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In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Die Sonne stand hoch am Himmel, als Roswitha das große, schmiedeeiserne Eingangstor von Sophienlust erreichte. Sie war neu in diesem Kinderheim und fühlte sich noch etwas fremd, obwohl alle sie herzlich aufgenommen hatten. Besonders Fabian schien sie besonders gern zu mögen, und Roswitha mochte ihn ebenfalls. Roswithas Haare flatterten im Wind, als sie durch den weitläufigen Park radelte, der sich hinter dem Eingangstor ausbreitete. Mitten im Park stand ein großes, schmuckes Gebäude, ein alter Herrensitz, der fast wie ein Schoss wirkte. Gerade als das Mädchen die breite Freitreppe erreichte, die zum Gebäude hinaufführte, stürmten von oben zwei Jungs und ein kleines Mädchen herunter. »Da bist du ja endlich!«, rief Fabian, als Roswitha das Fahrrad vor der Freitreppe abstellte. »Wir wollen zur Villa Morgentau!«, erklärte Heidi. »Das ist ganz in der Nähe. Wir wollen mit dem Fahrrad dorthin fahren.« »Wenn du willst, kannst du mitkommen«, sagte Simon. »Villa Morgentau?«, fragte Roswitha verwundert. »Was wollt ihr denn da?« »Was, du kennst die Villa Morgentau nicht? Die steht ganz einsam und verlassen im Wald. Da kann man drin rumtoben, wie man nur will.
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Seitenzahl: 117
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Sonne stand hoch am Himmel, als Roswitha das große, schmiedeeiserne Eingangstor von Sophienlust erreichte. Sie war neu in diesem Kinderheim und fühlte sich noch etwas fremd, obwohl alle sie herzlich aufgenommen hatten. Besonders Fabian schien sie besonders gern zu mögen, und Roswitha mochte ihn ebenfalls. Roswithas Haare flatterten im Wind, als sie durch den weitläufigen Park radelte, der sich hinter dem Eingangstor ausbreitete. Mitten im Park stand ein großes, schmuckes Gebäude, ein alter Herrensitz, der fast wie ein Schoss wirkte.
Gerade als das Mädchen die breite Freitreppe erreichte, die zum Gebäude hinaufführte, stürmten von oben zwei Jungs und ein kleines Mädchen herunter.
»Da bist du ja endlich!«, rief Fabian, als Roswitha das Fahrrad vor der Freitreppe abstellte.
»Wir wollen zur Villa Morgentau!«, erklärte Heidi. »Das ist ganz in der Nähe. Wir wollen mit dem Fahrrad dorthin fahren.«
»Wenn du willst, kannst du mitkommen«, sagte Simon.
»Villa Morgentau?«, fragte Roswitha verwundert. »Was wollt ihr denn da?«
»Was, du kennst die Villa Morgentau nicht? Die steht ganz einsam und verlassen im Wald. Da kann man drin rumtoben, wie man nur will. Im Ecktürmchen stehen uralte Sessel, da erzählen wir uns immer Räubergeschichten, und manchmal denken wir uns auch selbst welche aus. Und außerdem haben wir neulich etwas absolut Tolles entdeckt. Ein ganz großes Geheimnis.«
»Ein großes Geheimnis?« Sofort war Roswitha wie elektrisiert. »Was ist es denn?«
»Lass dich überraschen!«, meinte Fabian. »Komm‘ einfach mit uns mit.«
»Ja, warum eigentlich nicht? Ihr habt mich richtig neugierig gemacht«, sagte Roswitha.
Fabian, Simon und die kleine Heidi gingen zum Schuppen, um auch für sich Fahrräder zu holen. Dann schwangen sich alle vier in den Sattel und radelten los. Die Fahrt führte zunächst an dem Zaun entlang, der das Gelände von Sophienlust umgab, dann bog Fabian rechts in ein Wäldchen ein, und die anderen folgten ihm. Nach einer Weile erreichte die Gruppe eine Weggabelung, von dort ging es ein kleines Stück bergauf, weshalb die Kinder ihre Räder schieben mussten. Oben lichtete sich der Wald zunächst ein wenig, doch als Fabian kurz darauf in einen verschlungenen Pfad einbog, wurde er wieder dichter. Bald schienen sich die Bäume förmlich an die Kinder heranzudrängen, und nur noch wenige Sonnenstrahlen verirrten sich durch das Blätterdach.
