Das Berghotel 302 - Verena Kufsteiner - E-Book

Das Berghotel 302 E-Book

Verena Kufsteiner

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Beschreibung

Der berühmte Springreiter Moritz Traunstein besucht seinen entfernten Verwandten Baron Markus Brauneck in St. Christoph. Mit den Haflingern wagen die beiden Männer einen Ausritt ins Gelände. Dabei kommt es zur Katastrophe: Moritz‘ Stute rutscht weg, stürzt und schlittert mit ihm einen Abhang hinunter. Pferd und Reiter sind verletzt und vor allem schwer traumatisiert. Der Stute kann man sich kaum noch nähern, und Moritz erleidet bei der bloßen Vorstellung, sich wieder auf einen Pferderücken zu setzen, Schweißausbrüche.
Der Baron ist besorgt über den Zustand der Stute und macht sich große Vorwürfe wegen Moritz‘ Verletzungen. Kurzerhand ruf er die landesweit bekannte Pferdeflüsterin und Trainerin Paula Wallner an. Sie soll retten, was zu retten ist. Ihr Leben gilt den Pferden. Ihnen fühlt sie sich näher als den Menschen, die sie bisher nur enttäuscht haben. Daher gilt ihr Mitgefühl zunächst nur der Stute. Sie denkt, der Springreiter wäre zu unbarmherzig mit dem Pferd gewesen. Zudem ist Moritz ihr unsympathisch: Der erfolgsverwöhnte Springreiter stammt aus wohlhabenden Verhältnissen und hat noch dazu den Ruf, ein Schürzenjäger zu sein. Ob das eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist?


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Inhalt

Cover

Paula, die Pferdeflüsterin

Vorschau

Impressum

Paula, die Pferdeflüsterin

Roman um eine junge Frau mit einer besonderen Gabe

Von Verena Kufsteiner

Der berühmte Springreiter Moritz Traunstein besucht seinen entfernten Verwandten Baron Markus von Brauneck in St. Christoph. Mit den Haflingern wagen die beiden Männer einen Ausritt ins Gelände. Dabei kommt es zur Katastrophe: Moritz' Stute rutscht weg, stürzt und schlittert mit ihm einen Abhang hinunter. Pferd und Reiter sind verletzt und vor allem schwer traumatisiert. Der Stute kann man sich kaum noch nähern, und Moritz erleidet bei der bloßen Vorstellung, sich wieder auf einen Pferderücken zu setzen, Schweißausbrüche.

Der Baron ist besorgt über den Zustand der Stute und macht sich große Vorwürfe wegen Moritz' Verletzungen. Kurzerhand ruft er die landesweit bekannte Pferdeflüsterin und Trainerin Paula Wallner an. Sie soll retten, was zu retten ist. Ihr Leben gilt den Pferden. Ihnen fühlt sie sich näher als den Menschen, die sie bisher nur enttäuscht haben. Daher gilt ihr Mitgefühl zunächst nur der Stute. Sie denkt, der Springreiter wäre zu unbarmherzig mit dem Pferd gewesen. Zudem ist Moritz ihr unsympathisch: Der erfolgsverwöhnte Springreiter stammt aus wohlhabenden Verhältnissen und hat noch dazu den Ruf, ein Schürzenjäger zu sein. Ob das eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist?

Die Kastlers teilten nicht nur ihr Leben im schönen Zillertal miteinander, sondern auch das Berghotel »Am Sonnenhang«, das sie gemeinsam leiteten und das für sie beide ein absolutes Herzensprojekt war.

Als sich Andi jetzt der Rezeption näherte, bemerkte er sofort Hedis gerötete Wangen und den Glanz ihrer Augen. Sie plauderte gerade mit Gerda Stahmer, die im Hotel, das hierzulande nur als das Berghotel bekannt war, als Hausdame arbeitete. Die beiden Frauen steckten die Köpfe zusammen und tratschten angeregt.

