Das Berghotel 190 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 190 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Das Glück ist wie ein Schmetterling
Zauberhafter Heimatroman aus dem Berghotel
Von Verena Kufsteiner

Idas Leben verläuft turbulenter, als ihr lieb ist. Im Maturajahr starben ihre Eltern, und nun, zwei Jahre später, zerspringt ihr Glück erneut in tausend Scherben, als sie Maxim, ihren einstigen Retter in der Not und ihre große Liebe, in flagranti erwischt. In ihrer Verzweiflung weiß Ida nicht, wohin. Freundin Lena, die als Zimmermadel im Berghotel arbeitet, rät ihr, sich an die Kastlers zu wenden. Die haben schon so vielen Menschen mit ihrem Mitgefühl und ihrer Hilfsbereitschaft wieder auf die Beine geholfen.
Und tatsächlich: Ida darf vorerst bleiben und verdient sich im Hotel etwas als Zimmermadel dazu. Dort lernt sie kurz darauf den Schmetterlingsforscher Jona kennen. Ida spürt: Dieser Mann mit den smaragdgrünen Augen ist etwas Besonderes. Und gerade als sich die beiden zaghaft näherkommen, gerade als Ida einen Moment des Glücks erlebt, da schlägt das Schicksal erneut unbarmherzig zu ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Glück ist wie ein Schmetterling

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Landscape Nature Photo / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7930-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Glück ist wie ein Schmetterling

Zauberhafter Heimatroman aus dem Berghotel

Von Verena Kufsteiner

Idas Leben verläuft turbulenter, als ihr lieb ist. Im Maturajahr starben ihre Eltern, und nun, zwei Jahre später, zerspringt ihr Glück erneut in tausend Scherben, als sie Maxim, ihren einstigen Retter in der Not und ihre große Liebe, in flagranti erwischt. In ihrer Verzweiflung weiß Ida nicht, wohin. Freundin Lena, die als Zimmermadel im Berghotel arbeitet, rät ihr, sich an die Kastlers zu wenden. Die haben schon so vielen Menschen mit ihrem Mitgefühl und ihrer Hilfsbereitschaft wieder auf die Beine geholfen.

Und tatsächlich: Ida darf vorerst bleiben und verdient sich im Hotel etwas als Zimmermadel dazu. Dort lernt sie kurz darauf den Schmetterlingsforscher Jona kennen. Ida spürt: Dieser Mann mit den smaragdgrünen Augen ist etwas Besonderes. Und gerade als sich die beiden zaghaft näherkommen, gerade als Ida einen Moment des Glücks erlebt, da schlägt das Schicksal erneut unbarmherzig zu …

Unermüdlich huschte Idas Blick über ihre Lernunterlagen. Nur das Rascheln von Papier, wenn sie umblätterte, durchbrach die Stille in ihrem Zimmer. Konzentriert runzelte sie die Stirn und kaute am Ende ihres Bleistifts.

Nur noch zwei Wochen waren es bis zur Matura. Ida war schon recht gut vorbereitet und hatte fleißig gelernt, doch einige Inhalte hatte sie noch nicht im Detail verstanden. Darum büffelte sie, bis ihr der Kopf rauchte. Bei diesen wichtigen Schulabschlussprüfungen wollte sie nichts dem Zufall überlassen!

Eine Gänsehaut zog sich über ihre Arme. Fröstelnd blickte sie hoch und schüttelte schmunzelnd den Kopf über sich selbst. Sie war so in ihre Lernunterlagen vertieft gewesen, dass ihr überhaupt nicht aufgefallen war, wie die Zeit verflog.

Mitten am Nachmittag, bei strahlendem Sonnenschein, hatte sie das Fenster weit geöffnet. Mittlerweile ging die Sonne unter, ein kühler Wind hatte aufgefrischt. Kein Wunder, dass ihr kalt war! Die vergangenen Stunden waren wie im Flug an ihr vorbeigezogen.

