Tom Prox 121 - Frank Dalton - E-Book

Tom Prox 121 E-Book

Frank Dalton

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Beschreibung

Endlich einmal die Seele baumeln lassen - selten genug haben die Agenten und Agentinnen die Möglichkeit auszuspannen. Und dass es ihnen der Dienstplan dann sogar erlaubt, gemeinsam die Ferien zu verbringen, das kommt schon dem Hauptgewinn in einer großen Lotterie gleich.
Lange können Tom Prox, Snuffy Patterson und Ruby Long die verdienten freien Tage bei Old Latham und seiner Frau aber nicht genießen. Zunächst geraten der Captain der Ghost Squad und sein Sergeant mitten hinein in einen seltsamen Entführungsfall, bei dem das Opfer spurlos verschwindet und auch keine Lösegeldforderung gestellt wird, dann verenden plötzlich hunderte von Rindern auf den umliegenden Ranches ...


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Seitenzahl: 170

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Inhalt

Cover

Die letzte Kugel war verschossen

Vorschau

Impressum

Die letzte Kugelwar verschossen

Von Frank Dalton

Der Feuertod gilt Rechtsmedizinern als eine der schmerzhaftesten Todesarten. Handelt es sich bei einem solchen Tod nicht um ein Unglück, wie zum Beispiel einen durch eine Kerze ausgelösten Hotel-Brand, sondern um Vorsatz, also um Mord, so sagt das viel aus über die besondere Grausamkeit des Täters.

Gleich mehrere dieser moralisch völlig verkommenen Subjekte locken Tom Prox und Snuffy Patterson in eine solche Todesfalle und lassen die Ghosts gefesselt auf einem regelrechten Scheiterhaufen zurück. Und diesmal scheint ein Entrinnen für die sonst so wehrhaften Männer unmöglich ...

1. Kapitel

»Das war doch ein Schuss, verdammt noch mal!«, rief Sergeant Patterson aufgeregt. Er verschluckte sich dabei fast, denn er kaute gerade – und das tat er eigentlich immer, wenn er Zeit hatte.

»Warum soll schließlich nicht mal jemand schießen, wenn's ihm Spaß macht?«

»In dieser Gegend, Tom?«, widersprach Snuffy zweifelnd. »Hier, wo die Füchse sich gute Nacht sagen? Gewissermaßen am Schwanz der Welt, bildlich gesprochen, natürlich!«

In diesem Augenblick fielen weitere vier oder fünf Schüsse in rascher Folge. Dann schrie jemand laut und anhaltend. Aber das musste nicht unbedingt ein Mensch sein. Die beiden Ghosts waren noch zu weit entfernt, als dass sie es genau hätten ausmachen können.

Beide sprangen im selben Moment auf und rannten los. Aber sie kamen nicht weit. Sie befanden sich auf Silvys Vieux, einem Felsplateau mittlerer Höhe, das sie von Süden her erreicht hatten. Schon nach wenigen Schritten fiel dieses Plateau ziemlich steil in einen Talkessel ab, dessen Grund nun dunkel und unheimlich vor ihnen lag.

Sie spähten in die Tiefe, aber die Sicht war nicht gut, da die Sonne ziemlich flach stand und das Tal von allen Seiten von hohen Felsen umgeben war.

»Dort!«, rief Snuffy im nächsten Augenblick. »Da!«

Ein Teil des Kesselgrundes war mit Gebüsch und Sträuchern bewachsen. Und dort tauchte plötzlich eine Frau auf. Sie trug einen Reitanzug, schien noch sehr jung und lief, so rasch sie konnte.

Dann überstürzten sich die Ereignisse. Aus demselben Gebüsch brachen jetzt zwei Männer hervor und rannten hinter ihr her. Die Flüchtende warf einen raschen Blick zurück, erkannte die Gefahr und wollte ihre Anstrengung verdoppeln. Doch weil sie diesen einen Augenblick lang nicht auf den Weg geachtet hatte, stürzte sie. In wenigen Minuten hatten die beiden sie eingeholt. Das Mädchen aber blieb reglos liegen.

