Gespenster-Krimi 55 - Camilla Brandner - E-Book

Gespenster-Krimi 55 E-Book

Camilla Brandner

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Beschreibung

Aus den geheimen Aufzeichnungen des Pfarrers Sebastian, die man viele Jahrzehnte nach seinem Tod in einem Mauerloch versteckt aufgefunden hat:

Im Jahre unseres Herrn 1528 kam ein Mensch, der seinen Namen nicht angeben wollte, auch ganz vermummt war im Angesicht, in tiefster Nacht zu mir, dem Pfarrer Sebastian, und gab mir Folgendes zur Niederschrift.
Solches, so behauptete er, sei ihm nach dem kürzlich erfolgten Tod des Herrn Ullrich von Herckenstein widerfahren. Dass er, dieser Mensch, nämlich von der Familie beauftragt worden sei, insgemein mit anderen Knechten des Hauses einen schweren Bleisarg, darin der Leichnam des hohen Herrn lag, kurz vor Sonnenuntergang zu dem großen Gruftgebäude hinten im Schlosspark zu führen. Und danach ward der Deckel geschlossen - alles ohne Geistlichkeit, ohne Gebet, ohne Segen, ohne Weihwasser, wie es allzeit war bei den Herrschaften, die man nicht umsonst die Teufel von Herckenstein nennt.
Da nun die Sonne untergehen wollte, ward den Knechten gesagt, sie möchten sich eilends davonmachen und bei Gefahr ihres Lebens nicht hinter sich schauen ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Die Teufel von Herckenstein

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati / BLITZ-Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0554-7

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Die Teufel von Herckenstein

von Camilla Brandner

Aus den geheimen Aufzeichnungen des Pfarrers Sebastian, die man viele Jahrzehnte nach seinem Tod in einem Mauerloch versteckt aufgefunden hat

Im Jahre unseres Herrn 1528 kam ein Mensch, der seinen Namen nicht angeben wollte, auch ganz vermummt war im Angesicht, in tiefster Nacht zu mir, dem Pfarrer Sebastian, und gab mir Folgendes zur Niederschrift.

Solches, so behauptete er, sei ihm nach dem kürzlich erfolgten Tod des Herrn Ullrich von Herckenstein widerfahren. Dass er, dieser Mensch, nämlich von der Familie beauftragt worden sei, insgemein mit anderen Knechten des Hauses, einen schweren Bleisarg, in dem der Leichnam des hohen Herrn lag, kurz vor Sonnenuntergang zu dem großen Gruftgebäude hinten im Schlosspark zu führen. Und danach ward der Deckel geschlossen – alles ohne Geistlichkeit, ohne Gebet, ohne Segen, ohne Weihwasser, wie es allzeit war bei den Herrschaften, die man nicht umsonst die Teufel von Herckenstein nennt.

Da nun die Sonne untergehen wollte, ward den Knechten gesagt, sie möchten sich eilends davonmachen und bei Gefahr ihres Lebens nicht hinter sich schauen ...

Es zog auch ein gar gewaltiges Gewitter auf. Der Mensch rannte mit den anderen, konnte aber seine Neugier nicht bezwingen und warf einen schnellen Blick hinter sich. Da sah er im Schein der vielen schwefligen Blitze, wie ein Höllengeist aus der Tiefe herauffuhr, ein Dämon von so gräulicher Ungestalt, dass Worte nicht reichen ihn zu beschreiben. Dieser schleifte den Sarg durch die Bronzetür ins Innere der Gruft.

Es ist aber diese Tür, wie man allgemein weiß, gänzlich geschlossen und kann nicht geöffnet werden, da sie von Anfang an ohne Schlüsselloch oder Klinke gewesen, und ist auch ohne Angeln in den Stein hineingepasst, als wäre sie daran festgewachsen.

Quid scit peregrinus (was weiß denn ein Unbeteiligter), ob dies nun wahrhaftig oder gelogen war, aber nachdem der Mensch mich in großer Furcht und Erregung verlassen hatte, fand man ihn am nächsten Morgen nahe der Landstraße so furchtbar zertrampelt, als wären eiserne Säulen auf ihm auf und nieder gefahren, und die verräterische Zunge hing ihm aus dem Maul bis auf die Brust, so schwarz und aufgebläht, als wär´s eine giftige Schlange.