Sie stand vom Schreibtisch auf, trat ans Fenster und blickte hinaus. Dabei massierte sie vorsichtig mit den Fingerspitzen ihren Nacken, der vom vielen vorgebeugten Sitzen ganz verspannt war. Ihr Blick schweifte über die herrliche Landschaft, die sie von ihrem Zimmer aus sehen konnte, und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie betrachtete die vertrauten Umrisse der Berge – des Achenkegels, des Frauenhorns, des Feldkopfs – und dankte dem Herrgott in Gedanken einmal mehr dafür, dass ausgerechnet das Dorf St. Christoph im wunderschönen Zillertal ihre Heimat war. Hier war sie daheim, hier fühlte sie sich wohl.

Und doch hatte sie Pläne, die sie aus Tirol hinausführen würden, zumindest für eine Weile. Nach der Matura wollte sie studieren, freilich, zu diesem Zweck legte sie sich ja gerade so ins Zeug. In Graz wollte sie Jus studieren und Karriere als Anwältin machen. Ihre Schulnoten waren ausgezeichnet, sie war fleißig und hochmotiviert – was sollte ihr also im Wege stehen? Sie hatte das Gefühl, alle Türen standen ihr offen, sobald sie die Matura bestanden hatte. Zuversicht erfüllte sie, voll Tatendrang und Vorfreude blickte sie in die Zukunft.

Jetzt straffte sie die Schultern, atmete noch einmal tief durch, schloss das Fenster und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Sie hatte ihre Ziele klar vor Augen und war bereit, sich tüchtig anzustrengen, um sie zu erreichen. Eigentlich war sie bereits recht gut auf die großen Abschlussprüfungen vorbereitet, aber das reichte ihr nicht: Sie wollte perfekt vorbereitet sein. Immerhin ging es nicht nur um die Matura, sondern um ihre ganze Zukunft!

Die Mama und der Papa werden so stolz auf mich sein, dachte sie vergnügt, während sie den Kopf wieder über ihre Unterlagen senkte und für die schriftliche Mathematik-Matura büffelte.

Da riss sie die Türklingel aus ihrer Konzentration. Irritiert runzelte sie die Stirn, während sie eilig die Treppe hinunterlief, um die Tür aufzumachen. Hatten ihre Eltern etwa den Schlüssel vergessen? Die beiden hatten heute einen Ausflug nach Innsbruck unternommen und wollten im Laufe des Abends heimkommen.

Doch als Ida schwungvoll die Tür aufriss, fand sie sich nicht etwa ihren Eltern gegenüber. Stattdessen blickte sie in das breite, freundliche Gesicht von Gendarm Ludwig Sirch. Neben ihm stand ein uniformierter Polizeibeamter, den Ida nicht kannte. Ernst blickten die beiden Männer sie an.

„Herrje, grüß Gott“, stammelte das Madel überrumpelt. Mit Gendarmerie vor der Tür hatte sie freilich nicht gerechnet. „Wie kann ich denn weiterhelfen?“

Die Männer tauschten einen kurzen Blick aus, dann räusperte sich Ludwig Sirch.

„Ida, es tut mir so leid.“ Seine Stimme klang rau, ihm standen Mitgefühl und Trauer ins Gesicht geschrieben. „Ich hab eine schlimme, sehr schlimme Nachricht.“

Irritiert zuckte Ida mit den Schultern.

„Ich versteh net, was ist denn los?“, fragte sie verwirrt. Doch eine böse Vorahnung begann, an ihrem Unterbewusstsein zu nagen; eine Vorahnung, die sie hastig verdrängte.

Der Gendarm konnte eigentlich recht streng und energisch sein, doch jetzt gerade schien ihn alle Kraft verlassen zu haben. Er wirkte um zehn Jahre gealtert. Gequält verzog er das Gesicht und gab sich sichtlich einen Ruck, bevor er hervorpresste: „Deine Eltern hatten einen Autounfall, drüben am Ortsrand.“

Ida presste sich eine Hand auf den Mund. Alles um sie begann sich zu drehen, die Wände schienen plötzlich näher zu kommen. Schlagartig wurde ihr eiskalt.

