Das Berghotel 109 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 109 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Petra ist eine äußerst ehrgeizige und erfolgreiche Tänzerin. Gemeinsam mit ihrem umwerfend gut aussehenden Tanzpartner Jörg hat sie schon viele Turniere gewonnen. Dass es bei den Proben immer gehörig zwischen den beiden knistert, macht das Tanzen nur noch aufregender.

Während eines Turniers geschieht dann aber ein furchtbarer Unfall. Eine spektakuläre Hebefigur geht schief, und Petra knallt zu Boden. Was die Ärzte ihr danach mitteilen, reißt ihr den Boden unter den Füßen weg: Sie wird vielleicht nie wieder professionell tanzen können!

Um ihrer Traurigkeit zu entkommen, flieht Petra ins schöne Zillertal. Dort lernt sie bei einem Waldspaziergang den mürrischen Förster Henrik kennen. Der junge Witwer hat sich seit dem Tod seiner Frau von allen Menschen zurückgezogen. Auch Petra tritt er unwirsch entgegen, doch nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden eine Vertrautheit. Die hübsche Tänzerin ist sich unsicher: Ist sie etwa dabei, sich in Henrik zu verlieben?

Doch eines Morgens steht plötzlich Jörg vor ihr. Er ist ins Zillertal gekommen, um Petra als Tanzpartnerin zurückzugewinnen - aber scheinbar auch, um ihr seine Liebe zu gestehen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Die traurige Tänzerin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / HTeam

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2629-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Im idyllischen St. Christoph, dort, wo auch der »Bergdoktor« lebt und praktiziert, liegt das Hotel »Am Sonnenhang«. Es ist ein Haus, in dem sehr viel Wert auf Tradition und Gastlichkeit gelegt wird – und sich für die Gäste so mancher Traum erfüllt.

Die traurige Tänzerin

Nach einem Unfall steht die junge Petra vor den Scherben ihres Glücks

Von Verena Kufsteiner

Petra ist eine äußerst ehrgeizige und erfolgreiche Tänzerin. Gemeinsam mit ihrem umwerfend gut aussehenden Tanzpartner Jörg hat sie schon viele Turniere gewonnen. Dass es bei den Proben immer gehörig zwischen den beiden knistert, macht das Tanzen nur noch aufregender.

Während eines Turniers geschieht dann aber ein furchtbarer Unfall. Eine spektakuläre Hebefigur geht schief, und Petra knallt zu Boden. Was die Ärzte ihr danach mitteilen, reißt ihr den Boden unter den Füßen weg: Sie wird vielleicht nie wieder professionell tanzen können!

Um ihrer Traurigkeit zu entkommen, flieht Petra ins schöne Zillertal. Dort lernt sie bei einem Waldspaziergang den mürrischen Förster Henrik kennen. Der junge Witwer hat sich seit dem Tod seiner Frau von allen Menschen zurückgezogen. Auch Petra tritt er unwirsch entgegen, doch nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden eine Vertrautheit. Die hübsche Tänzerin ist sich unsicher: Ist sie etwa dabei, sich in Henrik zu verlieben?

Doch eines Morgens steht plötzlich Jörg vor ihr. Er ist ins Zillertal gekommen, um Petra als Tanzpartnerin zurückzugewinnen – aber scheinbar auch, um ihr seine Liebe zu gestehen …

Der Geruch von Puder, Haarspray, Parfum und Bräunungscreme lag in der Luft. Chiffon und Tüll raschelten, die hohen Absätze von Satin-Pumps und Sandaletten klapperten rasch über den Parkettboden.

Tänzerinnen, die sich auf ihren Auftritt vorbereiteten, flatterten in ihren bunten, knappen Seidenkleidern umher wie exotische Vögel. Jede ihrer Bewegungen ließ die unzähligen Pailletten und Strasssteine auf ihren Kleidern funkeln und glitzern.

