusste, dass sich seine „Kleine“ niemals freiwillig von ihrer Meinung abbringen lassen würde.

Sie beide standen vor der großen Panoramascheibe im Dienstraum des Admirals und ihre Ähnlichkeit war ebenso wenig zu leugnen wie ihre Abstammung vom indianischen Volk der Sioux. Der kupferfarbene dunkle Teint und die beiden geflochtenen dicken Haarzöpfe, welche sie beide aus traditionellen Gründen trugen, passten eigentlich nicht zu dem sonst üblichen „Haarschnitt“ kämpfender Soldaten. Selbst wer den Helm eines Kampfanzuges nur gelegentlich trug, bevorzugte eine Haarlänge von Millimetern, damit die Kontaktsensoren des Helms fehlerlos funktionierten. Joana und John hatten sich zusätzliche Verstärker unter die Kopfhaut einpflanzen lassen, damit sie ihre langen und seidig schimmernden schwarzen Haare nicht kürzen mussten.

Beide trugen die Dienstuniform der Streitkräfte. Lange himmelblaue Hosen, lange dunkelgrüne Jacken und das himmelblaue Barett. Nur die Rangabzeichen und der farbige Besatz der Uniformteile unterschieden sich. Das Gelb der Raumkavallerie, der Sky-Troopers, bei Joana und das „UNO-Blau“ der Sky-Navy bei ihrem Vater.

„Ja, du wirst gebraucht, Joana, doch niemand ist unersetzlich“, erwiderte er mit ruhiger Stimme. „Selbst ich nicht.“

„Unsinn, Dad. Wir sind in einer kritischen Phase. Du weißt, wir arbeiten mit allen Kräften daran, die Streitkräfte nicht nur auf ihre alte Stärke zu bringen, sondern auch zusätzliche Truppen und Schiffe in Dienst zu stellen. Und jetzt, wo wir durch die Hiromata-Förderung auf Honcrest-3 endlich in der Lage sind, unsere Schiffsbaukapazitäten voll auszuschöpfen, da willst du mich in Urlaub schicken? Vergiss es.“

Er hätte es ihr einfach befehlen können, doch hier handelte es sich um ein Gespräch zwischen Vater und Tochter. Privat, wie es nur selten die Gelegenheit dazu gab. „Joana, die vergangenen Jahre und Monate haben an unseren Kräften gezehrt. Ich habe in den letzten Tagen schon eine ganze Reihe guter Leute in den Urlaub geschickt. Ich brauche sie fit und ausgeruht und das gilt auch für dich. Vor allem für dich. Du gehörst zu der Gruppe jener Menschen, denen ich blindlings vertraue und Vertrauen ist derzeit ein kostbares Gut.“

Ihr Blick wurde nachdenklich. „Du spielst auf die Ereignisse auf Honcrest-3 an? Auf die Mordbande, welche die alte Minenbesatzung massakrierte?“

„Es wäre schön, wenn es sich nur um eine Mordbande handeln würde. Gangster, die aus reiner Geldgier rauben und morden. Doch du weißt selber, dass da weitaus mehr dahinter steckt. Denk an die Ereignisse auf der Wirbelwelt und an andere Vorfälle … Wir haben es mit einem gut ausgerüsteten und organisierten Feind zu tun. Ein Feind, der aus den Reihen der Menschheit kommt. Wir kennen weder seine genauen Absichten noch seine genauen Möglichkeiten. Doch er muss stark sein, wenn er sich ganz offen mit uns anlegt.“

„Ein Grund mehr, dass ich im Dienst bleiben muss“, meinte sie mit halbherzigem Lächeln.

„Ein Grund mehr, dass ich dich ausgeruht brauche. Kleines, es braut sich etwas zusammen. Im hohen Rat des Mars gibt es wieder Vertreter von Siedlungswelten, die nach Autarkie streben. Die einst von den Piraten der schwarzen Bruderschaft erbeuteten Walzenschiffe wurden modernisiert und nicht, wie ursprünglich vereinbart, der Navy unterstellt, sondern bilden nun wieder etwas, das ich als ‚koloniale Flotte‘ bezeichnen würde. Was weißt du über CoBRA?“

„Die Veteranenorganisation?“

„Eben die.“

„Kurz- oder Langfassung?“

„Ein gesundes Mittelmaß“, antwortete er und ging zum Getränkespender, um ihnen beiden einen Fruchtsaft zu holen. „Und du darfst gerne spekulieren. Sag, was du weißt und was du vermutest.“

Joana warf einen kurzen Blick auf ein Langstrecken-Shuttle, welches gerade in ihr Gesichtsfeld kam und Kurs auf einen der Andock-Pylone und das dort liegende Träger-Schlachtschiff nahm. Die D.C.S. Trafalgar war in den letzten Kämpfen beschädigt worden, doch nun gingen die Instandsetzungen dem Ende entgegen. Joana war Major der Sky-Cavalry und befehligte das erste Bataillon der fünften Raumkavallerie. Ihre Truppe sollte sich in der kommenden Woche auf dem Träger einschiffen.