»Na, Spatzl?«, begrüßte er sie mit einem gutmütigen Schmunzeln. »Grüß dich, Gerda. Ich möchte zu gern wissen, was es für spannende Neuigkeiten gibt.«

»Wie kommst du denn drauf, dass es war Spannendes gibt?«, fragte Hedi mit Unschuldsmiene und gab ihrem Mann ein Busserl auf die Wange.

Andi lachte. »Na, so aufgeregt schaust du nur drein, wenn du dich am neuesten Tratsch erfreust. Also?«

»Na schön, dir kann man aber auch nix verheimlichen. Hoher Besuch hat sich angekündigt und kommt ins Zillertal.«

»Oh, hierher ins Berghotel?« Er versuchte, einen Blick auf den Computerbildschirm zu erhaschen, auf dem gerade die aktuellen Zimmerbuchungen zu sehen waren.

»Ausnahmsweise net. Trotzdem spricht man im Dorf schon fleißig drüber. Aber du hast die Neuigkeiten ja offensichtlich verschlafen«, neckte sie ihn.

»Ich bin halt net so talentiert im Tratschen wie du.« Liebevoll zog er sie am blonden Flechtzopf. »Also, jetzt spann mich net länger auf die Folter.«

»Der hohe Besuch kommt net bei uns unter, sondern drüben im Schloss. Ein Freund unseres lieben Herrn Baron.«

»Doch net etwa Besuch von Adel? Ein Prinz, der den Madeln in unserem beschaulichen Dörfchen die Köpfe verdrehen wird?«, rätselte Andi.

Der Baron von Brauneck lebte mit seiner Familie in einem zauberhaften Barockschlössl, das sich auf der Westseite des Dorfes St. Christoph auf einem sanft geschwungenen Hügel erhob. Immer wieder kam es vor, dass die Familie von Freunden und Bekannten besucht wurde, und mehr als einmal hatte auf diese Weise hoher Adel das Zillertal beehrt.

Aber Hedi schüttelte den Kopf.

»Net ganz. Aber fast. Eine bekannte Persönlichkeit ist's durchaus, aber eher aus Sportlerkreisen bekannt. Ein Springreiter. Der Moritz Traustein.«

»Den kenne ich sogar aus dem Fernsehen«, staunte Andi. »Ein wilder Reiter, furchtlos. Und grad deswegen wohl so erfolgreich. Der hat eine eindrucksvolle Karriere hingelegt.«

Hedi schmunzelte. »Ist wohl wahr. So gut kenn ich mich da net aus. Allerdings weiß ich andere Dinge. Die Madeln im Dorf sind schon ganz aus dem Häuschen, er ist nämlich auch ein fescher Bursche. Mit seinen schwarzen, zerzausten Haaren und den dunklen, funkelnden Augen ... Im allerbesten Sinne abenteuerlich, ein bisserl verwegen.«

»Das klingt ja fast so, als müsst ich eifersüchtig werden«, beschwerte er sich.

Hedi lachte. »Mein Lieber. Mir wär der Traustein-Moritz doch ein paar Jährchen zu jung. Allerdings glaub ich, dass er hier im Dorf durchaus für Unruhen sorgen könnte. Er hat nämlich in den Medien einen gewissen Ruf, und so ein Ruf kommt meist net von ungefähr. Angeblich lässt er nix anbrennen.«

»Es sei ihm gegönnt«, fand Andi. »Man ist nur einmal jung. Jemand, der so erfolgreich ist und angeblich ja auch noch fesch, hat sicherlich leichtes Spiel mit den Madeln.«

»Er würd sich sicherlich gut mit unserem Lukas verstehen«, überlegte Hedi amüsiert.

Denn auch der Lukas Einrieder, der im Berghotel als Sporttrainer angestellt war, schäkerte für sein Leben gern. Die Urlauberinnen, die beim feschen Sonnyboy Ski- oder Tennisstunden oder Wanderungen buchten, waren ihm verfallen.

Gerda hatte das Gespräch zwischen den Eheleuten bisher schweigend verfolgt und nebenbei einige Unterlagen sortiert. Jetzt seufzte sie sehnsüchtig.

