Das Wolfsrudel - Jane Wallace-Knight - E-Book

Das Wolfsrudel E-Book

Jane Wallace-Knight

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Beschreibung

Steven Drake hatte nicht gerade eine gute Kindheit, aber jetzt ist er Mitglied des Wolfsrudels, der Elite-Einheit von C.L.A.W., und arbeitet daran, eine terroristische Sekte namens Pan auszuschalten. Die Begegnung mit einem Geist aus seiner Vergangenheit bringt nach und nach die Erinnerung an alles zurück, was ihm einst genommen wurde. James „Jam“ Smith nahm Steven unter seine Fittiche, und die beiden wurden mehr als nur Rudel-Kameraden. Jam, der selbst auf eine steinige Vergangenheit zurückblicken kann und den Ruf genießt, mehr als nur ein bisschen verrückt zu sein, ist nicht gerade ein Paradebeispiel einer in sich gefestigten Persönlichkeit. Angesichts dessen, dass keiner von ihnen weiß, was er tut, läuft es Jams Ansicht eigentlich recht gut, auch wenn sie unterschiedliche Vorstellungen haben. Steven entdeckt immer mehr über seine eigene Vergangenheit und erfährt, dass seine Verbindungen zu Pan weiter zurückreichen als gedacht. Während er von verlorenen Erinnerungen und einem Geist verfolgt wird, setzt Das Wolfsrudel alles daran, Pan ein für allemal unschädlich zu machen. Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Länge: rund 54.000 Wörter

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Seitenzahl: 277

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Epilog

ÜBER JANE WALLACE-KNIGHT

LESEPROBE:

Das Wolfsrudel

Steven Drake hatte nicht gerade eine gute Kindheit, aber jetzt ist er Mitglied des Wolfsrudels, der Elite-Einheit von C.L.A.W., und arbeitet daran, eine terroristische Sekte namens Pan auszuschalten. Die Begegnung mit einem Geist aus seiner Vergangenheit bringt nach und nach die Erinnerung an alles zurück, was ihm einst genommen wurde.

James „Jam“ Smith nahm Steven unter seine Fittiche, und die beiden wurden mehr als nur Rudel-Kameraden. Jam, der selbst auf eine steinige Vergangenheit zurückblicken kann und den Ruf genießt, mehr als nur ein bisschen verrückt zu sein, ist nicht gerade ein Paradebeispiel einer in sich gefestigten Persönlichkeit. Angesichts dessen, dass keiner von ihnen weiß, was er tut, läuft es Jams Ansicht eigentlich recht gut, auch wenn sie unterschiedliche Vorstellungen haben.

Steven entdeckt immer mehr über seine eigene Vergangenheit und erfährt, dass seine Verbindungen zu Pan weiter zurückreichen als gedacht. Während er von verlorenen Erinnerungen und einem Geist verfolgt wird, setzt das Wolfsrudel alles daran, Pan ein für allemal unschädlich zu machen.

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene mit explizitem Inhalt. Jeder Band dieser Reihe geht auf die romantische Beziehung eines anderen Paares ein. Um die gesamte Handlung sowie die Geschichte aller Figuren zu erfahren, empfiehlt es sich, alle Bände in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen.

Länge: rund 54.000 Wörter

JANE WALLACE-KNIGHT

Das Wolfsrudel

Die Agenten von C.L.A.W. 5

Ein homoerotischer Liebesroman für Erwachsene

ME AND THE MUSE PUBLISHING

www.meandthemuse.com

Copyright © der englischen Originalausgabe „The Wolf Pack“:

Jane Wallace-Knight

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe und veröffentlicht von:

Me and the Muse Publishing – Sage Marlowe

Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, 2021

Copyright © Cover Design: Sinfully Sweet Designs

Übersetzt von: Betti Gefecht

URHEBERRECHTLICH GESCHÜTZT:

Dieses Buch darf ohne vorherige eindeutige schriftliche Zustimmung des Urheberrechtsinhabers in keinerlei Form, weder ganz noch auszugsweise, vervielfältigt und / oder vertrieben werden. Dies beinhaltet auch die elektronische und fotografische Vervielfältigung sowie zukünftig entwickelte Methoden. Ebenso ist die kostenlose Weitergabe dieses Buches, beispielsweise über sogenannte File-Sharing Sites ausdrücklich untersagt.

Mit dem Erwerb eines E-Books erhält der Käufer die Lizenz zur persönlichen Nutzung, ist jedoch nicht zur Weitergabe des Inhaltes an Dritte, weder gegen Entgelt noch kostenlos, berechtigt.

Alle in diesem Buch vorkommenden Personen und Handlungen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit zu realen, lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig. Sofern Namen real existierender Personen, Orte und Marken verwendet werden, geschieht dies in einem rein fiktiven Zusammenhang.

