H. C. Hollister 10 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 10 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Die Texas-Brigade ist eine Mannschaft von beispielloser Härte, die sich unter der Führung von Captain Roy Cameron zusammengeschlossen hat. In tausend Kämpfen unbesiegt, wird sie endlich doch zerschlagen - durch gemeinen Verrat aus den eigenen Reihen. Drei Männern und den Verrätern gelingt es, dem Massaker in der Satansschlucht zu entgehen.
Allein auf sich gestellt, macht sich Roy Cameron auf die Suche. Für ihn geht es um seine Ehre. Am Ende der langen Fährte stößt er auf Kid und Lem Walsh. Sie halten alle Trümpfe in der Hand, trotzdem ist Roy Cameron bereit, den hoffnungslosen Kampf aufzunehmen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Texas-Brigade

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne/Becker Illustrators

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9596-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

»Es gibt heute eigentlich zu viele Autoren, die angeblich so schreiben, wie der Wilde Westen wirklich war. Wenn man dann näher hinschaut, entdeckt man doch nur zu oft ein verfälschtes Bild, Klischee und Schablone. In jedem meiner Romane versuche ich bis auf den Grund einer historisch echten Darstellung vorzudringen. Der grandiose Stoff zwingt mich einfach dazu.«

H.C. Hollister, Mitte der 1960-er Jahre

Texas-Brigade

Die Texas-Brigade ist eine Mannschaft von beispielloser Härte, die sich unter der Führung von Captain Roy Cameron zusammengeschlossen hat. In tausend Kämpfen unbesiegt, wird sie endlich doch zerschlagen – durch gemeinen Verrat aus den eigenen Reihen. Drei Männern und den Verrätern gelingt es, dem Massaker in der Satansschlucht zu entgehen.

Allein auf sich gestellt, macht sich Roy Cameron auf die Suche. Für ihn geht es um seine Ehre. Am Ende der langen Fährte stößt er auf Kid und Lem Walsh. Sie halten alle Trümpfe in der Hand, trotzdem ist Roy Cameron bereit, den hoffnungslosen Kampf aufzunehmen …

»Ich denke, dass ein Steak und eine Schütte Mais jetzt angebracht wären, Bone.« Der Reiter klopft seinem verstaubten Fuchswallach den Hals.

Wie nicht anders zu erwarten, erhält Roy Cameron keine Antwort. Nur die Ohren des Wallachs beginnen zu spielen und richten sich schließlich steil nach vorn. Roy nimmt das als Zeichen des Einverständnisses und lenkt den Fuchs zu der Niederung hinüber.

Es ist die Stunde zwischen Tag und Abend, in der die Dämmerung den Tag nach Westen jagt. Mit langen Schatten kündigt sich die Nacht an. Romantisch veranlagte Menschen verfallen um diese Zeit gern in Träume, die sie der rauen Wirklichkeit entziehen.

Roy Cameron ist kein romantischer Mensch. Er hockt zusammengesunken im Sattel und lässt die Beine baumeln. Beide Hände hat er auf das Sattelhorn gelegt. Er überlässt es Bone, den Weg allein zu finden. Der Wallach scheint an solche Freiheit gewöhnt zu sein.

Der Name passt zu dem Fuchs wie die Faust aufs Auge. Aber da das Fell gestriegelt und gebürstet ist, kann Bones Magerkeit schwerlich auf schlechte Pflege zurückzuführen sein. Wahrscheinlich ist er eines von jenen Pferden, die spielend eine doppelte Haferration vertilgen können und dennoch wie ein Garderobenständer auf vier Beinen aussehen.

Bone sieht aus wie ein Kriegspferd. Er ist narbig, und eines seiner Ohren ist von einem Säbelhieb gespalten. Keinen Zoll höher, als es unbedingt erforderlich ist, hebt er die Hufe vom Boden. Erstaunlich ist, wie schnell er trotzdem vorwärtskommt.

Hinter dem lichten Baumbestand der Senke ist jetzt ein Haus zu erkennen. Es ist aus Baumstämmen gefügt, im rechten Winkel dazu ist ein Stall angebaut. Das Licht, das Roy schon von Weitem gesehen hat, fällt aus einem der Fenster. Sicher irgendein Siedler, denkt Roy.