»Ich hoffe, ich bekomme den hohen Gast zu Gesicht. Vielleicht lässt er sich ja auch einmal im Berghotel blicken, nutzt die Sportanlagen oder das Weinstüberl. Er ist ja so charismatisch, das merkt man sogar auf den Bildern, dafür muss man ihm noch net einmal begegnet sein. Ja, ein interessanter Mann.«

Andi schüttelte schmunzelnd den Kopf.

»Hedi, mir scheint's, du hast recht. Der wird im Dorf für Unruhe unter den Damen sorgen. Das geht ja schon vor seiner Ankunft los.«

***

Es war ein wunderbarer Frühlingstag im Zillertal. Warm schien die Sonne vom Himmel herab und tauchte den gelben Barockbau in ihr goldenes Licht.

Schritte von Reitstiefeln hallten über die gelb gewachsten Fliesen in der Eingangshalle des Schlosses.

»Ein wirklich beeindruckendes Anwesen, Markus«, sagte Moritz Traustein anerkennend. »Aber jetzt bin ich wirklich gespannt auf deine Pferde. Die willst du mir doch net vorenthalten, gell?«

»Das hätte ich mir denken können«, erwiderte Baron Markus von Brauneck lachend. »Da denk ich, mein guter Freund will mir einfach einen Besuch abstatten ... Aber dem geht's freilich wie immer nur um die Pferde. Dabei hätt ich offen gestanden geglaubt, dass Haflinger net so ganz deine Baustelle sind. Die lieb ich ja heiß und innig, aber du als Turnierreiter hast ja mehr mit anderen Kalibern zu tun. Meine stämmigen Haflinger sind großartige Tiere, aber auf Springturnieren spielen sie freilich net in der obersten Liga mit.«

Der Baron züchtete Haflinger. Sein Gestüt und die Pferde lagen ihm am Herzen und waren sein Herzensprojekt.

Energisch widersprach Moritz. Der junge Mann sah in seiner schmalen Reithose, den Lederstiefeln und der Weste aus wie ein englischer Landadliger, elegant und fesch. Doch in den dunklen Augen glühte Leidenschaft und die zerzausten, schwarzen Haare, die ihm in die Stirn fielen, verliehen ihm eine verwegene Ausstrahlung.

»Du weißt doch, ich bin ein Pferdenarr mit Leib und Seele. Freilich, als Turnierpferd tät ich mir keinen Haflinger zulegen. Aber tolle Tiere sind's!«

Der Baron glühte förmlich vor Stolz.

»Das ist wohl wahr. Komm, ich weiß ja, dass dich die Pferde mehr interessieren als das hundertste Ahnenporträt oder der tausendste alte Teppich. Gehen wir raus an die frische Luft.«

***

Kurz darauf standen sie auf der Pferdekoppel. Freundlich kamen die Tiere näher und schnupperten am Besucher, um festzustellen, ob er Leckerchen für sie dabei hatte. Fuchsfarbenes Fell und blonde Mähnen und Schweife glänzten im Sonnenlicht. Moritz tätschelte Pferdehälse, streichelte über weiche Nüstern und bestaunte die schönen Tiere.

»Einmalig«, fand er. »Du kannst wirklich stolz sein auf deine Haflinger.«

»Wie wär's mit einem Ausritt?«, schlug Baron Markus vor.

Da ließ sich Moritz nicht zweimal bitten. Er war Feuer und Flamme für die Idee. Leidenschaftlich gern wollte der Profireiter und Pferdenarr auf einem der Haflinger reiten.

Schnell waren zwei Pferde gesattelt. Moritz durfte auf einer jungen Stute namens Mara reiten. Freundlich schaute sie ihn aus ihren schönen, dunklen Augen an und schnaubte friedlich. Ihre weichen Lippen knabberten an seinem Kragen, als er sie sattelte. Freilich gab es Personal auf dem Gestüt, mehrere Stallburschen arbeiteten hier, doch sowohl dem Springreiter, als auch dem Baron wäre es albern erschienen, solche kleinen Tätigkeiten von anderen Leuten erledigen zu lassen. Lächelnd tätschelte er der Stute den Hals. Unter dem glänzenden, rotbraunen Fell zeichneten sich straffe Muskeln ab.