Bitte beachten:

Einige unserer Titel enthalten Hinweise auf und Beschreibungen sexueller Handlungen, die möglicherweise eine Gefährdung körperlicher und geistiger Gesundheit darstellen können. Mit der Beschreibung solcher Praktiken erheben wir keinen Anspruch auf deren tatsächliche Durchführbarkeit und übernehmen keine Verantwortung für etwaige Verletzungen oder Schäden, die bei der Nachstellung solcher oder vergleichbarer Handlungen entstehen. Generell raten wir unseren Lesern davon ab, potenziell gefährliche Sexualpraktiken ohne entsprechende Sicherheitsvorkehrungen und Anleitung durch Personen mit ausreichender Sachkenntnis durchzuführen.

Kapitel 1

„Nicht vergessen“, flüsterte die Stimme in Steven Drakes Ohr. „Wenn du nervös wirst, stell dir einfach vor, sie hätten alle nur Unterwäsche an.“

Steven stutzte unwillkürlich. Aber die unerträgliche Anspannung in seinen Schultern ließ sofort nach, als er Jams albernen Vorschlag hörte.

„Es geht hier um einen mutmaßlichen Terroristen“, erinnerte Steven Jam leise über Funk, „nicht um eine Schulaufführung zu Weihnachten.“

Das Innere des Gebäudes, in welchem der türkische Gestaltwandlerrat residierte, war weiß gekachelt, sauber und zum Glück klimatisiert – ein starker Kontrast zur Außentemperatur, die heute in der Hauptstadt Ankara bereits die dreißig Grad überschritten hatte und weiter zu steigen drohte.

Seit Steven im vergangenen Jahr der „Covert Law And Order“-Einheit des MI6 für Gestaltwandler-Angelegenheiten – kurz: C.L.A.W. – beigetreten war, hatte er bereits mehrere Auslandseinsätze gehabt, als Mitglied der als Wolfsrudel bekannten Taktischen Kommandoeinheit von C.L.A.W. Ein völlig neues Leben für ihn: Bis vor einem Jahr hatte er nicht einmal je Großbritannien verlassen, und nun war er in der Türkei und verfolgte einen britischen Staatsbürger, der unter Terrorverdacht stand.

Eine Droge namens Quantum, die von einer unter dem Namen Pan bekannten Terrororganisation hergestellt wurde, war auf den Straßen aufgetaucht. Es handelte sich dabei um eine Substanz, die nur bei Gestaltwandlern Wirkung zeigte. Alles deutete darauf hin, dass die Droge vor Kurzem verändert worden war, um Gestaltwandler nicht nur high zu machen, sondern sie zu zwingen, sich gegen ihren Willen in ihre tierische Gestalt zu verwandeln – offenbar mit dem Zweck, sich vor den Menschen zu offenbaren.

C.L.A.W. hatte einen Hinweis bekommen, dass die türkische Botschaft Ziel eines Anschlags werden sollte, und arbeitete nun mit dem Konsulat zusammen, um das zu verhindern. Der Hinweis stammte aus unerwarteter Quelle, von einer Person, die sie nur als den Geist kannten. Über die Jahre war der Geist immer wieder als Codename für einen Hacker aufgetaucht, der gern das Bild eines Cartoon-Geistes irgendwo im Computersystem hinterließ. Es wurde angenommen, dass der Geist ein Mitglied von Pan war oder zumindest für die Gruppe arbeitete. Im vergangenen Monat, während sie eine Mitgliedszelle Pans nach der anderen ausgehoben hatten, war der Geist besonders produktiv geworden, und es war ihnen gelungen, Beschreibungen des Mannes hinter dem Spitznamen zu bekommen. Selbst die Mitglieder von Pan, so schien es, fürchteten sich vor dem Geist und behaupteten, er könne sich unsichtbar bewegen und sich praktisch in Luft auflösen.

Als Clearwater – fest angestelltes Genie von C.L.A.W. – eine E-Mail bekam, die nur mit dem Bild eines Cartoon-Geistes unterzeichnet war, hatte das natürlich Skepsis ausgelöst. Aber sie waren der Sache dennoch gewissenhaft nachgegangen.

„Bei mir klappt das immer“, sagte Jam und riss Steven zurück in die Gegenwart. „Ich stelle mir erstmal jeden, den ich treffe, in Unterwäsche vor.“

„Tatsächlich?“, fragte Steven, der beschloss, bei dem Spielchen des durchgeknalltesten Mitglieds des Wolfsrudels mitzumachen – mit dem er zufällig auch schlief. Unauffällig ließ er seinen Blick durch die Eingangshalle schweifen, auf der Suche nach Leuten, die hier möglicherweise nicht hingehörten.

„Japp. Und übrigens … die hellblauen Boxershorts, die du heute Morgen anhattest, stehen dir gut.“

Eine Sekunde lang geriet Steven aus dem Tritt, und er sah unwillkürlich zum Fenster hinaus und über die Straße, von wo aus Jam – wie Steven wusste – ihn durch das Zielfernrohr seines Gewehrs beobachtete.

„Ernsthaft jetzt? Während wir im Einsatz sind?“, fragte Steven, der sich bewusst war, dass auch andere mithörten.

Jam stieß ein schurkisches Lachen aus, laut und unverschämt wie immer. „Oh bitte, da hat sie schon ganz andere Sachen gehört.“

Steven schüttelte leicht den Kopf und ermahnte sich innerlich, dass er ein Geheimagent mitten in einer Operation war und sich auch so verhalten sollte.

