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Lustspiele, Komödien, Tragödien, Dramen – viele klassische Werke sind für die meisten Menschen heute Bücher mit sieben Siegeln. Insbesondere die altertümliche Sprache und der sprachliche Aufbau als Bühnenstück lassen nicht nur Schülerinnen und Schüler verzweifeln. Die Reihe "Kein Drama" bringt alte Klassiker in Prosa neu heraus. So werden sie endlich für jede und jeden verständlich. Inhaltlich bleiben die Neufassungen stets dicht am Original. Daher sind teilweise Begriffe enthalten, die heute gemeinhin als diskriminierend wahrgenommen werden. Auch die Struktur des mit KI-Unterstützung übersetzten Textes ist jeweils abhängig von der genutzten Vorlage – daher sind missverständliche Passagen nicht ganz ausgeschlossen.
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Seitenzahl: 139
Veröffentlichungsjahr: 2025
Vorwort.
Lustspiele, Komödien, Tragödien, Dramen – viele klassische Werke sind für die meisten Menschen heute Bücher mit sieben Siegeln. Insbesondere die altertümliche Sprache und der sprachliche Aufbau als Bühnenstück lassen nicht nur Schülerinnen und Schüler verzweifeln. Die Reihe „Kein Drama“ bringt alte Klassiker in Prosa neu heraus. So werden sie endlich für jede und jeden verständlich.
Inhaltlich bleiben die Neufassungen stets dicht am Original. Daher sind teilweise Begriffe enthalten, die heute gemeinhin als diskriminierend wahrgenommen werden. Auch die Struktur des mit KI-Unterstützung übersetzten Textes ist jeweils abhängig von der genutzten Vorlage – daher sind missverständliche Passagen nicht ganz ausgeschlossen.
Erster Akt, Erste Szene
Am hohen Felsenufer des Vierwaldstättersees, gegenüber von Schwyz, stand eine kleine Hütte nahe am Wasser. Ein Fischerjunge ruderte in seinem Kahn über den See. In der Ferne konnte man die grünen Wiesen, Dörfer und Bauernhöfe von Schwyz im hellen Sonnenschein liegen sehen. Links ragten die Spitzen des Haken auf, von Wolken umhüllt, und rechts im Hintergrund zeigten sich die gewaltigen Eisberge. Die Luft war erfüllt vom melodischen Klang der Kuhglocken und dem traditionellen Kuhreihen.
Der Fischerjunge sang in seinem Boot: "Der See lächelt und lädt zum Baden ein. Als ich am grünen Ufer einschlief, hörte ich süße Klänge wie Engelsflöten aus dem Paradies. Und als ich glückselig erwachte, spülte das Wasser um meine Brust und eine Stimme rief aus der Tiefe: 'Lieber Junge, du bist mein! Ich locke dich zu mir herab.'"
Vom Berg erklang die Stimme eines Hirten: "Lebt wohl, ihr sonnigen Weiden! Der Senn muss gehen, der Sommer ist vorbei. Wir ziehen auf die Alp und kommen wieder, wenn der Kuckuck ruft und die Blumen blühen im lieblichen Mai."
Ein Alpenjäger erschien auf der Felshöhe: "Die Höhen donnern, der Steg zittert, aber der Schütze fürchtet sich nicht auf dem schwindelerregenden Weg. Er schreitet mutig über Eisfelder, wo kein Frühling blüht. Unter seinen Füßen ein Nebelmeer - die Städte der Menschen kann er nicht mehr erkennen, nur durch Wolkenrisse erblickt er tief unten die grüne Welt."
Plötzlich veränderte sich die Landschaft. Ein dumpfes Krachen hallte von den Bergen, Wolkenschatten jagten über das Land.
Ruodi, der Fischer, kam aus seiner Hütte. "Mach schnell, Jenni! Zieh das Boot ein! Der graue Talvogt kommt, der Firn brüllt, der Mythenstein zieht seine Wolkenhaube auf. Aus dem Wetterloch bläst es kalt - ein Sturm kommt schneller als wir denken."
Kuoni, der Hirte, kam mit seinem Melkeimer auf der Schulter, gefolgt von seinem Hirtenjungen Seppi. "Es gibt Regen, Fährmann. Meine Schafe fressen gierig Gras und der Wächter scharrt in der Erde."
Werni, der Jäger, stieg vom Felsen herab. "Die Fische springen und das Wasserhuhn taucht unter. Ein Gewitter zieht auf."
"Seppi, schau nach, ob sich das Vieh nicht verlaufen hat", sagte Kuoni zu seinem Jungen.