»Sie ist eins meiner vielversprechendsten Tiere«, erzählte Markus mit sichtlichem Stolz. »Erst hab ich überlegt, dass sie in den Verkauf geht, weil sie auf jeden Fall eine stolze Summe einbringen tät und auch in einem anderen Gestüt für frisches Blut sorgen könnt. Aber ich kann mich einfach net trennen. Ich denk, sie wird hier bei mir in die Zucht gehen.«

»Da fühl ich mich ja geehrt, dass du mich auf ihr reiten lässt.« Moritz lächelte, und eine Angestellte, die gerade eine Scheibtruhe vorbei schob, errötete bei seinem Anblick.

»Wenn net dich, wen dann?«, meinte der Baron schulterzuckend und führte den Hengst, auf dem er reiten wollte, aus dem Stall. »Bei dir weiß ich jedenfalls, dass du ein Händchen für Pferde hast und dass du kompetent bist.«

Beide Männer schwangen sich in den Sattel. Hufe klapperten über den Hof, als die zwei Reiter sich auf den Weg machten.

***

Die Sonne fiel durch das Blätterdach der Bäume und warf ein Muster aus Licht und Schatten auf den weichen Waldboden, der die Hufschläge der Pferde dämpfte. Unbeschwert preschten Markus und Moritz auf den beiden Haflingern durch die Natur. Als sie johlend um die Wette ritten, fühlten sie sich beide so ausgelassen wie blutjunge Buben.

Der Wind wehte ihnen um die Nase. Azurblau blitzte der Himmel zwischen den Baumkronen hervor. Die Tannen und Fichten ragten hoch empor, knorrig und ehrwürdig. Jenseits des Waldes zeichneten sich die Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln vor dem Himmel ab.

Der Weg war steil und stellenweise glatt, doch die stämmigen Pferde zeigten keine Schwäche. Trittfest galoppierten sie zwischen Bäumen, Felswänden und steilen Schluchten dahin.

»Bis zur alten Eiche, du kannst sie net verfehlen«, rief Baron Markus von Brauneck seinem Gast zu. Der Wind riss ihm die Silben von den Lippen. »Der Verlierer gibt dem Sieger eine Flasche Champagner aus. Aber einen richtig guten Tropfen!«

Moritz duckte sich enger über den Pferdehals und grinste noch kurz über die Schulter.

»Pass auf, gleich siehst du mich nur noch von hinten.«

***

Moritz hielt den Blick konzentriert geradeaus gerichtet. Es war ein freundschaftlicher Wettstreit, aber immer noch ein Wettstreit. Sein angeborener und anerzogener Ehrgeiz trieb ihn an. Verlieren war nicht sein Ding. Um jeden Preis wollte er gewinnen. Das war der Grund, warum er so erfolgreich als Reiter und eigentlich in jedem Bereich seines Lebens geworden war. Er war schlicht und einfach kein Verlierertyp, das hatten ihm seine Eltern von klein auf eingebläut. Und nach diesem Grundsatz lebte er sein Leben.

Ein entschlossenes, fast grimmiges Lächeln lag auf seinem Gesicht. Der Wind peitschte ihm entgegen.

Er musste Mara kaum antreiben. Die Stute flog förmlich dahin, viel schneller, als er es dem stämmigen Haflinger zugetraut hätte. Bei jedem ihrer Galoppsprünge spürte er, wie sich ihr ganzer Körper unter ihm streckte. Ihre Hufe trommelten über Laub und Moos, das den Waldboden bedeckte. Sie preschte über Stock und Stein.

Schon hatten sie den Baron abgehängt. Übermütig lachte Moritz auf. Das wäre doch gelacht, wenn er seinen Freund im Wettreiten nicht besiegen könnte!

