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Beschreibung

Vorwort. Lustspiele, Komödien, Tragödien, Dramen – viele klassische Werke sind für die meisten Menschen heute Bücher mit sieben Siegeln. Insbesondere die altertümliche Sprache und der sprachliche Aufbau als Bühnenstück lassen nicht nur Schülerinnen und Schüler verzweifeln. Die Reihe "Kein Drama" bringt alte Klassiker in Prosa neu heraus. So werden sie endlich für jede und jeden verständlich. Inhaltlich bleiben die Neufassungen stets dicht am Original. Daher sind teilweise Begriffe enthalten, die heute gemeinhin als diskriminierend wahrgenommen werden. Auch die Struktur ist jeweils abhängig von der genutzten Vorlage – daher sind missverständliche Passagen unvermeidlich.

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Seitenzahl: 90

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Prolog

Was Medizin nicht heilt, heilt das Schwert. Was das Schwert nicht heilt, heilt das Feuer.— Nach Hippokrates

Deutschland, irgendwann in den späten Jahren des 18. Jahrhunderts.

Die Geschichte, die ich dir erzählen werde, erstreckt sich über etwa zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen eine Familie zerbricht, Brüder zu Todfeinden werden und die Grenze zwischen Gerechtigkeit und Rache vollständig verschwimmt.

Das Schloss der Familie von Moor thronte majestätisch über dem Tal, umgeben von dichten Wäldern und sanften Hügeln. Von außen wirkte es wie ein Ort des Friedens und der Ordnung. Doch hinter den dicken Steinmauern braute sich ein Sturm zusammen, der bald das ganze Land erschüttern sollte.

Graf Maximilian von Moor war ein alter Mann geworden. Die Jahre hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben, und seine einst so kräftige Gestalt war gebeugt von der Last der Verantwortung. Er hatte zwei Söhne – so unterschiedlich wie Tag und Nacht, wie Feuer und Eis.

Karl, der Ältere, war ein Feuergeist. Leidenschaftlich, idealistisch, getrieben von einem unstillbaren Durst nach Gerechtigkeit. Seine dunklen Augen brannten mit einer Intensität, die Menschen anzog und gleichzeitig erschreckte. Er studierte in Leipzig, weit weg vom väterlichen Schloss, und träumte von einer besseren Welt.

Franz, der Jüngere, war das genaue Gegenteil. Wo Karl heiß brannte, war Franz kalt wie Eis. Sein blasses Gesicht zeigte selten Emotionen, und wenn er lächelte, erreichte das Lächeln nie seine Augen. Er war klug, berechnend und verbarg seine wahren Gedanken hinter einer Maske der Höflichkeit.

Dann war da noch Amalia von Edelreich. Sie war die Nichte des Grafen, aufgewachsen im Schloss wie eine Tochter. Mit ihren goldenen Haaren und dem sanften Lächeln war sie der Sonnenschein in den düsteren Gemäuern. Karl liebte sie mit der gleichen Leidenschaft, mit der er alles tat. Und sie liebte ihn zurück – bedingungslos, trotz seiner wilden Art.

In Leipzig hatte Karl eine Gruppe Gleichgesinnter um sich geschart. Spiegelberg war der Erste unter ihnen – ein Mann mit scharfer Zunge und noch schärferem Verstand, getrieben von Neid und Ehrgeiz. Schweizer war das Gegenteil: groß, stark und loyal bis in den Tod. Grimm trug seinen Namen zu Recht – ein düsterer Geselle mit einem Hang zur Gewalt. Dazu kamen Razmann, Schufterle, Roller, Kosinsky und Schwarz – alles junge Männer, die mit der Welt haderten und nach einem Ventil für ihre Wut suchten.

Im Schloss selbst lebte noch Hermann, ein Bastard von adeliger Abstammung, der zwischen den Welten gefangen war – zu gut für die Dienerschaft, zu niedrig für den Adel. Und da war Daniel, der alte Hausknecht, der schon dem Vater des Grafen gedient hatte und dessen Loyalität unerschütterlich schien.

Pastor Moser kam regelmäßig ins Schloss, um die Seelen der Familie zu betreuen. Ein Mann Gottes, der an das Gute im Menschen glaubte, auch wenn die Realität ihn immer wieder eines Besseren belehrte. Gelegentlich besuchte auch ein Pater aus dem nahegelegenen Kloster die Familie, meist wenn es um wichtige geistliche Angelegenheiten ging.

Dies sind die Spieler in unserem Drama. Menschen aus Fleisch und Blut, getrieben von Liebe und Hass, Ehrgeiz und Verzweiflung. Ihre Schicksale sind miteinander verwoben wie die Fäden eines Netzes, und wenn einer zieht, bewegen sich alle anderen mit.

Die Geschichte beginnt an einem grauen Herbsttag, als ein Brief aus Leipzig im Schloss eintrifft. Ein Brief, der alles verändern wird...