"Die braune Liesel erkenne ich am Geläut", antwortete Seppi.
"Dann fehlt keine mehr, die läuft immer am weitesten weg."
Sie unterhielten sich über das Vieh und die Klugheit der Tiere, als Ruodi plötzlich rief: "Da kommt ein Mann in voller Hast gelaufen!"
"Ich kenne ihn", sagte Werni, "das ist Baumgarten von Alzellen."
Konrad Baumgarten stürzte atemlos heran. "Um Gottes willen, Fährmann, euren Kahn! Bindet los! Ihr rettet mich vom Tod! Setzt mich über!"
"Was gibt's denn so eilig?", fragte Ruodi.
"Eilt! Die Reiter des Landvogts sind mir auf den Fersen! Ich bin des Todes, wenn sie mich kriegen!"
"Warum verfolgen euch die Reiter?"
"Erst rettet mich, dann erkläre ich alles!"
"Ihr seid mit Blut befleckt, was ist passiert?", fragte Werni.
"Des Kaisers Burgvogt, der auf dem Rossberg saß..."
"Der Wolfenschiessen?", unterbrach Kuoni.
"Der schadet nicht mehr. Ich hab ihn erschlagen."
Alle fuhren erschrocken zurück. "Gott sei euch gnädig! Was habt ihr getan?"
"Was jeder freie Mann an meiner Stelle getan hätte! Ich habe mein Hausrecht verteidigt gegen den Schänder meiner Ehre und meiner Frau."
Baumgarten erzählte hastig: "Ich war im Wald beim Holzfällen, da kam meine Frau in Todesangst gelaufen. Der Burgvogt war in unserem Haus und hatte ihr befohlen, ihm ein Bad zu richten. Dann verlangte er Ungebührliches von ihr. Sie konnte fliehen und mich suchen. Ich lief sofort hin und mit meiner Axt hab ich ihm das Bad gesegnet."
"Ihr habt recht getan", sagte Werni. "Niemand kann euch dafür tadeln."
Es begann zu donnern. "Schnell, Fährmann, bringt den Mann hinüber!", drängte Kuoni.
"Geht nicht", wehrte Ruodi ab. "Ein schweres Gewitter kommt. Ihr müsst warten."
"Ich kann nicht warten! Jeder Aufschub bedeutet meinen Tod!"
Baumgarten fiel auf die Knie. "So helft mir Gott, wie ihr euch meiner erbarmt!"
"Es geht um ein Leben, seid barmherzig!", flehte Werni.
"Er ist ein Familienvater mit Frau und Kindern!", fügte Kuoni hinzu.
Ruodi schüttelte den Kopf. "Ich habe auch ein Leben zu verlieren und Familie daheim! Seht doch, wie der See tobt! Ich würde den Mann gern retten, aber es ist unmöglich!"
"So muss ich in die Hände meiner Feinde fallen, obwohl das rettende Ufer so nah ist!", verzweifelte Baumgarten.
"Seht, wer da kommt!", rief Kuoni. "Es ist Tell aus Bürglen!"
Wilhelm Tell erschien mit seiner Armbrust. "Wer ist der Mann, der hier um Hilfe fleht?"
Kuoni erklärte schnell die Situation. Tell wandte sich an Ruodi: "Wo's not tut, Fährmann, lässt sich alles wagen."
"Vom sicheren Hafen aus lässt sich leicht reden! Da ist der Kahn und dort der See - versucht's doch selbst!"
"Der See kann sich erbarmen, der Landvogt nicht", sagte Tell ruhig. "Mit leeren Worten ist hier nichts getan. Die Zeit drängt, dem Mann muss geholfen werden. Willst du fahren, Fährmann?"
"Nein!"
"In Gottes Namen dann! Gib mir den Kahn, ich will es versuchen."
"Mein Retter! Mein Engel!", rief Baumgarten.
Tell wandte sich an Kuoni: "Tröstet meine Frau, falls mir etwas zustößt. Ich habe getan, was ich tun musste." Dann sprang er in den Kahn und stieß ab.
Die anderen beobachteten angespannt, wie das kleine Boot gegen die Wellen kämpfte. "Die Flut geht drüber weg - ich seh's nicht mehr!", rief Kuoni. "Doch halt, da ist es wieder! Kräftig arbeitet sich der Tapfere durch die Brandung!"
"Des Landvogts Reiter kommen!", warnte Seppi plötzlich.
Ein Trupp Reiter sprengte heran. "Gebt den Mörder heraus, den ihr versteckt!"