Schließlich erreichten sie ein rostiges Tor, das müde in den Angeln hing. Manchmal zerrte der Wind daran, worauf es jämmerlich quietschte. Der Weg dahinter war dermaßen mit Unkraut überwuchert, dass die Kinder wieder absteigen mussten. Sie legten ihre Räder auf den Boden und gingen zu Fuß weiter. Sie hatten bereits etliche Meter zurückgelegt, als Roswitha die Villa endlich erspähen konnte. Sie war nämlich so dicht mit Efeu bewachsen, als wolle sie sich im Wald verstecken.
»Wow«, flüsterte Roswitha, als sie stehen blieb und das Gebäude betrachtete. »Das sieht wirklich gruselig aus.«
»Du hast doch wohl keine Angst davor hineinzugehen?«, fragte Simon herausfordernd.
»Nein, natürlich nicht. Selbst wenn es hier spuken würde, hätte ich keine Angst.«
»Ha! Das werden wir ja dann sehen!«, lachte Heidi. »Wenn wir dir unser Geheimnis zeigen, wird dir vielleicht doch noch mulmig zumute.«
»Wetten, das nicht?«, meinte Roswitha, während sie einen Blick auf die halb blinden Fenster der Villa warf.
»Die Leute erzählen sich so einiges über dieses alte Gemäuer«, sagte Fabian. »Alle möglichen düsteren Geschichten. Hier soll sich sonst was ereignet haben. Davon können wir dir nachher erzählen, in unserer gemütlichen Bude im Turmzimmer.«
»Aber erst will ich von eurem Geheimnis erfahren.«
Simon und Heidi rannten voraus, Fabian und Roswitha folgten ihnen bis zu den Steinstufen, die zu der Eingangstür hinaufführten. Die Stufen waren dermaßen mit Moos überzogen, dass Roswitha einen kurzen Moment zögerte, sie zu betreten. Als Fabian Roswithas Unsicherheit bemerkte, reichte er ihr seine Hand, genauso, wie es sich für einen jungen Kavalier gehörte.
Simon und Heidi waren längst in der Villa verschwunden, als Roswitha und Fabian den Eingangssaal betraten, der sie sofort mit dem Hauch vergangener Pracht umhüllte. Die Tapeten, die antiken Möbel, die Stuckaturen an der hochgewölbten Decke, Roswitha konnte nur staunen. Natürlich waren die Tapeten vergilbt und teilweise heruntergerissen, natürlich waren die Möbel klapprig, manche halb zusammengefallen, doch das störte das Mädchen nicht. Weder die mottenzerfressenen Samtbezüge der Polstermöbel, noch der Staub, der alles bedeckte. Weder die Spinnweben, die von der Decke hingen, noch das Zwielicht, das sich durch die verschmutzten Scheiben kämpfte. Das Zwielicht ließ alles in einem fahlen Glanz erstrahlen, wodurch der Eingangssaal irgendwie romantisch und zugleich verschroben wirkte.
*
Roswitha blieb lange mit Fabian in der Halle, um alles ganz genau zu betrachten. Schließlich ging sie zu einem der samtbezogenen Sessel, um mit ihrem Finger ein Loch in den zerschlissenen Stoff zu bohren. »Hier hat irgendein Graf gesessen und mit seiner Geliebten herumgeturtelt«, meinte sie und drehte sich zu Fabian um.
»Wo bleibt ihr denn? Wir wollen Roswitha jetzt das Geheimnis verraten.« Urplötzlich kam Simon in die Halle gestürmt. Er winkte Roswitha kurz zu, um gleich wieder zu verschwinden.