„CoBRA …“ Sie sprach das Wort sehr nachdenklich aus, denn mit dem Begriff waren angenehme und unangenehme Erinnerungen verbunden. In letzter Zeit überwogen eindeutig die negativen. „Erlaubst du, dass ich etwas weiter aushole?“

„Ich weiß, dass dir das hilft, deine Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken.“ Er reichte ihr das Glas mit Saft und sah zu, wie sie daran nippte. Ihre Gedanken befassten sich längst mit jener Organisation, die ihnen beiden in der näheren Vergangenheit immer zweifelhafter erschienen war. „Also, Kleines, was denkst du?“

Bilder aus der Vergangenheit drängten sich ihr auf. An jenen Einsatz, bei dem sie als Lieutenant an der Rettungsmission für das Volk der Hanari teilgenommen hatte. Deren Sonne drohte damals zur Nova zu werden und die Menschheit hatte sich entschlossen, die Hanari zu evakuieren und auf eine andere Welt umzusiedeln. Nicht jeder war mit der aufwändigen und extrem kostspieligen Mission einverstanden gewesen, es hatte Versuche gegeben, sie zu sabotieren. Man hatte die Sprachdateien vernichtet, so dass die geplante Verständigung mit den Hanari unmöglich wurde. So war aus der Rettungsmission zugleich ein Kampfeinsatz geworden, bei dem sich die Hanari nach Kräften gegen die scheinbare Invasion der Menschen wehrten. Joanas Captain war damals gefallen und sie unerwartet in dessen Position aufgerückt. Das lag nun viele Jahre zurück. Inzwischen war sie Major und die Hanari zu Freunden der Menschen geworden. (Anmerkung: Sky-Troopers (Folge 1.)

„Als wir auf der alten Welt der Hanari landeten“, begann sie zögernd, „da benötigten wir weitaus mehr Truppen, als dem Direktorat zur Verfügung standen. Damals hob man Dutzende von Freiwilligen-Regimentern aus, die nach erfolgreichem Abschluss der Evakuierung nicht mehr benötigt wurden. Einige der Veteranen gründeten eine Organisation, um ehemaligen Kameraden Hilfe leisten zu können. Sie halfen bei der Suche nach einer Arbeitsstelle, einer Aufgabe oder Wohnung oder auch nur als Anlaufstelle, wo die Veteranen über das sprechen konnten, was sie im Innersten bewegte. DieserVeteranenverbandnennt sich CoBRA, wobei dies fürCorporatedBrotherhood of Retired Members of Arms steht. Im Grunde eine gemeinnützige Organisation, deren Mitglieder einander in den verschiedensten Notlagen beistehen.”

„Im Grunde?“ Er lächelte sanft. „Es gibt also Ausnahmen?“

Joana zuckte mit den Schultern. „Die Begegnung mit dieser CoBRA-Rettungsgruppe auf der Wirbelwelt ist für mich der Beweis, dass zumindest einige Angehörige dieses Veteranenverbandes zu kriminellen Handlungen fähig sind. Man versuchte, mich und meine Truppe zu töten, um den illegalen Abbau auf jener Welt geheim zu halten.“ (Anmerkung: Siehe Sky-Troopers 5 – Die Wirbelwelt.)

„CoBRA behauptet, dass man damit nichts zu tun habe. Zwar schickte man dieses so genannte ‚Rettungs-Team‘, aber angeblich wusste man nichts von deren verbrecherischen Absichten.“

Joanas Lachen klang spöttisch. „Es fällt mir schwer, das zu glauben. Diese CoBRA-Einheit brachte schwere Waffen und Kampffahrzeuge mit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Führung dieser Organisation davon nichts mitbekommen hat.“

„Während der Rettungsmission für die Hanari kam es, aufgrund der fehlenden Verständigung, zu Kampfhandlungen und zu Verlusten auf beiden Seiten“, überlegte John. „Krieg ist etwas Schreckliches und wir achten sehr genau darauf, dass unsere Männer und Frauen daran keinen zu großen Gefallen finden, denn jedes Leben ist kostbar. Trotzdem gibt es immer wieder Trooper, die den Nervenkitzel von Kampfhandlungen vermissen. Wenn wir das bei unseren Leuten bemerken, dann gibt es psychologische Nachschulungen, aber ich vermute, das gilt nicht für CoBRA.“

