Das Berghotel 209 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 209 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Bittere Wahrheit

Ist ihre Liebe längst verloren?


Als ihre geliebte Schwester bei einem Autounfall stirbt, steckt Lisbeth gerade mitten in den Hochzeitsvorbereitungen. Es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg! Sie fällt in ein tiefes Loch, hat sie doch sonst keine Angehörigen mehr. Einzig ihr Verlobter Thorben ist ihr in dieser schweren Zeit eine große Stütze.
Die junge Frau versucht, sich mit den Vorbereitungen des Festes im Berghotel abzulenken. Doch es gelingt nicht. Immer wieder sehnt sie sich nach dem guten Rat ihrer Schwester. Um ihr nah zu sein, kehrt Lisbeth so oft es geht zurück in Veronikas Zimmer.
Auch an diesem Nachmittag sitzt sie auf dem Bett ihrer Schwester. Gedankenverloren blättert sie in Veronikas Kalender, als ihr folgender Eintrag ins Auge springt, datiert auf den Tag des tragischen Unfalls: Katharina!!! Thorben?! Innsbruck! Wahrheit herausfinden!
Lisbeth wird mit einem Mal schwindelig. Was hat das zu bedeuten?

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Inhalt

Cover

Impressum

Bittere Wahrheit

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9047-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Bittere Wahrheit

Ist ihre Liebe längst verloren?

Von Verena Kufsteiner

Als ihre geliebte Schwester bei einem Autounfall stirbt, steckt Lisbeth gerade mitten in den Hochzeitsvorbereitungen. Es reißt ihr den Boden unter den Füßen weg! Sie fällt in ein tiefes Loch, hat sie doch sonst keine Angehörigen mehr. Einzig ihr Verlobter Thorben ist ihr in dieser schweren Zeit eine große Stütze.

Die junge Frau versucht, sich mit den Vorbereitungen des Festes im Berghotel abzulenken. Doch es gelingt nicht. Immer wieder sehnt sie sich nach dem guten Rat ihrer Schwester. Um ihr nah zu sein, kehrt Lisbeth, so oft es geht, zurück in Veronikas Zimmer.

Auch an diesem Nachmittag sitzt sie auf dem Bett ihrer Schwester. Gedankenverloren blättert sie in Veronikas Kalender, als ihr folgender Eintrag ins Auge springt, datiert auf den Tag des tragischen Unfalls: Katharina!!! Thorben?! Innsbruck! Wahrheit herausfinden!

Lisbeth wird mit einem Mal schwindelig. Was hat das zu bedeuten?

Veronikas Hände umklammerten das Lenkrad so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Starr war ihr Blick auf die verschlungene Bergstraße gerichtet, die durch die Zillertaler Landschaft führte und die jetzt von einem dichten, grauen Regenschleier eingehüllt wurde.

Schon den ganzen Tag regnete es. Dicke Tropfen prasselten auf das Autodach und rannen über die Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer wurden ihrer kaum Herr. Wann immer das kleine Auto durch eine der tiefen Pfützen raste, spritzt Wassermassen hoch, und mehr als einmal geriet der Wagen gefährlich ins Schlingern.

Doch nichts hätte Veronika in dem Moment gleichgültiger sein können als das Wetter. Alles, was zählte, war, dass sie so schnell wie möglich heim nach St. Christoph gelangte. Ihr Gesicht verriet keine Regung, ihre Miene war eingefroren. Doch in ihrem Inneren tobte ein Sturm, viel wilder als der, der gerade den Regen über das Land peitschte.

Eine ganz besondere Mission hatte sie heute ins nahe gelegene Innsbruck geführt. Sie hatte gehofft, etwas herauszufinden und einen Verdacht aus dem Weg zu räumen. Doch das, was sie in der Stadt erfahren hatte, war so schockierend, dass sie jetzt kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet.

Nur eines wusste sie genau, nur eines war jetzt wichtig: Sie musste schnellstmöglich heim zu ihrer Schwester Lisbeth, um ihr die unglaubliche Neuigkeit mitzuteilen.

Sie trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch, und doch ging es immer noch viel zu langsam. Die Berge und Wälder verschwammen, sie nahm die Landschaft nur am Rande wahr. Wenn das Auto doch nur fliegen könnte! Jede Minute war eine zu viel.

Sie bremste nicht, als die Straße schmaler und kurviger wurde. Zu ihrer Linken erstreckte sich ein dunkler Tannenwald, rechts ging es einen Abhang hinab. Veronika war die Strecke schon oft gefahren, doch noch nie so rasant, und selten bei so scheußlichem Wetter.