"Wen meint ihr?", fragten Kuoni und Ruodi.
Einer der Reiter entdeckte den Nachen auf dem See. "Ha, Teufel! Da ist er!"
"Wenn ihr euch beeilt, holt ihr ihn noch ein!", rief Werni von oben höhnisch.
"Verwünscht! Er ist entkommen! Ihr habt ihm geholfen - das sollt ihr büßen! Fallt über ihre Herden her! Reißt die Hütte ein, brennt alles nieder!"
Die Reiter stürmten davon. Seppi lief ihnen nach: "Meine Lämmer!"
Kuoni folgte: "Meine Herde!"
Ruodi rang verzweifelt die Hände: "Gerechtigkeit des Himmels! Wann wird der Retter in dieses Land kommen?"
Erster Akt, Zweite Szene
In Steinen in Schwyz stand vor Stauffachers Haus eine große Linde an der Landstraße, nahe bei der Brücke.
Werner Stauffacher und Pfeiffer von Luzern kamen im Gespräch daher.
"Ja, ja, Herr Stauffacher, wie ich euch schon sagte", meinte Pfeiffer. "Schwört nicht Österreich die Treue, wenn ihr es vermeiden könnt. Haltet fest am Reich, so wie bisher. Gott schütze euch und eure alte Freiheit!" Er drückte Stauffacher herzlich die Hand und wollte gehen.
"Bleibt doch, bis meine Frau kommt! Ihr seid mein Gast hier in Schwyz, wie ich der eure in Luzern."
"Vielen Dank, aber ich muss heute noch nach Gersau. Was auch immer ihr von euren Vögten an Gier und Übermut erleiden müsst - ertragt es mit Geduld! Es kann sich schnell ändern. Ein anderer Kaiser kann an die Macht kommen. Aber wenn ihr erst einmal zu Österreich gehört, dann für immer."
Pfeiffer ging. Stauffacher setzte sich schwer auf eine Bank unter der Linde. So fand ihn seine Frau Gertrud, die sich neben ihn stellte und ihn eine Weile schweigend betrachtete.
"So ernst, mein Freund? Ich erkenne dich kaum wieder. Schon viele Tage sehe ich, wie düstere Sorgen deine Stirn furchen. Etwas drückt auf dein Herz. Vertrau es mir an, ich bin deine treue Frau und habe ein Recht auf die Hälfte deines Kummers."
Stauffacher reichte ihr die Hand, schwieg aber.
"Was bedrückt dein Herz? Sag es mir! Dein Fleiß ist gesegnet, dein Wohlstand blüht. Die Scheunen sind voll, die Rinderherden und die wohlgenährten Pferde sind glücklich von den Bergen in die warmen Winterställe heimgebracht. Da steht dein Haus, prächtig wie ein Adelssitz, aus schönem Holz neu gezimmert und sorgfältig gefügt. Von vielen Fenstern glänzt es hell und wohnlich, mit bunten Wappen ist es bemalt und mit weisen Sprüchen, die der Wanderer verweilend liest und bewundert."
"Ja, das Haus steht gut gezimmert und gefügt", seufzte Stauffacher. "Aber ach - der Grund wankt, auf dem wir gebaut haben."
"Mein Werner, was meinst du damit?"
"Neulich saß ich hier unter dieser Linde, zufrieden über das schön Vollbrachte nachdenkend. Da kam der Vogt Gessler von seiner Burg Küssnacht mit seinen Reitern geritten. Vor unserem Haus hielt er verwundert an. Ich erhob mich schnell und trat ihm unterwürfig entgegen, wie es sich gehört für den, der des Kaisers richterliche Macht im Land vertritt. 'Wessen ist dies Haus?', fragte er böswillig, obwohl er es genau wusste. Schnell gefasst antwortete ich: 'Dies Haus, Herr Vogt, gehört meinem Herrn, dem Kaiser, und ist euer und mein Lehen.' Da versetzte er: 'Ich bin Regent im Land an des Kaisers Statt und will nicht, dass Bauern auf eigene Faust Häuser bauen und so frei leben, als wären sie Herren im Land. Ich werde euch das zu verhindern wissen.' Mit diesen Worten ritt er trotzig davon, und ich blieb mit schwerem Herzen zurück, über die bösen Worte nachdenkend."