„Wohl eher nicht“, stimmte die junge Frau zu. „CoBRA bietet ganz offiziell seine Dienste im Werkschutz und für Sicherheitsdienste an. Ein breites Feld, in dem es sogar zu größeren Kämpfen kommen kann, denn die großen Wirtschaftskonzerne stehen in erbitterter Konkurrenz zueinander. Zwar hört man in den Medien nichts davon, da sich die Beteiligten darin einig sind, solche unschönen Ereignisse unter den sprichwörtlichen Teppich zu kehren, aber man kämpft mit harten Bandagen. Wirtschaftsspionage, Bestechung, sogar Mord und Überfälle sind keine Seltenheit. Meint zumindest unser Freund Krueger, der Leiter vom Sky-Marshal-Service“, schränkte sie ein. „Doch Beweise gibt es nur selten, denn die halten alle, wie schon gesagt, dicht und hängen ihre Differenzen nicht an die große Glocke. Ein schöner Tummelplatz für Söldner, die es mit Recht und Gesetz nicht so genau nehmen.“ Sie sah ihren Vater ernst an. „Warum verbietet der hohe Rat des Direktorats diese Organisation nicht einfach?“

„Keine ausreichenden Beweise“, erwiderte er trocken. „Übrigens ist Krueger gegen ein Verbot. Er meint, wenn diese Söldnertruppen in den Untergrund gehen, dann wird es noch schwieriger, sie im Auge zu behalten. Andererseits weiß CoBRA natürlich, dass der S.M.S und dessen Marshals sie auf der Liste haben.“

„Nach außen ist CoBRA eine Art von gemeinnütziger Organisation“, seufzte Joana, „und sie genießt einige Unterstützung im hohen Rat.“

„Bedauerlicherweise“, knurrte er und die Frustration in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Diese ‚koloniale Flotte‘ aus ehemaligen Piratenschiffen verfügt zum großen Teil über Besatzungen, die von CoBRA gestellt werden.“

Sie erbleichte ein wenig. „Das wusste ich nicht. Grundgütiger, Dad, befürchtest du nicht, dass …“

Er hob die Hand und würgte ihre Worte ab. „Spekulieren wir nicht über einen zweiten kolonialen Krieg, Liebes. Wir beobachten die Aktivitäten in den Kolonien, so gut es eben geht. Der Sky-Marshal-Service hat ein paar Agenten dort und wir haben die Routen unserer Raumpatrouillen umgestellt. Sollte es zu einer ungesetzlichen Aktion kommen, dann sind wir hoffentlich vorbereitet.“

„Und ausgerechnet jetzt willst du mich in Urlaub schicken? Vergiss es!“, wiederholte sie entschlossen. „Außerdem gehöre ich ja wohl zu den Wenigen, die eine gewisse Erfahrung mit den Söldnertruppen der CoBRA haben. Du brauchst mich, Dad.“

„Vor allem brauche ich dich frisch und ausgeruht und notfalls werde ich dir doch befehlen, ein paar Wochen auszuspannen.“ Sein Blick war eindringlich. „Muss ich zu diesem unschönen Mittel greifen oder begreifst du in deinem Dickkopf, dass ich Recht habe?“

„Kann ich mir wenigstens aussuchen, wo ich Urlaub mache?“

Er strich sich nachdenklich über einen seiner Zöpfe und schüttelte dann lächelnd den Kopf. „Ich kann mir schon denken, dass du unsere Basis wählen würdest, mit netten kleinen Ausflügen auf die Trafalgar … Nein, Liebes, ich möchte dich möglichst weit entfernt von allen dienstlichen Dingen wissen. Mein persönlicher Adjutant, Commodore Faso, hat etwas Passendes für dich gefunden.“

Joana kannte und schätzte den Commodore sehr, doch sie mochte es absolut nicht, wenn man ihr, außerhalb des Dienstes, Vorschriften machte. „So, so, Faso hat etwas Passendes gefunden …“

„Du wirst eine nette kleine Kreuzfahrt machen, Liebes. An Bord des Touristenschiffes Star-Liner für vier Wochen die Sehenswürdigkeiten im Gebiet des Direktorats bestaunen. Ich bin mir sicher, dass du dich prächtig erholen wirst.“

„Ich könnte auch zur Erde fliegen“, wandte sie ein. „Wir Indianer haben ja die Erlaubnis des hohen Rates, unsere alten Traditionen zu pflegen und eine Büffeljagd im Gebiet der Black Hills …“

Erneut wurde sie von ihm unterbrochen. „Die Kreuzfahrt ist bereits gebucht. Wenn du hinausgehst, dann hält Faso schon alle Broschüren und das Ticket in tetronischer Form für dich bereit.“

Vier Wochen Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff. Im Grunde freute sich Joana darüber, wäre da nicht das schlechte Gefühl gewesen, ihre Truppe und, vor allem, ihren Vater im Stich zu lassen. Andererseits hatte er sicherlich nicht unrecht. Sie und viele andere fühlten sich erschöpft und ausgebrannt, nach den Monaten der gefährlichen Auseinandersetzungen im Krieg zwischen Norsun und Negaruyen.