Kurz verloren die Reifen Bodenhaftung, als sie durch tiefes Wasser fuhr. Scharf sog sie die Luft ein, ihr Herz setzte einen Schlag aus, doch schon hatte sie die Kontrolle über das Auto wiedererlangt. Obwohl sie sich bemühte, ruhig zu atmen, gingen ihre Atemzüge schnell und stoßweise, sodass ihr ganz schwindelig wurde.

„Nur noch ein Stückerl“, murmelte sie vor sich hin. Hinter der nächsten Kurve konnte sie die Häuser von St. Christoph schon zwischen den Bergen aufblitzen sehen, wenngleich der Regen den Blick trübte. „Ein kleines Stückerl, dann ist’s geschafft.“

Als ein Schemen zwischen den Bäumen auftauchte und auf die Straße raste, ging alles so schnell, dass Veronika kaum begriff, was geschah. Ein erschrockener Schrei entrang sich ihrer Kehle. Das war ein Reh, das aus dem Wald gesprungen war und jetzt wie angewurzelt mitten auf der Straße stand! Ihr Blick begegnete dem des Tieres ganz kurz, nur einen Herzschlag lang.

Ihr Körper reagierte ganz von selbst, für logische Überlegungen war keine Zeit. Ihre Reflexe übernahmen die Kontrolle. Sie trat mit aller Kraft auf die Bremse, gleichzeitig verriss sie das Lenkrad. Haarscharf verfehlte das Auto das Reh.

Ein grausamer Ruck ging durch den Wagen, als er die Leitplanke durchbrach. Das entsetzliche Geräusch von berstendem Stahl verschluckte Veronikas gellenden Schrei. Sie hielt sich am Lenkrad fest, als könnte es sie retten, doch nichts und niemand konnte ihr jetzt helfen. Die Welt wirbelte wild um sie herum, bis sie nicht mehr wusste, wo oben und unten war, und erst nach einem Augenblick begriff sie, dass sich das Auto überschlug und die Böschung hinunterstürzte.

Schwer und pfeifend ging ihr Atem, als die Welt endlich wieder stillstand. Sie hörte ein Wimmern und realisierte im ersten Moment gar nicht, dass es aus ihrem eigenen Mund kam. Sie spürte nicht einmal Schmerz, und doch war ihr bewusst, dass etwas mit ihrem Körper nicht in Ordnung war. Sie war schwer verletzt.

Es war unendlich schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Veronika wollte Hilfe rufen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie konnte weder nach ihrem Handy tasten, noch den Sicherheitsgurt lösen.

„Lisbeth“, war ihr letzter Gedanke, bevor sie in tiefer Dunkelheit versank.

***

Summend wirbelte Lisbeth um die eigene Achse, während sie mit dem Besen durch das alte Bauernhaus fegte. Es war nicht einfach, so ein großes Gebäude sauber zu halten, doch sie und ihre Schwester Veronika taten ihr Bestes, um es hier immer hübsch ordentlich zu haben.

„Aber bald wird alles anders, bald wohn ich nimmer hier“, schoss es ihr durch den Kopf.

Seit Jahren waren Lisbeth und der fesche Rütter-Thorben ein Paar, und allmählich wurde es Zeit für den nächsten Schritt: Sie wollte zu ihm ziehen. Freilich würde es für sie und Veronika eine große Umstellung zu sein, nicht mehr zusammenzuwohnen. Seit dem Tod ihrer Eltern vor einigen Jahren hatten sie doch nur einander und standen sich sehr nah. Bestimmt würde Lisbeth das geliebte Elternhaus, an dem so viele Erinnerungen hingen, und ihre Schwester sehr vermissen.

Darüber dachte sie nach, als sie den Besen beiseitestellte und einen Topf auf den Herd stellte, um Erdäpfel zu kochen. Meistens aßen die Madeln gemeinsam, aber diesmal wusste Lisbeth gar nicht, wann Veronika nach Hause kommen würde. Vormittags war sie aus dem Haus gestürmt und hatte nur gemurmelt, dass sie etwas Dringendes erledigen musste, und dass sie nach ihrer Rückkehr über alles sprechen würde.

„Worum’s auch geht, das kann sie mir nachher in Ruhe bei einem herzhaften Eintopf erzählen“, beschloss Lisbeth gut gelaunt. Sie war zwar ein bisserl erstaunt über Veronikas Verhalten, das ihr so gar nicht ähnlich sah, aber bestimmt gab es eine logische Erklärung für die Verschwiegenheit und den überstürzten Aufbruch.

Stattdessen wollte sie jetzt über etwas Erfreuliches nachdenken. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an den Thorben dachte. Sie konnte noch immer kaum glauben, dass sich der feschste Bursche aus ganz St. Christoph ausgerechnet für sie entschieden hatte. Mit seinem unwiderstehlichen Lächeln, den eisblauen Augen und den schwarzglänzenden Locken hätte er nahezu jedes Madel haben können, doch sein Herz schlug nur für sie. Als der Fischwirtsohn ihr seine Liebe gestanden hatte, war es einer der schönsten Tage in Lisbeths Leben gewesen.

