Das Berghotel 188 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 188 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Post aus der Vergangenheit
Packender Heimatroman um eine Entscheidung im Rosengarten
Von Verena Kufsteiner

Marion Berger lebt und arbeitet als Werbefotografin in Mayrhofen. Vor einigen Jahren hat sie sich mit ihrem Freund Christian Kaufmann selbstständig gemacht. Aber das Geschäft der beiden läuft mittelprächtig, und auch privat sind sie seit Langem nicht mehr glücklich. Marions neuer Auftrag, Werbefotos vom Berghotel zu machen, kommt ihr da mehr als gelegen. Doch dann stirbt urplötzlich ihre geliebte Tante Inge. Die kinderlose ältere Dame vermacht Marion alles. Während die Fotografin den Nachlass ordnet, stößt sie auf alte Liebesbriefe. Darunter ist ein Brief, der nicht abgeschickt wurde, adressiert an einen Georg Weidner aus St. Christoph. Es scheint Marion wie ein Wink des Schicksals, dass sie ausgerechnet jetzt einen Auftrag in dem Örtchen zu erledigen hat. Sie will den Mann aufsuchen und ihm diese Post aus der Vergangenheit überbringen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Post aus der Vergangenheit

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7867-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Post aus der Vergangenheit

Packender Heimatroman um eine Entscheidung im Rosengarten

Von Verena Kufsteiner

Marion Berger lebt und arbeitet als Werbefotografin in Mayrhofen. Vor einigen Jahren hat sie sich mit ihrem Freund Christian Kaufmann selbstständig gemacht. Aber das Geschäft der beiden läuft mittelprächtig, und auch privat sind sie seit Langem nicht mehr glücklich. Marions neuer Auftrag, Werbefotos vom Berghotel zu machen, kommt ihr da mehr als gelegen. Doch dann stirbt urplötzlich ihre geliebte Tante Inge. Die kinderlose ältere Dame vermacht Marion alles. Während die Fotografin den Nachlass ordnet, stößt sie auf alte Liebesbriefe. Darunter ist ein Brief, der nicht abgeschickt wurde, adressiert an einen Georg Weidner aus St. Christoph. Es scheint Marion wie ein Wink des Schicksals, dass sie ausgerechnet jetzt einen Auftrag in dem Örtchen zu erledigen hat. Sie will den Mann aufsuchen und ihm diese Post aus der Vergangenheit überbringen …

Ganz am Ende des Zillertals mit seiner majetätischen Bergwelt lag der kleine, weltabgeschiedene Ort St. Christoph. In einem Seitental, das einzig über eine schmale Bergstraße von Mayrhofen kommend zu erreichen war, die in zahlreichen Serpentinen bergan führte.

Sechs Berge erhoben sich rund um das schöne Bergdorf, gaben der Landschaft somit ihr besonderes Gepräge und schützten vor Wind und Wetter, was wiederum der Landwirtschaft zu Gute kam. Der Höchste von ihnen war der Feldkopf.

Im Tal gab es noch zahlreiche Bauerngehöfte, inmitten von landwirtschaft genutzten Flächen, Wiesen und Wäldern und einer Landschaft, wie sie lieblicher nicht sein konnte, reihten sich die Häuser von St. Christoph um die kleine, weiß gestrichene Barockkirche.

Auf der linken Talseite erhob sich der gelbe Barockbau des sogenannten Schlößls. Dies war seit über dreihundert Jahren der Stammsitz der Barone von Brauneck.

Gegenüber schließlich befand sich das Sporthotel „Am Sonnenhang“, das ein jeder im Tal als Berghotel kannte. Es war im für die Region typischen Gebirgsstil errichtet worden und passte sich wunderbar in die Umgebung ein. Das große Haus mit dem traditionellen Schindeldach, den umlaufenden Holzbalkonen und der hellen Fassade war aus dem Tal von St. Christoph einfach nicht mehr wegzudenken. Es verband die bodenständige Gastfreundschaft der Tiroler mit all jenem modernen Komfort, den der Urlauber von heute längst nicht mehr missen mochte.