Petra stand inmitten des Chaos’ und atmete tief ein. Sie liebte diese Atmosphäre – es war gleichzeitig stressig und glamourös. Sie fühlte sich lebendig und war ganz in ihrem Element. Von der allgegenwärtigen Nervosität ließ sie sich nicht anstecken.

»Emily und Thomas haben gerade einen umwerfenden Auftritt hingelegt«, zischte eine der jungen Frauen Petra zu, während sie eilig vorüberhuschte.

Sie sah wunderschön aus, hatte die Haare mithilfe von Gel straff nach hinten gekämmt und mit mehreren türkisfarbenen Glitzerspangen verziert, die farblich genau zu ihrem Kleid passten. Doch in ihren Augen stand blanke Panik.

»Da können wir anderen ja gleich einpacken!«

Petra lächelte nur. Das Madel wollte sie verunsichern, indem es die Stärken der anderen Tanzpaare hervorhob. Schließlich waren sie hier alle Konkurrenten, und manche dachten wohl, wenn sie ihre Gegner beunruhigten, würden diese eine schlechtere Leistung abliefern.

In vielen Fällen mochte das funktionieren, doch nicht bei Petra. Sie hatte bereits auf so vielen Turnieren getanzt, dass es für sie fast so alltäglich wie ein Spaziergang geworden war. Sie ließ sich nicht so einfach Angst einjagen.

Wozu auch? Sie hatte viel trainiert, ebenso wie viele andere hier. Sie war bestmöglich vorbereitet und würde bei ihrem Auftritt alles geben. Es würde schon alles gut gehen. Und wenn nicht? Dann mussten sie und Jörg beim nächsten Mal eben noch mehr trainieren.

Ihr Blick wanderte zu Jörg und wurde zärtlich. Ihr Tanzpartner machte gerade ein paar Aufwärmübungen. Hochkonzentriert ging er dann einige Tanzschritte aus ihrer gemeinsamen Choreographie durch. Gekonnt und geschmeidig bewegten sich seine Hüften im Rumba-Rhythmus, was bei einigen der anwesenden Damen zu Schnappatmung führte.

Er sah eben unverschämt sexy aus, fand Petra. Das Hemd war weit offen und zeigte seine straffen Bauch- und Brustmuskeln, die er seinem harten Training verdankte und die sich bei jeder Bewegung unter der gebräunten Haut bewegten. Obwohl er eigentlich durch und durch Österreicher war, kultivierte er ein Latino-Image, das bei den Frauen gut ankam und täuschend echt wirkte.

Petra schmunzelte. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie geglaubt, er stamme aus Italien, Spanien oder einem anderen südlich gelegenen Land. Die meisten Leute dachten das trotz seines Namens über ihn.

Aber Petra kannte ihn gut genug, um die Wahrheit zu wissen: Eigentlich hatte er hellbraune Haare, die er jedoch so häufig schwarz färben ließ, dass selten auch nur ein Millimeter seiner Naturhaarfarbe am Ansatz zu sehen war. Sogar die Augenbrauen und Wimpern ließ er mitfärben, um den Look komplett zu machen.

Seine tiefe Bräune war ebenfalls nicht angeboren, sondern durch Solarien und Selbstbräuner erzeugt.

Nur die Augen hatten ihre natürliche Farbe. Die kaschierte er nicht etwa mit dunklen Kontaktlinsen, die seinem Latino-Image entsprochen hätten. Strahlend und eisblau leuchteten sie aus dem gebräunten Gesicht. Dieser starke Kontrast ließ ihn noch exotischer und interessanter aussehen.

Auch jetzt bemerkte Petra die begehrlichen Blicke, die viele der anderen Tänzerinnen ihm zuwarfen. Sie wusste genau, dass einige dieser hübschen Frauen ihm bereits Avancen gemacht hatten. Sie wollten mit ihm tanzen – und auch mehr als das.

Warm und kribbelnd wurde sie von Stolz durchflutet. Sie hatte das, was all diese anderen Madeln wollten! Jörg war ihr Tanzpartner. Jeden Tag sahen sie sich und trainierten mehrere Stunden. Gemeinsam gewannen sie ein Turnier nach dem anderen.

