Die verlorenen Kinder - Carina Lind - E-Book

Die verlorenen Kinder E-Book

Carina Lind

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Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. »Papa, wann kommst du endlich? Pauline und ich warten schon mit dem Frühstück!« Wie ein Wirbelwind kam Carlotta in Michael Müllers Arbeitszimmer gestürmt. Sie blieb kurz vor Papas Schreibtisch stehen, – und schon war sie wieder verschwunden. »Sofort, mein Schatz«, rief Michael seiner kleinen Tochter hinterher. Auch wenn es ihm schwerfiel, seine Arbeit zu unterbrechen, stand er von seinem Schreibtisch auf, um Carlotta in Paulines Wohnung zu folgen. Michael und seine Nachbarin Pauline van Bargen lebten in einem Mietshaus Tür an Tür. Sie waren eng miteinander befreundet, beide gingen in der jeweils anderen Wohnung wie selbstverständlich ein und aus. Auch Michaels Kinder, Carlotta und Madeleine, liefen, wann immer sie wollten, zwischen beiden Wohnungen hin und her. Als Michael die Küche der Nachbarin betrat, saßen Pauline und Carlotta bereits am Frühstückstisch. Nur Madeleine fehlte noch. »Wo ist denn Madeleine?«, fragte Michael verwundert. »Meine kleine Schwester ist wieder in ihr Zimmer gegangen«, erklärte Carlotta, indem sie herzhaft in ihr Frühstücksbrötchen biss. »In ihr Zimmer?«, fragte Michael erstaunt. »Warum denn das?« »Keine Ahnung.

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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Sophienlust - Die nächste Generation – 79 –

Die verlorenen Kinder

Ein riesengroßer Schreck für Vater Michael …

Carina Lind

»Papa, wann kommst du endlich? Pauline und ich warten schon mit dem Frühstück!« Wie ein Wirbelwind kam Carlotta in Michael Müllers Arbeitszimmer gestürmt. Sie blieb kurz vor Papas Schreibtisch stehen, – und schon war sie wieder verschwunden.

»Sofort, mein Schatz«, rief Michael seiner kleinen Tochter hinterher. Auch wenn es ihm schwerfiel, seine Arbeit zu unterbrechen, stand er von seinem Schreibtisch auf, um Carlotta in Paulines Wohnung zu folgen.

Michael und seine Nachbarin Pauline van Bargen lebten in einem Mietshaus Tür an Tür. Sie waren eng miteinander befreundet, beide gingen in der jeweils anderen Wohnung wie selbstverständlich ein und aus. Auch Michaels Kinder, Carlotta und Madeleine, liefen, wann immer sie wollten, zwischen beiden Wohnungen hin und her.

Als Michael die Küche der Nachbarin betrat, saßen Pauline und Carlotta bereits am Frühstückstisch. Nur Madeleine fehlte noch.

»Wo ist denn Madeleine?«, fragte Michael verwundert.

»Meine kleine Schwester ist wieder in ihr Zimmer gegangen«, erklärte Carlotta, indem sie herzhaft in ihr Frühstücksbrötchen biss.

»In ihr Zimmer?«, fragte Michael erstaunt. »Warum denn das?«

»Keine Ahnung. Ich glaube, sie weint.«

»Sie weint?« Mit schnellen Schritten kehrte Michael in seine eigene Wohnung zurück, wo er sofort Madeleines Zimmer aufsuchte. Dort hockte die Kleine wie ein Häufchen Elend auf ihrem Bett.

»Was ist denn los mit dir, Schatz?«, fragte Michael besorgt und setzte sich neben seine Tochter.

»Ich glaube, ich bin krank«, sagte das Mädchen und zog geräuschvoll die Nase hoch.