„Oh Gott! Sind sie verletzt? Mama und Papa – sind sie im Krankenhaus? Ich muss zu ihnen! Herr Sirch, jetzt sagen Sie doch endlich, wo sind meine Eltern?“, stammelte sie.

Es dauerte wohl nur wenige Sekunden, bis der Gendarm antwortete, doch Ida erschien es wie eine quälende Ewigkeit. Ein Teil von ihr hatte es wohl schon in der Sekunde geahnt, als sie die Tür geöffnet hatte, doch nichts hätte sie darauf vorbereiten können, was Ludwig Sirch nun sagte.

„Es tut mir so unendlich leid, Madel.“ Er seufzte tief, sein Blick war warm und mitleidig. Es schien ihm schwer zu fallen, die Worte auszusprechen: „Deine Eltern sind noch am Unfallort verstorben.“

Es war, als täte sich der Boden unter Ida auf, um sie zu verschlingen. Sie hatte das Gefühl, in die Tiefe zu stürzen – in einen bodenlosen Abgrund, ohne jeglichen Halt. Nichts bremste ihren Fall.

Die Stimme der Beamten hörte sie wie durch einen dicken Schleier und verstand kein Wort; das Rauschen ihres eigenen Blutes und das dumpfe Pochen ihres Herzens übertönten alles andere. Ein brennender Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus. Sie erschrak über den gequälten, leidenden Laut, den sie plötzlich hörte, und realisierte erst nach einem Moment, dass es ihre eigene Stimme war.

Weinend brach sie zusammen und nahm kaum wahr, dass der Gendarm sie auffing. All die Dinge, die gerade noch so wichtig gewesen waren, verloren schlagartig jegliche Bedeutung. Von haltlosem Schluchzen geschüttelt, schlang sie die Arme um sich, als könnte sie ihr Herz so am Zerspringen hindern. Sie war allein auf der Welt, ganz allein, das wurde ihr mit brutaler Härte klar. Ihre Eltern waren nicht mehr da und nichts und niemand konnte sie zurückbringen.

***

Federleicht wie ein Schmetterling strich Idas Zeigefinger über das Foto, das sie und ihre Eltern zeigte. Wie glücklich und unbeschwert sie alle drei darauf aussahen! Ihre Mutter Sabine lächelte versonnen in die Kamera, das seegrüne Dirndl brachte ihre Augen zum Strahlen. Ihr Vater Franz, fesch im Trachtenjanker, legte seinen beiden Prinzessinnen sanft den Arm um die Schultern. Und sie selbst, Ida, strahlte über das ganze Gesicht.

Im Hintergrund sah man schroffe, felsige Hänge, an denen widerstandsfähige Ranken wuchsen: Das Foto war auf einer Wanderung entstanden. Jetzt noch konnte sie sich ganz deutlich an den herrlichen Tag erinnern, glaubte sogar die Sonne auf ihrer Haut und den Wind in ihrem Haar zu spüren. Wie glücklich und unbeschwert sie damals alle drei gewesen waren! Keiner von ihnen hätte geahnt, dass dieses Glück auf so brutale, dramatische Weise enden würde.

Zwei Jahre war es nun her, dass Idas Eltern beim Autounfall gestorben waren, und immer noch schmerzte der Verlust. Ida seufzte tief. Es verging kein Tag, an dem sie die Mama und den Papa nicht vermisste. Viel zu früh waren sie ihr genommen worden – sie war damals gerade volljährig, aber freilich noch nicht wirklich erwachsen gewesen. Die Eltern hatten eine riesige, klaffende Lücke in ihrem Leben und eine klaffende Wunde in ihrem Herzen hinterlassen.

Mit einem weiteren Seufzer stellte sie das Bild beiseite und suchte nach etwas, um sich abzulenken. Sie begann, ein wenig auf den Regalen Staub zu wischen, aber eigentlich war das völlig unnötig, denn die Putzfrau, die ihr Verlobter Maxim eingestellt hatte, leistete gute Arbeit. Sein Madel musste sich im Haushalt nicht verausgaben, pflegte er zu sagen – gab es einen besseren Verwendungszweck für sein Geld, als seiner Verlobten ein angenehmes Leben zu ermöglichen?