»Nun aber hin, Chef!« Snuffy spähte die steinerne Felswand hinab. »Wird eine verteufelte Sache werden, aber dem armen Girl muss geholfen werden!«

»Andersherum«, entgegnete Tom Prox ruhig, »den Abstieg entlang!«

»Bis wir diesen Weg geschafft haben und an den Kesseleingang kommen, ist das Girl längst verschwunden! Scheinen Kidnapper zu sein.«

»Die beiden müssen doch auch dort durch, wenn sie aus dem Kessel heraus wollen«, mahnte der Ghostchef. »Wir werden sie vielleicht noch abfangen können.«

»Okay!« Der Lange war mit einem Mal einverstanden »Es wird mir eine Wonne sein, mich mit denen zu unterhalten. Also, hinein ins Vergnügen!« Er stieß einen grellen Pfiff aus. Sein Gaul preschte heran.

Jeder, der etwas von Pferden verstand, erkannte auf den ersten Blick die Qualitäten, über die es verfügte.

»Gib Gas, Brauner!«, feuerte Snuffy sein Streitross an. »Für eine Lady ist uns nichts zu anstrengend!« Dann tobte Patterson davon, ohne sich darum zu kümmern, ob der Freund ihm folgte.

Der Weg war schmal und nicht ungefährlich. Er wand sich in vielen Kurven zur Ebene hinunter und zeigte sich an verschiedenen Stellen äußerst abschüssig. Aber die Pferde brauchten nicht viel mehr als eine Viertelstunde bis zum Kesseleingang.

Der Weg, der in den Kessel hineinführte, war sehr sandig, sodass man Spuren ganz ausgezeichnet hätte ausmachen können. Da es aber keine gab, die hinausführten, mussten die Gangster also noch im Kessel sein.

Nur die Südseite des Kessels wurde durch dichtes Gebüsch begrenzt. Es war das, aus dem das Mädchen und die Männer gekommen waren.

Die beiden Ranger kannten die Gegend. Hinter dem Gebüsch lag eine Ebene, reich an Pflanzenwuchs, stellenweise stand das Gras sogar hüfthoch. Bäume und Sträucher gaben dieser Stelle ein freundliches Aussehen. Ein See reichte hier mit seinem Ostufer so nah an die hochragenden Felsen heran, dass es unmöglich war, dieses Ufer vom Land aus zu erreichen. Der See selbst besaß keinen erkennbaren Zu- oder Abfluss. Es handelte sich um den Cindad-See, von dem die Einheimischen unheimliche Geschichten zu berichten wussten.

»Da brennt etwas. Dort hinter der Gebüsch!« Eine dunkle Rauchwolke stieg an der von Snuffy bezeichneten Stelle zum Himmel, drehte sich eine Zeitlang senkrecht in die Höhe und löste sich dann auf.

»Seltsam«, meinte Patterson verwundert. »In diesem Kessel wohnt doch kein Mensch! Weit und breit kein Haus. Etwas so Ödes wie diesen See habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.«

»Ich denke, du hattest es so eilig, dem Girl zu helfen?«, entgegnete Tom lächelnd. »Spar dir deine Reden doch für das Mädel auf – oder noch besser: Halte diese Reden doch nachts im Traum. Dann langweilst du wenigstens niemanden damit.«

Snuffy wollte etwas erwidern, klappte jedoch den bereits geöffneten Mund wieder zu und schwieg. Rasch ritten sie auf die Stelle zu, an der die Frau gefallen war.

»Sie ist tatsächlich noch sehr jung«, stellte der Lange fest, als sie heran waren. Er drehte die Frau, die mit dem Gesicht auf dem Boden lag, behutsam um. »Allerhand!«, stellte er fest. »Sogar ein so hervorragender Kenner weiblicher Schönheit wie ich muss sagen ...«

»Hol lieber Wasser!«, unterbrach ihn Tom kurz.

Snuffy lief los. Er brauchte nicht lange zu suchen. Das Gluckern des kleinen Baches, der durch den Kessel floss, war weithin zu vernehmen. Zwei Minuten später füllte der Sergeant seinen Hut bis zum Rand. Bald darauf stand er wieder neben Tom. Der nahm ihm den Hut ab und schüttete seinen Inhalt dem bewusstlosen Mädchen ins Gesicht.

»Tom!«, rief Snuffy empört. »So verfährt man doch nur mit Männern! Mit Frauen geht man zarter um!«

»Wenn du doch nur den Mund halten wolltest!« Der Ghostchef kniete nieder. »Was ist Ihnen?«, fragte er besorgt. »Was wollten die beiden Kerle von Ihnen? Wie kommen Sie hierher?«

»Bitte, lassen Sie mich!«, flehte das junge Mädchen ängstlich. Es mochte nicht älter als zwanzig sein. Wenn es auch keine ausgesprochene Schönheit war, hatte es doch eine ausgezeichnete Figur, und das Gesicht wirkte sympathisch und anziehend. Es versuchte, sich aufzurichten, war aber zu schwach.