Die Anspannung aufgrund dieses Konfliktes fiel nun von ihnen allen ab, doch zugleich taten sich andere Unsicherheiten auf.

Würden sich die Negaruyen der verborgenen Welt an die Übereinkunft halten? Würden die Norsun an deren Vernichtung glauben und ihre Präsenz im Direktoratsgebiet der Menschheit künftig auf Handelsbeziehungen beschränken? Gab es eine erneute Separatistenbewegung in den Kolonien und bedrohte diese das Direktorat? Wie ging es mit dem Wiederaufbau und Erstarken der Streitkräfte weiter? Welche noch unbekannten Gefahren lauerten im Weltraum auf die sich ausdehnende Menschheit?

Joana stieß einen vernehmlichen Seufzer aus. Es war ihr nicht möglich, diese Fragen zu beantworten und, genau genommen, gab es wohl keinen Menschen, der dazu in der Lage wäre. Ihr Vater hatte recht. Es würde keinen großen Unterschied machen, ob sie in den kommenden Wochen ihren Dienst versah oder ihren Urlaub nahm. Vielleicht war die Entspannung im Urlaub auch nützlich, brachte sie auf andere und neue Gedanken. Manche Probleme ließen sich leichter lösen, wenn man sie mit einem gewissen Abstand sah.

„Also gut, Dad, ich nehme den Urlaub und mache die Kreuzfahrt. Kann ich mir meine Begleitung selbst aussuchen?“

Er lachte erleichtert. „Kein Personal der Streitkräfte, Joana. Du sollst dich erholen, Neues entdecken und nicht mit Offizierskameraden fachsimpeln. Keine Sorge, Liebes, die Reise wird dir gefallen. Und nun wünsche ich, dass du zu Faso gehst, deine Unterlagen holst und mit dem nächsten Langstrecken-Shuttle zum Mars fliegst. Übermorgen startet die Star-Liner zu deiner Kreuzfahrt.“

Sie umarmten sich und waren dankbar für die tiefe Liebe, die Vater und Tochter füreinander empfanden.

Dann verließ Joana den Raum und wandte sich lächelnd Commodore Faso zu, der sie bereits zu erwarten schien. „Hallo, Faso, Dad sagt, du hättest ein Ticket für mich.“

Kapitel 3 Freunde und mehr

Unterkunft von Joana Redfeather, Sky-Base Arcturus

Captain Jerome Kelly trug den schlichten Einteiler der Borduniform, der sich mit wenigen Handgriffen und dank der im Kragen zusammengelegten Transparentfolie in einen leichten Raumanzug umwandeln ließ. Vor wenigen Minuten war er in die Unterkunft von Joana gekommen und sah ihr ein paar Momente schweigend zu, wie sie zwei kleine Koffer für ihren Urlaub packte.

Jerome befehligte den „C“-Troop der fünften Raumkavallerie und fungierte zugleich als Joanas stellvertretender Bataillonsführer. Wegen seines gelegentlich breiten Slangs konnte er seine texanischen Vorfahren nicht leugnen und er war ein ebenso erstklassiger Kamerad und Offizier wie zugleich ein treuer Freund.

Jerome lag so einiges auf der Zunge, doch er wusste nicht recht, wie er dies formulieren sollte. So brachten seine ersten Worte eher seine Verlegenheit zum Ausdruck. „Ich wusste gar nicht, dass du so viele zivile Klamotten zum Einpacken hast.“

Sie faltete ein modisches Kleid, welches kaum mehr als aus einem Hauch von Stoff bestand. „Das meiste habe ich vorhin in unseren Boutiquen in der Einkaufspassage erworben. Angeblich der neueste Schrei auf dem Mars.“

„Ich würde auch schreien, wenn du das Ding trägst“, murmelte er.

„So hässlich?“

„Gosh, nein. Du siehst sicher fabelhaft darin aus“, entgegnete er hastig. „Aber wenn man dich nur in Dienstkleidung kennt, dann ist dieser Hauch von Nichts einfach atemberaubend.“

Joana lächelte ihn an. „Eine Mischung aus organischen Pflanzenfasern und so genanntem Trans-Flex-Stoff.“

„Kenne ich nicht“, gab er zu.