Die Hufe von Bone verursachen ein klapperndes Geräusch. Auch im Haus scheint man darauf aufmerksam geworden zu sein. Roy kann nun den kleinen Hofraum, der von einem Gemüsegarten umgeben zu sein scheint, übersehen. In der Tür des Blockhauses erscheint ein Mann. Seine Gestalt wirkt wie ein Schattenriss. Im Licht, das hinter ihm aus der Türöffnung fällt, schimmert der Lauf eines Gewehres.

Einige Schritte vor dem Mann bringt Roy den Wallach zum Stehen, greift zur Hutkrempe und beugt sich nach vorn.

»Guten Abend, Mister!«, brummt er halblaut. »Ich suche ein vernünftiges Abendessen für mich und meinen Gaul. Und wenn wir zwei anschließend in Ihrem Stall übernachten könnten, wären wir sehr froh. Wir brauchen nichts weiter als für jeden ein Bündel Stroh.«

Obgleich Roy die Augen des Mannes nicht erkennen kann, ist er überzeugt, dass dieser ihn misstrauisch mustert.

»Steigen Sie ab, Mister«, sagt schließlich eine rostige Stimme. »Für einen Bissen wird es wohl noch reichen. Barney, kümmere dich um das Pferd und schütte ihm Körner vor.«

Roy steigt ab und ist darauf gefasst, einen Landarbeiter auftauchen zu sehen, stattdessen blickt er auf den Blondschopf eines Jungen, der ihn von unten her neugierig anstarrt. Roy schätzt ihn auf etwa zehn Jahre. Seine Augen sind keck und zeugen von Aufgeschlossenheit.

»Barney heißt du also«, murmelt Roy und streckt dem Jungen die Hand hin. »Ich bin Roy Cameron. Ich hoffe, dass wir uns vertragen werden.«

Der Mann tritt heran und lehnt das Gewehr gegen die Wand. »Sie können mit uns essen, aber übernachten können Sie hier nicht.«

Roy spürt den Druck der schwieligen, harten Hand des Siedlers und blickt in dessen verschlossenes Gesicht. Er hebt weitere Fragen für später auf.

»Ich bin Harry Madden«, fährt der Alte fort, »der kleine Blondschopf ist mein Enkel Barney, das Kind meines Sohnes, der im Kampf gegen die verdammten Rebellen gefallen ist.«

Nur ein leichtes Zusammenziehen der Brauen zeigt, dass diese Worte für Roy Cameron eine besondere Bedeutung haben. Langsam nimmt er den hellen Hut mit dem Texaskniff ab. Er hält ihn absichtlich so, dass Harry Madden sofort auffallen muss, dass es ein Südstaaten-Armeehut ist. Er räuspert sich und knurrt: »Ich bin einer von diesen verdammten Rebellen, Mister. Ich denke, es ist besser, wenn ich wieder auf Bone klettere und weiterreite.«

Sekundenlang starrt Madden auf den Hut. Seine Mundwinkel zucken. »Ich habe Ihnen Gastfreundschaft angeboten, Mr. Cameron. Und vorläufig gilt das Wort des alten Madden noch etwas in Three Oaks. Also kommen Sie herein.«

Der Alte dreht sich um und geht voraus. Einen Augenblick ist Roy unschlüssig, aber dann lockert er Bone den Sattelgurt und geht mit Barney zusammen zum Stall hinüber. Der Junge schüttet dem Wallach Korn vor und füllt ihm die Raufe mit Heu. Dann stapft er neben Roy zum Haus zurück.

»Sind Sie wirklich ein Rebell, Mister?«, fragt er etwas zaghaft.

»Ich habe keinen Grund, es zu verheimlichen, Barney«, sagt Cameron ruhig. »Ich kann verstehen, dass ihr hier nicht gut auf die Rebellen zu sprechen seid. Glaub mir, im Süden spricht man auch nicht besonders liebevoll über die Yankees.«

Sie treten in diesem Augenblick durch die Tür ins Haus. Während Barney sofort zum Tisch hinübergeht und sich auf eine Bank quetscht, bleibt Roy zunächst in der Nähe der Tür stehen und betrachtet den alten Madden.