Und obwohl sie jenseits der Tanzfläche eigentlich kein wirkliches Paar waren, prickelte es doch häufig zwischen ihnen. Sie flirteten viel miteinander. Es war ein Spiel, dachte Petra versonnen lächelnd – ein Tanz, doch ganz anders als der auf dem Parkett. Sie fühlten sich zueinander hingezogen, daran bestand kein Zweifel.

Doch Jörg war nicht der Typ, der eine feste Beziehung eingehen wollte – er wollte sich frei fühlen, wie er immer sagte. Damit konnte Petra gut leben. Auch sie hatte es nicht so eilig damit, sich fest zu binden. Da sie jeden Tag miteinander trainierten, verbrachten sie mehr Zeit miteinander als so manches Ehepaar. Sie kannten einander gut, waren aufeinander eingespielt und ein verdammt gutes Team.

»Petra Haas und Jörg Ebner, bitte«, erklang es in dem Augenblick. Sie waren an der Reihe! Adrenalin durchströmte Petras Körper, sie war hellwach. Jede Faser ihres Körpers war gespannt und bereit für das, was nun folgte. Dies war der Moment, für den sie so lange trainiert hatten.

Auch Jörg zögerte keine Sekunde. Formvollendet führte er sie auf die Tanzfläche. Stolz schritten sie nebeneinander her, so geschmeidig wie zwei elegante Tiger.

Als das Scheinwerferlicht sie traf, lächelten beide strahlend – ein Lächeln, das perfekt eingeübt und in diesem Moment dennoch echt war. Sobald sie das Tanzparkett betraten, brandete Applaus auf. Sie waren die Lieblinge des Publikums. Unwillkürlich lächelte Petra noch etwas breiter, bevor sie der Jury frech zuzwinkerte. Sie machte einen Knicks, Jörg verbeugte sich.

In der Mitte der Tanzfläche nahmen sie ihre Startpose ein. Petra blickte in Jörgs eisblaue Augen und wurde ganz ruhig. Was sollte schon schiefgehen, wenn sie mit diesem Bild von einem Mann tanzte? Mit Jörg, mit dem sie bereits so oft getanzt hatte, dass sie jede seiner Bewegungen im Voraus erahnen konnte?

Die ersten Klänge der Musik ertönten, und völlig synchron setzten sich Petra und Jörg in Bewegung.

Sie hatten die Choreographie total verinnerlicht. Jede noch so kleine Bewegung saß perfekt. Das Publikum klatschte begeistert, als Jörg Petra unter seinem Arm hindurch drehte – mehrmals wirbelte sie dabei um ihre eigene Achse. Der Saum ihres glänzenden, violetten Kleides flog dabei hoch und entblößte ihre langen schlanken Beine, die bis in die Zehenspitzen elegant durchgestreckt waren.

Dann umfasste Jörg ihre schmale Taille und beugte sie nach hinten, so weit, bis ihr straffer, mit Strass verzierter Haarknoten den Boden streifte. Die Zuschauer staunten hörbar darüber, wie gelenkig sie war.

Petra ließ es so aussehen, als ließe sie sich vertrauensvoll in Jörgs Arm sinken, doch in Wirklichkeit war die Tanzfigur harte Arbeit: Sie hatte zu jeder Sekunde die volle Kontrolle über ihren Körper und ihre Position. Jörg musste kaum Kraft aufwenden, um sie zu halten; jeder ihrer Muskeln war angespannt und ihre Wirbelsäule so weit nach hinten durchgebogen, wie sie konnte. Im nächsten Augenblick zog Jörg sie auch schon wieder hoch.

Die Choreographie hatten sie gut zusammengestellt, sie war perfekt auf die Musik abgestimmt. Auch das viele Training hatte sich ausgezahlt. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, jeder Schritt saß.