»Das kann ich gar nicht glauben. Vor einer halben Stunde warst du noch topfit.«

»Ja, vorhin. Aber jetzt bin ich traurig.«

»So plötzlich? Warum denn nur?«

»Weil ich plötzlich an Mama denken musste. Da habe ich gemerkt, dass ich mich gar nicht mehr an sie erinnern kann.« Madeleine schlang ihre Ärmchen um Michaels Körper und drückte sich ganz eng an ihn. »Warum kann ich mich nicht mehr an Mama erinnern, Papa? Warum nicht? Warum denn nicht?«

»Mama ist schon lange tot«, sagte Michael und streichelte seinem Töchterchen über das Haar. »Du warst noch sehr klein, als Mama gestorben ist.«

»Wie alt war ich denn, Papa?«

»Du warst erst drei. Aber das weißt du doch, Schatzi.«

»Jetzt bin ich sechs. Dann ist Mama schon drei Jahre tot.« Madeleine löste sich wieder von ihrem Papa und zählte die Jahre an ihren Fingern ab. »Wenn jemand drei Jahre tot ist, dann kann man sich nicht mehr an ihn erinnern?«

»Kleine Kinder sicher nicht«, sagte Michael.

»Aber ich bin doch gar nicht klein!«, wollte Madeleine protestieren.

»Nein, jetzt nicht mehr. Aber damals, als Mama gestorben ist, da warst du noch klein.«

»Ach so.« Madeleine wischte sich mit dem Ärmel über die Nase. »Mama ist gestorben, weil sie das Leu-Leukom ... hatte.«

»Leukämie. Es heißt Leukämie.«

»Jetzt ist Mama im Himmel. Ich kann mich nicht mehr an sie erinnern, weil sie jetzt ein Engel ist. Mit Flügeln und so.«

»Ja, meine Süße. So ist es. Ganz genau so.«

»Dann sollte ich jetzt nicht mehr traurig sein? Ich sollte mich freuen, dass Mama ein Engel ist? Bestimmt ist es ganz toll im Himmel. Da geht es der Mama wahrscheinlich echt gut. «

»Ganz bestimmt. – Aber jetzt sollten wir zu Pauline zum Frühstück gehen. Carlotta ist auch schon da. Du willst doch nicht, dass deine Schwester die leckersten Sachen verputzt hat, ehe du überhaupt am Tisch bist.«

»Du meinst die tolle Erdbeermarmelade? Die Pauline selbst gemacht hat? Zusammen mit mir und Carlotta?«

»Zum Beispiel.«

Michael stand wieder auf und nahm seine Tochter bei der Hand, um zu Pauline hinüberzugehen. Im Türrahmen blieb Madeleine plötzlich stehen. Aus großen Augen schaute sie zu ihrem Vater auf.

»Was ist denn, Schatzi?«, fragte Michael. »Hast du noch etwas auf dem Herzen?«

»Wenn ich mich nicht mehr an die Mama erinnern kann, dann …, dann könntest du uns doch eine neue Mama besorgen, Papa. Für mich und für Carlotta.«

»Eine neue Mama? Wie stellst du dir das denn vor? Wo soll ich denn plötzlich eine neue Mama herzaubern?«

»Du könntest doch die Pauline heiraten!«

»Soso, die Pauline«, meinte Michael und lächelte Madeleine liebevoll an.

*

Das gemeinsame Frühstück mit Pauline und den Kindern war für Michael immer ein besonderer Höhepunkt in seinem arbeitsreichen Tag. Michael war freiberuflicher Architekt, der von zu Hause aus arbeitete. Er war es gewohnt, jeden Morgen sehr früh aufzustehen, um in aller Ruhe ein, zwei Stunden zu arbeiten, ehe er die Kinder wecken und für den Tag vorbereiten musste. Danach konnte er sich beim gemeinsamen Frühstück in Paulines Küche ein wenig entspannen. Jeden Morgen freute er sich auf das Zusammensein mit ihr. Er liebte es, mit ihr und seinen Kindern am Frühstückstisch über Gott und die Welt zu schwatzen.

Doch heute war Michael ziemlich schweigsam. Madeleines Worte hatten die alte Wunde, welche der Tod seiner Frau hinterlassen hatte, wieder aufgerissen. Miriam war viel zu früh von ihm gegangen, noch immer haderte Michael mit seinem Schicksal. Gleichzeitig ging ihm Madeleines Idee, Pauline einen Heiratsantrag zu machen, nicht aus dem Kopf. Natürlich hatte er längst selbst darüber nachgedacht, ihre Freundschaft mit einem Bund fürs Leben zu besiegeln.

Ja, dachte Michael, während er nach dem Brötchenkorb langte. Ich werde Pauline fragen, aber nicht einfach so, nicht zwischen Tür und Angel. Ich denke mir für meinen Heiratsantrag etwas ganz Besonderes aus ...