Wie es aber zuging, dass die Herren und Damen von Herckenstein allesamt auf eine so seltsame Weise in ihrer eigenen Gruft bestattet werden – denn es geschieht immer so, wenn einer von ihnen stirbt – das stammt von einem Pakt her, den sie mit dem Höllenfürsten geschlossen haben.

Darüber wagt nun freilich niemand mit lauter Stimme zu sprechen, denn die Herckensteins sind ein so wüstes und rohes Geschlecht, dass man kaum weiß, wen man mehr fürchten soll, die irdischen Herrschaften oder ihren höllischen Dienst-Geist.

Insgeheim aber ist wohlbekannt, dass die Herckensteins einen solchen Diener haben, und dass es der Erste ihres Geschlechts war, Graf Magnus, der den Unhold von einem Kreuzzug ins Heilige Land mit sich zurückbrachte.

Wie es aber dazu kam, das soll Magnus selbst seinen Nachkommen erzählt haben, von denen wieder einige ihr Maul nicht halten konnten und ausschwätzten, welchen teuflischen Pakt ihr Ahnherr einst eingegangen war.

Im Jahr 1160, zur Zeit der Kreuzzüge

Der Dämon lauerte, unbeweglich und lautlos, zwischen den glühenden Felsen der Wüste der Halbinsel Sinai. Sein Äußeres war so grau-gelb wie der Sand und das Geröll rundum. Sein Rückenpanzer, so gewaltig wie der einer Riesenschildkröte, war kaum von den übrigen Steinen zu unterscheiden.

Die sechs säulenförmigen Beine und den platten, runzligen Kopf hatte er weit unter den Panzer gezogen, nur die schwefelgelben Augen leuchteten wie aus einer finsteren Höhle darunter hervor. Sein riesiger, messerscharfer Schnabel glänzte im Licht wie eine geschmiedete Klinge. Er wartete geduldig auf das Opfer, das ihm den Weg in ein interessanteres Leben eröffnen sollte.

Nachdem er seit einer halben Ewigkeit in der Wüste gelebt hatte, stand ihm der Sinn nach Veränderung. Wie alle niederen Dämonen war er nicht besonders intelligent, aber selbst der dümmste Dämon konnte nicht übersehen, welche Möglichkeiten sich boten, seit die Scharen von Kreuzrittern aus dem Westen gekommen waren.

Sie hatten sich erbitterte, grausame, bluttriefende Kämpfe mit den Turban-Trägern geliefert, gnadenlose Gemetzel, die Haufen von frisch geschlachteten Leichen hinterließen. Was für Leckerbissen für einen Dämon, der sich so lange von mageren Ziegenhirten ernährt hatte!

Aber viel interessanter als dieses Buffett war die Tatsache, dass die Fremden nach getanem Blutvergießen in ihre Heimat zurückkehrten, die weitaus interessanter zu sein schien als die Einöde des Heiligen Landes. Er hatte längst den Entschluss gefasst, sich ihnen anzuschließen. Jetzt musste er nur noch warten, bis einer dieser fremden Ritter sich in sein Gebiet verirrte.

Denn das war gewissermaßen die Kette, an der ein jeder Dämon hing: Von sich aus konnte er kaum etwas bewerkstelligen, er musste sich einen Menschen suchen, den er mit Leib und Seele beherrschte, während er ihm vorgaukelte, sein Sklave zu sein.

Wenn es ihm gelang, dessen Seele in die Hölle zu schleppen, umso besser, aber bei den niedrigen Dämonen ließ der Satan es auch gelten, wenn sie nur möglichst viel Unheil anrichteten.

Der Kreuzritter Magnus Graf von Herckenstein war einer von denen, die nicht viel Drängen und Zureden brauchten, um Böses zu tun; es kam ihm so selbstverständlich wie einer Schlange das Züngeln. Er scherte sich keinen Pfifferling darum, dass er unter einer heiligen Fahne ritt. Blutvergießen und Brandschatzen waren sein Evangelium, und das Gold war sein Gott.

Jetzt wusste er freilich, dass er dem Tode nahe war. Er hatte nach einem Hinterhalt der Sarazenen den Anschluss an den Rest des Kreuzfahrerheeres verloren, und nun stolperte sein erschöpftes Pferd in der sengenden Glut der Mittagshitze durch die Wüste der Halbinsel Sinai.

