Das Berghotel 114 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 114 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Alexia Haller ist unglücklich: Schon seit Monaten macht ihr Mann Stefan Überstunden, um sich auf eine bevorstehende Beförderung vorzubereiten. Darüber vernachlässigt er seine Frau zunehmend, sodass es kaum noch zu gemeinsamen Stunden und Gesprächen zwischen den Eheleuten kommt.

Als der Zahntechniker für ein Seminar ins Zillertal fahren muss, fasst Alexia einen romantischen Plan: Sie will ihm hinterherreisen und ihn dort überraschen. Vielleicht kommen sie sich dann endlich wieder näher.

Doch Stefan ist alles andere als begeistert, als er im Berghotel Alexia erblickt. Er ist schließlich hier, um zu arbeiten. Ablenkung kann er im Moment als Letztes gebrauchen! Enttäuscht zieht sich Alexia zurück. Dabei hatte sie sich doch alles so schön ausgemalt!

Da kommt es zu einem folgenschweren Stromausfall im Zillertal. Alexia bleibt zusammen mit einem ihr unbekannten Mann im Fahrstuhl stecken. Der Fremde weckt in Alexia ungeahnte, berauschende Gefühle, und plötzlich sind ihre Gedanken an Stefan ganz weit weg ...

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Seitenzahl: 124

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Inhalt

Cover

Impressum

Wiesenblumen für Stefan

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: iStockphoto / 4FR

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-2900-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Im idyllischen St. Christoph, dort, wo auch der »Bergdoktor« lebt und praktiziert, liegt das Hotel »Am Sonnenhang«. Es ist ein Haus, in dem sehr viel Wert auf Tradition und Gastlichkeit gelegt wird – und sich für die Gäste so mancher Traum erfüllt.

Wiesenblumen für Stefan

Kann die hübsche Alexia ihren Mann nach einem schweren Fehler zurückerobern?

Von Verena Kufsteiner

Alexia Haller ist unglücklich: Schon seit Monaten macht ihr Mann Stefan Überstunden, um sich auf eine bevorstehende Beförderung vorzubereiten. Darüber vernachlässigt er seine Frau zunehmend, sodass es kaum noch zu gemeinsamen Stunden und Gesprächen zwischen den Eheleuten kommt.

Als der Zahntechniker für ein Seminar ins Zillertal fahren muss, fasst Alexia einen romantischen Plan: Sie will ihm hinterherreisen und ihn dort überraschen. Vielleicht kommen sie sich dann endlich wieder näher.

Doch Stefan ist alles andere als begeistert, als er im Berghotel Alexia erblickt. Er ist schließlich hier, um zu arbeiten. Ablenkung kann er im Moment als Letztes gebrauchen! Enttäuscht zieht sich Alexia zurück. Dabei hatte sie sich doch alles so schön ausgemalt!

Da kommt es zu einem folgenschweren Stromausfall im Zillertal. Alexia bleibt zusammen mit einem ihr unbekannten Mann im Fahrstuhl stecken. Der Fremde weckt in Alexia ungeahnte, berauschende Gefühle, und plötzlich sind ihre Gedanken an Stefan ganz weit weg …

Oh, mein Kopf! Stefan Haller legte seinen Keramik-Pinsel zur Seite und rieb sich die Schläfen. Dahinter pulsierte es schon wieder. Kein Wunder nach dem langen Arbeitstag! Seit Wochen kam er nicht vor zwanzig oder sogar einundzwanzig Uhr aus dem Labor, und meistens nahm er sich dann noch Papierkram mit nach Hause. Es war höchste Zeit, dass sich das änderte!

Er warf einen Blick auf den Stapel mit Auftragszetteln auf seinem Schreibtisch, der von Tag zu Tag höher wurde, und verzog das Gesicht. Es war unwahrscheinlich, dass er an diesem Abend vor Einbruch der Dunkelheit daheim sein würde.

Als Zahntechniker fertigte er Gipsmodelle und Prothesen an und reparierte kaputten Zahnersatz. Er war auf Keramikarbeiten spezialisiert und hatte an diesem Tag stundenlang Zahnkronen bemalt.