„Das Zeug wechselt, je nach Lichteinfall, die Farbe und unter bestimmten Voraussetzungen wird es sogar für ein paar Augenblicke vollkommen transparent.“

„Nett“, meinte er leicht errötend. „Überall?“

„Nun, da wo es interessant ist“, wich sie der direkten Antwort aus. „Aber keine Sorge, ich habe auch ganz konventionelle Kleidung dabei.“

„Auch deine Uniform?“

Sie nickte lächelnd. „Ja. Die Paradeuniform. Für das Captain´s Dinner. Die einzige Gelegenheit, bei der ich im Urlaub ein wenig mit meinen Verdienst- und Kampfspangen angeben kann.“

Er räusperte sich. „Waffen?“

„Dann würde Dad mich kielholen.“ Ihr Lächeln vertiefte sich. „Nicht einmal eine kleine Nadelpistole. Aber es ist eine Urlaubsreise, Jerome, keine Kampfmission.“

„Dennoch gefällt mir nicht, dass du alleine unterwegs bist.“

„He, Captain Kelly, ich bin schon ein großes Mädchen, okay?“

„Trotzdem mache ich mir Sorgen“, gab er verlegen zu. „Ich könnte ein paar gute Leute für dich abstellen. Galley, Riordan, Basari und Bear könnten ebenfalls etwas Urlaub gebrauchen.“

„Und du sicher auch.“

„Jetzt, wo du es sagst …“

Joana schloss eine der Reisetaschen und musterte Kelly nachdenklich. Der „Texaner“ war nur mittelgroß, hatte tiefschwarzes Haar und braune Augen. Er trug einen sauber gestutzten Bart, der seinen Mund umrahmte. Er war nicht unbedingt eine Schönheit, aber durchaus attraktiv. Kelly hatte keine feste Beziehung, wenn man von seiner Leidenschaft zur Truppe absah. Für Joana war Jerome ein Freund und so etwas wie ihr Bruder. Manchmal spürte sie, dass er weitaus mehr für sie empfand. Die Statuten der Streitkräfte des Direktorats duldeten durchaus Beziehungen innerhalb der Truppe, auch wenn man sie nicht unbedingt begrüßte. Eine Liebesbeziehung konnte zu leicht Einfluss auf das Verhalten im Einsatz nehmen. Dies war vielleicht auch der Grund, warum Joana bislang kein Mehr an Gefühlen zu Jerome zugelassen hatte.

„Tut mir leid, Jerome, aber Dad hat seine Trumpfkarte ausgespielt.“

Er tippte auf eine seiner Schultern, auf der das Rangabzeichen zu sehen war. „Die da?“

Sie zuckte lächelnd mit den Achseln. „Kein Kontakt mit Militärpersonal irgendwelcher Art auf meiner Reise.“

Sein missbilligendes Schnauben verriet zu Genüge, was er davon hielt. „Es gibt Leute die dem Direktorat und seinen Streitkräften nicht unbedingt wohlgesonnen sind. Leute, denen du aus den Medien sehr gut bekannt bist.“

„Keine Sorge, Commodore Faso hat dafür gesorgt, dass ich unter anderem Namen reise.“

„Deinen Namen magst du ändern, aber nicht deine biometrischen Daten“, gab er zu bedenken. „Es braucht nur zufällig der Falsche dein hübsches Gesicht erkennen und dann kann niemand sagen, wie es noch um deine Sicherheit bestellt ist.“

Sie trat zu ihm und strich ihm sanft über eine Wange. „Ich weiß, dass du dich sorgst, alter Freund, und dafür danke ich dir, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass ich diese Kreuzfahrt antreten werde.“

Er erwiderte ihren Blick und legte seine Hand sanft über die ihre. „Ich könnte es schaffen, dass Bear heimlich an Bord geht. Du weißt, Bear ist ein lebender Kampfpanzer und …“

„Jerome!“ Ihre Stimme nahm einen leicht verärgerten Klang an. „Fang nicht an zu fantasieren und mach uns den Abschied nicht so schwer. Verdammt, Captain Kelly, es ist doch nur für ein paar Wochen und ich erwarte, dass du mir bei meiner Rückkehr das Bataillon in erstklassiger Verfassung übergibst. Haben wir uns da verstanden, Mister Kelly?“

„Gosh“, fluchte er leise, „ist es wirklich nötig, dass du jetzt den Major heraushängst?“

„Natürlich nicht.“ Sie klang nun wieder versöhnlich und zog den Verschluss der zweiten Tasche zu. „Grundgütiger, Jerome, ich bliebe auch lieber bei der Truppe.“

„Ich weiß“, lenkte er ein. „Verdammt, Lady, gib auf dich acht. Ich und unsere Trooper erwarten, dich gesund und munter wiederzusehen.“

„So soll es sein.“

Sie reichten sich die Hände, doch dann nahm Joana ihn kurz in die Arme, bevor sie sich wieder von ihm löste. „In ein paar Wochen sehen wir uns wieder.“

