Das Berghotel 111 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 111 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Schon seit einiger Zeit kriselt es zwischen Emma und Ben. Ben verbringt immer mehr Zeit im Büro und hat kaum noch Zeit für seine Frau und die gemeinsame Tochter Jasmin. Die junge Gärtnerin befürchtet, dass ihr Mann sie mit seiner Kollegin betrügt. Auf der letzten Betriebsfeier hat sie doch genau gesehen, welch verführerische Blicke die attraktive Rita Ben zugeworfen hat! Er streitet jedoch alles ab und wirft seiner Frau übertriebene Eifersucht vor.

Immer öfter kommt es zwischen den beiden zum Streit, was auch Jasmin sehr belastet. Schließlich liebt sie ihre Eltern doch beide!

Um ihrer Tochter eine Freude zu bereiten, beschließen Emma und Ben, einen Urlaub im Zillertal zu buchen. Vielleicht kann die gemeinsame Auszeit sogar ihre Ehe neu beleben?

Zuerst scheint die malerische Umgebung tatsächlich zu helfen: Das Eis zwischen den Eheleuten beginnt allmählich, zu schmelzen, und sie reden wieder unbefangener miteinander.

Doch dann gerät ein Ausflug für die ganze Familie zum Albtraum. Plötzlich geht es um alles: um Emmas und Bens Ehe, um Treue, Lüge und Vertrauen - und um Jasmins Leben ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ausflug ins Ungewisse

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: iStockphoto / Tuned_In

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2654-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Im idyllischen St. Christoph, dort, wo auch der »Bergdoktor« lebt und praktiziert, liegt das Hotel »Am Sonnenhang«. Es ist ein Haus, in dem sehr viel Wert auf Tradition und Gastlichkeit gelegt wird – und sich für die Gäste so mancher Traum erfüllt.

Ausflug ins Ungewisse

Wie sich das Leben einer jungen Familie plötzlich dramatisch veränderte

Von Verena Kufsteiner

Schon seit einiger Zeit kriselt es zwischen Emma und Ben. Ben verbringt immer mehr Zeit im Büro und hat kaum noch Zeit für seine Frau und die gemeinsame Tochter Jasmin. Die junge Gärtnerin befürchtet, dass ihr Mann sie mit seiner Kollegin betrügt. Auf der letzten Betriebsfeier hat sie doch genau gesehen, welch verführerische Blicke die attraktive Rita Ben zugeworfen hat! Er streitet jedoch alles ab und wirft seiner Frau übertriebene Eifersucht vor.

Immer öfter kommt es zwischen den beiden zum Streit, was auch Jasmin sehr belastet. Schließlich liebt sie ihre Eltern doch beide!

Um ihrer Tochter eine Freude zu bereiten, beschließen Emma und Ben, einen Urlaub im Zillertal zu buchen. Vielleicht kann die gemeinsame Auszeit sogar ihre Ehe neu beleben?

Zuerst scheint die malerische Umgebung tatsächlich zu helfen: Das Eis zwischen den Eheleuten beginnt allmählich, zu schmelzen, und sie reden wieder unbefangener miteinander.

Doch dann gerät ein Ausflug für die ganze Familie zum Albtraum. Plötzlich geht es um alles: um Emmas und Bens Ehe, um Treue, Lüge und Vertrauen – und um Jasmins Leben …

Die Sonne schien durch das Küchenfenster herein und tauchte den gedeckten Frühstückstisch in warmes Licht. Der Duft von Kaffee und frisch getoastetem Brot lag in der Luft. Durch das gekippte Fenster hörte man die Vögel singen. Es war ein schöner Sommermorgen, und man hätte meinen können, jeder Mensch wäre an einem solchen Tag gut gelaunt.

Die kleine Jasmin ließ sich ihren Toast mit Marillenmarmelade schmecken. Hin und wieder gab sie ihrem geliebten Plüsch-Hasen Rolf ein Stückchen ab, tat so, als würde er es essen, und vertilgte es anschließend selbst.

Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen bemerkte sie, dass ein wenig Marmelade in Rolfs flauschigem Gesicht klebte. Mama würde bestimmt wieder klagen, dass sie das Stofftier nun schon wieder waschen musste. Doch jetzt gerade hatten weder Mama noch Papa Augen für Jasmin und Rolf.

Unsicher musterte sie ihre Eltern. Sie war alt genug, um zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte. Mama und Papa gingen höflich miteinander um, aber es lag etwas Gezwungenes in ihrem Benehmen. Ihr Lächeln wirkte nicht echt, sondern verkrampft. Hin und wieder flogen spitze Bemerkungen hin und her, von denen Jasmin nicht wusste, ob sie scherzhaft oder böse gemeint waren.

Was war nur in letzter Zeit mit ihren Eltern los? Irgendetwas war merkwürdig, und das machte ihr plötzlich Angst.

***

»Kannst du mir bitte den Salzstreuer reichen?«, fragte Emma ihren Mann.

Ben schaute kurz von seiner Zeitung hoch, blickte seiner Frau aber nicht in die Augen, sondern schaute nur auf den geforderten Salzstreuer.

»Freilich. Bitteschön.« Nachdem er ihn ihr gereicht hatte, vertiefte er sich wieder in seine Zeitung.

Emma unterdrückte ein frustriertes Seufzen. Sie hätte sich gerne unbeschwert mit ihm unterhalten, so wie früher. Aber in letzter Zeit schien das kaum möglich zu sein. Sie dachte über jedes Wort zehnmal nach, bevor sie es aussprach, und glaubte, dass auch Ben das tat – dennoch endete in letzter Zeit so gut wie jedes Gespräch in einem Streit.

Ob sie versuchen sollte, sich ein wenig mit ihm zu unterhalten? Doch es war verrückt – obwohl sie seit neun Jahren miteinander verheiratet waren, wagte sie es nicht. Zu groß war die Angst vor einem weiteren hässlichen Streit. Ihre Ehe hatte die Leichtigkeit verloren. An ihre Stelle war eine verkrampfte Anspannung getreten.

Um sich das nicht einzugestehen, rechtfertigte sie sich vor sich selbst: Unter der Woche hatten sie morgens immer so wenig Zeit; bald musste Ben zur Arbeit, und kurz darauf würden auch Emma und Jasmin aufbrechen. Ben hatte nur wenig Zeit, um die wichtigsten Teile der Zeitung zu überfliegen. Dabei wollte sie ihn nicht stören.

Tatsächlich warf er nun einen flüchtigen Blick auf die Uhr und faltete die Zeitung zusammen. Den letzten Schluck von seinem schwarzen Kaffee kippte er schnell hinunter, das letzte Stück Toast blieb auf dem Teller zurück.

»Ich muss los«, verabschiedete er sich knapp. Für Jasmin gab es einen liebevollen Kuss auf die Stirn. Der Kuss für Emma fiel wesentlich flüchtiger aus: Bens Lippen verfehlten ihren Mund und berührten kaum ihre Wange.

Emma versuchte, unbeschwert zu klingen.

»Fein, viel Spaß bei der Arbeit.«

»Ach, übrigens«, sagte Ben beiläufig, als er schon fast durch die Tür war. »Ich komm heut Abend wieder spät heim. Ich hab eine wichtige Besprechung.«

Emmas verkrampftes Lächeln verrutschte, sie riss die Augen auf.

»Was? Aber das geht net! Hast du vergessen, was wir vereinbart hatten?«

Ben verharrte. »Was denn?«, fragte er verwirrt.

Emma versuchte, ruhig zu bleiben.

»Die Lore wird vierzig und feiert ihren runden Geburtstag ganz groß mit einigen Freundinnen. Ich bin auch eingeladen. Am Nachmittag fahren wir alle zusammen erst zu einem Spa, wo wir uns verwöhnen lassen, und dann zu einer Hütte, die die Lore angemietet hat. Eine große Gaudi soll’s werden. Also musst du heut die Jasmin von der Nachmittagsbetreuung abholen.«

Entschuldigend zuckte Ben mit den Schultern.