„Ich habe auch schon ganz andere Sachen gesehen“, mischte sich eine weibliche Stimme ein. Scarlet, Spitzname Scar, war von allen schon am längsten bei der Truppe. Wann immer ihr Anführer Alexios abwesend war, hatte Scar das Kommando. Sie war auf ihrem Posten in der zweiten Etage des Konsulatshauses, verkleidet als Reinigungskraft. „Können wir bitte versuchen, uns zu konzentrieren? Wir sind zum Arbeiten hier, und nicht um herumzualbern.“

Stevens Blick wurde von eine kleinen Gruppe Männer angezogen, die an der Treppe standen und miteinander redeten. Das Wolfsrudel hatte keine Informationen darüber, wie die Zielperson aussah oder ob sie allein arbeitete. Seit die Machenschaften von Pan vor etwas mehr als einem Jahr ans Licht gekommen waren, stand die Gruppe ganz oben auf der Fahndungsliste von C.L.A.W. Es war eine Geheimorganisation, die jahrzehntelang unentdeckt operiert hatte. Ihre Mitglieder glaubten an die Vorherrschaft der Gestaltwandler, deren Durchsetzung offenbar damit begann, die Welt der Menschen über ihre Existenz in Kenntnis zu setzen, bevor sie die Herrschaft übernahmen. Bis jetzt war es CL.A.W. zum Glück gelungen, ihre Bemühungen zu vereiteln.

„Wie soll ich den Kerl finden, wenn wir keinen Schimmer haben, wie er aussieht?“, fragte Steven. Einer der Männer aus der kleinen Gruppe, die er beobachtete, lachte laut, dann zerstreuten sie sich. Steven entschied, dass keiner von ihnen verdächtig war, und wandte den Blick ab.

„Du warst Attentäter, bevor du zu uns kamst, Kleiner“, sagte Jam. „Such nach jemandem wie dir.“

„Tja, ich war kein besonders guter Attentäter, oder? Sonst wäre ich nicht geschnappt worden“, gab Steven zurück. „Und nenn mich nicht so.“

„Nenn dich nicht wie? Attentäter?“, fragte Jam, der sehr wohl wusste, was Steven meinte. Steven war vier Jahre jünger als Jam, und der ältere Wolf zog ihn gern damit auf, dass er der Jüngste im Rudel war.

„Du bist so ein Blödmann“, sagte Steven kopfschüttelnd.

„Ich liebe dich auch“, entgegnete Jam.

Steven hatte sich schnell im Rudel eingewöhnt, aber es war Jam, mit dem er sich am besten verstand. Steven war gerade erst vierundzwanzig geworden, aber vom Naturell her schon erwachsener als Jam, auch wenn der andere Wolf älter war. Jam war auch Anführer bei den üblichen, scherzhaften Schikanen gegenüber Neulingen gewesen und hatte ihn unentwegt geneckt und aufgezogen. Steven hatte das nichts ausgemacht, nicht wirklich. Auf diese Weise zeigte das Rudel ihm, dass sie ihn als einen der Ihren akzeptierten, das wusste er. Was er zu jenem Zeitpunkt jedoch nicht gewusst hatte: es war auch Jams Art zu flirten.

Was als gelegentliche, gemeinsame Nacht hier und da angefangen hatte, war schließlich zu etwas Regelmäßigem geworden. Auch wenn sie der Sache zwischen ihnen keinen Namen gegeben hatten, Steven hatte sich nie zuvor einer anderen Person so nahe gefühlt. Obwohl er sich oft fragte, wieso er sich mit dem Spinner abgab, der Milch direkt aus dem Karton trank und lautstark Diskussionen mit der Nachbarskatze führte, empfand Steven eine Ruhe und Zufriedenheit in seinem Leben wie nie zuvor.

„Falls wir die Sache hier wegen euch zwei Idioten verkacken, dann werfe ich euch beide den Wölfen zum Fraß vor“, warnte Scar. „Und das meine ich wörtlich.“

Während Scar noch sprach, sah Steven etwas aus dem Augenwinkel. Ein Mann ging zur Treppe und hielt dabei den Kopf gesenkt, wie um zu vermeiden, dass man sein Gesicht sehen konnte.

„Wartet. Ich habe hier vielleicht etwas“, sagte Steven. „Da ist ein Typ auf dem Weg in den zweiten Stock. Das könnte unser Mann sein. Weißes T-Shirt mit einem Logo, das ich nicht erkennen kann. Graue Shorts, schwarze Kuriertasche über der Schulter.“

„Verstanden“, antwortete Scar. Dann herrschte Stille, während Steven beobachtete, wie der Mann die Treppe hinaufging. „Hast du ihn, Jam?“

„Ich habe dich im Auge, Scar“, sagte Jam von seinem Posten auf der anderen Straßenseite aus. „Und ich sehe ihn. Er geht ins Treppenhaus mit den Notausgängen. Da gibt es keine Fenster; ich bin also blind.“

Steven hatte die Baupläne des Gebäudes gesehen und wusste, dass es nur zwei Richtungen gab, die der Mann jetzt nehmen konnte. Nach oben oder nach unten.