1: Der gefälschte Brief

Der Morgen kroch grau und schwer über die fränkischen Hügel. Im Schloss der Familie von Moor herrschte die typische Stille eines Herbsttages, durchbrochen nur vom gelegentlichen Knarren alter Holzdielen und dem fernen Rauschen des Windes in den Bäumen.

Franz von Moor stand vor dem Spiegel in seinem Zimmer und übte sein besorgtes Gesicht. Die Augenbrauen leicht zusammengezogen, die Mundwinkel nach unten - perfekt. Drei Monate hatte er an diesem Moment gearbeitet. Drei Monate, in denen er Karls Handschrift studiert hatte, jeden Schwung, jeden Punkt, bis er sie perfekt nachahmen konnte. Der Brief in seiner Tasche fühlte sich an wie glühende Kohle.

Er fand seinen Vater im großen Saal, wo die Familienporträts von den Wänden starrten - stumme Zeugen vergangener Generationen, die auf das blickten, was aus ihrem Erbe werden würde. Der alte Graf Maximilian saß in seinem Ledersessel am Kamin, obwohl kein Feuer brannte. Das fahle Morgenlicht, das durch die hohen Fenster fiel, ließ ihn noch älter aussehen als seine siebzig Jahre.

"Geht's dir gut, Vater?" Franz trat näher, seine Stimme sorgfältig moduliert. "Du siehst ziemlich blass aus."

Der Graf hob müde den Kopf. Seine Augen, einst so scharf wie die eines Falken, waren trüb geworden. "Mir geht's gut, mein Sohn." Er seufzte leise, als würde jeder Atemzug Kraft kosten. "Was wolltest du mir sagen?"

"Die Post aus Leipzig ist da", sagte er beiläufig, während er so tat, als würde er durch seine Mails scrollen. "Von unserem Kontakt an der Uni."

Bei der Erwähnung Leipzigs richtete sich der alte Mann auf. Seine Augen bekamen plötzlich wieder Leben. "Von Karl? Gibt es Nachrichten von Karl?"

"Hm." Franz verzog das Gesicht zu einer perfekt einstudierten Grimasse. Er hatte diese Reaktion dreimal vor dem Spiegel geübt. "Ja, es geht um Karl. Aber..." Er pausierte, genoss die Spannung. "Ich weiß nicht, ob du das wirklich hören willst, Vater. Dein Herz..."

"Was ist mit Karl?" Die knochigen Finger des Grafen krallten sich in die Armlehnen. "Sprich!"

Franz tat so, als würde er zögern. In Wahrheit hatte er diesen Moment seit Jahren geplant. Jedes Wort des Briefes, den er vor einer Stunde selbst geschrieben hatte, war kalkuliert. "Vielleicht solltest du dich erst hinsetzen... Oh, du sitzt ja schon."

"Franz!" Die Stimme des alten Mannes bekam einen scharfen Unterton. "Wenn du etwas über deinen Bruder weißt, dann sag es!"

"Okay, okay." Franz hob beschwichtigend die Hände. "Aber don't shoot the messenger, ja?" Er räusperte sich theatralisch und begann zu lesen: "Leipzig, 1. Mai. Sehr geehrter Herr von Moor, es fällt mir unendlich schwer, Ihnen dies mitteilen zu müssen, aber mein Gewissen und meine Freundschaft zu Ihrer Familie zwingen mich dazu..."

Der Graf lehnte sich vor. "Weiter!"

"Ihr Sohn Karl..." Franz machte eine kunstvolle Pause, "...wurde letzte Nacht verhaftet."

Die Stille, die folgte, war so dicht, dass man sie hätte schneiden können. Der alte Mann sackte in seinem Stuhl zusammen, als hätte jemand ihm die Luft aus den Lungen gepresst.

"Verhaftet?" Das Wort kam kaum hörbar über seine Lippen.

Franz nickte ernst. "Es kommt noch schlimmer, Vater. Soll ich weiterlesen?"

"Alles. Ich will alles wissen."

Franz fuhr fort, seine Stimme nahm einen bedauernden Ton an: "Die Anschuldigungen gegen Ihren Sohn sind schwerwiegend. Er hat Schulden in riesiger Höhe angehäuft, hauptsächlich durch Glücksspiel und..." er pausierte wieder, "...durch die Finanzierung eines ausschweifenden Lebensstils."

Der Graf stöhnte leise.

"Das ist noch nicht alles", fuhr Franz fort, nun mit gespieltem Widerwillen. "Er wird beschuldigt, die Tochter eines angesehenen Bankiers verführt und geschwängert zu haben. Der Vater des Mädchens hat Anzeige erstattet. Außerdem..." Franz blickte auf, als würde er prüfen, ob sein Vater noch mehr ertragen könnte, "...hat er einen Kommilitonen im Duell schwer verletzt. Der junge Mann schwebt zwischen Leben und Tod."

"Mein Gott." Der alte Graf presste die Hände vors Gesicht. "Mein Karl. Mein erstgeborener Sohn."