„Maxim“, flüsterte sie vor sich hin, während sie das überflüssige Staubwischen unterbrach und sich auf das Fensterbrett setzte, um den Blick über das wunderschöne Zillertal schweifen zu lassen. Vor dem Fenster erstreckte sich Maxims weitläufiger Bauernhof, dahinter reichten dunkle Wälder und schroffe Berge bis zum Horizont.

Der Anblick der Natur schenkte ihrem Herzen oft ein bisserl Frieden, wenn sie sich aufgewühlt fühlte. Sie betrachtete die vertrauten Umrisse der Zillertaler Alpen und hielt sich an dem Anblick fest wie an einem Rettungsanker, während ihre Gedanken wie so oft in die Vergangenheit wanderten.

Die vergangenen zwei Jahre waren hart gewesen. Nach dem Tod der geliebten Eltern war sie in ein tiefes Loch gestürzt. Ihre Erinnerungen an die erste Zeit waren getrübt, ein barmherziger Nebel minderte den brutalen Schmerz. Alles war wie in einem seltsamen, schrecklichen Traum an ihr vorbeigezogen. Sie war zur Matura angetreten und hatte bestanden, sogar mit guten Noten und ausgezeichnetem Erfolg, doch dabei hatte sie nur funktioniert wie ein Roboter. Nach der letzten Prüfung war sie einfach zusammengebrochen und hatte sich ganz ihrem Kummer hingegeben.

All die Träume vom Studium und einer tollen Karriere, die ihr davor so wichtig gewesen waren, hatten plötzlich jegliche Bedeutung verloren. Die Trauer hatte Ida gelähmt. Und als wäre der Schmerz nicht schlimm genug gewesen, war auch noch Überforderung hinzugekommen: Es hatte plötzlich so schrecklich viele Dinge gegeben, um die sie sich kümmern musste.

Mit gerade mal achtzehn Jahren hatte sie das Begräbnis ihrer eigenen Eltern organisieren müssen. Viele Dinge mussten geklärt werden. Sie hatte keine Familie mehr, die sie unterstützen konnte. Freilich hatten ihr viele Leute aus dem Dorf ein bisserl unter die Arme gegriffen, aber trotzdem war viel zu viel Verantwortung an ihr hängengeblieben.

Jetzt noch schauderte sie bei der Erinnerung. Sie wandte sich vom Fenster ab, lief mit hektischen Schritten durch den Raum und versuchte, die Erinnerungen abzuwehren, doch es gelang ihr nicht. In einem hilflosen Versuch, sich abzulenken, griff sie nach ihrer Kamera – früher hatte sie gern fotografiert, doch seit dem Tod ihrer Eltern fehlte es ihr an Inspiration und Motivation, und so lag das Gerät meistens ungenutzt herum. Schließlich kauerte sie sich auf das Sofa und zog sich eine Decke eng um die Schultern, als sie darüber nachgedachte, wie es ihr ergangen war.

Sie hatte schrecklich gelitten. Zur Trauer und der Überforderung hatte sich bald ein weiterer Schock gesellt, als sie erfahren hatte, dass ihre Eltern Schulden gehabt hatten. Sie hatte das geliebte Haus verlassen müssen, in dem sie aufgewachsen war. Mittellos und verzweifelt hatte sie mit ihrem Schicksal gehadert und keine Kraft aufgebracht, sich um ihre eigene Zukunft zu kümmern. Wozu sollte sie sich denn auch anstrengen? Alles hatte sich fürchterlich und sinnlos angefühlt. Keine Eltern, kein Zuhause, kein Geld und keine Zukunftsperspektive – Ida war am Boden gewesen.

Ein Schlüssel wurde im Schloss herumgedreht, Schritte waren aus dem Erdgeschoss zu hören.

„Grüß dich! Ich bin wieder daheim“, erklang Maxims energiegeladene Stimme.