„Ich nehme den Aufzug“, sagte Steven. „Falls er aufs Dach will, kann ich ihm zuvorkommen.“

„Nein, wir wissen nicht sicher, ob er unser Mann ist“, sagte Scar. „Bleib, wo du bist, und halte die Augen offen.“

Stevens Bauchgefühl sagte ihm, dass er recht hatte. Er ignorierte Scars Befehl und lief zum Fahrstuhl. Wiederholt drückte er den Rufknopf, als könnte er die Ankunft der Kabine dadurch beschleunigen. Sobald die Türen aufglitten, schlüpfte er hindurch und hämmerte auf den Knopf fürs oberste Stockwerk.

„Scheiße, er ist mir entwischt“, sagte Scar. „Er hat die Tür von außen barrikadiert. Jam, kannst du ihn sehen?“

„Er ist auf dem Dach, bewegt sich zur Südseite des Gebäudes“, antwortete Jam. „Ich suche mir eine bessere Position.“

Die Fahrt im Aufzug dauerte dreißig Sekunden, schien sich jedoch ewig hinzuziehen. Noch bevor die Türen ganz offen waren, drängte Steven sich hindurch und rannte zum Notausgang gegenüber.

„Ich bin oben“, sagte er. „Ich kann ihn kriegen.“

„Scheiße!“, fluchte Scar. „Schön, aber bleib zurück. Ich nehme deinen Weg nach oben. Nähere dich nicht der Zielperson!“

Die Metalltür schlug mit einem dumpfen Knall hinter ihm zu, und er musste im hellen Sonnenlicht blinzeln. Scars Befehle wurden zu einem Stück unbedeutender Vergangenheit, als Steven sah, wie nahe er der Zielperson war. Beim Geräusch der Tür hörte der Mann auf mit dem, was immer er gerade tat, und drehte sich um.

Der Verdächtige schien türkischer Nationalität zu sein, etwa Mitte zwanzig, was zu den Beschreibungen passte, die sie bekommen hatten. Seine Augen waren weit aufgerissen und blickten entsetzt, wie die eines wilden Tieres, das dem Tod ins Auge sah.

Er stand vor einem großen Belüftungsrohr, das wie Steven wusste, für die Luftzufuhr im ganzen Gebäude zuständig war, in seinen Händen die schwarze Kuriertasche, die er über der Schulter getragen hatte. In der Botschaft befanden sich mindestens dreihundert Gestaltwandler, die ahnungslos ihrer täglichen Arbeit nachgingen. Falls sich in der Tasche Quantum befand und es dem Mann gelang, sie in das Belüftungsrohr zu werfen, würde jeder im Gebäude betroffen sein und sich gezwungenermaßen seinen niedrigsten, tierischen Instinkten ergeben. Raubtiere würden ihre Beute angreifen. Ein Blutbad wäre die Folge.

Steven wusste nicht, wer dieser Mann war. Aber er wusste – so wie der Mann vor Scar geflohen war, und aufgrund der nackten Angst, die ihm ins Gesicht geschrieben stand – dass der Kerl drauf und dran war, sein Leben wegzuwerfen.

„Hör zu“, begann Steven und hob beide Hände, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. „Ich kenne dich nicht. Ich weiß nicht, warum du das hier tust. Ich weiß nicht, was in deinem Leben passiert ist, das dich zu diesem Moment geführt hat. Aber ich weiß, dass du Angst hast. Und ich weiß, wie es ist, sich in einer so abgefuckten Lage zu befinden, wo du dich fragst, wie zur Hölle es nur so weit kommen konnte.“

„Steven, was zum Henker glaubst du, dass du da tust?“, fauchte Scar in seinem Ohr.

„Ich bin in Position“, sagte Jam. „Aber ich habe kein freies Schussfeld. Steven, du musst ein Stück nach links.“

„Ich will gar nicht hier sein“, gestand der Mann. Seine Hände zitterten. „Aber ich habe keine Wahl.“

„Wovon redest du?“, fragte Steven. „Man hat immer eine Wahl.“

„Nein“, antwortete der Mann. Er drückte die Kuriertasche an sich und öffnete sie.

Er hatte Tränen in den Augen und Schweißperlen auf der Stirn. Steven hatte angenommen, dass der Mann vorhatte, Quantum in die Belüftung zu werfen, um das ganze Gebäude zu verseuchen. Aber es war kein Kanister, den Steven aus der Tasche herausgucken sah.

„Oh Gott“, stieß Steven hervor und machte einen Schritt rückwärts. „Er hat eine Bombe.“

„Scheiße“, schrie Jam. „Steven, weg da! Du blockierst meine Schusslinie.“

„Mit wem redest du?“, fragte der Mann.

„Mit meinen Freunden“, antwortete Steven, der sich spontan entschied, ehrlich zu sein. „Hör zu, in was für Schwierigkeiten du auch steckst, welchen Grund du auch immer für das hier hast, es ist nicht dein Leben wert. Glaub mir, so willst du nicht enden.“

„Steven, du hast einen Befehl bekommen. Jetzt beweg dich!“, schrie Scar ihn an.