Der Rücken des Alten ist von der Last der Jahre, bestimmt aber auch von harter Arbeit, gebeugt. Sein Haar ist grau und kurz gestutzt. Ein Gewirr unzähliger kleiner Falten überzieht sein verwittertes Gesicht, dessen untere Hälfte durch kurze weiße Bartstoppeln seltsam hell erscheint. Hell sind auch seine Augen, die weit auseinander stehen.

Ohne vom Tisch aufzublicken, wo er gerade einige Teller zurechtrückt, schiebt Madden mit einladender Handbewegung einen Stuhl zurück. Roy tritt heran und lässt sich darauf nieder. Barneys Blicke weichen nicht von ihm.

Schweigend beginnen sie zu essen. Es ist seit Tagen Roys erste warme Mahlzeit. Der Rauchgeschmack des Fleisches lässt ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er langt tüchtig zu und bemerkt, wie sich Maddens Miene etwas aufhellt.

Barney scheint sich mit dem Essen besonders zu beeilen. Als er fertig ist, schiebt er aufatmend den Teller zurück.

»Sind Sie ein Revolvermann, Mr. Cameron?«, fragt er.

Wie bei allen Jungs seines Alters bewegen sich seine Gedanken um Waffen, Indianerkämpfe und ähnliche Dinge. Ein richtiger Revolvermann ist das Idol aller seiner Altersgenossen.

»Vielleicht halten mich einige Leute für einen guten Revolverkämpfer, Barney, aber deshalb bin ich noch kein Revolvermann«, schwächt Roy die Wirkung der Frage mit einem Seitenblick auf Madden ab.

»Aber das ist doch kein Unterschied, Mister.«

Roy kaut bedächtig den Mund leer. »Doch, Barney. Ein Revolvermann sucht den Kampf mit der Waffe. Er verdient mit dem Colt sein Geld. Ein Revolverkämpfer geht der Auseinandersetzung so lange wie möglich aus dem Weg. Für ihn ist der Colt nur eine Waffe zur Verteidigung. Er hat einen Beruf und leistet etwas. Er schafft Werte, die eines Tages, wenn er stirbt, weiter bestehen bleiben.«

Der Junge ist beharrlich. »Erzählen Sie doch einmal von den Kämpfen.«

Da Roy sich nicht dazu entschließen kann, beginnt Barney zu betteln.

»Schluss, mein Junge!«, brummt Madden. »Geh in die Schlafkammer und leg dich hin. Du darfst einen Gast nicht so quälen.«

Barney will maulen, aber in letzter Sekunde scheint er es sich anders zu überlegen.

»Gute Nacht, Grandpa! Gute Nacht, Mr. Cameron!«, sagt er und geht hinaus.

Da er die Tür nicht ganz schließt, kann man ihn noch eine Weile hören.

Inzwischen haben auch die beiden Männer die Mahlzeit beendet. Roy dreht sich eine Zigarette, Madden geht zum Kleiderhaken, langt in die Tasche einer Jacke und holt eine zerkaute Pfeife heraus. Dabei fällt sein Blick wieder auf Camerons Armeehut. Langsam kommt er zum Tisch zurück und lässt sich auf den Stuhl sinken. Wortlos stellt Roy seinen Tabaksbeutel vor ihn hin, und ebenso wortlos beginnt Madden daraus seine Pfeife zu stopfen. Schweigend paffen sie eine Weile vor sich hin.

Cameron tut so, als ob er nicht bemerke, wie der Alte Zoll für Zoll seine Erscheinung mustert. Er sieht einen dunkelhaarigen, gebräunten Mann vor sich, dem auch, wenn er sitzt, seine Größe von sechs Fuß anzusehen ist. Roy Camerons Augen haben einen grünlichen Schimmer. Sein Kopf ist gutgeschnitten, und sein Haar umschließt das Gesicht wie eine enganliegende dunkle Kappe. Über die Stirn verläuft ein heller Streifen, eine Narbe. Hin und wieder entblößt der schmallippige Mund eine Reihe kräftiger Zähne. Das Kinn verrät Energie, aber keine Brutalität. Und die Hände Roy Camerons zeugen von Kraft und Geschicklichkeit.