Jeder Zahn war einzigartig und wurde vom Zahnhals bis zur Schneidfläche immer heller, deshalb wurde jede Schicht mit einer anderen Keramikfarbe bemalt, damit die Krone natürlich aussah und von einem echten Zahn nicht zu unterscheiden war.

Sein Nacken schmerzte vom stundenlangen Starren auf seine Arbeit, aber an einen Feierabend war noch nicht zu denken.

Gerade war noch ein Notfall hereingekommen, eine eilige Auftragsarbeit für das Labor: Ein Schauspieler hatte seine Prothese ins Waschbecken fallen gelassen, sodass sie zerbrochen war. Nun brauchte er sie dringend zurück, weil er morgens schon wieder vor der Kamera stehen würde.

Stefan hatte seinen Namen auf dem Auftrag erkannt. Hatte der Mime nicht erst kürzlich in einer Folge des »Traumschiffs« mitgespielt?

Stefan fixierte die Prothese an der Bruchstelle und stellte ein Modell her. Später würde er Kunststoff anrühren und die Bruchstelle damit reparieren. Nach der Arbeit würde sie noch poliert und danach wieder wie neu sein. Dann stand den Dreharbeiten und einem strahlenden Lächeln des Schauspielers nichts mehr im Wege.

Stefan vertiefte sich in seine Arbeit und vergaß alles rings um sich her. Weiße Jalousien vor den Fenstern des Labors vermittelten den Eindruck, dass die hektische Großstadt draußen blieb und man sich in einer eigenen Welt aufhielt. Es gab mehrere Computerarbeitsplätze, Brennöfen und Metalltische mit Materialien, Fräsen und anderen Werkzeugen.

Das Labor arbeitete mit zahlreichen Zahnärzten in Berlin zusammen. Gemeinsam mit seinen Kollegen hatte sich Stefan einen exzellenten Ruf erarbeitet, was Qualität und Zuverlässigkeit betraf. Das war wichtig, denn die Konkurrenz war groß.

Viele Patienten ließen sich ihren Zahnersatz heutzutage lieber im Ausland anfertigen, wo er günstiger zu haben war. Welche Qualität dieser am Ende hatte, stand auf einem anderen Blatt. Stefan bekam zur Reparatur oft Pfusch auf den Schreibtisch, der sich kaum noch retten ließ.

Noch niemals zuvor in der Geschichte der Zahntechnik hatte es so viele Möglichkeiten gegeben, Zahnersatz gesund und natürlich aussehen zu lassen. Doch zugleich sorgten die sinkenden Zuschüsse der Krankenkassen dafür, dass viele Patienten diese Möglichkeiten aus Kostengründen nicht ausschöpfen konnten.

Es tat Stefan in der Seele weh, einen Billigersatz anzufertigen, wenn er genau wusste, dass es andere – und ästhetischere – Möglichkeiten gab.

Genau um dieses Thema würde es auch bei der Tagung im Zillertal gehen. Stefan hatte gezögert, die Einladung anzunehmen und die weite Reise von seiner Heimatstadt Berlin in die Alpen auf sich zu nehmen, aber schließlich hatte er erkannt, dass die Frage nach der Zukunft von bezahlbarem Zahnersatz zu wichtig war, um sie zu ignorieren.

Also hatte er eingewilligt, und in wenigen Tagen würde er abreisen.

»Oho! Was haben wir denn da Schönes?« Das runde Gesicht von Henry tauchte vor seinem Arbeitsplatz auf. Sein Kollege hob mit zwei Fingern das Parfüm hoch, das auf Stefans Schreibtisch stand, und wackelte mit den Augenbrauen. »Chanel No. 5? Ist dieser Duft nicht zu blumig für dich?«

»Der ist nicht für mich, sondern für Alexia«, brummte Stefan. »Ein Geschenk für sie.«

»Verstehe. Was hast du angestellt?«

»Gar nichts. Das ist für unseren Hochzeitstag. Wir haben heute unseren zweiten … Oh nein!« Erschrocken starrte Stefan auf seine Armbanduhr. Schon so spät! Er hatte seiner Frau versprochen, pünktlich heimzukommen, aber das würde er nicht mehr schaffen.