»Den Termin kann ich aber net verschieben. Wir haben Kunden aus England zu Besuch. Die kommen nur einmal im Jahr zu einer großen Besprechung. Wenn du mir das früher gesagt hättest, hätt ich vielleicht noch was verschieben können, aber jetzt ist alles fix.«

»Weil du mir wieder net zugehört hast!«, fuhr Emma auf. »Die Lore hat die Feier schon vor zwei Monaten geplant, und da hab ich’s dir schon erzählt. Noch letzte Woche hab ich dich mehrmals dran erinnert. Du hast genickt, aber offenbar hast du schon wieder gar net hingehört! Ich hol die Jasmin jeden einzelnen Tag von der Schule ab. Heut ist der einzige Tag, an dem ich das net machen kann. Einmal wär’s deine Aufgabe – und dann so was.«

Sie biss sich auf die Zunge. Nun war es schon wieder geschehen: Sie hatte ihm Vorwürfe gemacht. Dabei hatte sie sich gewünscht, dass zumindest dieses eine Frühstück in Frieden ablaufen würde. Doch es verletzte sie schrecklich, dass er ihr keine Aufmerksamkeit schenkte, ihr nicht zuhörte und sie und ihre Pläne einfach überging.

Sie arbeitete nur Teilzeit in einer Gärtnerei. Darum war es kein Problem, dass sie Jasmin normalerweise von der Schule oder der Nachmittagsbetreuung abholte. Doch die Geburtstagsfeier ihrer guten Freundin war ihr wichtig. Sie hatte sich darauf verlassen, dass Ben diesmal früher von der Arbeit kommen und sich um Jasmin kümmern würde.

Dass er nun gar nichts davon wusste, fühlte sich an wie eine kalte Dusche. Die Enttäuschung saß tief.

Kurz blitzte schlechtes Gewissen in seinem Blick auf.

»Tut mir leid. Aber Emma, die Besprechung ist wirklich wichtig. Der Chef und alle Teamleiter sind dabei. Mein Chef hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass meine Anwesenheit auch erwünscht ist – sonst kann ich’s mir abschminken, in nächster Zukunft zum Teamleiter befördert zu werden.«

Sie seufzte schicksalsergeben.

»Ja, okay. Ich seh schon, mir bleibt nix anderes übrig«, meinte sie zähneknirschend. »Dann werd ich der Lore sagen, dass ich nur kurz bei der Party vorbeischauen kann und mich anschließend auf den Weg machen muss, um Jasmin abzuholen. Aber nächstes Mal …«

»Ja, nächstes Mal hör ich genauer hin. Versprochen.« Mit diesen Worten verließ er das Haus und schloss die Tür hinter sich.

»Mami? Es tut mir leid, dass du mich abholen musst«, sagte Jasmin leise.

Bestürzt sah Emma ihre Tochter an und strich ihr sanft übers Haar.

»Aber nein, Schatzerl! Das ist doch net deine Schuld«, versicherte sie ihr erschrocken.

»Ist’s wohl«, widersprach Jasmin und sah dabei so bekümmert und sorgenvoll drein, dass Emma das Herz ganz schwer wurde. »Du und der Papa, ihr habt’s euch gestritten, weil ihr mich abholen müsst.«

»Wir haben gar net gestritten. Wir haben nur … diskutiert«, versuchte Emma sie zu beruhigen. »Das kommt vor, wenn Erwachsene unterschiedlicher Meinung sind.«

Jasmins Blick war skeptisch.

»Der Rolf findet auch, dass ihr gestritten habt. Wie ich und die Mia letztens. Und wie ihr das immer macht.«

»Der Rolf und du, ihr müsst euch keine Sorgen machen«, sagte Emma freundlich und zerzauste dem Stoffhasen das Plüschfell.

Doch Jasmin wirkte nicht vollends beruhigt. Sie seufzte schwer.