Hinter dem Hotel fand sich ein gepflegter Blumengarten, der in der gesamten warmen Jahreszeit mit einem lieblichen Blütenflor bezauberte. Besonders stolz war Hedi Kastler auf ihre üppig blühenden Rosen, die in jedem Jahr schöner wurden.

Außerdem gab es einen Biergarten unter alten Kastanien, wo man auch an heißen Sommertagen in kühler, frischer Luft regionale Schmankerln genießen konnte.

Ein großer Außenpool sowie zwei Tennisplätze ließen keine sportlichen Wünsche offen. Ganz zu schweigen von all den Freizeitaktivitäten in der schönen Bergwelt. Hier konnte man nicht nur Kraxeln oder Bergwandern, es gab die Möglichkeit, das Drachenfliegen ebenso auszusprobieren wie das immer beliebter werdende Freeclimbing am Berg. Das Berghotel verfügte über einen eigenen Fitnesstrainer, Lukas Einrieder, der sich in all diesen Disziplinen bestens auskannte.

Im Hotel gab es zudem ein Hallenschwimmbad im Souterrain, dazu eine Sauna, Fitness- und Ruheräume. Auch eine Beautyfarm suchte man nicht vergeblich. Besonders beliebt bei den Gästen waren hier Behandlungen mit echtem Wildrosenöl, die von der erfahrenen Kosmetikerin Gerti Wachter mit viel Fingerspitzengefühl durchgeführt wurden.

Die Hotelzimmer waren allesamt im alpinen Stil eingerichtet und überall duftete es nach der echten Tiroler Zirbelkiefer, die auf Körper und Geist beruhigend und entspannend wirken sollte.

Neben den Gastzimmern fand man im Berghotel auch zahlreiche Räumlichkeiten für kleinere und größere Feiern, ein uriges Weinstüberl, eine Bar und das stilvoll eingerichtete Jagdstüberl mit alten Stichen und Holzschnitzereien.

Das ganze Jahr über gab es viele Verantstaltungen. Tanzabende, Sommerfeste, kulinarische Spezialitätenwochen, nicht zu vergessen die saisonalen Ereignisse wie Weihnachten und Silvester. Im Berghotel wurde immer etwas geboten. Und auch der Ruhesuchende kam hier voll auf seine Kosten. Die Kastlers bemühten sich stets, jeden Gast optimal zu verwöhnen.

Andi und Hedi Kastler gingen ganz auf in ihrer Arbeit. Das Berghotel war sozusagen ihr Baby, denn eigene Kinder waren ihnen versagt geblieben. Sie führten eine glückliche Ehe, zogen stets an einem Strang und strahlten eine Harmonie aus, die sich auf das Hotelpersonal ebenso übertrug wie auf die Gäste.

Die Kastlers wohnten ganz in der Nähe des Hotel in einem schönen Haus, meist waren sie aber im Berghotel zu finden und kümmerten sich um die Belange eines jeden, egal ob Gast oder Angestellter. Die Chemie musste stimmen, die Atmosphäre entspannt und angenehm sein, nur dann fühlten sich alle wohl, das wussten Andi und Hedi ganz genau.

An diesem sonnigen Märzmorgen saß Hedi bereits im Büro hinter der Rezeption und telefonierte. Wie meist trug die üppige Blondine ein schickes Dirndlkleid. Sie wusste, dass Andi, der am liebsten in kariertem Hemd und Krachledernen herumlief, diesen Anblick sehr schätzen konnte.