„Sicher“, brummte er. „Äh, wenn es möglich ist, dann lass ab und an von dir hören, damit wir wissen, dass es dir gut geht.“

Sie nickte ihm zu, nahm ihre Taschen auf und begab sich zur Tür. Jerome war ganz Kavalier, drückte den Öffner und nahm ihr das Gepäck ab. „Wenn ich schon nicht mitreisen kann, so bringe ich dich wenigstens zum Shuttle.“

Eine knappe Stunde später legte das Langstrecken-FLV von der Sky-Base ab und beschleunigte auf Lichtgeschwindigkeit, um in den Nullzeit-Sturz zum Mars zu gehen.

Kapitel 4 Die I.T.T. Star-Liner

Central Star-Port, Mars, solares System

Das Langstrecken-FLV gehörte zu jenen Fast Landing Vehicles, welche die Sky-Navy nach der Rettungsmission für die Hanari nicht mehr benötigt und an Privat zum Kauf angeboten hatte. Die ehemaligen Landungsboote waren eine willkommene Gelegenheit, um kostengünstig in die interstellare Raumfahrt einzusteigen. Man schnitt die fünfundfünfzig Meter langen Boote in der Mitte auseinander, fügte dort eine Verlängerung ein, die den Hiromata-Nullzeit-Antrieb und dessen Energieversorgung enthielt, und baute die im Heck befindliche Ladebucht nach eigenen Bedürfnissen um. So dienten nun Hunderte modifizierter FLVs dem interstellaren Personen- oder Frachttransport.

Joana Redfeather war oft an Bord militärischer FLVs gewesen und der Flug in dem zivilen Langstrecken-Shuttle gab ihr einen Vorgeschmack, was sie in ihrem Urlaub erwartete. Hier gab es keine Hartschalensitze mit Ankerpunkten für die Kampfanzüge, sondern bequeme Polster mit Massagefunktion. Auf einem Holo-Vid-Schirm wurden Werbeclips für Kreuzfahrten gezeigt und zwei aufmerksame Flugbegleiter sorgten sich um das Wohl der Passagiere.

Der für Joanas Empfinden luxuriöse Flug währte jedoch nur vierundzwanzig Stunden. Beschleunigen auf Lichtgeschwindigkeit, die Ausführung des Nullzeit-Sturzes ins solare System, dort abbremsen von Lichtgeschwindigkeit und Anpassung an die Umlaufbahn des Mars, wo sich das Ziel befand.

Der Mars war nach der Evakuierung der Erde zum Hauptplaneten des Direktorats geworden. Noch immer zeigten sich die Narben des Großangriffs der Negaruyen der verborgenen Welt. Mars Central City und andere Städte hatten gelitten, Industrieanlagen und die Akademie der Sky-Navy waren zerstört und hastig wieder errichtet worden. Zwei der orbitalen Werften waren vernichtet worden und die verbliebenen drei Anlagen arbeiteten unter Hochdruck.

Die anderen von Menschen besiedelten Welten hatten nur wenig vom Krieg erlebt. Sie waren fast alle von Angriffen verschont geblieben und kannten Not und Leid nur aus den Berichten der interstellaren Medien.

Die Menschen versuchten die grausamen Erlebnisse zu vergessen und stürzten sich nicht nur in den Wiederaufbau, sondern auch alle Arten von verfügbaren Vergnügungen. Der Tourismus boomte. Im Orbit um den Mars schwebte einer der größten Star-Ports der Menschheit. Er hatte Ähnlichkeit mit der Sky-Base Arcturus, auch wenn die wenigen Verteidigungsanlagen hier besser verborgen waren und fast ausschließlich zivile Schiffe verkehrten. Hierzu gehörten die kleinen FLVs ebenso wie Modul-Frachter, verschiedenste Zivilschiffe oder die großen Kreuzfahrer.

Allein das Unternehmen „My Starship“ verfügte über ein Dutzend Interstellarschiffe, von denen jedes Tausende von Menschen an Bord nehmen konnte. Joana war erleichtert, dass sie ihre Reise auf einem deutlich kleineren Schiff antreten würde.

Während ihr Shuttle dem Andocken am Star-Port entgegenflog, bekam sie die I.T.T. Star-Liner erstmals zu Gesicht.

Im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen, die nicht auf einem Planeten landen konnten und daher auf Beiboote angewiesen waren, war die Star-Liner für Landungen konstruiert worden. Ihr schlanker und aerodynamischer Rumpf schien relativ breit und flach und fungierte zugleich als Tragfläche. Stummelflügelartige Ausleger unterstützten die Flugeigenschaften und dienten zugleich der Steuerung. Ein starkes All-Atmosphären-Triebwerk, die überdimensionierte Ausgabe jener der FLVs, sorgte dafür, dass eine Lufthülle beim Flug der Star-Liner keinen Schaden nahm.