Wohin er auch blickte, nirgends sah er irgendetwas anderes als Geröll und Sand. Das Pferd würde sich nicht mehr lange auf den Beinen halten können, und es war gar nicht daran zu denken, dass er selbst, halb verhungert und verdurstet, es zu Fuß zu irgendeinem Heerlager schaffen würde.

Er hatte es kaum gedacht, als sein Pferd plötzlich schauderte und dann so abrupt in sich zusammenfiel, dass er nicht mehr rechtzeitig abspringen konnte. Mit einem Aufprall, bei dem ihm alle Knochen im Leibe ratterten, krachte er auf den Sandboden nieder. Wenigstens hatte er sich dabei nichts gebrochen, aber viel rosiger war seine Lage deswegen auch nicht. Jede Bewegung tat ihm weh, sein Kopf brummte, in seinen Ohren klingelte es ...

Nein, nicht in seinen Ohren! Magnus richtete sich auf die Knie auf und lauschte. Hatte er jetzt denn schon Halluzinationen? Oder schwebte da wirklich der silberne Klang eines Glöckchens durch die sengende Luft?

Seine Lider waren vertrocknet, seine Augen fast blind von Sand und Hitze, aber als er sich zu einer gewaltigen Anstrengung zwang, sah er ganz in der Nähe eine weiße Mauer vor sich, und über der Mauer ein offenes Türmchen, aus dem das Glockengeläute klang. Sein erlöschender Lebenswille flammte noch einmal auf. Er kroch auf allen vieren in die Richtung der weißen Mauer, die er nun als Teil einer Einsiedlerklause erkannte. Gelegentlich zogen fromme Männer sich hierher in die Einsamkeit zurück, um sich einem Leben der Entsagung und des Gebets zu widmen. Für gewöhnlich suchten sie sich eine natürliche Grotte in den Felsen, die ihren bescheidenen Bedürfnissen genügte, mauerten die überflüssigen Lücken im Gestein zu und hängten eine Glocke an die Tür. Sie schliefen auf dem nackten Boden, ernährten sich aufs Kümmerlichste von Ziegenmilch und den wenigen essbaren Pflanzen und freuten sich auf den Tag, an dem ihre Bußübungen ihnen himmlischen Lohn einbringen sollten.

Magnus von Herckenstein versank in Bewusstlosigkeit, aber als er wieder erwachte, lag er auf seinem Mantel in einem Winkel einer kühlen, dunklen Eremitage, und an seiner Seite kauerte ein silberhaariger Greis in weißen Kleidern, der ihm einen Napf Wasser an die aufgesprungenen Lippen hielt.

Er trank gierig und hob dann den Kopf, um sich umzusehen. Die Felswände waren nackt, aber weiß getüncht, und an einer Wand hing ein hölzernes Kreuz. Ein flacher Stein diente als Lesepult für eine kolossal große Bibel, ein anderer als Esstisch. Der interessierte den Ritter mehr, denn darauf lagen Brot und Fleisch und kleine, saftig aussehende grüne Früchte – eine königliche Mahlzeit für einen, der seit zwei Tagen nur Sand geschluckt hatte!

Flüchtig fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf, woher der Eremit diese Leckerbissen wohl hatte, aber Magnus war ein Mensch, der nicht viele Gedanken darauf verschwendete, woher die Genüsse des Leibes kamen, solange sie ihm reichlich serviert wurden. Außerdem sah der ehrwürdige Büßer nicht so aus, als würde er sich auf unnötige Gespräche einlassen.

Eine gute Woche lang lebte der Graf in der Klause, schlief den größten Teil der Zeit und wartete, bis seine Blessuren von dem harten Sturz – die der Einsiedler sorgfältig verbunden hatte – abgeheilt waren. Schließlich war er wiederhergestellt, und nun wagte er die Frage, wie er es schaffen könnte, zu seinem Heerlager zurückzukehren.