»Was ist heute nur los mit dir, Michael?«, fragte Pauline plötzlich. »Du bist so schweigsam. So kenne ich dich ja gar nicht. Wahrscheinlich grübelst du über deinen neuen Auftrag nach?«

»Papas neuer Auftraggeber ist ein echt komischer Kauz«, verkündete Carlotta lauthals. »Der alte Knabe macht immerzu Sperenzchen. Dauernd will er etwas von Papa. Dann muss Papa sofort springen.«

»Na, springen muss ich sicher nicht«, meinte Michael. »Aber Herr Kaltenbrock ist in der Tat ziemlich schwierig. Andauernd hat er neue Ideen, und dann muss ich die Pläne, die ich gerade fertiggestellt habe, schon wieder ändern.«

»Aber das bekommst du doch bezahlt?«, fragte Pauline und köpfte ihr Frühstücksei mit einem Zack.

»Natürlich. Trotzdem ist es sehr frustrierend. Ich gebe mir immer sehr viel Mühe mit meiner Arbeit, und wenn dann alles umsonst war, macht es irgendwann keinen Spaß mehr. Außerdem ist da auch noch der Architekturwettbewerb für den Umbau der Stadthalle.«

»Du hast dich also doch beworben?«

»Ja, das habe ich. Allerdings sind die Bedingungen der Ausschreibung extrem anspruchsvoll.«

»Das schaffst du schon«, meinte Pauline und lächelte Michael aufmunternd zu. Dann wechselte sie das Thema, um mit Michael den weiteren Tagesablauf zu besprechen. Pauline war Grundschullehrerin, sie arbeitete an derselben Schule, welche Carlotta und Madeleine besuchten. Jeden Morgen, gleich nach dem Frühstück, ging sie zusammen mit den beiden dorthin, und nach der Schule kam sie wieder mit ihnen zurück. Heute wollte Pauline nach der Schule noch einen Großeinkauf machen und die Kinder mitnehmen. »Dann hast du etwas mehr Zeit für deine Arbeit, bis wir lästigen Weiber wieder da sind«, schmunzelte sie. »Ich werde auch das Mittagessen übernehmen. Das gibt es dann allerdings etwas später als gewohnt. Falls du bis dahin nicht verhungert bist, Michael.«

»Eigentlich bin ich heute mit dem Mittagessen dran«, meinte Michael verwundert. »Hast du vielleicht etwas Besonderes geplant, Pauline? Etwas, das ich noch nicht kochen kann?«

»Heute soll es selbst gemachte Pizza geben. Das haben Carlotta und ich vorhin so besprochen.«

»Au ja! Selbst gemachte Pizza!« Madeleine klatschte vor Freude in ihre Händchen. »Die kriegst du nicht hin, Papa!«

»Ich glaube, ich bin ein ziemlich guter Koch. Aber eine selbst gemachte Pizza – das ist natürlich etwas Besonderes«, musste Michael zugeben. »Das kann ich noch nicht.«

»Zum Ausgleich darfst du nachher den Ausguss in meinem Badezimmer reparieren«, grinste Pauline verschmitzt. »Der ist nämlich verstopft. Ich habe es schon mit dem Pümpel versucht. Aber das hat leider nicht geklappt.«

»Okay, mache ich«, sagte Michael mit einem Blick auf die Küchenuhr. Dann wandte er sich an die Kinder: »So, ihr zwei Hübschen, höchste Zeit, dass ihr eure Ranzen holt! Gleich gehts ab in die Schule!«

Nachdem Pauline und die Kinder das Haus verlassen hatten, räumte Michael den Küchentisch ab. Danach widmete er sich dem Ausguss in Paulines Badezimmer. Vor seinem Architekturstudium hatte er ein Baustellenpraktikum absolviert. Ein verstopfter Ausguss war für ihn kein Problem. Nachdem das Wasser wieder einwandfrei ablief, kehrte er in seine eigene Wohnung zurück. Jetzt kam seine intensivste Arbeitsphase, so wie an jedem Tag. Die neuerlichen Wünsche von Herrn Kaltenbrock mussten berücksichtigt werden. Dazu kam der Architekturwettbewerb. Auf Michaels Schreibtisch türmten sich die Unterlagen zuhauf, und der Computer lief auf Hochtouren. Doch heute konnte er sich nicht wirklich konzentrieren, denn über allem schwebte der Gedanke an den Heiratsantrag, den er Pauline machen wollte.