»Sie haben sich darüber gewundert, dass ich Sie nicht bei mir übernachten lassen will?« Madden murmelt diese Frage eintönig.

»Ich habe mir das Wundern schon lange abgewöhnt, Oldtimer«, erwidert Roy im schleppenden Tonfall des Texaners. »Es ist Ihre Sache. Sie werden Ihre Gründe haben.«

Einen Augenblick stutzt der Alte. Mit so einer knappen Antwort hatte er nicht gerechnet.

»Ich will Ihnen nichts vormachen, Mr. Cameron. Ich wünsche alles, was aus den Südstaaten kommt, in die Hölle. Nicht nur, weil mein Sohn im Kampf gegen die Rebellen gefallen ist.«

Roy Cameron hat das Warten gelernt. Wenn ein Mann etwas erzählen will, wird er es auch ohne Fragerei tun. Maddens nächste Worte geben ihm recht.

»Sie sind Texaner, Mr. Cameron«, fährt der Alte fort. »Das ist keine Empfehlung. Haben Sie die Namen Lem und Kid Walsh schon einmal gehört?«

Obgleich er sich immer in der Gewalt hat, kann Roy ein Zusammenzucken nicht vermeiden. Seine Augen werden schmal.

Madden deutet diese Regungen auf seine Weise. Sein Gesicht wird verschlossen.

»Sie kennen die Brüder Walsh also«, knurrt er bitter. »Dann brauche ich nicht weiter zu fragen. Ziehen Sie doch Ihre Waffe, Cameron. Tun Sie es schnell, damit Sie sich bald die Prämie holen können.«

Er sieht Madden zur Wand hinüberschielen, wo ein Gewehr und eine Schrotflinte in einem Ständer lehnen. Langsam gleitet Roys Hand zur Hüfte und zieht den Colt heraus.

Madden verzieht den Mund zu einem bitteren Lächeln.

»Also doch!«, murmelt er und legt die Pfeife aus der Hand. »Ich hätte es wissen sollen, dass Kid Walsh über tausend schmutzige Tricks verfügt. Er hat für diese Arbeit den Richtigen ausgesucht, Cameron – falls Sie überhaupt so heißen. Sie haben ein Gesicht, das Vertrauen einflößt. Und doch …«

»Hören Sie auf!«, knurrt Roy und steht auf. Langsam seitwärts gehend, erreicht er den Gewehrständer. Maddens Blicke folgen ihm gebannt, und seine Augen weiten sich in maßlosem Staunen, als er Roy seinen Waffengurt abschnallen sieht.

Cameron schiebt die Waffe in das Futteral und hängt den Gurt an den Haken. Dann nimmt er die Schrotflinte zur Hand, klappt den Doppellauf auf, nimmt aus einer Schachtel zwei Schrotpatronen, schiebt sie in die Lager und drückt die Mündung auf Maddens Brust.

»So hatten Sie es sich vorgestellt, nicht wahr?«, fragt er hart.

Der Lauf schwenkt herum. Roy hält nun den Kolben der Waffe vor Maddens Brust.

»Nehmen Sie, Mann! Zum Teufel, fassen Sie endlich zu!«

Der Alte tastet nur zögernd nach der Waffe. Als er sie in Händen hält, lässt Roy los und setzt sich wieder auf seinen Platz. Ohne sich weiter um den Alten zu kümmern, dreht er sich eine neue Zigarette.

Ein Geräusch an der Tür ruft Madden wieder in die Wirklichkeit zurück. Zugleich mit Cameron wendet er den Kopf. Was beide sehen, lässt Roy belustigt grinsen und Madden krampfhaft schlucken.

»Er hätte es nicht geschafft, Großvater«, sagt Barneys helle Stimme Er lässt den schweren Colt, den er mit beiden Händen halten muss, langsam sinken. Barney ist nur mit einem Nachthemd bekleidet, das ihm bis zu den Knien reicht.