Der Einsiedler, der sich zum ersten Mal zu einem Gespräch bereit zeigte, sah ihn lange und durchdringend an. »Ist es wirklich dein innigster Wunsch, weiterhin Krieg zu führen? Oder würdest du nicht lieber zu deinem schönen Weib zurückkehren und im eigenen Land zu Macht und Reichtum kommen?«

Magnus zeigte ein schiefes Lächeln. »Letzteres wäre mir sehr recht, aber dazu müsste ich wohl fliegen können, oder ein Engel müsste mich tragen.«

Es war als bitterer Scherz gemeint, aber der Greis erwiderte ernsthaft: »Wenn du das ernst meinst, könnte ich dir helfen. Setz dich hierher und hör zu. Ich bin ein Nachkomme des biblischen Königs Salomon, dem Gott Macht über alle gefallenen Engel gegeben hatte. Es gab keinen Dämon, den er nicht bannen und unter seinen Willen zwingen konnte. Als er alt wurde, gab er seine Zaubersprüche an seine Söhne weiter und lehrte sie die Kunst. Auch ich habe einen Dämon in meinen Diensten, und ich kann ihm gebieten, dass er dich nach Hause bringt, ja mehr noch, dass er für alle Zeiten dein Diener und der Diener deiner Familie sein wird.«

Er selbst, so sagte er, brauche den Unhold nicht mehr. Er sei so alt, dass er jeden Tag sterben könnte, und habe sich längst einem Leben des Gebets und der frommen Meditation verschrieben. Einem tapferen Mann jedoch, den sein Kreuzfahrerhemd obendrein als einen edlen Ritter und guten Christen ausweise, könnte ein solches Geschöpf von großem Nutzen sein, man müsste ihn nur richtig einzusetzen wissen.

Magnus Herckenstein zögerte. »Und ich muss ihm dafür meine Seele verkaufen?«, fragte er vorsichtig.

Der Einsiedler winkte beschwichtigend mit der Hand. »Ach wo. Er ist nur ein rangniederer Dämon, der keinen so hohen Preis für seine Dienste verlangen kann. Alle Jahre ein Menschenopfer, das reicht ihm. Und er verlangt nicht einmal eine tugendhafte Jungfrau. Ihr als Landesherr habt doch sicher genug Gesindel in Euren Kerkern, das sowieso gehängt worden wäre. Ihm diese Leute zum Fraß vorzuwerfen, das kostet Euch nicht viel.«

Der Graf überlegte. Er hatte schon längst die Lust an dem unsinnigen Gemetzel im Heiligen Land verloren, er wollte heim zu seiner Frau, er wollte auch nicht länger ein armer Ritter sein, sondern die Freuden der Welt genießen ... und da der Einsiedler ihm sagte, der dienstbare Geist könne ihn binnen einer Stunde heim nach Deutschland bringen, schlug er ein. »Bei meiner Seele – der Pakt gilt!«

Im selben Augenblick zeigte sich der Dämon zum ersten Mal in seiner wahren Gestalt. Der Boden erschauerte wie bei einem Erdbeben, der Himmel wurde schwarz wie zur Mitternacht, Flammen fuhren aus den Ritzen im Geröll, und inmitten eines Wirbelwinds von Pech und Schwefel erschien ein Ungeheuer, dessen Anblick ihm den Atem raubte.

Groß wie ein Elefant, auch von derselben schmutzig grauen Farbe, erschien es wie eine riesige Schildkröte mit einem von mächtigen Stacheln und Zacken bestückten Panzer. Es stand auf sechs säulenförmigen Beinen, die in lange Krallen endeten, und unter der Stelle des Panzers, wo sein Kopf sich befinden musste, wedelten wie Seetang im Wasser lange, gallgrüne Schläuche, jeder mit dem Kopf einer giftgeblähten Schlange am Ende.

Graf Herckenstein hätte in dem Augenblick, als er das Ding leibhaftig vor sich sah, lieber den ganzen Handel rückgängig gemacht, aber das ging jetzt nicht mehr. Im selben Augenblick war nämlich auch der ehrwürdige, greise Einsiedler verschwunden. Anstelle einer heimeligen Klause war da nur noch eine finstere, stinkende Grotte voll Knochen und Lumpen, an denen schwarzes Blut klebte – und jetzt begriff der Graf, dass dieser Einsiedler niemand anderer gewesen war als der Dämon selbst!