»Hier entlang!«, sagte Fabian zu Roswitha und ging mit ihr aus dem Eingangssaal durch einen langen Flur bis in einen Raum, in dem es nur ein einziges, winziges Fenster gab. Dieses war ebenfalls halb blind und so verschmutzt, dass es kaum Licht in den Raum hineinließ. Roswitha brauchte einen Moment, um sich an das Halbdunkel zu gewöhnen, dann konnte sie endlich erkennen, dass der Raum mit geblümten Tapeten ausstaffiert war. Auch die waren stark ausgebleicht und teilweise abgerissen, genauso wie die Tapeten in der Eingangshalle. Mitten im Raum türmte sich ein Berg klappriger Stühle und anderer wertloser Möbelstücke, lieblos und unordentlich aufeinander geworfen. Alles war voller Staub und Spinnweben, außerdem roch es ziemlich muffig.
Fabian nahm Roswitha bei der Hand und führte sie um den Stapel herum. Da der fast den gesamten Raum ausfüllte, mussten sich die Kinder mühsam zwischen den Stühlen und der Wand hindurchquetschen. Hinter dem Stapel machte sich ein umgestürzter Bücherschrank breit.
»Kommt endlich her!«, rief Simon und lugte einmal kurz hinter dem Schrank hervor. »Wie lange sollen Heidi und ich noch auf euch warten?«
Nachdem Roswitha und Fabian hinter den Schrank gekrochen waren, erreichten sie eine Nische, die ebenfalls mit geblümter Tapete beklebt war.
»Hier ist unser Geheimnis«, flüsterte Heidi mit einem verschwörerischen Blick.
»Geheimnis? Wo denn?«, fragte Roswitha. »Ich sehe nichts.«
»Ja, auf den ersten Blick sieht man es wirklich nicht«, grinste Fabian. »Man muss schon sehr genau hinschauen.«
Roswitha rückte ganz nah an die Tapete heran, dann fing an, sie zu betasten. »Da, da ist etwas!«, rief sie plötzlich aus. »Da scheint eine Tapetentür zu sein!«
»Genauso ist es«, sagte Fabian. »Die haben wir erst neulich entdeckt.«
»Wahrscheinlich sind dahinter irrsinnig viele geheime Kammern«, freute sich Simon. »Mit Schatztruhen und Geheimdokumenten und so.«
»Ach du!«, lachte Fabian. »Was du nur immer für Ideen hast!«
Roswitha ließ ihre Hand über den schmalen Schlitz gleiten, der die Tür von der Wand trennte. Schließlich fühlte sie so etwas wie ein Schloss. Schon wollte sie die Tür aufdrücken, doch die leistete erheblichen Widerstand.
»Die Tür ist fest verschlossen«, erklärte Fabian. »Aber heute werden wir ihr den Garaus machen.«
»Du willst die Tür doch nicht etwa eintreten?«, fragte Roswitha.
»Nein, natürlich nicht. Ich habe etwas Besseres vor.« Fabian kramte in seiner Tasche und holte einen dicken Schlüsselbund hervor. »Den habe ich neulich zufällig im Schuppen von Sophienlust gefunden. Da sind tausend uralte Schlüssel dran. Einer wird doch wohl in das uralte Schloss passen?!«
Fabian probierte einen Schlüssel nach dem anderen aus, und dann, endlich, hatte er einen gefunden, der sich in das Schloss stecken ließ. Es knirschte und knackte verheißungsvoll, als Fabian den Schlüssel herumdrehte.
»Ich! Ich darf die Tür öffnen!«, rief Heidi und drückte sie auf.
Sofort schlug den Kindern ein eiskalter Luftzug entgegen, der sie erschreckt zurückweichen ließ. Dabei taumelte Simon so heftig gegen den Bücherschrank, dass es laut knallte. »Autsch!«, schrie Simon und rieb sich heftig die Schulter. »Was war denn das?«
»Wahrscheinlich die Geister, die hinter der Tür herumwabern«, grinste Roswitha.