Steven bekam weiche Knie. Er wusste, er sollte auf sie hören und tun, was sie sagten, aber er kannte den Blick in den Augen des Mannes, kannte ihn nur zu gut. Er war wie ein Wolf, der in einer Bärenfalle hing, bereit, sich den eigenen Fuß abzunagen. Steven erkannte sich selbst in dem Mann.

„Bitte lass mich dir helfen“, bat Steven.

„Verdammte Scheiße, Kleiner, aus dem Weg!“, brüllte Jam.

„Du verstehst das nicht. Ich habe keine Wahl“, schrie der Mann ihn an. Die Tränen, die ihm in die Augen gestiegen waren, begannen zu fallen.

„Okay“, sagte Steven und hob seine Hände noch ein wenig höher, um ihn zu beschwichtigen. „Dann rede mit mir. Erklär mir, warum.“

„Jam, schieß“, befahl Scar.

„Negativ, kein freies Schussfeld“, widersprach Jam.

„Steven, das ist deine letzte Warnung“, sagte Scar. „Jam, du führst jetzt den verdammten Schuss aus!“

„Steven“, flehte Jam. „Wenn er die Bombe in das Rohr fallen lässt, dann landet sie ganz unten im Parterre. Eine Explosion so nah beim Fundament kann das ganz Gebäude einstürzen lassen. Hunderte werden sterben, du und Scar eingeschlossen.“

Steven wusste, dass Jam recht hatte. Ihm war ganz übel. Vielleicht konnte er dem Mann die Sache ausreden, wenn er doch nur die Zeit anhalten könnte.

„Okay, ich bewege mich“, sagte er niedergeschlagen. Er trat einen Schritt zur Seite. Als der Mann begriff, warum, riss er entsetzt die Augen auf.

Dann passierte alles furchtbar schnell. Aber Steven kam es trotzdem vor wie in Zeitlupe.

Der Mann hob die Tasche hoch – scheinbar, um sie in den Schacht zu werfen – aber das war nicht, was er als Nächstes tat.

Stattdessen drehte er sich um und erwartete offenbar zu sehen, mit wem Steven redete. In der winzigen Zeitspanne, die Jams Kugel brauchte, um den Lauf zu verlassen und ihr Ziel zu erreichen, drückte der Mann die Tasche in Brusthöhe an sich, und das Projektil traf den Sprengstoff in der Tasche.

Dann nahm die Zeit wieder ihr normales Tempo auf – Stimmen schrien in Stevens Ohr, und im nächsten Atemzug wurde er von glühender Hitze eingehüllt und flog rückwärts über das Dach.

Kapitel 2

Teil des Wolfsrudels zu sein, war wie einer verrückten Familie anzugehören, in der sich alle gleichermaßen hassten und liebten und nicht ohne einander leben konnten. Ein Wolfwandler ohne Rudel war wie ein Regenbogen, der nur aus Grautönen bestand, bedrückend und unzureichend. Man verlor nie das Gefühl, dass etwas Entscheidendes fehlte. So war es zumindest für James „Jam“ Smith gewesen, bevor er zu C.L.A.W. gekommen war. Deshalb blieben Wölfe in der Regel auch ein Leben lang bei ihrem Geburtsrudel, außer sie nahmen sich einen Gefährten und schlossen sich deshalb einem anderen Rudel an.

Das Wolfsrudel von C.L.A.W. war kein gewöhnliches Rudel. Zwar war Alexios ihr Alpha, aber er war von Direktor Philips als solcher eingesetzt worden und unterstand dem Walrosswandler. Viele Wölfe würden deswegen auf Alexios herabsehen – einen Alpha, der von jemand anderem Befehle entgegen nahm. Jam hatte selbst schon gesehen, wie arrogant Alphas sein konnten. Aber Alexios’ Charakterstärke und Entschlossenheit, das Beste aus der Situation zu machen, rang Jam allenfalls noch mehr Respekt ab.

Alle Mitglieder des C.L.A.W.-Wolfsrudels hatten ihre früheren Rudel entweder verlassen oder waren aus ihnen verbannt worden, aus verschiedenen Gründen. Jeder, der schließlich beim MI6 landete, war irgendwie beschädigt, zumindest ein bisschen.

Jam hatte immer wieder von Leuten gehört, dass sie Krankenhäuser hassten, und falls sie jemals jemand Geliebten leiden gesehen hatten, dann verstand er ihre Abneigung. Aber Jam fand Krankenhäuser faszinierend. Schon immer hatte er Leute bewundert, die fähig waren, ihr Leben der Linderung und Heilung des Leidens anderer zu widmen.

Über die Jahre hatte er schon oft in Wartezimmern gesessen, während ein Mitglied seines Rudels zusammengeflickt wurde. In der Regel vertrieb er sich die Zeit damit, die anderen Leute zu beobachten und jeden nur denkbaren Aspekt menschlicher Emotionen zu studieren. Lächelnde Paare, die ihr neugeborenes Baby mit nach Hause nahmen, und trauernde Witwer, die nicht wussten, wie sie fortan ohne ihre bessere Hälfte leben sollten.