»Keine Sorge!«, beruhigte es der Sergeant in seiner liebenswürdigsten Art. »Sie sind bei Freunden! Ich werde nicht erlauben, dass Ihnen auch nur noch ein Haar gekrümmt wird. Wie mein Freund darüber denkt, weiß ich nicht, denn er hat leider keine Meinung über Frauen. Vielleicht macht er in diesem Fall aber eine Ausnahme ...«

Das Girl blickte Snuffy verblüfft an.

»Wünschen Sie etwas?«, erkundigte sich Patterson diensteifrig.

»Sie meinte, ein solcher Schwätzer sei ihr noch nie begegnet«, spottete Tom.

»Du unfeiner Zeitgenosse!« Snuffy ging nun neben der Liegenden in die Knie. »Wo tut's denn weh? Ich werde Ihnen sofort helfen! Sie brauchen nur einen Wunsch zu äußern.«

»Mein Vater, mein Vater ...!«, hauchte sie ganz aufgeregt.

»Was ist mit Ihrem Vater, Girl?«, schaltete sich jetzt Tom ein.

»Tot? Erschlagen? Ich weiß es nicht«, stammelte sie. Ein Schaudern ging dabei durch ihren Körper.

»Vielleicht holst du noch etwas frisches Wasser. Die junge Dame hat sicher Durst.«

»Wäre es nicht besser, du holtest es, Tom? Schließlich habe ich mehr Erfahrung im Umgang mit Frauen als du! Wahrscheinlich würdest du durch unvorsichtige Fragen ihr weibliches Zartgefühl verletzen!« Snuffy hielt inne. Der Blick, mit dem Tom ihn maß, ließ es geraten erscheinen, sich doch schnell davonzumachen.

Tom Prox wandte sich jetzt ungestört dem Girl zu. »Wer ist Ihr Vater?«

»Professor Gould. Ich weiß nicht, ob Ihnen sein Name ein Begriff ist.«

»Der bekannte Geologe?«

Sie nickte.

»Wie kommt Ihr Vater denn in diese Gegend?«

»Wir halten uns schon seit zwei Wochen am Cindad-See auf. Die hiesigen Gesteinsverhältnisse interessieren ihn.«

»Was, ohne jeden Schutz in diesem abgelegenen Kessel?«

»Vaters Assistent ist auch dabei. Tris Collins heißt er. Aber ihn haben die Gangster wahrscheinlich auch umgebracht.«

»Wieso denn das?«

»Bisher lebten wir unbehelligt in unserem kleinen Lager. Vor knapp zwei Stunden aber wurden wir überfallen. Ich hielt Mittagsschlaf im Zelt. Vater war gerade hinausgegangen, da hörte ich ihn plötzlich um Hilfe rufen und eilte nach draußen. Drei Männer hatten ihn angegriffen, er wehrte sich verzweifelt. Ich bin nicht sehr mutig, aber mit dem Colt umzugehen verstehe ich. Ich lief ins Zelt zurück, um meine Waffe zu holen. Als ich wieder herauskam, erhielt ich von der Seite einen Schlag, der mich bewusstlos machte.«

»Mein Freund und ich sahen aber nur zwei Männer«, entgegnete der Ghostchef zweifelnd.

Das Mädchen blickte ihn überrascht an. »Es waren aber drei! Wo der andere abgeblieben ist, weiß ich nicht. Als ich erwachte, sah ich, dass die Kerle inzwischen unsere Zelte in Brand gesteckt hatten. Von Vater und Mister Collins war nichts zu entdecken.« Sie schluchzte. »Die Schufte waren dabei, unsere Habseligkeiten zusammenzupacken. Leider verriet ich mich durch einen erschreckten Ausruf. Als sie merkten, dass ich wieder bei Bewusstsein war, kamen sie auf mich zu. Angst überkam mich, ich sprang auf und rannte davon. Sie hinter mir her. Ich zwängte mich durch das Gebüsch, stolperte jedoch, und die Männer holten mich ein und schlugen mich erneut nieder.«

»Ich finde, das genügt!«, erwiderte Snuffy empört. Er hatte inzwischen das Wasser geholt.

»Mein Vater!«, jammerte das junge Mädchen erneut. »Wenn ich nur wüsste, was mit ihm geschehen ist. Hoffentlich haben sie ihn nicht ...« Sie zuckte zusammen und vermied es, das Wort auszusprechen, das sich ihr auf die Zunge drängen wollte.