»Mach doch Schluss für heute«, schlug Henry vor.

»Kann ich nicht. Ich muss noch diesen Eil-Auftrag zu Ende bringen.«

»Das übernehme ich für dich.«

»Ehrlich?«

»Klar, geh ruhig. Wenn du weiter so viele Überstunden ansammelst, kannst du ohnehin bald ein Jahr blaumachen.«

»Von wegen. Ich habe viele Pläne für das Labor. Ans Blaumachen ist da nicht zu denken.« Stefan spielte nachdenklich mit seinem Pinsel.

Der Leiter des Labors würde in diesem Sommer in den Ruhestand gehen. Noch hatte er keinen Nachfolger ernannt, aber Stefan machte sich Hoffnungen auf diesen Posten. Er war erst einunddreißig, hatte aber zahlreiche Qualifikationen und Zusatzausbildungen vorzuweisen. Außerdem arbeitete er länger als die meisten seiner Kollegen hier im Labor.

»Ich möchte wissen, warum der Chef so ein großes Geheimnis um seinen Nachfolger macht«, murmelte er. »Inzwischen muss er längst jemanden bestimmt haben. Warum macht er es nicht endlich offiziell?«

»Vermutlich, weil er die Fäden so lange wie möglich selbst in der Hand behalten will. Sobald er seinen Nachfolger benannt hat, wird dieser nachrücken und die Leitung des Labors in die eigenen Hände nehmen, dann ist er raus.«

»Möglich, aber diese Warterei fängt an, mir auf die Nerven zu gehen.«

»Entspann dich. Es ist klar, dass du der neue Chef wirst.«

»Das glaube ich erst, wenn es offiziell ist.«

»Mach dir deswegen keine Sorgen.« Henry zog sich einen Stuhl heran. »Geh ruhig nach Hause und gönn dir einen schönen Abend mit deiner Frau. Ich stelle das hier fertig.«

»Danke, dafür hast du etwas gut bei mir.«

»Lade mich bei Gelegenheit zu einer Pizza ein. Dann geht das in Ordnung.« Henry zwinkerte ihm zu.

»Abgemacht …«

In diesem Augenblick wurde die Tür zum Büro des Laborleiters geöffnet. Josef Eckstein rief seine Belegschaft zu sich. Nanu? Was hatte das zu bedeuten? Stefan tauschte einen Blick mit Henry, der ratlos die Schultern hochzog.

Zusammen mit seinen Kollegen begab er sich in das Büro des Laborleiters. Hier wartete bereits ein Besucher, den Stefan nicht kannte. Der Unbekannte war ungefähr in seinem Alter und hatte kurze dunkle Haare. Er lehnte mit dem Rücken am Fenster und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als wäre er auf Abstand bedacht.

Abschätzig musterte er die Kollegen. Seine zurückgelehnte Haltung ließ erkennen, dass er sich absolut entspannt fühlte.

Wie ein Platzhirsch, der auf sein Rudel Rehe herabschaut, ging es Stefan durch den Kopf. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus, als hätte er verdorbenen Apfelsaft getrunken.

Josef Eckstein wartete, bis alle Mitarbeiter an seinem runden Besprechungstisch Platz genommen hatten. Dann strich er sich über die grauen Haare und räusperte sich.

»Ich weiß, Sie warten alle schon lange darauf, dass ich meinen Nachfolger benenne. Nun möchte ich Sie nicht länger auf die Folter spannen. Darf ich Ihnen allen Adrian Vahmer vorstellen? Er ist Zahntechniker und hat bisher in Saarbrücken gearbeitet. Nun ist er nach Berlin gezogen, und ich freue mich sehr, dass er bereit ist, meine Nachfolge zu übernehmen.«

Was? Stefan war wie vor den Kopf geschlagen. Ein Fremder würde das Labor in Zukunft leiten? Wie war das möglich? Warum jemand von außerhalb? Warum nicht er?

