Tom Prox 8 - Frank Dalton - E-Book

Tom Prox 8 E-Book

Frank Dalton

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Beschreibung

Mit zitternden Fingern greift der Gentleman nach dem Edelstein, den Tom Prox ihm soeben gebracht hat, und lässt ihn im Glanz der Sonnenstrahlen aufleuchten. "Ja, er ist es - der Singende Stein! Einer der kostbarsten Edelsteine der Welt." Dann führt er ihn zum Mund und haucht einen Kuss darauf.
Den düsteren Mann, der unter dem Fenster hockt und jede Bewegung mit Rattenblicken aufmerksam verfolgt, bemerkt er nicht ...

Liebe Westernfans, freuen Sie sich auf den nächsten Tom-Prox-Band. Auch dieser Roman zeichnet sich durch Spannung, Action und viel Humor aus!

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Inhalt

Cover

Impressum

DER SINGENDE STEIN

DIE BLAUE SCHLANGE - Teil 2

Vorschau

Kleines Wildwest-Lexikon

Aus dem Wilden Westen

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Heinrich Berends

Illustrationen Innenteil: duncan1890/iStockphoto; Rustic/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7512-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

DER SINGENDE STEIN

Von Frank Dalton

Mit zitternden Fingern greift der Gentleman nach dem Edelstein, den Tom Prox ihm soeben gebracht hat, und lässt ihn im Glanz der Sonnenstrahlen aufleuchten. »Ja, er ist es – der singende Stein! Einer der kostbarsten Edelsteine der Welt.« Dann führt er ihn zum Mund und haucht verzückt einen Kuss darauf.

Den düsteren Mann, der unter dem Fenster hockt und jede Bewegung mit Rattenblicken aufmerksam verfolgt, bemerkt er nicht …

Susy stupste den Westmann vorwurfsvoll gegen die Schulter. Tom Prox wandte sich lachend seiner treuen Stute zu.

»Yeah, Schönste aller Schönen«, sagte er gut gelaunt. »Ich hab ihn schon gesehen! Aber fünf Minuten Ruhe können wir uns noch gönnen.« Er rauchte seine Zigarette mit Genuss zu Ende.

Dabei ließ er die Gedanken schweifen. Was hatte er in den vergangenen Jahren alles erlebt! Er war nicht von der Art Männer, die es lange an einem Ort hielt, hatte häufig die Ranchen gewechselt. Eines Tages hatte er die Bekanntschaft von Billy Jenkins gemacht, und diese Begegnung war bestimmend für seinen weiteren Lebensweg gewesen.

An der Seite dieses Kameraden und Freundes hatte Tom Prox erkannt, dass er nicht für den Rest seines Lebens ein Cowboy sein wollte. Er wollte mehr als Pferde einreiten und Rinder hüten. Und so war er in den Dienst der vielgerühmten G-Abteilung eingetreten und führte seitdem ein kämpferisches Leben voller Gefahr.

Dieses neue, härtere Dasein hatte ihn verändert. Die draufgängerische Unbekümmertheit seiner Cowboytage war ihm geblieben, aber er war nun von jener unbeugsamen Energie und Entschlossenheit erfüllt, die sich auch auf seinen Gesichtszügen in markanten Linien ausdrückte – die Entschlossenheit, dort einzugreifen, wo es galt, dem Recht und dem Gesetz gegen verbrecherische Elemente Geltung zu verschaffen.

Es wurde Zeit. Tom Prox erhob er sich auf die Knie.

»Verdrück dich jetzt, edle Dame«, bat er liebevoll. »Schätze, man wird hier bald verschiedene Löcher in die Luft schießen, und es ist immerhin möglich, dass du gerade dort stehst, wo nach dem Stickmusterbogen ein Loch hin soll.«

Susy schnaubte verächtlich durch die Nüstern und scharrte vorwurfsvoll den Boden, was wohl heißen sollte: »Du mit deiner übertriebenen Vorsicht!« Da sie aber daran gewöhnt war, zu tun, was ihr Herr begehrte, trollte sie sich und verschwand in dem kleinen Waldstück.

Tom Prox schmunzelte leise vor sich hin. Er war ausgezeichneter Laune.