„Ich dank Ihnen, Herr Moser“, sagte Hedi gerade, als Andi ins Büro kam, ein Haferl frischen Kaffee vor sie auf den Schreibtisch stellte, und ihr lieb zulächelte. „Ja, wunderbar. So machen wir’s. Wir erwarten die Frau Berger dann nächste Woche. Freilich, kein Problem. Alles wird bereit sein. Sie können die junge Dame zu uns schicken.“

„Worum ging’s?“, wollte der Hotelier wissen, nachdem seine Frau das Telefonat beendet hatte.

„Um die neuen Werbefotos unseres Hauses. Die Werbeagentur Moser in Mayrhofen hat eine Fotografin an der Hand, die den Auftrag erledigen kann. Sie kommt nächste Woche her.“

Andi nickte und machte dabei ein nachdenkliches Gesicht.

„Stimmt was net, Anderl? Wir waren uns doch einig, dass wir einen neuen Auftritt im Internet brauchen. Die Bilder, die dort zu sehen sind, stammen noch aus der Zeit vor der Renovierung und sind außerdem net sehr aussagekräftig.“

„Ja, ich weiß. Aber so eine PR-Aktion kostet auch was.“

„Freilich. Allerdings geht’s heutzutag nimmer ohne Werbung. Und die zahlt sich aus, glaub mir. Viele Leut fühlen sich von einem schönen Foto mehr angesprochen als von einer langen Beschreibung, unter der sie sich dann doch nix Rechtes vorstellen können. Ein Bild, das springt ins Auge und gleich darauf ins Herz. Und dann wird gebucht.“ Sie grinste schelmisch.

„Mei, was hab ich für ein Glück mit einem dermaßen klugen und geschäftstüchtigen Weibel wie dir“, schmeichelte Andi und stahl ihr gleich ein Busserl, das sein Lob aufs Schönste unterstreichen sollte.

Hedi lächelte zufrieden. „Gut, dass du mich schätzen kannst. Die Fotografin kommt also nächste Woch. Ich schlag vor, wir geben ihr ein schönes Südzimmer mit Aussicht. Außerdem stelle ich ein Wellnessprogramm für sie zusammen, damit sie sich gleich selbst davon überzeugen kann, was unser Haus so alles zu bieten hat. Je wohler sie sich fühlt, desto besser werden die Fotos.“

„Wie schaut es mit Sport aus? Der Lukas wird sie mit seinem Charme gewiss einwickeln.“

„Und von der Arbeit abhalten. Na, Anderl, das ist fei keine gute Idee. Überlass nur mir getrost alle Vorbereitungen, dann gibt’s schon bald die besten Werbefotos von unserem Berghotel, die wir uns nur wünschen können.“

„Hoffentlich werden sie net zu gut, sonst können wir uns am End nimmer vor Buchungen retten“, scherzte Andi.

***

Marion Berger stellte ihren Kleinwagen auf dem Parkplatz gegenüber des gepflegten Mehrfamilienhauses im Herzen von Mayrhofen ab und stieg aus. Die hübsche junge Frau mit den blonden Locken und den himmelblauen Augen kam schon seit Wochen fast täglich hierher, wo ihre kürzlich verstorbene Tante Inge gelebt hatte. Marion hatte ein besonders inniges Verhältnis zur älteren Schwester ihres Vaters gehabt.

Die Eltern der jungen Fotografin waren beide berufstätig gewesen, Marion hatte einen Großteil ihrer Kindheit bei der Tante verbracht, die immer für sie da gewesen war und die Marion von Herzen lieb gehabt hatte wie ein eigenes Kind.

Mit einem leisen, bekümmerten Seufzen schloss Marion gleich darauf die Wohnungstür im Erdgeschoss auf. Tante Inge hatte ihr alles vermacht. Ihr Mann war schon vor Jahren gestorben, Kinder hatten sie keine gehabt. Inge war herzkrank gewesen, hatte aber wenig Rücksicht darauf genommen. Sie war gereist und hatte getan, wozu sie Lust gehabt hatte.