»Wenn du dich inzwischen um die Lady kümmern würdest, Tom, dann würde ich gleich einmal Nachschau halten, wie es auf der anderen Seite des Gebüsches aussieht.«

Tom aber lachte. »Lass mich das nur machen! Im Umgang mit Frauen hast du doch die größere Erfahrung, alter Knabe! Ich werde bald wieder zurück sein.«

»Brauchst dich gar nicht so zu beeilen«, meinte Snuffy leutselig. Dann wandte er sich an das junge Mädchen. »Wie heißen Sie eigentlich mit Vornamen, Miss Gould? Es ist lästig, immer nur Miss sagen zu müssen ...«

Mehr hörte Tom nicht mehr, denn er war bereits ins Gebüsch eingedrungen. Mochte der Lange ruhig Süßholz raspeln. Wenn es aber darauf ankam, zeigte er doch, dass er sich ausgezeichnet auch auf andere Dinge verstand.

Als Tom das Gebüsch durchquert hatte, blieb er zunächst einmal beobachtend stehen. Die Kerle, die das Lager überfallen und Miss Gould so übel mitgespielt hatten, schienen sich bereits davongemacht zu haben. Die beiden Zelte, von denen das junge Mädchen gesprochen hatte, waren nur noch ein Haufen verkohlter Asche.

Er ging zur Brandstelle hinüber. Aber vom Professor und seinem Assistenten war auch hier nichts zu entdecken.

Zwei Minuten lang wühlte er mit der Spitze seines Stiefels in der immer noch heißen Asche herum. Dann fielen ihm plötzlich Spuren auf, die vom Zeltplatz durch das hohe Gras Richtung See führten, der ungefähr fünfzig bis sechzig Meter entfernt lag. Das Gras hatte sich noch nicht wieder aufgerichtet. Sollten sich die Banditen wirklich in diese Richtung entfernt haben? Das gegenüberliegende Ufer bot doch keinerlei Möglichkeit, an Land zu gehen!

Tom Prox folgte der Spur. Als er das Seeufer erreichte, fand er das Gras in einem größeren Umkreis niedergetreten. Es sah ganz so aus, als hätte jemand hier gelagert. Er schaute sich um und entdeckte einen Hut, der liegengeblieben war. Der Hut wies zwei Einschüsse auf. Hier musste gekämpft worden sein!

Dann fand er auch eine Schleifspur, die von diesem Platz aus weiter bis dicht ans Wasser führte. Der See senkte sich vom felsigen Ufer aus sofort in bodenlose Tiefen. Auf dem steinigen Ufer entdeckte Tom dann noch einen Fetzen Stoff. Der war wohl aus einer Hose herausgerissen und an einem scharfen Steinhängengeblieben.

Hatte man den Professor und seinen Assistenten in den See geworfen, nachdem man sie niedergeschlagen hatte? Vielleicht fanden sich noch andere Spuren. Tom ging wieder zum Zeltplatz zurück. Da war ihm plötzlich, als hätte er ein unterdrücktes Stöhnen vernommen. Er schaute sich um und spähte auch zum nördlichen Ufer.

Das lag im Schatten der hohen Felsen, die den Kessel umsäumten, sodass kaum etwas zu erkennen war. Also machte er sich auf den Weg, um dort nachzusehen. Oft traten die Felsen so dicht ans Wasser heran, dass er waghalsige Kletterpartien unternehmen musste, um überhaupt vorwärtszukommen.

Dann sah er auf einem Felsvorsprung einen Mann liegen. Der Unglückliche war so erschöpft, dass er nicht imstande schien, Notiz davon zu nehmen, was um ihn herum vorging. Der Mann war ganz nass, anscheinend hatte er sich mit letzter Kraft aus dem Wasser gezogen und auf den Felsvorsprung gerettet.

Der Ghostchef versuchte ihn aufzusetzen, doch der Ärmste sackte sofort wieder zusammen. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging schwer und röchelnd. Er war wohl kaum älter als dreißig, also konnte es sich nicht um den Professor handeln. Vielleicht war es sein Assistent. Wo aber steckte der Professor?

Tom holte seine flache Taschenflasche hervor und setzte sie dem Erschöpften an die Lippen. Der schüttelte sich beim ersten Schluck, trank dann aber in gierigen Zügen. Nach einiger Zeit schlug er die Augen auf. Verwundert blickte er den Fremden an. Ein leises »Danke!« kam über seine Lippen.