»Sieh zu, dass du ganz bleibst«, flüsterte er seiner Jacke zu, als er sie auszog und mit Gras vollstopfte. »Bei dir kommt es nicht mehr so genau darauf an«, erklärte er dem Sombrero, während er ihn über die Jacke stülpte. »Du musst ganz vorsichtig sein«, mahnte er den rechten Handschuh, »denn du bist neu!« Er füllte ihn ebenfalls mit Gras. »So«, erklärte er dann den ausgestopften Kleidungsstücken, »und nun benehmt euch, wie ich es von so wohlerzogenen Dingen erwarte.«

Tom Prox kniete hinter einem Felsblock, neben dem ein Ginsterbusch in die Höhe wuchs, legte die Jacke derart zurecht, dass man sie von fern für einen schlafenden Menschen halten konnte, und stieß einen Ginsterzweig so gegen den Sombrero, dass der Gallonenhut sich bewegen musste, wenn der Wind durch den Strauch fuhr. Der Handschuh kam quer über die Jacke zu liegen. Dann huschte er davon, auf den Waldrand zu, und verschwand hinter den ersten Bäumen.

Der Kerl, den er schon seit einiger Zeit beobachtet hatte, kam langsam näher. Das Pferd, das er ritt, war nicht viel wert. Seine Kleidung hatte früher einmal viel Geld gekostet, war jetzt aber ungepflegt und verwahrlost. Sobald man sein Gesicht sah, wusste man, woran man war. Er markierte den harmlosen Reisenden.

Als der Kerl etwa hundert Meter von dem Platz entfernt war, an dem Tom Prox gerastet hatte, stieg er vom Gaul. Sein Tier blieb stehen; er selbst schritt zu Fuß weiter, auf den Liegenden zu.

Der Wind bewegte den Sombrero tatsächlich ab und zu – es sah aus, als kämpfe ein Rastender gegen das Einnicken.

Nun pirschte sich der Ankömmling vorsichtig näher. Er hatte Erfahrung in solchen Dingen; der Schlafende merkte wirklich nichts von seinem Anschleichen. Gleich darauf kauerte er hinter dem Steinblock. Kein Windhauch bewegte den Ginsterstrauch; der Mann, auf den er es abgesehen hatte, schlief tief und fest.

Die Blicke des Angreifers suchten rasch noch einmal die Gegend ab. Dann sprang er mit gewaltigem Satz über die Deckung hinweg und warf sich auf den Schlafenden.

Als er sich, noch immer sehr erstaunt, wieder aufrichtete, sah er in ein lachendes Gesicht, das von dunklem Haar überschattet war.

»Früherer Meisterturner, wie?«, erkundigte sich Tom Prox interessiert. »Nett, dass Sie die Absicht haben, mit mir zu plaudern, Mister Springer! Etwas Feuer für meine Zigarette?«

Der Kerl war so überrascht, dass er wortlos in die Tasche griff und dem Westmann seine Streichholzschachtel hinhielt.

Tom Prox nickte lachend. »Gut gemacht«, lobte er seinen Sombrero und stülpte ihn auf den Kopf.

Der Fremde erholte sich allmählich von seiner Überraschung. Seine Rattenaugen huschten durch die Gegend. Dann knurrte er böse: »Verdammter Trick, Fremder! – Gebt den Stein heraus!«

»Welchen Stein?«, fragte Prox ehrlich erstaunt.

»Den singenden«, brummte der andere böse, dessen Augen keine Sekunde lang an ein und derselben Stelle blieben.

»So, so«, meinte Tom verwundert. »Es gibt also auch Steine, die singen! Man lernt im Leben anscheinend nie aus!« Er bückte sich, nahm einen Felsbrocken vom Boden hoch und lauschte. »Er singt nicht!«, stellte er verwirrt fest. »Er singt wirklich nicht! Ihr müsst euch getäuscht haben, Mister Springer.«

Der Mann wollte mit der Hand zum Holster.

»Würde ich an deiner Stelle nicht tun«, mahnte der Westmann liebenswürdig. »Oder erst dann, wenn ich genau weiß, wo du die Kugel sitzen haben willst. Ich persönlich bevorzuge bei meinen Gegnern Arme und Beine. Kann aber sein, dass dir die Stirn oder das Herz lieber ist. Bediene jeden gern nach seinem Geschmack.«

Die Rattenaugen des Fremden leuchteten auf. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber Tom wusste, was die Uhr geschlagen hatte.

»Nicht allein hier, Sunny?«, fragte er vergnügt. »Hätte ich mir eigentlich denken können! Ratten pflegen gewöhnlich im Rudel zu jagen.«

»Red nicht so viel!«, fuhr ihn der andere höhnisch an. »Heb die Händchen zum Himmel! Lass die Finger von den Colts, sonst bekommt dein Inneres bleiernen Besuch. So ist’s schön!«

Tom Prox nahm tatsächlich die Arme in die Höhe. Er blickte mit Vergnügen zu den Gestalten, die an verschiedenen Stellen hinter Felsblöcken und Sträuchern auftauchten.