Lisbeth konnte ihr Glück kaum fassen. Nur eine Kleinigkeit trübte die Freude: Thorbens verwitwete Mutter Charlotte, die ebenfalls auf dem Rütter-Hof wohnte, konnte ein echter Drache sein. Kichernd und tuschelnd hatten Veronika und Lisbeth sie letztens als Schwiegermonster bezeichnet, und die wenig schmeichelhafte Bezeichnung war nur allzu zutreffend.

Ein Klingeln an der Tür riss Lisbeth aus ihren Gedanken. Das musste Veronika sein, die von ihrem Ausflug heimkehrte. Lisbeth brannte darauf, endlich herauszufinden, warum ihre Schwester heute Vormittag so aufgebracht gewirkt hatte. Als sie die Tür energisch aufriss, lagen ihr tausend Fragen auf der Zunge.

Doch es war nicht Veronika, die da vor dem Haus im Nieselregen stand. Der Gendarm Ludwig Sirch sah betreten drein, seine Mütze hatte er abgenommen und knetete sie nervös in seinen breiten Händen. Seine Augen und seine Nase waren gerötet. Neben ihm stand ein Polizist, den Lisbeth nicht kannte.

Etwas musste passiert sein, etwas sehr Schlimmes. Das las sie sofort im Blick der beiden Männer. Den Ludwig kannte sie schon seit Jahren, weil er öfters in den Ochsenwirt kam, wo sie kellnerte. Die Art, wie er sie nun anschaute, jagte ihr eine Gänsehaut über den ganzen Körper.

„Was … was ist denn los?“, brachte sie hervor und zwang sich zu einem nervösen Lächeln, mit dem sie sich selbst zu beruhigen versuchte.

„Lisbeth, es tut mir sehr leid.“ Die Stimme des Gendarmen war brüchig, er konnte ihr kaum in die Augen schauen und rang sichtlich um Fassung.

„Was?“, flüsterte sie.

Eine entsetzliche Kälte stieg in ihr auf wie dunkles Wasser, das alles in ihr zu Eis verwandelte.

Er schluckte, senkte den Blick und zwang sich erneut, ihr in die Augen zu sehen.

„Es hat einen Unfall gegeben. Einen Autounfall. Deine Schwester … Sie ist noch an der Unfallstelle verstorben.“

Das Eiswasser schlug über ihr zusammen und verschlang sie. Sie hatte das Gefühl, zu fallen. Als sich starke Männerarme um sie schlangen, um sie aufzufangen, begriff sie, dass ihre Beine unter ihr nachgegeben hatten. Ein greller Schmerz schoss durch ihre Brust, als sei ihr Herz gerade in unzählige kleine Scherben zersprungen.

„Veronika“, schrie sie während ihr Tränen als endloser Strom über die Wangen flossen, und immer wieder: „Veronika!“

***

„Deppertes Mistwetter“, schimpfte die Hotelchefin Hedi Kastler vor sich hin, als ihr der Wind beinahe den Regenschirm aus der Hand riss.

Hedi bereute schon, dass sie heute zu Fuß ins Dorf runterspaziert war. Gewiss würde es gleich aufklaren, hatte sie vermutet, als sie vorhin empor zum wolkenverhangenen Himmel geblickt hatte, aber das Gegenteil war der Fall. Hastig lief sie über den Kirchplatz, wich den tiefen Pfützen aus und flüchtete unter ein Vordach. Von hier aus blickte sie kopfschüttelnd in das Hundewetter hinaus. St. Christoph war ein zauberhaftes kleines Nest im Zillertal, aber bei solch einem strömenden Regen und diesem wolkenverhangenen Himmel sah es sogar hier trostlos und grau aus.

„Himmel Herrgott, hier geht ja die Welt unter!“ Ein junger Mann hatte sich zu ihr ins Trockene gerettet und wischte sich jetzt lachend die nassen Haare aus der Stirn: Thorben Rütter, der mit seiner Mutter Charlotte ein bisserl außerhalb des Dorfs lebte. Der gut aussehende Bursche schüttelte sich wie ein nasser Hund und schenkte Hedi sein unwiderstehliches Lächeln.

Hedi musste schmunzeln. Sie konnte verstehen, warum so viele junge Madeln ganz verrückt nach ihm waren. Mit dem ebenmäßigen Gesicht, den glänzenden Haaren und den strahlend blauen Augen sah er aus, als wäre er gerade einem Gemälde entsprungen.

