Volpone - Kein Drama nach Ben Jonson - Anno Stock - E-Book

Volpone - Kein Drama nach Ben Jonson E-Book

Anno Stock

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Beschreibung

Venedig lebt vom Schein – und Volpone vom Spiel mit dem Schein. Der reiche Lebemann gibt den Sterbenden, um die Geier der Stadt anzulocken: den gewieften Anwalt Voltore, den geizigen Corbaccio, den eifersüchtigen Kaufmann Corvino. Während sie um das vermeintliche Erbe buhlen und mit Geschenken seine Truhen füllen, zieht Volpones Vertrauter Mosca im Hintergrund die Fäden. Doch als Volpone mehr will als Geld und die tugendhafte Celia ins Visier gerät, kippt das amüsante Maskenspiel in einen gefährlichen Tanz aus Gier, Betrug und Macht. Wer behält die Oberhand, wenn alle lügen – und die Wahrheit vor Gericht verhandelt wird?Diese eigenständige, zeitgemäße Romanadaption von Ben Jonsons Klassiker legt mit messerscharfer Satire die Mechanismen der Erbschleicherei frei und zeigt, wie zeitlos Verlockung und Verfall sind. Mit rasantem Erzählen, schwarzem Humor und Figuren, die man lieben wird zu hassen, erzählt der Roman vom Preis der Masken, die wir tragen – in den Palazzi Venedigs ebenso wie hinter den Glasfassaden unserer Gegenwart.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Volpone - Kein Drama nach Ben Jonson

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Table of Contents

Kapitel 1: Das goldene Erwachen

Kapitel 2: Die Schätze des Wahnsinns

Kapitel 3: Mosca, der treue Diener

Kapitel 4: Die Erbschleicher

Kapitel 5: Eifersucht und Zwang

Kapitel 6: Moscas Netz

Kapitel 7: Die Verführung

Kapitel 8: Die Rettung der Unschuld

Kapitel 9: Narren und Schurken vor Gericht

Kapitel 11: Der Gelehrte und die Fälschung

Kapitel 12: Das Netz zerreißt

Epilog: Die Moral von der Geschichte

Impressum neobooks

Table of Contents

VOLPONE: Der Fuchs von Venedig

Eine Romanadaption nach Ben Jonson

Kapitel 1: Das goldene Erwachen

Die ersten Sonnenstrahlen des Märzmorgens tasteten sich durch die hohen Fenster des Palazzo Volpone und verwandelten den Staub in der Luft zu winzigen, tanzenden Goldpartikeln. Das Licht kroch über persische Teppiche, glitt an byzantinischen Ikonen empor und ließ die Edelsteine in den silbernen Schalen aufblitzen wie gefangene Sterne. Venedig erwachte draußen mit dem vertrauten Konzert aus Möwenschreien, knarrenden Schiffsplanken und den Rufen der ersten Gondolieri, doch hier drinnen, in den oberen Gemächern des prächtigen Palazzo nahe der Rialtobrücke, herrschte noch die heilige Stille der Morgenstunde.

Volpone lag reglos in seinem Bett aus karmesinrotem Samt und beobachtete, wie das Licht seinen täglichen Zauber vollführte. Er war ein Mann von vielleicht fünfzig Jahren, dessen Gesicht die merkwürdige Eigenschaft besaß, je nach Beleuchtung zwischen vornehmer Würde und verschlagener Listigkeit zu changieren. Sein Haar, noch immer voll und von einem silbrigen Schwarz, lag perfekt arrangiert auf dem Seidenkissen, als hätte er sich selbst im Schlaf nicht erlaubt, die Kontrolle über sein Erscheinungsbild zu verlieren.

Es gibt, dachte er, während er die Augen langsam öffnete, keinen schöneren Anblick als Gold im Morgenlicht. Keine Geliebte, kein Sonnenaufgang über der Lagune, keine Madonna von Bellini kann mit diesem Glanz wetteifern.

Mit einer geschmeidigen Bewegung, die seine Jahre Lügen strafte, erhob er sich aus dem Bett. Der schwere Brokatmantel, den er über das Nachthemd warf, raschelte wie das Flüstern von Verschwörern. Seine nackten Füße fanden lautlos den Weg über den kalten Marmorboden zu der massiven Eichentruhe, die an der gegenüberliegenden Wand stand. Einen Moment lang verharrte er davor, die Hand auf dem kunstvoll geschmiedeten Schloss, und kostete die Vorfreude aus wie ein Feinschmecker den ersten Duft eines erlesenen Weines.

Das Schloss gab mit einem satten Klicken nach. Der Deckel schwang auf, und Volpone sank auf die Knie, nicht in Demut, sondern in Ekstase. Das Gold lag vor ihm – Dukaten, Zechinen, Florins, dazu Ketten, Ringe, Pokale –, und er griff hinein wie ein Liebender, der nach zu langer Trennung endlich wieder die Haut der Geliebten berühren darf.

„Guten Morgen, meine Schönen", murmelte er, und seine Stimme hatte den warmen, verführerischen Ton eines Mannes, der zu seiner Geliebten spricht. „Habt ihr gut geschlafen? Habt ihr von mir geträumt, wie ich von euch geträumt habe?"

Er ließ die Münzen durch seine Finger rinnen, und das metallische Klimpern erfüllte den Raum wie eine perverse Liturgie. In diesem Moment war Volpone kein Venezianer, kein Christ, kein Mensch – er war ein Priester an seinem Altar, ein Anbeter vor seinem einzigen wahren Gott.