»Sie sind Tris Collins?«

Der junge Mann nickte schwach.

»Wo ist Professor Gould?«

Collins' Blicke glitten über die Oberfläche des Sees. Ein entsetzter Ausdruck stand in seinen Augen. Verzweifelt zuckte er die Achseln.

»Was hat sich hier abgespielt?«, fragte Tom.

»Es kam völlig überraschend! In der Zeit der größten Hitze pflegen wir alle ein wenig zu schlafen. Plötzlich vernahm ich Geräusche vor meinem Zelt. Ich eilte hinaus, um nachzusehen. Professor Gould wehrte sich verzweifelt gegen drei Männer, und auch zu zweit konnten wir gegen die drei nicht an. Ich blieb zwar bei Besinnung, vermochte mich jedoch nach kurzer Zeit nicht mehr zu wehren. Die Kerle nahmen uns alles ab, dann schleppten sie uns ans Ufer und warfen uns in den See.« Er stöhnte. »Das Wasser des Cindad-Sees ist sehr kalt. Es weckte schnell meine Lebensgeister wieder. Ich war nie ein guter Schwimmer, doch jetzt zappelte ich um mein Leben. So schaffte ich es und erreichte das Ufer.«

»Und der Professor?«

Der Assistent hob die Schultern. »Ich sah nichts mehr von ihm. Sie hatten auch ihn hinein...!«

Der Ghostchef suchte mit den Augen die Wasserfläche ab. Reglos und geheimnisvoll lag der See vor ihm wie ein Spiegel aus Blei, der alles verbarg und nichts zeigte.

»Sie sagten, er war bewusstlos, als sie ihn in den See warfen?«

»Ich weiß es nicht genau, nehme es nur an. Er regte sich nicht und gab auch keinen Laut von sich.«

»Bleiben Sie hier liegen«, erklärte Tom. »Ich bin nicht allein im Kessel. Mein Begleiter befindet sich auf der anderen Seite des Gebüsches. Auch Miss Gould konnte gerettet werden. Ich hole die beiden. Wir können dann beraten, was zu tun ist.«

Wenige Minuten später stand Tom neben Snuffy. Miss Gould ging es schon wesentlich besser. Sie hatte den ersten Schrecken überwunden und zeigte nun, dass sie sehr tapfer sein konnte. Fragend blickte sie ihn an.

»Ich habe Mister Collins gefunden«, berichtete er halblaut. »Sie hatten ihn in den See geworfen. Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte gelang es ihm aber, sich ans Ufer zu retten. Das Lager ist vernichtet.«

»Und Vater?« Das Mädchen presste die Hand auf den Mund, beherrschte sich jedoch sofort wieder. »Ich will versuchen, aufzustehen«, sagte sie hastig, »es muss sofort etwas geschehen!«

»Kommen Sie mit. Wenn mein Freund Sie stützt, wird es gehen. Ich möchte gern Sie und Collins beisammen haben! Die Fährte ist noch warm, der Überfall hat ja erst vor einer knappen Stunde stattgefunden. Wenn wir uns gleich auf die Spur setzen, haben wir vielleicht Erfolg.«

Sie arbeiteten sich durch das Gebüsch. Collins lag noch an derselben Stelle. Er hatte sich etwas erholt und war schon wesentlich ruhiger.

»Was ist denn das dort?«, rief der Ghostchef überrascht, als er den Assistenten erreicht hatte, und warf einen Blick über die Wasseroberfläche. Darauf schwamm etwas. Gleich warf er seinen Rock ab, zerrte die Stiefel von den Füßen und sprang ins Wasser. Mit langen, raumgreifenden Kraulstößen schwamm er auf die Stelle zu. Als er heran war, erkannte er, dass es sich um ein durchnässtes Jackett handelte. Er brachte es an Land und warf es auf den Felsen.

Collins wurde bleich. »Das ist doch der Rock des Professors«, murmelte er. Ein Schaudern durchlief ihn. »Er hat sich also nicht retten können.«

Tom Prox überlegte. »Kommen Sie!«, forderte er dann knapp.

Der Lange und Miss Gould hatten inzwischen den Platz mit den rauchenden Trümmern erreicht. Cathy starrte mit leeren Augen auf die Zerstörung.