»Fünf Mann hoch«, stellte er befriedigt fest. »Danke für die gute Meinung, Gents!«

»Du quatschst so viel wie ein Weiberzirkel!«, rügte der Rattenäugige hämisch.

»Hast recht«, stimmte Prox begeistert zu. »Ich sollte eigentlich zunächst auch ein Girl werden. Aber dann muss bei der Lieferung ein Malheur passiert sein. Als meine Eltern merkten, dass ich ein Boy war, wurden Reklamationen nicht mehr angenommen.«

Der Mann mit den Rattenaugen ging auf Toms Worte nicht ein. Er riss dem Westmann die Colts aus den Holstern und warf sie fort.

Die anderen Männer kamen hinter ihren Deckungen hervor. Prox betrachtete sie verständnissinnig.

»Als ob ich vor dem Office des Sheriffs stände und die Steckbriefe betrachte«, sagte er. »Nette Kollektion! Wo haben sie dir das halbe Ohr abgebissen, Liebling? Warum bist du so rot wie ein Krebs, Süßer?«

»Halt’s Maul!«, brüllte ihn der Mann mit dem angeknabberten Ohr an. »Gib endlich den singenden Stein heraus, oder ich schieße dir mein Monogramm in den Leib!«

»Welchen Aufwand, Gents!«, rügte Tom Prox leidenschaftslos. »Wenn es weiter nichts ist! Bin stets gern gefällig gewesen! Please!«

Er griff ins Hemd, öffnete es umständlich, brachte einen Wildlederbeutel daraus hervor, der ihm an einem dünnen Lederriemen um den Hals hing, knüpfte das Säckchen los, zog es auf und entnahm ihm ein kleines Lederetui, wie es bei Juwelieren üblich ist.

»Ich nehme an, ihr meint dies, Gents«, erkundigte er sich liebenswürdig.

Die Augen der Männer wurden groß. Wie hypnotisiert starrten sie auf das Kästchen aus blauem Saffianleder.

Tom wollte auf den feinen Stift drücken, um es zu öffnen. Aber ehe er dazu kam, hatte ihm der Mann mit dem ausgefransten Ohr das Ding aus der Hand gerissen. Der Kerl ließ es in seinen Rock gleiten; dann wandte er sich um und wollte davon. Seine Komplizen existierten. nicht mehr für ihn.

»He, Bill!«, knurrte der mit den Rattenaugen wild. »Wohin willst du, wenn ich fragen darf?«

»Fort!«, erklärte der andere höhnisch. »Worauf wollen wir noch warten?«

»Vergiss nicht, dass durch sechs geteilt wird!«, zischte der Bandit, dessen Gesicht so rot war, dass man denken konnte, er sei eben gesotten worden.

Tom grinste. »Augenblick, Gents!«, bat er. »Will mich zuerst bequem hinsetzen, falls ihr vorhabt, einander zu verprügeln. Sehe so etwas für mein Leben gern.«

Das brachte die Kerle zur Besinnung. Sie zogen davon und verschwanden unter den Bäumen.

Tom Prox drehte sich in Ruhe eine Zigarette. Kurze Zeit darauf hörte er die Banditen davontraben.

Susy kam wieder zum Vorschein, als sei sie gerufen worden. Tom schlenderte auf die Stelle zu, an der seine Colts im Gras lagen, nahm die Waffen auf und steckte sie ein.

»Hab mir deine Achtung heute völlig verscherzt, wie, teure Dame?«, fragte er.

Susy nickte ernsthaft. Tom klopfte ihr beruhigend den Hals.

»Der Mann, dem ich das Ding bringe, wollte, dass es keiner Gefahr ausgesetzt wird«, entschuldigte er sich. Dann griff er mit der Rechten in die Hosentasche. Er brachte eine Schachtel Streichhölzer zum Vorschein, eine angebrochene Packung Zigaretten, zwei Nägel und einen Knäuel Riemen. Zwischen diesen Kleinigkeiten lag ein wundervoller Edelstein, dessen Flächen im Glanz des Sonnenlichts aufleuchteten.

»Was meinst du, Girl, was die fünf Gents sagen, wenn sie ihr Kästchen öffnen und einen Kieselstein darin finden? Ich habe den schönsten ausgesucht, der am Bach aufzutreiben war.«

Susy wieherte laut und fröhlich.