Die Landschaft flog an ihm vorbei, verschwamm fast. Zu seiner Rechten dunkle Bäume. Zu seiner Linken ging es steil und felsig bergab. Da, vor ihm tauchte ein großer Baum auf, war das die Eiche? Den Blick hatte er jetzt fest aufs Ziel gerichtet.

Er hätte gewonnen, er wusste es genau. Mara und er hätten das Ziel zuerst erreicht. Doch von einem Augenblick auf den anderen änderte sich alles.

Es ging so schnell, dass er überhaupt nicht reagieren konnte. Ein Ruck ging durch den Pferdekörper, ein falscher Tritt, ein kurzes Stolpern. Ein Hufschlag, der anders klang; kein dumpfes Pochen auf weichen Untergrund, sondern ein harter Knall auf glatten Stein. So glatt, dass Maras Huf wegrutschte.

Die Stute wieherte schrill auf und kämpfte um ihr Gleichgewicht. Moritz schnappte nach Luft, er reagierte sofort. Er versuchte, sein Gewicht zu verlagern und der Stute damit zu helfen, sich zu fangen. Doch er hatte keine Chance.

Seine Hände krampften sich fester um die Zügel. Der Abgrund! Maras schwerer Pferdeleib geriet ins Rutschen. Wieder hallte ihr schrilles, panisches Wiehern durch den Wald, von den Felsen schallte ein Echo zurück. Die Augen der Stute rollten vor Angst, man sah das Weiße darin.

Oh Gott, nein, schoss es ihm durch den Kopf.

Blinde Panik wallte in ihm auf. Er stürzte, die Zügel entglitten seinen Fingern. Instinktiv riss er die Hände schützend hoch. Etwas peitschte über seine Wange. Hilflos wurde er herumgeschleudert. Die Luft wurde aus seiner Lunge gepresst, als er hart auf Fels prallte. Ein greller Schmerz schoss durch seinen Brustkorb, raubte ihm den Atem. Verschwommene Punkte schienen vor seinen Augen zu tanzen. Noch ein Aufschlag, knallhart und gnadenlos. Sein Bein! Der glühende Schmerz in seinem Bein war unerträglich. Er hörte einen rauen Schrei und realisierte erst nach einem Augenblick, dass der Laut aus seiner eigenen Kehle hervorbrach.

***

Baron Markus keuchte vor Entsetzen auf. Ihm war so eiskalt, dass er sich im ersten Moment kaum rühren konnte. Stolpernd kam sein Pferd zum Stehen und tänzelte dann nervös auf der Stelle. Es gelang dem Baron kaum, den Hengst zu zügeln; er war ein geübter Reiter, doch in dem Moment war jede Spannung aus seinem Körper gewichen. In fassungslosem Grauen musste er mit ansehen, wie Mara vor ihm den Abhang hinab rutschte und inmitten von polterndem Geröll in die Tiefe stürzte. Und auf dem Rücken der Stute – Moritz! Markus' Gast und guter Freund.

Die Beine des Baron gaben fast unter ihm nach, als er von seinem Pferd sprang. Seine Knie waren puddingweich.

»Moritz!«, rief er mit bebender Stimme.

Doch keine Antwort ertönte.

Auf wackeligen Beinen lief der Baron zum Abgrund und schaute hinab. Das Pferd war gestürzt, gerade rappelte es sich schwerfällig auf und versuchte, auf dem felsigen Boden Halt zu finden. Verängstigt rollte es mit den Augen, warf den Kopf, sodass die Mähne flog, und wieherte immer wieder. Die Laute klangen in den Ohren des Barons wie gequälte Schreie; beinahe menschlich. Noch nie hatte er solche Geräusche aus der Kehle eines seiner Tiere gehört. Maras Angstschreie zu hören, erschütterte ihn bis ins Mark. Panisch tänzelte die Stute auf der Stelle. Immer wieder lösten sich Steine unter ihren Hufen und polterten weiter in die Tiefe. Dem Baron entging nicht, dass Mara dabei humpelte und dass jedes Mal, wenn ihr rechtes Vorderbein aufstampfte, ein schmerzliches Zucken durch ihren ganzen Körper ging.