Eigentlich ist der längst überfällig, dachte Michael, während er nach den Notizen suchte, auf denen er ein paar Ideen für den Wettbewerb notiert hatte, die ihm in der Nacht eingefallen waren. Eigentlich bilden Pauline, die Kinder und ich längst eine Art Familie.

Im letzten Winter hatte Pauline sogar einige Wochen ganz in seiner Wohnung gelebt. Da musste sie ihre eigene nicht heizen, und das war auch gut so, jetzt, da die Energiekosten so drastisch gestiegen waren. Außerdem war Pauline schon längst zu einer Ersatz-Mama für Carlotta und Madeleine geworden. Sie war so lieb zu den Kindern, so herzensgut und fürsorglich, als wären es ihre eigenen …

*

In der nächsten Zeit drohte Michael in seiner Arbeit geradezu zu ersticken. Er war Pauline unendlich dankbar, dass sie Carlotta und Madeleine auch nachmittags noch häufiger zu sich nahm, als sie es sonst schon tat. Was war Pauline doch für ein Schatz, dass sie so viel Verständnis für ihn und seine Arbeit aufbrachte! Er würde es baldmöglichst wieder gutmachen, das hatte Michael sich fest vorgenommen.

So verging die Zeit.

Eines Tages hatte Michael wieder einmal bis tief in die Nacht gearbeitet, die Kinder schliefen schon, und auch Pauline war längst in ihrer Wohnung zu Bett gegangen.

Mit einem tiefen Seufzer schob Michael alle Unterlagen auf seinem Schreibtisch beiseite und schaltete den Computer aus. Weit lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, um über Pauline nachzudenken. Auch heute hatte sie sich wieder rührend um Carlotta und Madeleine gekümmert, dazu hatte sie in seiner Wohnung Staub gesaugt und sogar das Badezimmer geputzt. Ganz so, als seien er und Pauline längst verheiratet. Doch irgendwie war sie anders gewesen als sonst. Irgendwie zugeknöpft, sogar ein wenig abweisend. Als er sie gefragt hatte, was denn mit ihr los sei, hatte sie nur ausweichend geantwortet.

Vielleicht hat sie ihrerseits schon lange auf einen Heiratsantrag gewartet, grübelte Michael. Vielleicht ist sie sauer, weil ich ihr die Frage aller Fragen noch nicht gestellt habe – aber weiß sie denn nicht, dass ich erst mal diese nervigen Aufträge vom Tisch haben möchte ...?

Michael stand von seinem Schreibtisch auf. Er trat ans Fenster und öffnete es, um die frische Nachtluft tief in sich einzusaugen.

Eigentlich war Pauline nicht nur heute so zugeknöpft, überlegte er, sie war schon seit ein paar Tagen irgendwie komisch. Er nahm sich vor, gleich am nächsten Tag seine Schwester Johanna in Brückenbach anzurufen und sie zu fragen, ob er die Kinder am Freitag zu ihr bringen konnte. Dann würden er und Pauline das ganze Wochenende für sich allein haben. Er würde einen wunderschönen Ring für sie kaufen und alles für einen romantischen Abend vorbereiten. Ein paar erlesene Köstlichkeiten besorgen, den besten Wein bereitstellen. Und dann, bei Kerzenschein und gefühlvoller Musik, würde er ihr einen Antrag machen!

Als Michael sein Arbeitszimmer verließ, um ebenfalls zu Bett zu gehen, würdigte er seinen Schreibtisch keines Blickes mehr. Da müssen Herr Kaltenbrock und der Wettbewerb eben warten, dachte er. Arbeit und Geld waren wichtig. Aber noch wichtiger war die Liebe.

Jetzt, da sein Entschluss feststand, fühlte er sich regelrecht beschwingt. Am liebsten hätte er die ganze Welt umarmt. Natürlich würde er bis Freitag Stillschweigen bewahren, es sollte ja eine Überraschung werden. Auch seine Kinder durften nicht das Geringste ahnen. Madeleine würde sich mit Sicherheit verplappern und Carlotta wahrscheinlich auch.