„Du bist die Sonne", flüsterte er einer besonders prächtigen Goldkette zu, „die alle anderen Sterne verblassen lässt. Du bist die Macht, die Könige zu Bettlern und Bettler zu Königen macht. Du bist" – er hob eine Handvoll Dukaten an seine Lippen und küsste sie zärtlich – „die einzige Wahrheit in einer Welt voller Lügen."

Draußen läuteten die Glocken von San Marco die sechste Stunde. Die Stadt war nun vollends erwacht, und mit ihr erwachten auch die Begierden, die Intrigen, die endlosen Spiele um Macht und Reichtum, die Venedig am Leben hielten wie das Blut den Körper. Volpone erhob sich langsam, strich seinen Mantel glatt und lächelte. Es war ein Lächeln, das nichts Gutes verhieß – das Lächeln eines Mannes, der einen besonders geistreichen Streich plant.

Heute, dachte er, während er zum Fenster trat und auf die geschäftige Gasse hinunterblickte, heute werden sie wieder kommen. Die Geier, die sich für Tauben halten. Die Schakale, die glauben, sie seien treue Hunde. Sie werden kommen mit ihren Geschenken, ihren falschen Tränen, ihrer gespielten Sorge um meine Gesundheit.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken. Ohne sich umzudrehen, wusste er, wer dort stand. Es gab nur einen Menschen in diesem Palazzo, der es wagte, so früh am Morgen zu stören, und das auch nur, weil er wusste, dass seine Störung erwünscht war.

„Herein, Mosca", sagte Volpone, und seine Stimme hatte nun wieder den kultivierten, leicht gelangweilten Ton des venezianischen Patriziers angenommen.

Die Tür öffnete sich lautlos, und Mosca trat ein. Er war ein Mann von vielleicht dreißig Jahren, schlank wie eine Klinge und mit Augen, die zu klug waren für einen einfachen Diener. Sein Gesicht war von der Art, die man leicht übersah und ebenso leicht vergaß – eine nützliche Eigenschaft für jemanden in seiner Position. Er verneigte sich tief, aber in der Verbeugung lag eine subtile Ironie, die nur Volpone zu deuten wusste.

„Guten Morgen, Herr", sagte Mosca mit einer Stimme, die Honig und Gift in perfekter Balance hielt. „Ich hoffe, Ihr habt gut geruht?"

„Wie ein Toter", antwortete Volpone und wandte sich um. Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang an, und in diesem Blick lag mehr Verständnis als in tausend Worten. Sie waren Herr und Diener, gewiss, aber sie waren auch mehr als das – sie waren Komplizen in einem Spiel, das so alt war wie die Menschheit selbst und doch immer wieder neue Variationen hervorbrachte.

„Die Requisiten sind vorbereitet?", fragte Volpone, während er zu seinem Ankleidetisch schritt.

„Alles ist bereit, Herr. Die Medizinfläschchen, die Salben, die Verbände. Euer Bett ist bereits für die Vorstellung hergerichtet. Die schweren Vorhänge sind zugezogen, nur ein schwacher Lichtstrahl fällt hinein – gerade genug, um Euer leidendes Antlitz zu beleuchten, nicht genug, um die gesunde Farbe Eurer Wangen zu verraten."

Volpone lachte leise. Es war das Lachen eines Mannes, der das Leben als großes Theater betrachtete und sich selbst als Hauptdarsteller, Regisseur und Publikum zugleich sah.

„Und unsere geschätzten Gäste?", fragte er, während Mosca begann, ihm aus dem Nachtgewand zu helfen.

„Messer Voltore hat bereits zweimal nach Eurer Gesundheit fragen lassen. Sein Diener wartet seit einer Stunde vor der Tür. Der alte Corbaccio wird gegen die neunte Stunde erwartet – er braucht länger für den Weg, seine Gicht macht ihm zu schaffen. Und Corvino..." Mosca pausierte einen Moment, ein verschmitztes Lächeln umspielte seine Lippen. „Corvino hat gestern Abend einen besonders prächtigen Diamanten erworben. Die halbe Stadt spricht davon."

„Ein Diamant?" Volpone hob eine Augenbraue. „Wie rührend. Der gute Corvino muss wirklich glauben, mein Ende sei nahe, wenn er zu solchen Investitionen bereit ist."

„Oh, er glaubt es, Herr. Sie glauben es alle. Seit drei Monaten spielt Ihr nun den Sterbenden, und mit jedem Tag werden ihre Geschenke kostbarer und ihre Schmeicheleien schamloser."

Volpone betrachtete sich im venezianischen Spiegel, der an der Wand hing. Das Glas war leicht gewölbt und gab seinem Gesicht eine gespenstische Verzerrung – einen Vorgeschmack auf die Maske, die er gleich aufsetzen würde.

„Weißt du, Mosca", sagte er nachdenklich, „manchmal frage ich mich, was verwerflicher ist – meine Täuschung oder ihre Gier. Ich spiele ihnen nur vor, was sie sehen wollen: einen reichen, kinderlosen Alten, der jeden Moment seinen letzten Atemzug tun könnte. Sie sind es, die aus dieser Illusion ihre eigenen Fantasien weben. Sie sind es, die sich gegenseitig überbieten in ihrer falschen Fürsorge."