»Ich mag’s net, wenn ihr disko … disku …«

»Diskutiert. Und so oft machen wir das gar net.« Sie stupste mit dem Finger gegen Jasmins Nase, was das Mädchen wie immer zum Lachen brachte und die sorgenvolle Miene vom Kindergesichtchen verscheuchte. »Und jetzt los, husch husch! Wenn wir uns net ein bisserl beeilen, kommst du zu spät zur Schule und ich zu spät zur Arbeit.«

Sie gab sich Mühe, fröhlich und unbeschwert zu klingen. Jasmin sollte sich keine Sorgen machen.

***

Als sie im Auto saßen, schien Jasmin die kurze Meinungsverschiedenheit ihrer Eltern vergessen zu haben. Gut gelaunt plapperte sie über die Schule und ihre Freundinnen.

»Die Mia fährt heuer mit ihren Eltern ans Meer«, erzählte sie. »Und die Johanna in die Berge. Die Johanna ist ganz neidisch auf die Mia, weil sie auch lieber ans Meer will. Aber ich glaub, beides ist schön.«

Dann fiel ihr etwas ein, und aufgeregt zog sie an Rolfs Ohren.

»Mama! Wir fahren heuer auch im Sommer weg, gell? Du und der Papa, ihr habt es versprochen! Wohin fahren wir denn?« Sie hüpfte auf dem Sitz auf und ab.

Emma lächelte etwas verkrampft. Sie hatte gehofft, das Mädchen hätte das vergessen. Sie selbst hatte es zumindest beinahe verdrängt. Tatsächlich hatten Ben und sie Anfang des Jahres darüber gesprochen, einen schönen gemeinsamen Sommerurlaub zu machen. Doch so angespannt, wie die Stimmung zwischen ihnen momentan war, konnte das nur in einer Katastrophe enden.

Sie konnte sich bildlich vorstellen, wie sie während der ganzen Anreise miteinander zankten, einander dann im Hotelzimmer grimmig anschwiegen und zum krönenden Abschluss am Abend-Buffet eine Tellerschlacht begannen.

Aber ein Versprechen zu brechen, das sie ihrer Tochter gegeben hatten, kam gar nicht infrage. Jasmin wäre schrecklich enttäuscht. Vielleicht wäre es ja doch gar nicht so schlecht, ein wenig Zeit miteinander zu verbringen. Ben arbeitete in letzter Zeit so schrecklich viel. Meist kam er sehr spät nach Hause, und sie bekam ihn kaum noch zu Gesicht. Sie sehnte sich nach ihm. Plötzlich erschien ihr die Idee eines Urlaubs gar nicht mehr so übel.

»Ich werde mit Papa reden«, versprach sie. »Es wird schon irgendwie klappen. Wir lassen uns was Schönes einfallen.«

Wenn Ben sich ausnahmsweise freinehmen kann und net wie immer Tag und Nacht im Büro hocken muss, dachte sie bissig, ohne es laut auszusprechen. In letzter Zeit schien er mehr mit seiner Arbeit als mit ihr verheiratet zu sein.

Vor der Volksschule hielt sie an. Es war ein hübscher flacher Ziegelbau am Rand von Graz, umgeben von Spielwiesen und einem kleinen Sportplatz.

»So, da wären wir. Viel Spaß in der Schule. Gib deiner Mama noch ein Busserl, du kleine Maus.«

Jasmin drückte einen dicken Kuss auf Emmas Wange, dann lief sie auf die Schule zu. Emma blickte ihr hinterher. Mit dem großen Ranzen sah das Mädchen so klein und zierlich aus, als könnte ein stärkerer Windhauch es davontragen. In der Hand trug Jasmin Rolf, den sie fast immer bei sich hatte. Das Stofftier verstärkte den zerbrechlichen, kindlichen Eindruck noch.

Das Lächeln, das Emma nur für Jasmin gelächelt hatte, verschwand von ihrem Gesicht. Sie fragte sich, ob sie und Ben gute Eltern waren. Sie beide liebten Jasmin über alles und gaben sich große Mühe, alles richtig zu machen. Doch zwischen ihnen beiden lief es alles andere als rosig, das konnte sie nicht leugnen.