Dieses Mal jedoch war es anders. Dieses Mal war er derjenige, der ein breites Spektrum von Gefühlen durchlief.

Eine alte Frau in einer Stola ging an ihm vorbei und starrte ihn erschrocken an, bevor sie hastig den Blick abwandte. Jam war solche Blicke gewohnt. Er war eine ein Meter neunzig hohe Wand aus festen Muskeln. Er hatte einen rasierten Schädel, sein Kiefer trug die Bartstoppeln einer Woche, und eine blasse Narbe verlief durch seine linke Braue, über das Auge und schräg an seiner Wange hinab. All das, kombiniert mit seinem starken Ost-London-Akzent und dem Umstand, dass seine Arme und seine Brust mit Tattoos bedeckt waren, führte dazu, dass Leute ihn sofort in eine bestimmte Schublade steckten. Scarlet sagte, er sähe aus wie ein Schlägertyp, und ermahnte ihn immer scherzhaft, keine kleinen Kinder zu erschrecken, wenn sie unterwegs waren.

Die Wahrheit aber war: seine Lieblingsfarbe war Pink, und er schlief in einem Pyjama-Unterteil mit Teddybär-Aufdruck – ein Geschenk von Steven – und seine Lieblings-TV-Serie war Buffy, die Vampirjägerin.

Während er vor Stevens Krankenzimmer stand und seinen Mut sammelte, um hineinzugehen, vibrierte plötzlich sein Telefon in seiner Tasche. Er verzog das Gesicht, als er sah, dass es sein Alpha war.

„Boss“, sagte Jam, als er den Anruf entgegennahm. „Wie war’s in Kuba?“

„Alles lief bestens, was man anscheinend von euch Jungs nicht gerade sagen kann“, antwortete Alexios überraschend ruhig.

Jam wusste, wie ernst Scar ihren Job nahm, genau wie die Tatsache, dass Alexios ihr die Leitung dieser Mission übertragen hatte. Es war also keine Überraschung, das sie ihrem Alpha bereits einen vollständigen Bericht gegeben hatte.

„Tja, die gute Nachricht ist, dass wir die Explosion des ganzen Gebäudes verhindern konnten und es nur einen Toten gab“, sagte Jam. „Aber, ja … es hätte deutlich besser laufen können.“

„Und Steven? Wie geht es ihm?“

Was Alexios zu einem so großartigen Anführer machte, war, dass er seine Leute hart rannehmen konnte, wenn nötig, er sich aber auch aufrichtig um alle sorgte.

„Er hat einige Verbrennungen erlitten und sich den einen oder anderen Muskel gezerrt, aber er kommt wieder in Ordnung, sagen die Ärzte“, antwortete Jam.

„Und du?“, fragte Alexios mit so viel Mitgefühl, dass Jam es fast nicht ertrug.

„Ich? Mir geht es bestens, Boss. Ich habe keinen Kratzer abgekriegt.“

„Du weißt, das ist nicht, wonach ich gefragt habe.“

Jam biss in den sauren Apfel und öffnete die Tür zu Stevens Zimmer. Der Kleine lag im Bett, immer noch bewusstlos von den Medikamenten, die er bekommen hatte. An seiner Brust waren Drähte befestigt, die seinen Herzschlag maßen. Es war schwer, ihn so sehen zu müssen.

„Ich bin okay“, versicherte Jam Alexios.

Alle im Rudel wussten über Jam und Steven Bescheid. Jam war in seinem Leben schon vieler Dinge beschuldigt worden, aber die Neigung zur Diskretion gehörte nicht dazu. Er war vollkommen schamlos. Es war ihm buchstäblich unmöglich, sich wegen irgendetwas zu schämen. Aber selbst, wenn es nicht so wäre – niemals könnte er sich wegen Steven schämen. Steven war in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil von Jam, aber Jam fand ihn einfach toll. Es war so einfach, mit ihm zusammen zu sein. Jam brachte den Kleinen zum Lachen – was manchmal gar nicht so einfach war – und Steven erinnerte Jam daran, wann es Zeit war, Dinge ernst zu nehmen.

Jam war vorher noch nie in einer Beziehung gewesen, hatte nie mehr gehabt als unverbindlichen Sex und lockere Verhältnisse. Er erledigte die Sache, dann machte er sich aus dem Staub.

Steven jedoch hatte von Anfang an seinen Beschützerinstinkt geweckt, wie bei einem großen Bruder. Aber nachdem sie einige Monate so eng zusammengearbeitet hatten, hatte dieses Gefühl sich in etwas anderes verwandelt. Manchmal verspürte er unwillkürlich den Drang, Steven ganz für sich behalten und ihn gegen andere verteidigen zu müssen, sogar gegenüber den anderen aus dem Rudel. Es war, als hätte sein Wolf vom ersten Moment an tief in sich gespürt, dass Steven zu ihm gehörte.

„Scar sagte, er hätte ihre Befehle missachtet“, sagte Alexios.

Jam strich Steven eine Haarsträhne aus der Stirn. „Er versuchte, das Leben eines Mannes zu retten.“

„Ich verstehe das, aber er muss begreifen, dass so etwas nie wieder passieren darf.“

„Oh, du kannst mir glauben – falls er je wieder so sein Leben riskiert, werde ich ihn zu seinem eigenen Besten irgendwo einsperren“, versicherte Jam seinem Alpha.