Etwa um die gleiche Zeit fuhr von Osten her Pete Simmers in Somerset ein.

Die Räder seines niedrigen Wagens rollten mit so viel Lärm über das Kopfsteinpflaster, dass man denken konnte, ein Erdbeben bereite sich vor.

Der Junge stand wie ein Denkmal im Wagen, lachte über das ganze Gesicht und knallte unablässig mit der kurzen Peitsche.

Die Frauen stürzten an die Fenster und die Kinder auf die Straße. Man nahm an, es würden einige tausend Stück Rindvieh vorbeigetrieben.

Sheriff Tunker, der eben aus seinem Office trat, drohte mit der Faust. Der Junge quittierte diese Begrüßung mit einem hellen »Yip-ee!«

Er warf seine rötlich-blonde Haarmähne mit eigenwilliger Bewegung aus der Stirn und brachte sein Pferd, auf den Millimeter genau, vor dem Eingang von Sam Legs General-Store zum Stehen. Mit einem geschmeidigen Satz sprang Pete vom Wagen, Sam Leg, der in der Tür stand und sich sonnte, wohlgezielt vor den dicken Bauch.

Der Store-Halter wich einen Schritt zurück, um sich in Sicherheit zu bringen. Er war ein großer Mann von erstaunlicher Leibesfülle. Es gab keine Stelle an seinem Körper, die nicht durch gewaltige Fettpolster geschützt war. Alles an ihm wabbelte. Die rundliche Form seines Bauches ließ vermuten, dass er einen Globus verschluckt hatte. Die Augen blickten wie kleine, schwarze Stecknadelköpfe aus den Fettmassen, in denen sie steckten.

»Nett von dir, Rancher«, grüßte Sam Leg und legte die Hände schützend vor den Leib. Bei Pete konnte man nie wissen, was passierte. »Womit kann ich dir dienen, du Schlingel?«

Der Junge kramte in seinen Taschen.

»Hier«, sagte er dann aufatmend. »Dachte schon, ich hätte das Ding unterwegs verloren!«

Er hielt dem Store-Halter eine lange Liste unter die Nase, zerdrückt und schmutzig, aber gottlob noch lesbar.

»Alles Zeug, das wir brauchen! Macht es mir inzwischen zurecht, ich komme in einer Stunde wieder und hole die Sachen ab. Muss noch zu Predigers. Meine Schwester Dorothy hat mir einen Brief an ihre Freundin Mabel mitgegeben. Mädels haben sich immerzu etwas zu schreiben.«

Dann kam ihm plötzlich ein neuer, noch nie gedachter Gedanke.

»Sagt einmal, Sam«, fragte er aufgeregt, »wie macht Ihr es eigentlich, dass Euer Bauch immer runder wird? Gesteht es ein – Ihr blast Euch jeden Morgen mit der Luftpumpe auf! Würde mir an Eurer Stelle ein Sicherheitsventil zulegen, sonst platzt Ihr eines schönen Tages, und die ganze Nachbarschaft kriegt Sommersprossen!«

Ehe der Store-Halter seinem Ärger Luft machen konnte, stand Pete wieder auf dem Wagen. Gleich darauf donnerte sein kleines Gefährt wieder durch die Straßen der ruhigen Stadt tief im Wilden Westen.

Tom Prox ritt von Westen her in Somerset ein.

Während Pete sich bei Predigers bemühte, ein möglichst sittsames Benehmen an den Tag zu legen, zog sein großer Freund den Türschellengriff an John Sleys Haus. Ein langer, dürrer Neger1) mit beleidigtem Gesicht öffnete ihm.

»Was Ihr wünschen?«, fragte er ablehnend. »Mister Sley geruhen zu ruhen! Wiederkommen, wenn aufwachen!«

»Mister Sley wartet seit zwei Tagen auf mich, Blacky«, erklärte Prox gelassen.

»Ich nicht Blacky«, entgegnete der Neger mit Würde. »Ich Joshua David Habakuk Sophonias Agäus Walker … Ihr wissen!«

»Wie bringst du es nur fertig, dir deinen Namen zu merken?«, staunte Tom. »Und nun sag Mister Sley, Tom Prox ist da!«

Das Gesicht des Schwarzen ging auf wie Pfannkuchenteig und rundete sich zum Vollmond.