"Mein lieber Mann! Magst du ein ehrliches Wort von deiner Frau hören? Ich bin die Tochter des edlen Iberg, des vielerfahrenen Mannes. Wir Schwestern saßen in den langen Nächten beim Wollespinnen, wenn bei unserem Vater die Häupter des Volkes zusammenkamen. Sie lasen die alten Kaiserpergamente und berieten über das Wohl des Landes. Aufmerksam hörte ich viele kluge Worte, was die Verständigen denken und die Guten wünschen. Das habe ich still in meinem Herzen bewahrt. So höre nun auf meine Rede, denn was dich bedrückt, das wusste ich längst."
Sie fuhr fort: "Der Landvogt grollt dir und will dir schaden, weil du ein Hindernis bist. Du willst nicht, dass sich Schwyz dem neuen Fürstenhaus unterwirft, sondern treu beim Reich bleibt, wie es unsere würdigen Vorfahren hielten. Ist es nicht so, Werner?"
"So ist es. Das ist Gesslers Groll auf mich."
"Er ist neidisch, weil du als freier Mann glücklich auf deinem eigenen Erbe wohnst - denn er hat keins. Vom Kaiser und Reich trägst du dies Haus zu Lehen, du darfst es zeigen wie ein Reichsfürst seine Länder. Über dir erkennst du keinen Herrn als nur den Höchsten in der Christenheit. Er aber ist nur ein jüngerer Sohn seines Hauses, besitzt nichts als seinen Rittermantel. Darum sieht er jedes Biedermanns Glück mit giftigen Augen der Missgunst. Dir hat er längst den Untergang geschworen. Noch stehst du unversehrt - willst du warten, bis er seine böse Lust an dir ausgelassen hat? Der kluge Mann baut vor."
"Was ist zu tun?"
Gertrud trat näher. "Höre meinen Rat! Du weißt, wie sich hier in Schwyz alle Rechtschaffenen über dieses Landvogts Gier und Wüterei beklagen. Sicher sind sie auch drüben in Unterwalden und im Urner Land des Drucks und des harten Jochs müde. Denn wie Gessler hier, so wütet der Landenberger drüben überm See. Kein Fischerkahn kommt zu uns herüber, der nicht von neuen Gewalttaten der Vögte berichtet. Darum wäre es gut, wenn einige von euch, die es ehrlich meinen, still zu Rate gingen, wie man sich des Drucks entledigen könnte. Ich glaube, Gott würde euch nicht verlassen und der gerechten Sache gnädig sein. Hast du in Uri keinen Gastfreund, dem du dein Herz öffnen kannst?"
"Ich kenne viele wackere Männer dort, angesehene Herrenleute, die mir vertraut sind."
Stauffacher stand auf. "Frau, welchen Sturm gefährlicher Gedanken weckst du in meiner stillen Brust! Mein Innerstes kehrst du nach außen, und was ich mir zu denken verbot, sprichst du keck aus. Hast du auch bedacht, was du mir rätst? Du rufst wilde Zwietracht und den Klang der Waffen in dieses friedliche Tal! Wir, ein schwaches Volk von Hirten, sollen es wagen, gegen den Herrn der Welt zu kämpfen? Sie warten nur auf einen Vorwand, um ihre wilden Kriegshorden auf dies arme Land loszulassen und unter dem Schein gerechter Züchtigung unsere alten Freiheitsbriefe zu vernichten."
"Ihr seid auch Männer, wisst eure Axt zu führen, und dem Mutigen hilft Gott!"
"O Frau! Der Krieg ist ein furchtbares Schrecknis, er schlägt die Herde und den Hirten."
"Was der Himmel sendet, muss man ertragen. Unbilliges erträgt kein edles Herz."
"Dies neue Haus erfreut dich. Der Krieg würde es niederbrennen."
"Wüsste ich mein Herz an zeitliche Güter gefesselt, würde ich es mit eigener Hand anzünden."
"Du glaubst an Menschlichkeit! Der Krieg schont auch nicht das zarte Kind in der Wiege."
"Die Unschuld hat im Himmel einen Freund! Sieh vorwärts, Werner, nicht zurück."
"Wir Männer können tapfer kämpfend sterben. Aber welches Schicksal wird das eure sein?"
"Die letzte Wahl steht auch dem Schwächsten offen. Ein Sprung von dieser Brücke macht mich frei."