Nach einigen Sekunden Schweigen antwortete Alexios: „Jam, du solltest wirklich lernen, deine Gefühle auf eine gesunde Weise auszudrücken.“

Jam runzelte die Stirn und ließ sich auf einen Stuhl neben Stevens Bett fallen. „Was meinst du damit?“

Alexios seufzte. „Schon gut. Pass einfach auf ihn auf.“

„Immer“, sagte Jam. „Nimm ihn nicht zu hart ran. Er dachte, er täte das Richtige.“

„Es ist nicht die Standpauke von mir, vor der er sich fürchten muss. Kits enttäuschter Blick wird viel schlimmer sein“, sagte Alexios. Seine Stimme klang liebevoll, als er von seinem Gefährten sprach.

„Oh, den Blick habe ich schonmal zu spüren bekommen. Ist kein Spaß“, stimmte Jam zu.

Alexios lachte schnaubend. „Ich bin der Alpha eines Rudels von Wölfen. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Katzenwandler das Sagen hat?“

„Keinen Schimmer. Kit kann ziemlich furchterregend sein, wenn er will“, sagte Jam. „Und keiner hat mehr Bammel vor ihm als Steven.“

Alexios lachte leise. Die Zuneigung in der Stimme des Alphas, wenn der von seinem Gefährten sprach, hatte Jam geholfen, seine eigenen Gefühle zu verstehen. Für ihn war Steven alles, was er wollte. Alles, was er brauchte.

„Ich muss hier noch das Eine oder Andere zum Abschluss bringen. Ich sehe dich morgen in London.“

„Alles klar, Boss.“

Jam beendete die Verbindung und steckte sein Telefon wieder ein. Er lehnte sich im Stuhl zurück und erlaubte sich, den anderen Wolf richtig anzusehen. Er wünschte sich nichts mehr, als dass Stevens grüne Augen ihn ebenfalls ansehen würden. Es fiel ihm schwer, Gefühle in Worte zu fassen; er war einfach nicht wie die meisten anderen Wölfe erzogen worden, mit Liebe und Offenheit. Aber er und Steven hatten nie viele Worte gebraucht, um zu wissen, was sie einander bedeuteten.

Er wusste, dass auch Steven in kein gutes Rudel hineingeboren worden war. Es gab also keinen Grund auf der Welt anzunehmen, dass ihre Beziehung funktionieren würde, und doch tat sie es. Ein Teil von ihm glaubte immer noch, dass Steven Besseres verdiente als den abgefuckten Sohn eines Psychopathen. Er verdiente die Welt. Und Jam war entschlossen, einen Weg zu finden, wie er sie ihm geben konnte.

Kapitel 3

Als Steven zu sich kam, hörte er ein piependes Geräusch. Der unverwechselbare Geruch von Desinfektionsmitteln verriet ihm, dass er sich in einem Krankenhaus befand, noch bevor er die Augen öffnete. Es war kein Ort, an dem Gestaltwandler für gewöhnlich viel Zeit verbrachten, da die meisten Verletzungen bei ihnen von selbst heilten.

Welchen Schaden er auch immer davongetragen hatte, es musste ziemlich übel sein, sonst wäre er nicht hier. Er öffnete die Augen und wusste bereits, dass Jam im Raum war, obwohl er ihn wegen des überwältigen Klinikgeruchs nicht riechen konnte.

Jam saß neben seinem Bett in einem Stuhl und starrte so finster auf die Maschine, an die Steven angeschlossen war, als würde ihre bloße Existenz ihn persönlich beleidigen. Als er merkte, dass Steven wach war, richtete er seinen Blick auf ihn.

„Idiot!“, sagte Jam zu ihm, aber seine Stimme klang nicht wütend.

Er wirkte erschöpft, und unter seinen kornblumenblauen Augen waren dunkle Schatten. Steven fühlte sich augenblicklich ein wenig schuldig, weil er wusste, dass er die Ursache dafür war.

„Wie sauer ist sie?“, war das Erste, das Steven sagte.

„Scar? Ziemlich sauer. Ich hätte den Kerl ausschalten können, bevor alles den Bach runterging, wenn du nicht im Weg gestanden hättest“, antwortete Jam. Der sonst so unbeschwerte Mann wirkte recht mordlustig. Normalerweise war Jam Herz und Seele einer jeden Party. Er war der Typ, der sich mit beiden Beinen in jede Gefahr stürzte und dabei aus voller Kehle alte Queen-Songs sang wie ein Irrer.

Steven verspürte leichte Schmerzen im Rücken, aber damit kam er zurecht. Womit er nicht fertig wurde, war der Ausdruck in Jams Gesicht. Es war eine gleichmäßige Mixtur aus Enttäuschung und Zorn, und Steven wollte den Kopf einziehen.