»Das ganz viel anders!«, stammelte er glückselig. Er zog Prox ins Haus, führte ihn in ein vornehm eingerichtetes Zimmer, schob ihm einen Plüschsessel hin, stürzte an ein Schränkchen, kam mit beiden Armen voll Schnapsflaschen zurück und baute eine Serie buntfarbiger Getränke vor dem Besucher auf. »Ihr gut trinken!«, schmunzelte er. »Ich holen Mister Sley!«

Er verschwand. Wenige Minuten später trat ein Mann von ungefähr fünfzig Jahren ins Zimmer, klein, unansehnlich und mit gewöhnlichen Zügen, aber übertrieben elegant gekleidet. Zwischen den Lippen balancierte er eine Zigarre von Spazierstockformat; an seinen Fingern glitzerten eine Menge Ringe.

Er kam auf den Westmann zu, betrachtete ihn begeistert und schlug ihm freudig mit der Hand auf die Schulter.

»Welcome, Mister Prox!«, gurgelte er. Die Zigarre wippte bei jedem Wort, das er sprach, auf und ab. »Sie haben den Stein? Ich stand seit vorgestern Ängste aus, er könnte Ihnen unterwegs gestohlen werden.«

Tom Prox griff in die Hosentasche, holte Zigarettenpackung, Nägel und Riemen hervor und fischte den Edelstein zwischen all diesen Dingen heraus. Nachlässig legte er ihn auf den Tisch.

»Mann Gottes!«, stöhnte Mister Sley entsetzt. »Wie gehen Sie damit um! Er ist zweihunderttausend Dollars wert! Der Juwelier in Los Angeles scheint an einen recht leichtsinnigen Menschen geraten zu sein, als er Sie beauftragte, ihn mir zu überbringen!«

»Schon möglich«, gab Tom Prox gemütlich zu. »Obwohl ich glaube, er wäre in dem schönen Saffiankästchen weniger sicher gewesen. Packen Sie ihn weg und unterschreiben Sie meine Quittung. Will bald weiter. Drei Reitstunden von hier liegt die Salem-Ranch, und da ich so nah in der Gegend bin, will ich meinen Freund Pete Simmers besuchen.«

Der Gentleman mit der dicken Zigarre ergriff den Stein mit spitzen Fingern und ließ ihn im Glanz der Sonnenstrahlen aufleuchten. Dann führte er ihn zum Mund und hauchte einen gefühlvollen Kuss darauf. Er bemerkte den Mann nicht, der draußen unter dem Fenster hockte und jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgte.

»Der singende Stein!«, flötete Mister Sley verzückt. »Einer der kostbarsten Edelsteine der Welt! Meine Braut wird mir einen dankbaren Kuss auf die Stirn drücken, wenn ich ihn ihr überreiche. Er ist mein Verlobungsgeschenk, müssen Sie wissen. Der singende Stein!«

»Er hat unterwegs nicht ein einziges Mal gesungen«, entgegnete der Westmann trocken.

Mister Sley blickte ihn verwirrt an, dann erwiderte er lächelnd: »Kleiner Witzbold, wie? Wissen Sie denn nicht, woher er seinen Namen hat?«

Tom zuckte die Schultern. »Habe mich nie im Leben für Edelsteine interessiert«, entgegnete er kühl.

Mister Sley wurde eifrig. »Er stammt aus Indien«, erklärte er mit wichtiger Miene. »Samarutha, die Tochter des Maharadscha von Njeipur, ging eines Tages spazieren. Mitten in der Einöde vernahm sie ein wunderzartes, feines Singen. Kein Mensch war in der Nähe. Sie ging den holden Tönen nach und fand den Edelstein.«

»Ungemein poetisch«, gab Tom Prox zu. Er war nun doch einigermaßen beeindruckt.

Der reiche Mann ließ seine Riesenzigarre wippen.

»Meine Braut wird entzückt sein und die Geschichte allen ihren Freundinnen erzählen.«

Tom Prox erhob sich. »Der kleine Pete wartet, Mister Sley! Goodbye!«

Der Mann unter dem Fenster beobachtete, wie Tom Prox sich auf seine Susy schwang und in gemächlichem Trab davonritt. Er wartete, bis der Westmann um die nächste Straßenbiegung verschwunden war, dann winkte er vorsichtig nach rückwärts.

Hinter dem hohen Zaun, der das Grundstück Mister Sleys begrenzte, hockten noch vier Gestalten. Sie waren nicht zu verkennen: Der eine besaß Rattenaugen, der andere ein ausgefranstes Ohr, der dritte war krebsrot, und das Gesicht des vierten von Finnen und Pusteln übersät.

Die vier sprangen über den Zaun. Der Mann im Strauch gab ihnen die notwendigen Anweisungen.