Das knapp vierhundertdreißig Meter lange Schiff schimmerte in den intensiven Farben der „Interstellar Travel Tours“, einem kleineren Kreuzfahrtunternehmen, welches vornehmlich auf Routen flog, die von der Konkurrenz nicht bedient wurden. Die Firma besaß einen ausgezeichneten Ruf, was Service und das Preis-Leistungs-Verhältnis betraf. Auf der Star-Liner würden insgesamt einhundertfünfunddreißig Besatzungsmitglieder für das Wohl des Schiffes und seiner knapp dreihundert Passagiere sorgen.

Nachdem das Langstrecken-Shuttle an einem der Andock-Pylone festgemacht hatte, betrat Joana den Star-Port. Den Vorschriften entsprechend meldete sie sich bei der Port-Authority, der Raumhafenbehörde. Sie war angekündigt worden und ein Zivilbeamter führte sie zum Verbindungsoffizier der Sky-Navy. Der Lieutenant war ebenfalls informiert und händigte ihr eine neue Identitätskarte aus. Sie war echt und entsprach eigentlich jener, die sie seit Geburt besaß, doch hier fehlte die Eintragung, dass sie zum Personal der Navy gehörte. Eine Vorsichtsmaßnahme, auf der ihr Vater bestanden hatte und die durch seine Verbindungen ermöglicht worden war.

Wie alles Militärpersonal und viele Zivilisten trug Joana ein so genanntes Implant. Ein winziges tetronisches Gerät, welches der Identifikation und Kommunikation diente und hinter ihrem rechten Ohr eingepflanzt worden war. Seine Reichweite betrug nur wenige Dutzend Meter, weswegen ein dichtes Netz von Transmittern erforderlich war, um das System zu nutzen. Der Star-Port verfügte über ein solches Netz und so tippte Joana leicht gegen ihre Schläfe. „Joana Redfeather an Community-Center Star-Port: Ich bitte um Weisung zum Liegeplatz der I.T.T. Star-Liner.“

Nur Augenblicke später vernahm sie eine weibliche Stimme, die vom Implant an ihr Ohr geleitet wurde. „Community-Center Star-Port an Joana Redfeather: Wegweiser ist auf Ihre Individualkennung geschaltet. Er wird automatisch deaktiviert, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben.“

Die Stimme verstummte und zugleich erschien am Boden vor Joana eine farbige Linie, der sie jetzt nur noch zu folgen brauchte. Diese Linie war nicht real, sondern wurde mit Hilfe des Implants über die Sehnerven an die Netzhäute der Augen projiziert und daher von anderen Personen nicht wahrgenommen. Eine eingeblendete Zahl zeigte Joana die Entfernung auf und sie überlegte kurz, ob sie eines der Transportbänder oder ein Fahrzeug in Anspruch nehmen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Bewegung konnte einem Sky-Trooper niemals schaden.

Während ihres Weges nahm sie die Eindrücke in sich auf. Hier herrschte wesentlich mehr Betrieb als in der Sky-Base Arcturus. Scharen von Zivilisten drängten sich in den breiten Korridoren. Nahezu jede Stilrichtung der Kleidung verriet, von wie vielen unterschiedlichen Welten die Menschen stammten. Immer wieder waren die Uniformen von Firmen und Konzernen zu sehen. Alles wirkte geschäftig, ja geradezu hektisch und machte auf Joana einen ungeordneten Eindruck. Die Gänge wurden von Läden gesäumt, auf angelegten Plätzen standen gemütliche Sitzgruppen zwischen angelegten Blumenbeeten, über die mancherorts Bäume aufragten. Sie dienten nicht alleine der Erholung, da sie ein Bestandteil der natürlichen Luftversorgung waren. Geräusche erfüllten die Luft und die Vielzahl der Dialekte war ein erneuter Hinweis auf die Herkunft von vielen Welten.

Joana registrierte dies mit gemischten Gefühlen. Der Nullzeit-Antrieb erschloss der Menschheit das Universum und ermöglichte vielen Gruppen, das eigene individuelle Glück zwischen den Sternen zu suchen. Viele entzogen sich zunehmend der Aufsicht des Direktorats. Sie verzichteten bewusst auf die Aufbauhilfen, welche ihnen die geeinte Menschheit ermöglichte, um aus eigenen Kräften und nach eigenen Vorstellungen zu bestehen. Für das Direktorat entstand so zunehmend das Problem, das manche dieser Welten unbekannt blieben. Das Direktorat empfand sich jedoch als verantwortlich für alle menschlichen Siedlungen. Katastrophen konnten eine junge Kolonie zugrunderichten, ohne dass man in der Lage war, ihr Hilfe zu schicken.