"Es tut mir so leid, Vater." Franz legte eine Hand auf die Schulter des alten Mannes. Die Berührung war kalt, berechnend. "Aber es kommt noch ein Nachsatz. Karl ist aus der Haft geflohen. Man hat Haftbefehle erlassen. Er ist jetzt ein Flüchtiger."

Der Graf begann zu weinen. Es waren die hilflosen Tränen eines gebrochenen Mannes. "Mein Name", schluchzte er. "Unser ehrlicher Name. Dreihundert Jahre Familiengeschichte, beschmutzt, ruiniert..."

Franz kniete sich vor seinen Vater, nahm dessen zitternde Hände in seine. "Vater, hör mir zu. Karl war schon immer... anders. Erinnere dich an seine Wutausbrüche als Kind. An die Prügeleien in der Schule. Wir haben die Zeichen ignoriert, weil wir ihn liebten. Aber sein feuriger Geist, seine Leidenschaft - sie haben ihn ins Verderben geführt."

"Er war so begabt", murmelte der Graf. "So intelligent. Alle Professoren haben ihn gelobt."

"Intelligenz ohne Moral ist gefährlich, Vater. Das siehst du jetzt." Franz stand auf, ging zum Fenster und blickte hinaus, als müsste er seine eigenen Emotionen sammeln. In Wahrheit verbarg er ein Lächeln. "Es gibt nur einen Weg, die Familie zu retten."

"Welchen?"

Franz drehte sich um, sein Gesicht eine Maske aus gespielter Trauer. "Du musst ihn verstoßen. Öffentlich. Deutlich. Nur so können wir den Namen Moor retten."

"Meinen eigenen Sohn verstoßen?" Der Graf schüttelte schwach den Kopf. "Das kann ich nicht."

"Du musst!" Franz' Stimme wurde schärfer. "Denk an unsere Geschäftspartner. An unseren Ruf. An die Zukunft des Hauses Moor. Wenn du Karl nicht verstößt, werden wir alle mit ihm untergehen."

Der alte Mann schwieg lange. Franz konnte förmlich sehen, wie der innere Kampf in ihm tobte. Vaterliebe gegen Familienehre. Hoffnung gegen Realität.

"Schreib ihm", sagte der Graf schließlich mit gebrochener Stimme. "Schreib Karl, dass er... dass er nicht mehr mein Sohn ist."

Franz musste sich beherrschen, um nicht zu triumphieren. "Das ist die richtige Entscheidung, Vater. Schwer, aber richtig."

"Lass mich allein", flüsterte der Graf. "Ich muss... nachdenken."

Franz verbeugte sich leicht und verließ den Saal. Kaum hatte sich die schwere Eichentür hinter ihm geschlossen, erlaubte er sich ein kaltes Lächeln. Phase eins seines Plans war perfekt verlaufen.

Er hatte bereits den nächsten Brief vorbereitet - den, den Karl erhalten würde. Einen Brief, in dem der Vater seinen Sohn verstieß, ihn enterbte, ihm jede Rückkehr verwehrte. Natürlich würde der alte Mann diesen Brief nie schreiben. Franz würde das für ihn erledigen.

Während er die Treppe zu seinem Zimmer hinaufstieg, dachte Franz an seinen Bruder. Karl, der Goldene. Karl, der Geliebte. Karl, der alles hatte, was Franz verwehrt blieb - die Liebe des Vaters, das Erstgeburtsrecht, Amalia.

"Bald", murmelte Franz vor sich hin. "Bald wird alles mir gehören."

Im großen Saal saß Graf Maximilian von Moor allein in der wachsenden Dunkelheit. Die Porträts seiner Vorfahren blickten stumm auf ihn herab. Er wusste nicht, dass er gerade seinen Sohn an eine Lüge verloren hatte. Er wusste nicht, dass der wahre Feind nicht in Leipzig war, sondern unter seinem eigenen Dach lebte.

Draußen begann es zu regnen. Die ersten schweren Tropfen schlugen gegen die Fenster wie eine düstere Vorahnung dessen, was noch kommen sollte.

Kapitel 2: Die Geburt eines Räubers

Leipzig, Anfang Mai

Die Taverne "Zum Goldenen Löwen" war um diese Uhrzeit fast leer. Nur in einer Ecke saß eine Gruppe Studenten, die schon seit dem Nachmittag tranken. Der Rauch ihrer Zigaretten hing schwer in der Luft, vermischte sich mit dem Geruch von verschüttetem Bier und altem Holz.

Karl von Moor saß mit dem Rücken zur Wand, ein aufgeschlagenes Buch vor sich - Rousseaus "Gesellschaftsvertrag". Aber seine Augen starrten durch die Seiten hindurch ins Nichts. Um ihn herum seine engsten Freunde: Spiegelberg, der nervös mit einer Münze spielte; Schweizer, dessen massige Gestalt den halben Tisch einnahm; Grimm, der düster in sein Bierglas starrte; und die anderen - Razmann, Schufterle, Roller, Schwarz - alle warteten sie auf irgendetwas, ohne zu wissen, worauf.