„Es tut mir leid“, sagte Steven und hasste, wie schwach er klang. „Ich dachte, ich könnte es ihm ausreden.“

Jam fuhr sich frustriert mit den Fingerspitzen über die kurzen Stoppeln auf seinem Kopf. „Man kann nicht jeden retten, Kleiner. Du hast damit dein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt.“

„Ist das nicht, was wir tun?“, fragte Steven, während er sich behutsam aufsetzte. Vielleicht verzog er dabei mehr das Gesicht, als eigentlich nötig war, aber er wusste, dass er am ehesten wieder Jams Wohlwollen gewinnen konnte, wenn er an dessen Mitgefühl appellierte.

Innerhalb von Sekunden war der andere Wolf auf den Füßen und richtete das Kissen hinter Steven. „Wir riskieren unser Leben nicht für Leute, die selbst das Leben anderer riskieren.“

„Ich dachte nur … Es tut mir leid“, sagte Steven. Ihm war klar, dass Widerspruch ihm jetzt nichts Gutes einbringen würde. „Ich schätze, er erinnerte mich irgendwie an mich selbst.“

„Inwiefern?“, fragte Jam aufgebracht und setzte sich wieder hin. „Genauso jung und dumm?“

Dagegen konnte Steve schlecht etwas sagen. „Ich habe viele Fehler begangen, die mich auf ziemlich üble Abwege geführt haben. Wenn Kit nicht gewesen wäre … ich will gar nicht darüber nachdenken, wo ich jetzt wäre, hätte er nicht irgendetwas in mir gesehen, das sich zu retten lohnte.“

Seine Kindheit war … kompliziert gewesen und hatte ihn ernsthaft traumatisiert.

Um zu überleben, hatte er hier und da Jobs angenommen, und die meisten davon waren nicht ganz legal gewesen. Es war nicht viel Überzeugung nötig gewesen, damit er sich einverstanden erklärte, für einen Mann zu arbeiten, von dem er gewusst hatte, dass es einer von den Bösen war. Dass er den Auftrag erhalten hatte, Clearwater zu kidnappen – das Gehirn hinter den Operationen von C.L.A.W. – war eine glückliche Fügung des Schicksals gewesen, genau wie der Umstand, dass Kit dabei gewesen war und darauf bestanden hatte, C.L.A.W nur dann beizutreten, wenn sie auch Steven aufnahmen. Jetzt war Kit mit Stevens neuem Alpha verpaart, und auch wenn Steven immer noch glaubte, sich ständig beweisen zu müssen, so hatte er doch endlich das Gefühl, seinen Platz in der Welt gefunden zu haben.

„Was sagte Alexios zu dir, als du ins Rudel aufgenommen wurdest?“, fragte Jam. „Was er jedem von uns sagte.“

„Dass bei ihm jeder eine zweite Chance bekommt, aber nur einmal“, antwortete Steven.

„Du hast dem Kerl auf dem Dach eine Wahl gegeben, eine zweite Chance, und er entschloss sich, sie nicht zu ergreifen“, sagte Jam. „Großer Gott, Kleiner, ich sah, wie du durch die Luft flogst, und ich war auf der ganz anderen Straßenseite.“

„Wurde sonst noch jemand verletzt?“, fragte Steven.

„Nein, nur du“, antwortete Jam. „Und der Bomber.“

Er sah immer noch ziemlich sauer aus, was Steven verstand, aber es war nicht so, als würde Jam nicht selbst ständig herumlaufen und dumme Sachen machen.

„Ich weiß, ich hab’s vermasselt, und ganz bestimmt werde ich sowohl von Scar als auch von Alexios was zu hören bekommen“, sagte Steven. „Aber von dir brauche ich das nun wirklich nicht auch noch, okay?“

Jam schüttelte den Kopf. „Du raffst es nicht, oder? Die Mission ist mir schnurzegal, genau wie die Tatsache, dass du einen Befehl missachtest hast. Mir geht es darum, dass du beinahe getötet worden wärest.“

Leute um sich zu haben, denen er etwas bedeutete, wirklich und aufrichtig, war etwas Neues für Steven. Er erinnerte sich noch immer daran, wie seine Mutter an dem Tag ausgesehen hatte, als sie ihn weggegeben hatte … als hätte sie nicht das Geringste für ihn gefühlt. Daran zu glauben, dass jemand wirklich etwas für ihn empfand, war gewöhnungsbedürftig.

„Ich dachte nicht–“

„Ganz genau“, fiel Jam ihm ins Wort. „Du hast nicht gedacht. Du … tu so etwas einfach nie wieder. Okay?“

Steven nickte. Ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus. Das konnte natürlich an den Schmerzmitteln liegen, mit denen die Maschine ihn sicher vollpumpte, aber wahrscheinlicher lag es an dem Wissen, dass er Jam wirklich viel bedeutete.

„Ist er tot? Der Kerl auf dem Dach?“, fragte Steven.

Jam senkte den Blick auf seine Hand, die auf dem Bett lag. „Ja. Aber er war nicht unser Terrorist.“

„Wer war er dann?“, fragte Steven stirnrunzelnd.

„Emel Demir. Er wachte an jenem Tag auf und stellte fest, dass seine Frau und sein Kind verschwunden waren“, erklärte Jam.

---ENDE DER LESEPROBE---