„Mit Mitte sechzig ist man doch noch nicht alt“, hatte sie des Öfteren verlauten lassen, wenn Marion sie gemahnt hatte, kürzerzutreten, sich mehr zu schonen. Dass sie nicht gesund war, hatte sie schlichtweg ignoriert. Trotzdem war ihr Tod ein Schock für Marion, der tiefer ging, als sie selbst zunächst begriffen hatte. Es mochte auch daran liegen, dass ihr eigenes Leben in einer Krise steckte. Nun gab es keine Tante Inge mehr, zu der Marion mit all ihren kleinen und großen Nöten kommen konnte. Nun musste sie selbst mit allem fertigwerden. Und dazu noch mit dem Verlust eines geliebten Menschen.

Die Zimmer der gut geschnittenen Eigentumswohnung leerten sich allmählich. Marion hatte die wertvollen Möbel verkauft und den Rest gespendet. Hausrat und Kleidung ebenfalls. Nun waren nur noch die persönlichen Dinge zu sichten. Die Wohnung war bereits verkauft, der neue Eigentümer würde bald einziehen.

Marion fühlte sich bei diesem Gedanken schlecht, obwohl sie wusste, dass die Tante es so gewollt hatte.

„Wenn ich nicht mehr da bin, kannst du mit allem so verfahren, wie du es willst. An das Erbe sind keine Bedingungen geknüpft, du wirst es schon richtig machen“, hatte sie gesagt.

Aber war das, was sie nun tat, denn auch richtig? Als Christian von der Wohnung erfahren hatte, war er gleich begeistert gewesen.

„Warum ziehen wir nicht ein? Das ist doch eine gute Gelegenheit, noch dazu geschenkt“, hatte er lässig gemeint.

Im ersten Impuls hatte Marion auch daran gedacht. Aber dann war es ihr falsch vorgekommen. Inge hatte Christian nicht besonders gemocht. Sie hatte Marion nie in ihr Leben rein geredet, nur wenn diese sie um Rat gebeten hatte.

„Er hat kein Herz“, hatte sie über Christian gesagt.

Damals war Marion deswegen beleidigt gewesen. Aber eben auch verliebt und vermutlich blind. Heute dachte sie anders darüber. Vielleicht hatte Inge gar nicht so falsch gelegen …

Als sie Christian kennengelernt hatte, war sie eben frisch von der Fotoschule gekommen, sehr jung, sehr ambitioniert und mit einer ganzen Menge Flausen im Kopf. Er hatte hohe künstlerische Ansprüche, sah sich als Maler mit Kamera. Sie hatte ihn bewundert. Und als er von einer gemeinsamen Zukunft gesprochen hatte, von einer Familie, Kindern, da hatte sie ihm jedes Wort geglaubt und war einfach nur glücklich gewesen.

Geblieben war davon nicht viel. Ein gemeinsames Fotostudio, in dem sie die Arbeit erledigte, während er ambitionierte Werke der Fotokunst schuf, die keinen Cent einbrachten. Aufträge von Werbeagenturen, über die er nur die Nase rümpfte.

„Mach du das, Marion“, war zu einem seiner Standardsätze geworden. Und die gemeinsamen Zukunftspläne?

„Reine Spießigkeit.“ Ihr Traum von Familie und einem Häuschen im Grünen war für ihn zur Lachnummer verkommen.

Marion fragte sich, was geschehen war. Sie hatte sich nicht verändert, aber Christian schien sich um hundertachtzig Grad gedreht zu haben. Oder war er nie anders gewesen? Hatte er ihr nur etwas vorgespielt, der bequemen Geliebten, die fleißig Geld verdiente und den große Künstler bewunderte?

Bittere Gedanken, die Marion müde von sich schob, während sie alte Briefe sortierte, die in einer Keksdose gesteckt hatten.