Inzwischen war man auf mehrere intelligente Fremdrassen gestoßen. Manche, wie die Hanari, die Shanyar oder Negaruyen der Sandwelt, waren friedlich. Andere, wie die Negaruyen der verborgenen Welt, eher feindselig. Darüber, wie es sich mit den insektoiden Norsun verhielt, konnte man sich nicht sicher sein. Die Gefahr, dass ferne Kolonisten, absichtlich oder unabsichtlich, einen Konflikt auslösten, war nicht von der Hand zu weisen. Wie sollte die Sky-Navy das verhindern oder alle die fernen Welten schützen?

Nein, Joana gefiel die rasch zunehmende Ausbreitung der Menschheit nicht, denn die Raumkavallerie hatte zu wenige Sky-Trooper und die Sky-Navy zu wenige Schiffe, um das größer werdende Gebiet zu patrouillieren und zu schützen.

In ihrem Ohr war eine leise synthetische Stimme. „Joana Redfeather, Sie haben Ihr Ziel erreicht. Pylon Sieben, Ankerplatz 7-D. Liegeplatz von I.T.T. Star-Liner, Registernummer CIT57-23A1. Achtung, mit Betreten des Pylons verlassen Sie den Übertragungsbereich Ihres Implants. Ende der Verbindung zum Community-Center Star-Port Mars Central.“

Star-Port und Andock-Pylon waren durch eine geräumige Schleuse miteinander verbunden. Joana trat in den Pylon hinaus, der im Grundriss dem der Sky-Base entsprach. Fast einen Kilometer breit und sieben Kilometer lang bot er an seinen Seiten genug Platz, um mehrere Großraumschiffe ankern zu lassen.

Die Seitenwände bestanden aus transparentem Klarstahl und ermöglichten den ungehinderten Blick nach außen. Joana erkannte einen Teil des Mars und davor die Rümpfe mehrerer Schiffe. Shuttles und Fluggeräte mit Arbeitern bewegten sich um die Raumfahrzeuge. An einigen wurde gearbeitet. Vor allem die Säuberung der Rümpfe vom interstellaren Staub war eine zeitintensive Tätigkeit. Fracht und Versorgungsgüter wurden zwischen den Schiffen und dem Pylon bewegt. Auch hier waren Hunderte von Menschen zu beobachten, dazwischen einige der neuartigen Arbeitsroboter, die vollkommen mobil waren und ihre Aufgaben eigenständig wahrnahmen. Große Schläuche und dicke Kabel verbanden Pylon und Raumfahrzeuge, die am Liegeplatz durch den Star-Port versorgt wurden.

Rechts von Joana lag die Star-Liner. Neben einem der Konkurrenten ankernd, wirkte das Kreuzfahrtschiff unscheinbar und klein. Im Vergleich zu dem Riesen würden seine rund dreihundert Passagiere eher wie eine intime Gemeinschaft wirken. Joana war das nur recht. Sie glaubte nicht, dass sie sich unter Tausenden von undisziplinierten Zivilisten wohlfühlen konnte.

Gemächlich schlenderte sie auf die Star-Liner zu, wich automatisch einem hoch beladenen Lastentransporter aus und näherte sich der Zugangsschleuse des Schiffes, die man hier traditionell als Gangway bezeichnete.

An der Gangway flimmerte ein Hologramm, welches die Passagiere willkommen hieß. Neben dem Aufgang standen zwei Besatzungsmitglieder in ihren schmucken Bordoveralls und eine rundliche Frau in der Offiziersuniform der Gesellschaft. Joana kannte sich nicht mit den verschiedenen Funktionsabzeichen der Privaten aus, doch die Frau lächelte sie mit geschäftsmäßiger Freundlichkeit an und stellte sich vor.

„Catherine DeVille. Ich bin die Kreuzfahrtdirektorin an Bord und heiße Sie im Namen von Interstellar Travel Tours von Herzen willkommen. Darf ich um Ihren Namen und die Bordkarte bitten?“

Joana nannte ihren Namen und reichte ihre Identitätskarte und den Bordausweis der Star-Liner weiter. Ein wenig angespannt musterte sie das Gesicht ihres Gegenübers, doch diese ließ nicht erkennen, ob sie Joana erkannte, die immerhin einige Male in den Medien aufgetaucht war. Andererseits war der indianische Name Redfeather selten genug. Es war höchst unwahrscheinlich, dass Catherine DeVille ihn nicht mit dem Oberkommandierenden der Streitkräfte in Verbindung brachte.

„Verzeihung, Miss, aber Sie kommen mir bekannt vor.“