»Ich dachte, du hast keine Angst vor Geistern!«
»Habe ich auch nicht.« Zum Beweis ging Roswitha ganz nahe an die Türöffnung heran und blickte hinein. Hinter der Tür lag ein stockdunkler Korridor, der anscheinend tief in das Innere der Villa führte. »Gehen wir jetzt da rein?«, fragte das Mädchen ungeduldig.
Fabian nickte entschlossen. »Klar doch! Das hier wird ein Riesenspaß! Wir haben die geheime Tür erst vor Kurzem entdeckt, aber wir konnten sie nicht öffnen. Jetzt wollen wir natürlich auskundschaften, was uns dahinter erwartet.«
»Wahrscheinlich Mäuse und Ratten«, grinste Roswitha. »Aber vor denen habe ich auch keine Angst.«
»Dann ist ja alles bestens«, meinte Fabian und zog seine Taschenlampe hervor, die er vorsichtshalber mitgebracht hatte. Als er in den Korridor hineinleuchtete, meinten die Kinder, eine fremde Stimme zu hören. Und die warf ihnen ein fragendes »Hallo?« entgegen.
»Wahrscheinlich hat sich die Dunkelheit vor uns erschreckt«, sagte Heidi naseweis. »Jetzt will sie, dass wir wieder verduften. Sonst frisst sie uns auf.«
»Mannomann! Was für ein Quatsch!«, rief Fabian, worauf alle in lautes Lachen ausbrachen.
*
»Hallo?! Wer ist da?« - Da war sie wieder, die fremde Stimme!
»Es ist wirklich die Dunkelheit!«, beharrte Heidi auf ihrer Meinung, worauf sich Simon an die Stirn tippte und den Kopf schüttelte.
»Blödsinn«, murmelte Fabian. »Irgendwer ist in die Villa gekommen.« Rasch zog der Junge die Tapetentür wieder zu.
Unsicher, was sie nun tun sollten, zögerten die Kinder einen Moment. Doch als die Stimme noch einmal rief, krochen sie hinter dem Bücherschrank hervor. Dann versuchten sie, zwischen den alten Stühlen hindurch zu lugen, dabei konnten sie eine Gestalt erkennen, die auf der anderen Seite des Stapels stand. Es war ein fremder Mann, der im Halbdunkel nur schemenhaft zu erkennen war. Und der kam ihnen plötzlich so unheimlich vor, als sei er ein Teil der Geschichte der Villa selbst, eine Gestalt aus vergangenen Zeiten, die wie ein Geist hier gefangen war.
»Was macht ihr denn da?«, fragte der Mann. »Wieso versteckt ihr euch hinter den Stühlen?«
»Och, wir spielen nur hier«, antwortete Roswitha schnell, indem sie sich wieder zwischen der Wand und dem Möbelhaufen hindurchschob und dann ein paar Schritte auf den Mann zuging.
»Hier? In diesem Raum? Hier gibt es doch nichts Besonderes«, sagte der Mann, der nicht im Mindesten wie ein Geist aussah, ganz im Gegenteil. Er war recht groß, schlank und sehr attraktiv, wie Roswitha fand. Er trug einen schicken, cremefarbenen Anzug und blank geputzte Schuhe. Eigentlich passte er gar nicht in eine heruntergekommene Villa wie diese.
Inzwischen waren auch die anderen Kinder hinter dem Stapel hervorgekommen. »Soso, ihr seid also zu viert«, lächelte der Mann. »Was wollt ihr denn hier spielen? Dieser Raum taugt doch nur als Abstellkammer.«
Natürlich wollten die Kinder nichts von der geheimen Tür verraten, deshalb antworteten sie nicht. Aus lauter Verlegenheit trat Heidi von einem Fuß auf den anderen und setzte dabei ihr allerliebstes Gesicht auf.