War Christian ihr überhaupt noch treu? Liebte er sie noch? Immer wieder tauchten diese Fragen auf, und es wurde zunehmend schwieriger, sie zu ignorieren. Er behandelte sie wie eine wohl bekannte, aber sehr langweilig gewordene Gewohnheit. Wollte sie das noch? Hatte es überhaupt noch einen Sinn?

Sie seufzte. Die Briefe in der Dose stammten von einem gewissen Georg Weidner aus St. Christoph. Der Poststempel war über zwanzig Jahre alt. Wer war Georg Weidner? Marion konnte sich nicht erinnern, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.

Neugierig geworden nahm sie ein Schreiben aus dem Umschlag und las es. Liebesbriefe! Sie schüttelte langsam den Kopf. Das konnte ja nicht wahr sein. Tante Inge hatte eine Affäre gehabt? Vor zwanzig Jahren hatte ihr Mann noch gelebt. Wie passte das zusammen? Für Marion waren die beiden ein glückliches Ehepaar gewesen.

In der nächsten halben Stunde las sie alle Briefe von Georg Weidner. Danach konnte es für Marion keinen Zweifel mehr geben: Er und Tante Inge waren ein heimliches Liebespaar gewesen. Warum hatte die Tante nie von ihm gesprochen? Sie waren doch in allem immer offen und ehrlich zueinander gewesen. Marion hatte vor ihrer Tante niemals Geheimnisse gehabt. Diese aber offensichtlich vor ihr. Aus welchem Grund? War Georg Weidner auch verheiratet gewesen? Wie und wo hatte Inge ihn überhaupt kennengelernt? Ganz unten in der Kiste lag ein Brief, den Tante Inge an ihren heimlichen Geliebten geschrieben hatte. Er war frankiert, aber nicht abgeschickt worden. Marion wog den zugeklebten Umschlag nachdenklich in einer Hand.

In diesem Moment klingelte ihr Handy. Als sie sich meldete, hörte sie Bernd Moser sagen: „Hallo, Marion, Bernd hier. Ich habe mit den Kastlers in St. Christoph vereinbart, dass du nächste Woche die Fotos ihres Hotels machst. Passt das bei dir?“

Sie überlegte kurz und meinte dann: „Ich denke schon. Wie viel Zeit ist für den Auftrag eingeplant?“

„Eine Woche. Wenn du schneller fertig bist, kannst du ja noch ein paar freie Tage im Berghotel verbringen. Die Kastlers werden sich bestimmt nicht lumpen lassen, sind nette Leute.“

„Prima, etwas Freizeit könnte ich brauchen“, meinte sie und betrachtete dabei den Briefumschlag versonnen.

„Also, abgemacht. Du kannst die Fotos wie immer direkt an mich mailen. Bis dann!“

Sie legte das Handy weg, stand auf und und trat hinter das Fenster, das den Blick auf einen kleinen Park freigab. Noch waren die Bäume kahl, aber die Äste trugen dicke Knospen und im Gras blühten schon Schneeglöcken und Krokusse. Wie oft hatte sie aus diesem Fenster geschaut, sie kannte den kleinen Park zu allen Tages- und Jahreszeiten. Sie hatte sich hier daheim gefühlt, mehr als im Haus ihrer Eltern. Und doch gab es ein Geheimnis, das Tante Inge mit ins Grab genommen hatte. Marion verspürte den Wunsch, es zu lüften.

Du wirst mir doch nicht böse sein, Tantchen, dachte sie. Sicher nicht, denn du hättest den Brief ja wegwerfen können, damit ich ihn nicht finde.

Das hatte Tante Inge nicht getan. Sollte Marion ihn also finden und das Geheimnis ergründen, das ihn umgab? Das Schicksal schien es so zu wollen, denn ausgerechnet jetzt hatte sie einen Auftrag, der sie nach St. Christoph führte. Was lag also näher, als den Brief mitzunehmen und doch noch zuzustellen? Nach all den Jahren, sozusagen als Post aus der Vergangenheit.

***