„Da bleibt man am besten daheim und sperrt Wind und Regen aus. Der Rest der Welt scheint das zu beherzigen, man sieht keine Menschenseele auf den Straßen. Irgendetwas machen wir beide wohl falsch“, scherzte sie.

Thorben nickte. „Ich werd auch gleich so schlau sein und mich ins warme Haus zurückziehen, ich wollt nur dem Toni was vorbeibringen. Jetzt mach ich mich gleich auf den Heimweg und hoff, dass ich unterwegs net in diesen Fluten ertrinke.“ Er deutete hoch zum Himmel.

Als sein Handy klingelte, trat Hedi diskret einen Schritt beiseite, soweit das unter dem Vordach möglich war, ohne hinaus in den Regen zu treten. Doch als sie sah, wie sich seine Miene schon nach wenigen Worten veränderte, zogen sich ihre Augenbrauen sorgenvoll zusammen. Schlagartig wurde er kreidebleich, riss die Augen auf und schüttelte immer wieder den Kopf.

„Was – im Ernst? Oh Gott, das darf net wahr sein. Wie ist das denn … nein, was für ein Albtraum“, stammelte er. „Ja … ja, ich komm sofort.“

„Was ist denn passiert?“, fragte Hedi erschrocken, sobald er das Handy wieder in die Hosentasche gesteckt hatte. Immer noch schüttelte er ungläubig den Kopf und seine Hände zitterten leicht.

„Etwas Schlimmes. Einen Autounfall hat’s gegeben, net weit vom Dorf. Die Veronika, Lisbeths Schwester – sie ist gestorben!“, stieß er hervor. „Ich muss sofort zu ihr, sie braucht mich jetzt.“

Schockiert sog Hedi die Luft ein. Die Worte trafen sie wie eine eiskalte Dusche, schmerzhaft zog sich ihr Magen zusammen. Sie kannte Veronika ja gut, das sympathische Madel arbeitete in Teilzeit als Zimmermadel bei ihnen im Sporthotel „Am Sonnenhang“, bei allen nur als Berghotel bekannt.

„Jessas“, keuchte sie entsetzt.

„Ich muss los, ich muss zur Lisbeth“, wiederholte Thorben und stürmte einfach los. Schon hatte ihn der Regen verschluckt.

Stocksteif blieb Hedi stehen und starrte ihm hinterher. In ihrer Kehle hatte sich ein dicker Kloß gebildet und ihr war zum Heulen zumute. Im Kopf ging sie Thorbens Worte noch einmal durch, in der verzweifelten Hoffnung, irgendetwas falsch verstanden zu haben, doch freilich war die Sache eindeutig. Seine Worte ließen keinerlei Spielraum für Interpretationen, Veronika war tot.

Was für eine schreckliche Tragödie! Veronika war noch so jung gewesen, viel zu jung, um zu sterben. Das Madel hatte stets eine unbändige Lebensfreude ausgestrahlt, war fröhlich und energiegeladen gewesen. Es wollte einfach nicht in Hedis Kopf hinein, dass diese nette junge Frau nicht mehr am Leben sein sollte. Was würden erst die Kollegen im Berghotel sagen, wenn sie von diesem Schicksalsschlag erfuhren …

***

Unaufhörlich strömten Lisbeth die Tränen über die Wangen, obwohl sie allmählich glaubte, sie könnte gar keine mehr übrig haben. Ihre Kehle war vom vielen Schluchzen ganz rau und schmerzte.

„Ganz ruhig, alles wird gut“, murmelte Thorben immer wieder beruhigend. Ganz fest hielt er sie im Arm und streichelte sanft über ihren Rücken.

Sie klammerte sich mit der Verzweiflung einer Ertrinkenden an ihn. Er war der einzige Halt, den sie jetzt noch in ihrem Leben hatte. Ohne Thorsten an ihrer Seite wäre sie wohl einfach zusammengebrochen und hätte jeglichen Lebenswillen verloren.

„Sie fehlt mir so“, brachte sie tränenerstickt hervor. „Ich kann und will’s einfach net glauben. Mir erscheint das alles wie ein böser Traum, aus dem ich einfach net aufwachen kann. Ein Leben ohne die Veronika, das kann ich mir net vorstellen.“

„Ich weiß“, murmelte er sanft, „es ist net fair. Sie war so jung, hatte noch so viele Pläne. Deine Schwester war eine tolle Frau, und es ist einfach net richtig, dass sie so früh aus dem Leben gerissen wurde. Ich wünschte, ich könnt dir jetzt irgendwie helfen.“

„Das tust du“, flüsterte sie erstickt, kuschelte sich in seine Arme und barg das Gesicht an seinem Flanellhemd, das von ihren Tränen schon ganz durchnässt war. „Du hilfst mir, indem du für mich da bist. Mehr will ich doch gar net.“