Das waren die Augenblicke, für die Petra lebte. Die Augenblicke, in denen sie keine Unsicherheiten und keine Zweifel verspürte, in denen sie eins mit sich selbst war und sich einfach unbeschreiblich lebendig und frei fühlte.

Sie wusste, wie gut sie waren. Und dennoch würde auch eine so fehlerlose Performance wohl nicht für einen Platz auf dem Siegertreppchen reichen – nicht ohne ein spezielles Highlight. Einen Höhepunkt, der dem Publikum und der Jury gleichermaßen den Atem raubte. Doch natürlich hatten sie auch daran gedacht.

Jörg hatte eine spektakuläre Hebefigur vorgeschlagen, die beinahe so gefährlich war, wie sie aussah. Unzählige Male hatten sie dafür geprobt – erst vorsichtig und wackelig, mit weichen Matten auf dem Boden, um Stürze abzufedern, doch dann immer sicherer.

Zuletzt hatte Petra die Figur sogar in ihren Träumen Nacht für Nacht wiederholt. Mittlerweile kannte sie jeden Kniff und jede kleinste Bewegung bis ins Detail, sodass sie alles perfekt unter Kontrolle hatte.

Sie hatte keine Angst. Sie hatten so viel geübt, dass es einfach klappen musste – und vor allem vertraute sie Jörg rückhaltlos. Er würde sie halten, wie er sie auch im Training stets gehalten hatte. Sie hätten nicht so viele Turniere gewonnen, so viele Pokale errungen und so anspruchsvolle Tänze einstudiert, wenn Petra kein uneingeschränktes Vertrauen zu ihm gehabt hätte.

Geschmeidig trat sie zwei Schritte zurück und sah ihn an. Kaum merklich nickte er ihr zu, und sie erwiderte sein Nicken. Ihr war bewusst, dass sie ihm mit solchen Aktionen nicht nur ihre Gesundheit, sondern im Extremfall sogar ihr Leben anvertraute, und sie hatte kein Problem damit.

Die Musik schwoll an und deutete darauf hin, dass die Choreographie nun ihren Höhepunkt erreichen würde. Ohne den Blick von Jörg abzuwenden, wusste Petra, dass sich nun viele Leute im Publikum gespannt vorbeugten, um nichts zu verpassen.

Sie atmete tief ein, dann lief sie auf ihn zu. Seine Hände umfassten ihre Taille, nutzten ihren Schwung und hoben sie hoch. Er hielt sie hoch über seinen Kopf und drehte sich mit ihr im Kreis.

Wie eine elegante, wunderschöne Möwe schien Petra in der Luft zu schweben. Ihre Arme hatte sie graziös zu beiden Seiten ausgestreckt, die Körperspannung reichte bis in die Fingerspitzen. Die Pailletten auf ihrem Kleid funkelten im Scheinwerferlicht.

Wieder brandete tosender Applaus auf, und Petra wusste, dass sie das Turnier so gut wie gewonnen hatten. Freude, Stolz und ein unfassbares Hochgefühl erfüllten sie.

Doch plötzlich merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Etwas ging schief. Es handelte sich nur um Nuancen, doch es fiel ihr sofort auf. Die perfekte Balance, die für diese Figur erforderlich war, geriet minimal ins Wanken. Petra schwankte millimeterweise nach vorn und spürte dann, wie Jörg versuchte, das Schwanken auszugleichen. Seine Hände, die ihren Körper umfasst hielten, begannen zu rutschen.

Angst schoss durch Petras Körper, floss durch sie hindurch wie ein reißender Strom aus Eiswasser. Innerlich war sie wie erfroren. Sie konnte nicht atmen. Das Lächeln war auf ihrem Gesicht festgefroren, doch ihre Zähne bissen fester aufeinander.

Sie hatte nur eine Chance, die Situation zu retten – sie musste ihre Körperspannung halten und hoffen, dass Jörg es schaffte, sie auszubalancieren. Wenn sie nun begann, hysterisch zu zappeln, würde das mit Sicherheit in einem Sturz enden.