Ganz leise ging Michael zu Madeleines Zimmer und öffnete die Tür. Seine kleine Tochter lag in seligstem Schlummer, ihren Lieblingsteddy fest im Arm. Wie würde sich die Kleine freuen, wenn Pauline ihre neue Mama wurde! Michael schaute auch in Carlottas Zimmer, auch sie schlief tief und fest. Auch seine Große würde sich riesig freuen, das wusste Michael ganz genau.

Gleich am nächsten Tag setzte Michael sein Vorhaben in die Tat um. Kaum waren Pauline und die Kinder zur Schule gegangen, telefonierte er mit seiner Schwester in Brückenbach. Johanna war sofort einverstanden, Carlotta und Madeleine über das Wochenende zu sich zu nehmen. Michael sollte die Kinder am Freitag nach der Schule bringen und am Sonntagabend wieder abholen, so wurde es ausgemacht.

Nach dem Gespräch fuhr Michael in die Innenstadt von Wiesbaden, wo er und Pauline wohnten, um ein Juweliergeschäft aufzusuchen und einen wunderschönen Ring zu kaufen. Danach ging er in die Weinhandlung, in der man den besten Rotwein erwerben konnte. Anschließend besorgte er noch Kerzen und ein paar CDs mit verträumter Musik. Michael wollte das Wochenende für sich und Pauline so schön und so romantisch gestalten, wie es nur möglich war.

*

Endlich Wochenende!, so dachten die Kinder, als sie am Freitag aus der Grundschule stürmten. Vergnügt hopsten Carlotta und Madeleine auf dem Heimweg neben Pauline her. Kaum zu Hause angekommen, erzählte Michael ihnen, dass er sie gleich zu Tante Johanna nach Brückenbach bringen wollte. Die Mädchen freuten sich sehr. Bei Tante Johanna war es nämlich geradezu fantastisch. Johanna Schulze liebte ihre kleinen Nichten sehr, bei ihr wurden die beiden immer so richtig verwöhnt.

Während die Kinder jubelten, zwinkerte Michael Pauline verschmitzt zu. Dann raunte er ihr ins Ohr: »Nun haben wir das ganze Wochenende für uns allein. Ich habe nämlich eine Überraschung geplant und …«

»Eine Überraschung?«, fragte Carlotta aufgeregt. Obwohl Michael ganz leise geflüstert hatte, hatte seine pfiffige Tochter das Wort ›Überraschung‹ aufgeschnappt. Nun wollte sie natürlich wissen, was es denn für eine Überraschung sei.

»Aber das weißt du doch schon«, flunkerte Michael. »Es ist die Überraschung, dass du und Madeleine zu Tante Johanna fahrt.« Kaum gesagt, zwinkerte er Pauline noch ein weiteres Mal zu.

Michael hatte bereits zwei Reisetaschen gepackt, Carlotta und Madeleine legten nur noch ein paar Lieblingsspielzeuge dazu. Gleich nach dem Mittagessen konnte es losgehen.

Die Fahrt dauerte nicht lange. Nach kaum zwei Stunden hatten sie Brückenbach erreicht. Als Michael in den Amselweg, wo Johanna wohnte, einbog, erwartete sie ihren Bruder und die Kinder bereits am Gartentor. Nach einer herzlichen Begrüßung führte Johanna alle zu ihrem Gartenhaus, wo der Kaffeetisch bereits gedeckt war. In der Mitte prangte ein selbst gebackener Pfirsichkuchen, und für Carlotta und Madeleine gab es einen herrlich duftenden Kakao.

Weil es bei Johanna so gemütlich war, blieb Michael länger, als er eigentlich geplant hatte. Deshalb war es schon früher Abend, als er wieder zu Hause in Wiesbaden ankam. Unterwegs hatte er noch einen Zwischenstopp eingelegt und einen Strauß dunkelroter Rosen besorgt. Beschwingt eilte er durch das Treppenhaus bis in den zweiten Stock, wo er und Pauline wohnten. Dort öffnete er seine Wohnungstür so leise, wie er nur konnte, Pauline sollte nicht merken, dass er wieder da war. Jedenfalls jetzt noch nicht, er musste ja noch alles für das Zusammensein mit ihr vorbereiten.