Natürlich bekam das auch das Kind manchmal mit, wenngleich sie darauf achteten, nicht in Jasmins Nähe zu streiten. Kein Wunder, dass die Kleine manchmal so schrecklich sorgenvoll dreinschaute.

»Das ist deine Schuld, Ben«, murmelte sie leise vor sich hin. Ihre Finger klopften wütend auf das Lenkrad, während sie weiterfuhr.

Immer noch ärgerte sie sich sehr darüber, dass sie nicht oder nur kurz zu Lores Geburtstagsfeier gehen konnte. Wenn Ben ihr doch nur richtig zugehört hätte! Ständig war er mit seinen Gedanken woanders. Das fand sie schrecklich respektlos. Schlimmer noch: Sie fühlte sich ungeliebt und nicht wertgeschätzt.

Er begründete seine Unaufmerksamkeit meist damit, dass er in der Arbeit so viel um die Ohren hatte und auch zu Hause schlecht abschalten konnte. Doch insgeheim fragte sie sich manchmal, ob es wirklich nur daran lag.

Ohne es zu merken, biss sie sich auf die Unterlippe. Ihre Hände schlossen sich fester um das Lenkrad. An ihr nagte eine Befürchtung, die sie einfach nicht abschütteln konnte, so sehr sie es auch wollte. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie die unangenehmen Gedanken so vertreiben, doch es half nicht: Sie sah Rita vor sich, eine wunderhübsche, junge Kollegin von Ben.

Mindestens die Hälfte der männlichen Kollegen waren verrückt nach Rita, das war Emma auf der letzten Weihnachtsfeier bereits aufgefallen. Kein Wunder: Rita war eine auffallende Schönheit. Ihre flammend roten Haare fielen in weichen Wellen über ihren Rücken und reichten fast bis zur Taille. Die grünen Katzenaugen funkelten verführerisch. Mit den langen, schlanken Beinen hätte sie als Model durchgehen können.

War auch Ben Ritas Reizen erlegen? Auf der Weihnachtsfeier hatte Emma den Eindruck gehabt, die beiden hätten ein wenig miteinander geflirtet – vor ihren Augen! Doch vermutlich hatte sie sich das nur eingebildet.

Die Stimmung war alkoholgeschwängert und gelöst gewesen, alle hatten miteinander gescherzt und gelacht. Vermutlich hatten Ben und Rita gar nicht geflirtet, sondern sich nur freundschaftlich unterhalten.

Aber was, wenn da doch etwas lief? Und was, wenn es zwar nicht Rita war, aber eine andere hübsche Kollegin – oder eine ganz andere Frau? Emma schluckte schwer. Sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass Ben sie betrügen könnte. Eigentlich hatte Ben ihr auch keinen Grund zum Misstrauen gegeben, abgesehen davon, dass er so häufig weg war. Aber manchmal wusste sie selbst nicht, was sie glauben sollte, und der Gedanke an die schöne Rita quälte sie.

Als sie die Gärtnerei erreichte, in der sie arbeitete, musste sie einen Moment im Auto sitzen bleiben und sich zwingen, ruhig durchzuatmen. Die Kolleginnen sollten nicht merken, dass sie mit den Tränen kämpfte. Sie versuchte, die Angst tief in ihrem Inneren zu vergraben: die Angst, Ben könnte sie betrügen, vielleicht mit Rita, und sie womöglich sogar für eine andere Frau verlassen.

***

Eigentlich ging Jasmin gern zur Schule. Sie hatte Spaß am Lernen, ihre Lehrerin war sehr nett, und mit ihren Mitschülern verstand sie sich sehr gut.

Doch in letzter Zeit fiel es ihr schwer, sich im Unterricht zu konzentrieren. Sie musste immerzu an ihre Eltern denken. Freilich hatten die beiden heute beim Frühstück gestritten, auch wenn Mama das nicht zugeben wollte! Das taten sie immer häufiger. Sie dachten, Jasmin würde das nicht bemerken, doch sie war ja nicht taub und blind.