»Herr Vahmer verfügt über zahlreiche Qualifikationen und großes handwerkliches Geschick«, fuhr sein Chef fort. »Ich kenne und schätze ihn seit vielen Jahren und hoffe, Sie werden gut mit ihm zusammenarbeiten. Sie alle wissen, dass der Markt auf dem Gebiet der Zahntechnik hart umkämpft ist. Unser Labor braucht frischen Wind, um bestehen zu können, deshalb bin ich davon überzeugt, dass Herr Vahmer der Richtige für diesen Posten ist.«

Verwundertes Gemurmel wurde laut. Stefan fing ungläubige Blicke von seinen Kollegen auf. Sie waren ebenso wie er davon ausgegangen, dass er als Laborleiter nachrücken würde. Doch daraus würde nun offenbar nichts werden.

Die Enttäuschung breitete sich in seinem Inneren aus wie ein Ballon. Wenn er mit neuen Ideen an seinen Chef herangetreten war, hatte dieser sie stets abgeschmettert. Und nun rief ausgerechnet er nach Veränderungen in ihrem Betrieb? Das traf ihn wie ein Boxhieb in die Magengrube.

Er war übergangen worden.

Während er noch mit seiner Bestürzung kämpfte, trat Adrian Vahmer vor die Versammelten hin und blieb breitbeinig stehen. Er schaute von einem zum anderen, als wollte er sich jedes Gesicht einprägen. Mit einem Mal wurde es so still, dass man das Summen einer Hummel hören konnte, die sich hereinverirrt hatte und nun auf der Suche nach einem Ausweg verzweifelt gegen die Scheibe flog.

Stefan ahnte, wie sie sich fühlte.

»Es wird sich einiges ändern«, begann der neue Laborleiter seine Ansprache. »Ich werde die Strukturen straffen, die Aufgaben anders verteilen und das Labor neu definieren. Sie alle werden sich auf Veränderungen gefasst machen müssen, aber ich versichere Ihnen, dass das zum Wohl des Labors geschieht.«

Veränderungen. Dieses Wort rief unsicheres Gemurmel hervor. Niemand schien sich mit dieser Andeutung wohlzufühlen. Und es sollte noch schlimmer kommen.

»Ich habe mir die Abrechnungen des Labors angeschaut. Da besteht eine Menge Optimierungsbedarf. Wir müssen Kosten sparen, sonst werden wir untergehen.« Der neue Laborleiter bedachte Stefan mit einem langen Blick.

Was hatte das zu bedeuten? Das flaue Gefühl in seinem Innersten wurde stärker. Würde am Personal gespart werden müssen? Sollte jemand gehen? Er selbst vielleicht? Stefan ballte die Hände zu Fäusten. Er ließ sich nichts anmerken, aber in ihm toste ein Sturm aus Bestürzung. Er ahnte, dass sein Leben soeben eine Wendung genommen hatte, die ihm noch reichlich Kopfzerbrechen bereiten würde.

***

Wo bleibt Stefan nur?

Alexia blickte von ihrem Schreibtisch hoch und lauschte, aber im Haus blieb alles still. Ihr Mann hätte schon vor über zwei Stunden daheim sein wollen. Inzwischen war es längst dunkel, und er war noch immer nicht da. Offenbar wurde es im Labor wieder später. Ausgerechnet heute.

Mit einem leisen Seufzen beugte sie sich wieder über das Schulheft und fuhr damit fort, den Lateinaufsatz zu korrigieren. Alexia unterrichtete Sprachen an einem Berliner Gymnasium.

Schon als Kind war sie mit ihren Eltern viel gereist. Dabei hatte sich ihr Talent für Fremdsprachen offenbart. Während sie mit der Mathematik immer auf Kriegsfuß gestanden hatte, waren ihr Vokabeln und grammatikalische Regeln zugeflogen wie zahme Vögel. Außerdem hatte sie einen guten Draht zu Kindern und liebte es, zu unterrichten. So war ihr die Berufswahl nicht schwergefallen.

Ihre Eltern reisten immer noch viel. Die zahlreichen Postkarten aus aller Welt an der Pinnwand über ihrem Schreibtisch bewiesen das. Auf einem Foto lächelten ihre Eltern Arm in Arm am Strand von Sidney in die Kamera. Die Aufnahme war vor wenigen Wochen gemacht worden, als sie Australien und die Koalas besucht hatten, die ihre Mutter so liebte.