»Wirst du wohl den Revolver weglegen!«, keucht Madden heiser. »Du kannst ja gar nicht damit umgehen.«

»Doch, kann ich«, verkündet der Junge selbstbewusst. »Immer, wenn du zur Stadt gefahren bist, habe ich damit geübt und ihn hinterher wieder gereinigt und eingeölt, Großvater. Du siehst doch, wie leicht man in Verlegenheit kommen kann.«

Madden macht einen raschen Schritt. Mit einem Satz ist Barney verschwunden. Man hört das Bett unter seinem Sprung krachen.

»Barney hat recht.« Der Texaner lächelt. »Gebrauchen kann man’s immer mal.«

»Sie kennen die Brüder Walsh und sind doch nicht von ihnen geschickt. Warum, zum Teufel, sind Sie dann hierhergekommen?«

»Ich habe es Ihnen doch gesagt«, knurrt Cameron. »Ich suchte ein Abendessen und ein Nachtquartier. Lem und Kid Walsh – ja, ich habe ihre Namen schon gehört und kenne sie sogar, aber ich habe nichts mit ihnen zu tun. Wollen Sie mich deshalb nicht für eine Nacht aufnehmen?«

Der Alte geht zu einem klobigen Schrank und kommt mit zwei Gläsern und einer Flasche zurück.

»Ja«, stößt er hervor. »Und es ändert sich auch nichts daran. Es kann sein, dass es in ein paar Stunden hier verdammt rau zugehen wird. Ich will niemanden in eine hoffnungslose Sache mit hineinziehen. Deshalb müssen Sie weiter, Cameron.«

Roy kippt seinen Stuhl auf zwei Beine und legt den Kopf zurück. »Es ist schon oft vorgekommen, dass ein Mann seine Lage für hoffnungslos hielt und es dann doch noch einen Ausweg gab. Haben Sie auch an den Jungen gedacht, Madden?«

Die Fäuste des Alten verkrampfen sich. »Wenn ich nicht immer nur an ihn gedacht hätte, wäre ich längst mit meiner Schrotflinte losgeritten und hätte allem Kummer ein Ende gemacht. Nein, Cameron, Sie brauchen nicht zu versuchen, mir Mut zu machen. Es gibt keinen Ausweg. Die beiden Walsh-Brüder haben alle Trümpfe in der Hand.«

Roy Cameron betrachtet das gedankenvolle Gesicht des Alten und wartet.

»Es war vor zwei Jahren«, beginnt Madden ganz von selbst zu berichten. »Alles ging nach Kriegsende noch drunter und drüber. Bandenüberfälle waren an der Tagesordnung. Die halbe Stadt ist damals abgebrannt. Auch die Landagentur, wo alle Weideabgrenzungen und Siedlerstellen registriert waren. Doch jeder kannte die Rechte des anderen, und so wurde die Neuanlage der Akten aufgeschoben. Es gab eben Wichtigeres zu tun.

Beim Wiederaufbau der Stadt tauchten dann plötzlich Lem und Kid Walsh auf. Alles ging verdammt schnell. Innerhalb eines halben Jahres steckten sie sich die halbe Stadt in die Tasche. Sie heuerten einen Mann namens Lewis Hyer an. Er kam aus dem Osten und gründete für sie eine neue Bank und gewährte Kredite. Jeder Geschäftsmann in der Stadt war froh, wieder Geld auftreiben zu können, da die alte Bank auch abgebrannt war. Kein Mensch hatte sich die Kreditverträge genau angesehen. Und jetzt müssen plötzlich alle feststellen, dass sie ihren Kredit nicht in Raten abzahlen können, sondern nur auf einmal. Das heißt, dass die wahnsinnigen Zinsen immer weiterlaufen und das Kapital, das die Leute zusammenkratzen, immer wieder auffressen. Auch einige umliegende Ranches gerieten in Schwierigkeiten. Kid Walsh kaufte drei für ein Spottgeld. Zusammen bilden sie jetzt die Hufeisenranch. Sie umschließt mein Land von drei Seiten. Diese Senke, die Hügelkette und der Streifen Weideland gehörten einst mir. Ich hatte zwei Cowboys für meine kleine Rinderherde und zwei Landarbeiter für mein Ackerland. Kid ließ seine Herde über meine Weide jagen. Meine Rinder wurden mitgerissen. Sie verschwanden spurlos in der großen Herde. Ich verlangte die Aussonderung meiner Tiere. Kid ließ mir antworten, dass ich ihm die Auszählung zahlen solle, dann würde er meine Kühe aus der großen Herde herauslesen lassen. Er verlangte mehr, als meine Herde wert war. Ich musste die Weidereiter entlassen.