Sofort ließ Ida die Decke fallen, in die sie sich gehüllt hatte. Ein Lächeln trat auf ihre Lippen, als sie ihrem Verlobten entgegeneilte. Als sie sich in seine ausgebreiteten Arme fallen ließ, hatte sie wie jedes Mal das Gefühl, dass alles gut werden konnte. Maxim war für sie da, er passte auf sie auf.

„Grüß dich“, seufzte sie, schmiegte sich an ihn und gab ihm ein zärtliches Busserl.

Wie ein Ritter auf einem weißen Ross war er in ihrem Leben aufgetaucht, um sie zu retten, als es ihr gerade am schlechtesten ging, dachte sie nun lächelnd. Ein gut aussehender Ritter mit sonnengebräunter Haut, dunklen Glutaugen und dunkelbraunen Haaren.

Der St. Christopher Großbauernsohn hatte um sie geworben und sein Bestes getan, um ihr die tonnenschwere Last von den Schultern zu nehmen. Die Eltern konnte er ihr freilich nicht zurückbringen, aber die Geldsorgen hatten ein Ende. Es hatte nicht lange gedauert, dann war sie zu ihm gezogen, in das gepflegte, große Wohnhaus auf dem Bauernhof seiner Familie. Noch heuer im Herbst wollten sie heiraten. Sie musste sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, wo und wovon sie leben sollte, Maxim sorgte für sie.

„Ich hab dir was mitgebracht“, sagte er.

Seine Hände wanderten hinter ihren Nacken, sie spürte etwas Kühles auf ihrer Haut. Sanft drehte er sie an den Schultern herum, bis sie in den großen Standspiegel blickte.

„Oh Maxim, die ist ja wunderschön“, hauchte sie, als sie die silberne Halskette mit dem kunstvoll gearbeiteten Edelweiß-Anhänger sah. Sie kannte Maxim gut genug, um zu wissen, dass die kleinen Edelsteine im Zentrum der silbernen Blume höchstwahrscheinlich echt waren. Doch schlechtes Gewissen stahl sich in die Begeisterung. „Aber die kann ich net annehmen, das geht doch net.“

Er lachte unbeschwert, seine dunklen Augen funkelten. „Jetzt wirst du aber albern. Warum denn net?“

Ida biss sich auf die Unterlippe. „Immer machst du mir so teure Geschenke. Da kann ich gar net mithalten! Wie gern würd ich dir eine tolle Uhr oder so was schenken, aber …“

Sie sprach den Satz nicht zu Ende, aber er wusste freilich auch so, was sie meinte. Sie hatte nun einmal nicht viel Geld.

Er verdrehte die Augen, als nähme er ihre Bedenken nicht ganz ernst.

„Lass mich raten. Als Nächstes fängst du davon an, dass du dir dringend einen Job suchen musst.“

Ertappt zuckte Ida zusammen. „Ist doch wahr“, murmelte sie schwach. „Ich lieg dir auf der Tasche. Freilich wär’s gescheit, wenn ich Geld verdienen und was beisteuern würd. Ich wohn in deinem Haus, du zahlst alle Einkäufe, übernimmst sämtliche Kosten für uns beide. Und dann schenkst du mir auch noch andauernd so wunderbare Dinge!“

Aber das war leichter gesagt, als getan. Der Tod ihrer lieben Eltern hatte sie traumatisiert, ihr einen schrecklichen Schock versetzt und sie in eine Sinnkrise gestürzt. Jetzt noch hatte sie das Gefühl, hilflos wie ein Blatt im Herbstwind durch die Welt zu taumeln, ohne sich so recht zu Entscheidungen durchringen zu können. Sie wusste, sie sollte Verantwortung für sich übernehmen, selbstständig sein und erwachsene Entscheidungen zu treffen, aber das alles überforderte sie maßlos. Am liebsten wollte sie sich vergraben und die Welt aussperren. Aus dem selbstbewussten, optimistischen Madel, das voll Tatendrang in die Zukunft blickte, was eine unsichere junge Frau geworden, sie sich oft verloren fühlte.

Maxim nahm ihr Gesicht sanft in beide Hände und sah sie schmunzelnd an.

„Gefällt dir das Halsketterl denn?“

Sie nickte, soweit sein Griff es zuließ.