»Keine Sorge«, ermunterte Tom sie. »Wenigstens vorläufig nicht! Kein Grund, etwas Schlimmes zu befürchten! Sie leben, Mister Collins lebt – und Ihren Vater werden wir auch noch finden! Setzen Sie sich erst mal da in den Schatten der Büsche. Snuffy und ich wollen uns ein wenig die Gegend ansehen. Die Kerle können noch nicht weit sein.« Er griff nach dem Holster. »Können Sie mit einem Colt umgehen?«, fragte er Collins. »Hier haben Sie einen. Falls etwas passieren sollte ...«

»Ich bin kein Meisterschütze«, entgegnete der Assistent bedrückt, »aber wenn es sich darum handelt, meine eigene Haut zu schützen ...«

»Cathys Haut kommt vor Ihrer!«, donnerte ihn Patterson an. »Ich lasse Sie ungern allein, Girl! Aber ...« Er zog nun ebenfalls seinen zweiten Colt aus dem Holster. »Nehmen Sie den, Kleine! Schon mal mit so 'nem Ding in die Gegend geballert?«

Sie nickte.

»Na also! Falls jemand kommt, machen Sie um Gottes willen keine langen Umstände! Sehen Sie aber zu, dass Sie auch wirklich treffen. Halten Sie so tief wie möglich. Zielen Sie auf die Beine ...«

»Schon gut, Langer!«, unterbrach ihn Tom ungeduldig. »Komm!«

Zwei Minuten später standen sie bei ihren Pferden. Snuffy schwang sich in den Sattel.

»In welche Richtung, Chef? Da wollten wir uns mal vierzehn Tage lang an Gottes schöner Natur erfreuen – und geraten wieder mitten hinein ins schönste Abenteuer! Aber ich nehme die Kerle so auseinander, dass selbst der geschickteste Uhrmacher sie nicht wieder zusammensetzen kann.«

»Erst müssen wir sie haben!«, schnitt Tom seinem Freund das Wort ab und ritt los.

»Warum denn gerade hier hinüber?«, fragte der verblüfft.

»Wohin würdest du fliehen, wenn du eine Sache gemanagt hättest und merktest, dass man schneller hinter dir her ist, als du vermutet hast?«

Der Sergeant schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

»Richtig! Das ist die einzige Möglichkeit! Dort drüben wird das Gebirge unwegsam, dort gibt es Wald und Höhlen – romantischer kann es gar nicht werden!«

Sie sollten jedoch nicht weit kommen. Sie hatten den Kesselausgang noch nicht erreicht, als ein Schrei hinter ihnen aufgellte, der sie sofort anhalten ließ.

»By gosh«, stammelte Snuffy, »das ist doch Cathy! Die Kerle haben den Kessel noch gar nicht verlassen! Wahrscheinlich saßen sie irgendwo und beobachteten uns bei jedem Schritt!«

In der nächsten Sekunde bellte ein Schuss. Zwei Herzschläge lang war es dann still; dann knallte es noch drei-‍, viermal, immer aus derselben Waffe.

»Da scheint ja die schönste Geschichte im Gange zu sein!«, bemerkte Snuffy.

Sie jagten zu dem Gebüsch zurück, warfen sich aus den Sätteln, zwängten sich durch das Strauchwerk, konnten jedoch nicht feststellen, dass sich auf dem früheren Zeltplatz etwas Besonderes abspielte. Von den beiden Zurückgelassenen war allerdings nichts mehr zu sehen.

»Hallo!«, rief Snuffy zum See hinüber. »Cathy!« Er bekam keine Antwort. »Scheint sich um eine ganz verdammte Teufelei zu handeln!«, knirschte er wutentbrannt und rannte auf den Platz zu, kam aber nicht weit. Kaum hatte er die ersten zwanzig Schritte hinter sich, als es erneut knallte. Zwei oder drei Kugeln surrten in beängstigender Nähe an ihm vorüber. Also ging er zu Boden und legte sich flach auf den Bauch. »Hässliche Vögel, das!«, schimpfte er los. »Wenn ich die in die Finger kriege ...«

Dann knallte es noch einmal. Nun wusste er, woher die Schüsse kamen!

Er tat ein paar Sprünge, warf sich erneut zu Boden, rollte ein Stück seitwärts, sprang wieder auf, lief ein Stück, warf sich erneut zu Boden, sprang hoch und lief – dann war er am Ziel. In der Zwischenzeit war kein Schuss mehr gefallen.

Er warf sich auf den Menschen, der, rechts und links durch Strauchwerk gedeckt, hinter einem größeren Felsstein lag. Im nächsten Augenblick rief eine entsetzte Frauenstimme beschwörend: »Mister Snuffy ... !«