Vier Wochen später wurden meine beiden Landarbeiter in der Stadt so zusammengeschlagen, dass sie es vorzogen, sich eine andere Arbeitsstelle zu suchen. Man hatte ihnen gesagt, dass das nur der Anfang wäre, falls sie die Absicht hätten, hierzubleiben. Dann ritt Kid Walsh eines Tages persönlich in den Hof, um mir die Frist für die Räumung ›seines‹ Landes mitzuteilen. Das war vor zwei Wochen. Wie ein Ertrinkender habe ich in der Stadt nach Verbündeten gesucht, die mein Recht auf das Land bezeugen sollten. Sie haben alle Angst, gegen Walsh auszusagen. Die Angst vor Walsh hat ihnen das Mark aus den Knochen gesogen. Und die Registrierungsakten existieren nicht mehr. Sehen Sie, Cameron, ich bin ihm ausgeliefert. Verstehen Sie jetzt meinen Hass auf alles, was südlich des Red River zu Hause ist?«

Harry Madden kippt sein Glas leer. Er schenkt sich sofort wieder ein und stiert dann in wilder Verzweiflung auf die Tischplatte.

Es dauert eine Weile, bis Roy Cameron die Geschichte verarbeitet hat. Der Texaner ist tief aufgewühlt.

Ruhig, aber mit heiserer Stimme beginnt er zu reden. »Sie haben mir da eine Menge Dinge erzählt, Madden. Vieles würde sich selbst mit Hilfe des Gesetzes nicht ändern lassen. Geschäftsleute, die Schulden haben, müssen sehen, wie sie damit fertig werden. Sie haben die Kreditverträge selbst abgeschlossen und dürfen sich nicht beklagen. Aber bei Ihnen ist das anders. Selbst wenn Sie keine Zeugen dafür beibringen können, dass Sie das Land zu Recht besitzen, so muss doch Walsh erst beweisen, dass er einen Anspruch darauf hat. Warum gehen Sie nicht zum Sheriff?«

»Das ist eine gute Idee, Cameron. Wirklich, eine prächtige Idee ist das! Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Wissen Sie, wie der Sheriff von Dryfield heißt? Sperren Sie die Ohren auf, Cameron! Walsh heißt er – Lem Walsh. Muss ich Ihnen dazu noch etwas sagen?«

Roy schweigt betreten für einen Augenblick. »Aber was hat das alles mit meiner Übernachtung zu tun?«, fragt er schließlich.

»Vor zwei Wochen hat Walsh mir eine Frist gestellt. Heute um Mitternacht läuft sie ab. Er hat mir angedroht, es rau und unwiderruflich zu machen. Unwiderruflich, Cameron, verstehen Sie? Nun, sie werden mich bereitfinden.«

»Sie kämpfen also, Madden, obgleich Sie sich keine Chance ausrechnen?«

Der Alte stemmt die Ellenbogen auf die Tischplatte und stützt den Kopf in die Hände.

»Sicher«, murmelt er dumpf. »Ich werde kämpfen. Sehen Sie, Cameron, ich habe die Felder mit eigener Hand bestellt. Jeder Stamm dieses Hauses ist von meiner Hand gefällt worden. Ich bin hier alt geworden und habe Wurzeln geschlagen. Es gibt nur noch eine Art, wie man mich hier herausbringen könnte. Vielleicht ist es in ein paar Stunden soweit.«

Er ist wie ein grauer Recke aus der Vorzeit, der sein schweres Geschick auf sich nimmt.

»Sie sind also sicher, dass sie kommen werden?«, fragt Roy leise.

»Ganz sicher. Bisher hat Walsh noch nie eine Drohung unausgeführt gelassen. Und Sie will ich nicht in diese Sache hineinziehen, Cameron. Sie müssen weiterreiten. Am besten gleich.«