Aber was sollte er tun? Er musste schlucken, was er sich auf den Löffel getan hatte, und das Beste draus machen. »Bring mich nach Hause!«, befahl er. »Auf der Stelle!«

»Gemach, gemach, Herr Ritter!«, erwiderte das Scheusal. »Wir haben doch einen Pakt, nicht wahr? Alle Jahre ein Menschenopfer. Der Tribut ist im Voraus zu bezahlen! Wenn ich mich ordentlich gesättigt habe, schaffe ich Euch, wie versprochen, heim zu Eurem geliebten Weib und Eurer stolzen Burg.«

Magnus von Herckenstein hatte nicht erwartet, dass das Menschenopfer so rasch von ihm verlangt werden könnte, aber er hatte so viele Menschen in diesem Heiligen Krieg getötet, da kam es auf einen mehr oder weniger nicht mehr an. Nur: Woher sollte er in dieser Wüstenei einen Menschen nehmen?

Der Dämon hatte seine Gedanken gelesen, denn er grinste listig. »Die praktischen Probleme könnt Ihr jetzt und in Zukunft mir überlassen, über die braucht Ihr Euch nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. In einer Stunde wird eine schwangere Ziegenhirtin des Weges kommen, die zur Quelle Wasser holen geht. Überwältigt das Weib und opfert sie nach meinen Anweisungen.«

Als er dieses entsetzliche Ansinnen hörte, regte sich in Graf Magnus ein letzter Rest von ritterlichem Anstand. »Wie, ein armes Weib, und noch dazu mit einem ungeborenen Kind im Leib? Das bringt mir keinen guten Ruf ein, wenn es sich herumspricht. Könnten wir nicht warten, bis uns ein Sarazene über den Weg läuft ...«

Er hatte noch weiterreden wollen, aber schon bei seinen ersten Worten hatte sich der sandfarbene Körper des Dämons in ein gräuliches Puterrot verfärbt, seine Krallen wurden länger und länger, seine gelben Augen riesengroß, aus den Stacheln auf seinem Panzer sprühten Blitze, und als er den Kopf auf dem langen, einer schimmligen Wurst ähnelnden Hals unter dem Panzer hervorstreckte, entrollten sich auf dem platten Scheitel zwei Dutzend lebendige Schlangen, die den erschrockenen Ritter anzischten und ihm ihre Giftzähne zeigten. Bei jedem Atemzug fuhr eine missfarbene – und entsetzlich stinkende – Wolke aus seinem Rachen, die immer größer, dichter und dunkler wurde.

Magnus Graf von Herckenstein erhob keine weiteren Einwände mehr. Das ruchlose Opfer wurde gebracht. Hätte er es wenigstens dabei belassen können, der Unglücklichen den Kopf abzuschlagen, aber nein, der Dämon erforderte eine langwierige, grausame und blutige Zubereitung seiner Opfermahlzeit!

Herckenstein musste sich abwenden, als er sah, wie der eiserne Schnabel in den aufgeschlitzten Leib der Frau tauchte und die noch dampfend warmen Gedärme herausriss. Aber dann sagte er sich: Wer Omelette machen will, muss Eier zerbrechen –und damit war seinem Gewissen Genüge getan.

Wenigstens hielt der Unhold Wort. Der Ritter hatte schon befürchtet, er würde sich davonmachen, sobald er sich den Bauch gefüllt hatte – immerhin hatte er ihm ja schon in seiner Maske als heiliger Einsiedler den Buckel vollgelogen!

Er befolgte jedoch seine Befehle aufs Pünktlichste. Noch keine Stunde war vergangen, da stand Herckenstein vor dem Tor seiner Burg, hörte den Wächter auf dem Turm voll Freude in seine Trompete blasen und sah sein Weib mit ausgebreiteten Armen die Stufen herabeilen.

Anfangs hielt er seinen gräulichen Diener geheim. Er bereitete ihm eine Wohnung in einem der finstersten Verliese der Burg, zu dem nur er selbst den Schlüssel hatte, und schwieg selbst seinem Weib gegenüber. Was er an Wünschen aussprach, wurde erfüllt, doch geschah es immer auf eine Weise, als sei es ganz natürlich dazu gekommen.

Verlangte er Gold, so stürzte eine morsche Mauer, unter der eine Schatzkiste zum Vorschein kam. Wollte er einen Feind loswerden, so wurde der auf der Jagd von einem plötzlich auftauchenden, riesenhaften Ungetüm zerrissen. Als seine Frau als Erstgeborenen ein verkrüppeltes Knäblein zur Welt brachte, kroch, von der Amme unbemerkt, eine haarige Spinne in dessen offenen Mund und tötete den Säugling.