Alles ging rasend schnell und spielte sich in weniger als einer Sekunde ab. Doch für Petra verging der verhängnisvolle Moment dennoch unerträglich langsam. Sie merkte, was geschah, und konnte es dennoch nicht aufhalten.

Sie fiel.

Jörg konnte sie nicht halten. Seine Hände versuchten noch einen letzten Augenblick, sie zu halten, doch sie glitten ab. Die Welt begann sich zu drehen. Petra hörte die entsetzten Schreie aus dem Publikum und sah den Boden mit erschreckender Geschwindigkeit näherkommen. Sie riss die Arme über ihren Kopf, um sich zu schützen, und schaffte es, sich halbwegs in der Luft herumzudrehen.

Dann spürte sie nur noch den grausamen Aufprall auf dem harten Tanzparkett, der ihr den Atem raubte, und die Schreie schienen zu verstummen. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen. Ein heißer, stechender Schmerz schoss durch ihren Knöchel.

Unwillkürlich wollte sie aufschreien, doch aus ihrem Mund kam nur ein atemloses Japsen. Dann hörte sie die erschrockenen Rufe wieder, gedämpft, wie durch einen dicken Schleier.

Jörgs Gesicht tauchte über ihr auf. Die blauen Augen blickten sie erschrocken an.

»Petra! Um Himmels Willen, ist alles okay mit dir?«

Sie wollte ihm so gern sagen, dass alles bestens war, dass sie einfach da weitermachen konnten, wo sie aufgehört hatten. Doch ihr war bewusst, dass bei Weitem nicht alles in Ordnung war. Der furchtbare Schmerz zeigte ihr das ganz deutlich, auch wenn sie am liebsten die Augen davor verschließen wollte.

»Mein Knöchel«, wimmerte sie. »Mein Knöchel tut so weh.«

Es war vorbei, das Turnier war für sie gelaufen. Eine bodenlose Enttäuschung riss Petra in ein tiefes Loch. Dafür hatten sie so lang und so hart trainiert? Wenn sie die vergangenen Sekunden doch nur rückgängig hätte machen können!

Die Sanitäter kamen herbeigerannt.

»Es geht schon«, wollte sie schwach abwehren, in der irrigen Hoffnung, ihr Knöchel würde gleich wieder von selbst in Ordnung kommen. Aber sie hoffte vergebens. Sie wurde auf eine Trage gehoben, wobei sie die Lippen fest zusammenpressen musste, um nicht vor Schmerz aufzuschreien oder zu weinen. Die verletzte Stelle sandte heiße Wellen aus purem Schmerz durch ihren Körper.

Unter den bestürzten Blicken von Zuschauern und Jury wurde sie aus der Halle getragen. Das Letzte, was sie sah, war Jörgs versteinertes Gesicht, als er ihr hinterherschaute und sich wohl ebenso wie sie fragte, was da gerade geschehen war.

***

»Komm net zu spät heim«, ermahnte Hedi Kastler ihren Mann mit gespielter Strenge. »Sonst sperr ich einfach die Tür zu, und du kannst draußen schlafen.«

Andi sah sie liebevoll an. Er wusste genau, dass seine Frau ihn nur aufzog. Er traf sich regelmäßig mit ein paar Kumpels im Wirtshaus in St. Christoph, aber er blieb nie allzu lang aus und trank nicht viel. Hedi wusste, dass sie ihm vertrauen konnte.

»Mal schauen«, sagte er dennoch, um sie zu necken. »Wenn’s spät wird und du mich aussperrst, find ich schon ein kuscheliges Platzerl zum Schlafen. Vielleicht hat ja ein hübsches Madel Erbarmen mit mir.«

Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht: Hedi blies empört die Wangen auf und ließ die Luft dann pfeifend entweichen. Die Hände stemmte sie fest in ihre Hüften.

»Pfui, bist du heut garstig«, funkelte sie ihn an.

Allein für diese Reaktion hatte es sich gelohnt, sie ein bisserl zu reizen.