»Na ja, ist ja auch egal«, lächelte der Mann. »Ich kann sehr gut verstehen, dass ein altes Haus wie dieses für Kinder wie euch ein riesiger Abenteuerspielplatz ist. - Wo kommt ihr überhaupt her?«
»Wir kommen von Sophienlust«, erklärte Fabian.
»Aha, Sophienlust also«, sagte der Mann und rieb sich über das Kinn, während sein Blick prüfend auf den Kindern ruhte. Natürlich wusste er, dass Sophienlust ein Waisenhaus war, nicht weit von der alten Villa entfernt. Dann sind diese Vier, die da vor mir stehen, höchstwahrscheinlich Waisenkinder, überlegte er. - In gewisser Weise stimmte das sogar. Fabian, Simon und Heidi hatten tatsächlich ihre Eltern verloren, schon lange lebten sie in Sophienlust. Roswitha hingegen teilte ein anderes Schicksal, das nicht minder traurig war. Sie war ein unerwünschtes Einzelkind. Ihre Mutter fühlte sich so von ihr gestört und genervt, dass sie sie als Dauerkind nach Sophienlust abgeschoben hatte.
»Und wer sind Sie?«, fragte Roswitha und blickte den fremden Mann neugierig an.
»Ich heiße Siegfried Sommerfeld, ich bin Architekt. Die Villa wird demnächst renoviert und in ein Museum umgewandelt. Ich soll die Arbeiten beaufsichtigen.«
»In ein Museum?«, fragte Simon gedehnt und machte ein langes Gesicht. »Die Villa wird renoviert? Dann können wir ja nicht mehr hier spielen!«
»Tja, da kann man wohl nichts machen«, sagte Herr Sommerfeld und zuckte mit den Schultern.
»Wann fangen Sie denn an zu renovieren?«, wollte Fabian wissen.
»Die ersten Arbeiter kommen schon morgen. Zunächst sollen sie das Gerümpel aus dem Haus schaffen. Bis dahin bin ich noch alleine hier. - Und jetzt muss ich wieder an meine Arbeit. Ich will die alten Baupläne studieren.«
»Dürfen wir die Pläne auch mal angucken?«, fragte Simon gespannt.
»Na klar, wenn euch so etwas interessiert.«
»Vielleicht sind da geheime Kammern eingezeichnet«, meinte Simon. »Kammern mit alten Schatztruhen voller Gold und so ‘n Zeug.«
»Na, das wohl eher nicht«, lachte Herr Sommerfeld, während er mit den Kindern zurück in die Eingangshalle ging. Von dort führte ein breiter Flur zum ehemaligen Herrenzimmer. Mitten im Raum stand ein massiver Schreibtisch, auf dem sich große Papierbögen türmten. Ein leichtes Lächeln umspielte Siegfrieds Lippen, als er sich über den Schreibtisch beugte, um seine Unterlagen zu ordnen. Er war sofort so sehr in seine Arbeit vertieft, dass er die Kinder schon gar nicht mehr wahrnahm. Roswitha und Fabian spürten eine Mischung aus Faszination und Respekt für diesen Mann, der so selbstverständlich in der Vergangenheit der Villa zu leben schien. Dabei fühlten sie sich gleichermaßen willkommen und doch ein wenig wie Eindringlinge in diesem altehrwürdigen Gemäuer.
Nach einer Weile rückte Simon näher an den Schreibtisch heran und beugte sich über das Dokument, welches Herr Sommerfeld gerade studierte. »Wo sind denn die Schatzkammern?«, fragte der Junge neugierig.
»Ach, ihr seid noch da?«, sagte Herr Sommerfeld. »Tut mir leid, ich hatte euch schon fast vergessen. Und was die Schatzkammern betrifft, die gibt es hier nicht.«
»Vielleicht im Keller?«, hakte Simon nach.
»Nein, leider nicht. Unter dem Haus gibt es nur einen Weinkeller und einige Rumpelkammern. In den Rumpelkammern ist nichts Wertvolles zu finden, im Weinkeller allerdings schon.«
»Och, nur ein paar alte Pullen«, maulte Heidi.