Stauffacher stürzte in ihre Arme. "Wer solch ein Herz an seinen Busen drückt, der kann für Haus und Hof mit Freuden fechten und fürchtet keine Königsheere! Ich fahre sofort nach Uri. Dort lebt mein Gastfreund Walther Fürst, der über diese Zeiten denkt wie ich. Auch finde ich dort den edlen Bannerherrn von Attinghaus - obgleich von hohem Stamm, liebt er das Volk und ehrt die alten Sitten. Mit ihnen beiden will ich beraten, wie man sich der Landesfeinde erwehrt. Leb wohl! Während ich fort bin, führe du mit klugem Sinn das Hausregiment. Dem Pilger, der zum Gotteshaus wandert, dem frommen Mönch, der für sein Kloster sammelt, gib reichlich und entlass ihn wohlversorgt. Stauffachers Haus verbirgt sich nicht - es steht am offenen Heerweg, ein gastliches Dach für alle Wanderer."
Während sie nach hinten abgingen, traten Wilhelm Tell und Baumgarten vorne auf.
"Ihr braucht mich jetzt nicht mehr", sagte Tell zu Baumgarten. "Geht zu jenem Haus, dort wohnt Stauffacher, ein Vater der Bedrängten. Aber seht, da ist er selbst! Folgt mir, kommt!"
Sie gingen auf Stauffacher zu.
Erster Akt, Dritte Szene
Auf dem öffentlichen Platz in Altdorf wurde auf einer Anhöhe im Hintergrund eine Festung gebaut. Die Form des Ganzen war bereits erkennbar - die hintere Seite stand fertig, an der vorderen wurde noch gearbeitet. Das Gerüst stand noch, Arbeiter kletterten auf und ab, und auf dem höchsten Dach hing der Schieferdecker. Alles war in Bewegung und Arbeit.
Der Fronvogt trieb mit seinem Stab die Arbeiter an. "Keine lange Pause! Frisch! Her mit den Mauersteinen, bringt Kalk und Mörtel! Wenn der Herr Landvogt kommt, soll er sehen, dass das Werk gewachsen ist. Ihr schleicht ja wie Schnecken!" Er wandte sich an zwei Handlanger: "Nennt ihr das beladen? Das Doppelte, sofort! Ihr Tagediebe bestehlt eure Pflicht!"
"Das ist doch hart", murrte der erste Geselle, "dass wir die Steine zu unserem eigenen Gefängnis fahren müssen!"
"Was murrt ihr?", schnauzte der Fronvogt. "Ein schlechtes Volk seid ihr, zu nichts gut als Vieh zu melken und faul auf den Bergen herumzuschlendern."
Ein alter Mann ließ sich erschöpft nieder. "Ich kann nicht mehr."
Der Fronvogt schüttelte ihn. "Frisch, Alter, an die Arbeit!"
"Habt ihr denn gar kein Mitleid", empörte sich der erste Geselle, "dass ihr den Greis, der sich kaum selbst schleppen kann, zum harten Frondienst treibt?"
"Das ist himmelschreiend!", stimmten Meister Steinmetz und die anderen Gesellen zu.
"Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten, ich tue meine Pflicht", erwiderte der Fronvogt kalt.
"Fronvogt, wie wird die Festung denn heißen, die wir da bauen?", fragte der zweite Geselle.
"Zwing Uri soll sie heißen, denn unter dieses Joch wird man euch beugen."
Die Gesellen lachten. "Mit diesem Häuslein wollt ihr Uri zwingen?"
"Mal sehen, wie viele solcher Maulwurfshaufen man übereinander setzen muss, bis ein Berg daraus wird wie der kleinste in Uri!", spottete der erste Geselle.
Der Meister Steinmetz murmelte: "Den Hammer werfe ich in den tiefsten See, der mir bei diesem Fluchgebäude gedient hat!"
Tell und Stauffacher kamen vorbei.
"Oh, hätte ich nie gelebt, um das zu sehen!", stöhnte Stauffacher.
"Hier ist nicht gut sein. Lass uns weitergehen", drängte Tell.
"Bin ich wirklich in Uri, im Land der Freiheit?", fragte Stauffacher ungläubig.
Der Meister Steinmetz wandte sich an sie: "Oh Herr, wenn ihr erst die Keller unter den Türmen gesehen hättet! Wer dort landet, wird keinen Hahn mehr krähen hören!"
"Diese Flanken, diese Strebepfeiler - die stehen, als wären sie für die Ewigkeit gebaut!", fügte er bitter hinzu.
Tell deutete auf die Berge. "Was Hände bauten, können Hände stürzen. Das Haus der Freiheit hat uns Gott gegründet."
Plötzlich ertönte eine Trommel. Leute kamen und trugen einen Hut auf einer Stange, ein Ausrufer folgte ihnen. Frauen und Kinder drängten sich neugierig heran.
"Was will die Trommel?", fragte der erste Geselle.