Im Sommer wollten sie eine Tour mit dem Wohnmobil durch die USA machen und sich den Yellowstone Nationalpark ansehen. Schwindelig konnte es einem von ihrer Reiselust werden, aber wenn Alexia ehrlich war, kribbelte ihr das Reisefieber ebenfalls unter der Haut. Hoffentlich konnten Stefan und sie im Sommer auch verreisen. Sie hatte bald Ferien, dann war die Gelegenheit da.

Im Haus duftete es nach dem Schmorbraten, den sie im Ofen warmhielt. Sie hatte Stefans Lieblingsessen gekocht, aber der Braten wurde dunkler und dunkler. Inzwischen roch er sogar schon ein wenig angebrannt. Ob das Fleisch überhaupt noch genießbar wäre, wenn ihr Mann endlich heimkam?

Davon lassen wir uns den Hochzeitstag nicht verderben, nahm sie sich vor. Bei Stefan wird es mal wieder später. Na und? Wir werden es uns trotzdem schön machen.

Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl umher, weil der hauchdünne Spitzen-Tanga zwickte, den sie unter ihrem Kleid trug. Für einen Hauch von Nichts war der Preis der roten Unterwäsche sündhaft teuer gewesen, aber an ihrem zweiten Hochzeitstag wollte sie etwas Besonderes tragen.

Alexia hatte sich im Feinkostgeschäft neben ihrer Schule beraten lassen und eine gute Flasche Wein gekauft. Außerdem lag eine CD mit Jazzmusik bereit. Den Tisch hatte sie liebevoll mit Kerzen und Rosenblättern gedeckt. Und den Nachtisch würde sie später im Schlafzimmer servieren … Ihr Herz klopfte wild vor Vorfreude.

Endlich würden Stefan und sie sich wieder Zeit füreinander nehmen. In den vergangenen Monaten war er meist so spät von der Arbeit gekommen, dass sie keine zwei Worte mehr gewechselt hatten. Er war nur noch todmüde ins Bett gefallen. An romantische Stunden war nicht zu denken gewesen.

Heute nehmen wir uns die Zeit dafür, dachte sie und wollte sich gerade das nächste Schulheft vornehmen, als jemand an der Haustür klingelte.

Nanu? Hat mein Schatz seinen Schlüssel vergessen?

Alexia stand vom Schreibtisch auf und ging in den Flur. Sie warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ihre langen braunen Haare rahmten ihr schmales Gesicht ein. Ihre Augen leuchteten vor Vorfreude auf den Abend mit ihrem Mann. Und der schlichte Schnitt ihres anthrazitfarbenen Etuikleides betonte ihre zierliche Figur. Außerdem hatte sie Make-up aufgelegt.

Als sie die Tür öffnete, stand ihre Nachbarin draußen. Nina arbeitete als freischaffende Journalistin für diverse Frauenzeitschriften und war ebenso chaotisch wie herzensgut. Ihre roten Locken wurden von einer silbernen Spange gebändigt, aber einige Strähnen ringelten sich widerspenstig um ihr sommersprossiges Gesicht.

Sie hatte einen orangefarbenen Schal zu einem grünen Kleid kombiniert und lächelte Alexia unbekümmert an.

»Hey! Hast du vielleicht Waschmittel für mich übrig? Ich habe es beim Einkaufen vergessen, dabei muss ich dringend waschen, sonst habe ich morgen keine saubere Unterwäsche zum Anziehen.«

»Klar, komm rein.« Alexia ließ ihre Freundin eintreten und nahm sie mit ins Badezimmer, wo sie ihr die Flasche mit dem Waschmittel in die Hand drückte. »Das müsste noch für zwei Ladungen reichen. Du kannst es behalten. Ich habe noch eine neue Flasche da.«

»Danke, du bist meine Rettung. Warum hast du dich eigentlich so aufgebrezelt? Hab ich was verpasst?«

»Heute ist Stefans und mein Hochzeitstag.«