H. C. Hollister 103 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 103 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Pat Forrester ist scheinbar ein Mann, der von einem Rodeo zum anderen zieht und sich als Preiskämpfer seinen Lebensunterhalt verdient. So jedenfalls ist es auch in Buffalo Springs, einer kleinen Rinderstadt am Fuße der Absaroka Range, wo er einem berüchtigten Desperado aus den Bergen den wertvollsten Preis vor der Nase wegschnappt. Doch der Frontier Day von Buffalo Springs wird in mehr als einem Sinne ein denkwürdiges Ereignis. Er wird Ausgangspunkt des Konflikts, den Pat Forrester und sein Freund Gary Chance in den nächsten Wochen auszukämpfen haben.
Zwei verwegene Rodeo-Tramps kämpfen mit allen Listen und Tricks, um eine berüchtigte Bande von Desperados zur Strecke zu bringen. Und erst als die Handlung ihren Höhepunkt erreicht hat, kommt die Wahrheit ans Licht. Im entscheidenden Augenblick deckt Pat Forrester seine Karten auf ...


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Inhalt

Cover

ABSAROKA RANGE

Vorschau

Impressum

ABSAROKA RANGE

Pat Forrester ist scheinbar ein Mann, der von einem Rodeo zum anderen zieht und sich als Preiskämpfer seinen Lebensunterhalt verdient. So jedenfalls ist es auch in Buffalo Springs, einer kleinen Rinderstadt am Fuße der Absaroka Range, wo er einem berüchtigten Desperado aus den Bergen den wertvollsten Preis vor der Nase wegschnappt. Doch der Frontier Day von Buffalo Springs wird in mehr als einem Sinne ein denkwürdiges Ereignis. Er wird Ausgangspunkt des Konflikts, den Pat Forrester und sein Freund Gary Chance in den nächsten Wochen auszukämpfen haben.

Zwei verwegene Rodeo-Tramps kämpfen mit allen Listen und Tricks, um eine berüchtigte Bande von Desperados zur Strecke zu bringen. Und erst als die Handlung ihren Höhepunkt erreicht hat, kommt die Wahrheit ans Licht. Im entscheidenden Augenblick deckt Pat Forrester seine Karten auf ...

Frontier Day in Buffalo Springs, Wyoming. Gefeiert wird dieser »Tag der Grenze« mit einem großen Rodeo, durch das nicht nur die Reiter der umliegenden Ranches angelockt werden. Die Vielzahl dieser Cowboyfeste im Rinderland hat schon viele hartbeinige Burschen dazu veranlasst, sich ganz darauf zu spezialisieren und sich als Preiskämpfer ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gary Chance ist einer dieser Preiskämpfer.

Die Spannung unter den Zuschauern wächst von Sekunde zu Sekunde. Eine Korralecke hat das Feld jetzt noch zu runden, dann kann es bereits auf die Zielgerade einbiegen.

Die glänzende Rappstute mit Gary Chance legt mit einem Mal zu, schießt förmlich an den beiden anderen Konkurrenten der Spitzengruppe vorbei und droht in einem Schwung auch noch einen Rotfuchs zu überholen. Mit zäher Beharrlichkeit kämpft sie sich an den führenden Chip Collingwood heran. Es ist bereits erkennbar, dass sie den Rotfuchs spätestens eingangs der Zielgeraden schlagen und dann mit Sicherheit abhängen wird.

An der Ziellinie springt Rancher Collingwood, Chips Vater, vor und erhebt seine grollende Stimme zu einem wilden, anfeuernden Gebrüll. Zweifellos ist dieser Terence Collingwood ein schlechter Verlierer. Er fuchtelt beschwörend mit den Armen, und seine Stimme übertönt sogar das erneut aufbrandende Geschrei der übrigen Zuschauer.

Der Anblick des Vaters scheint in Chip Collingwood eine jähe Reaktion auszulösen. Einen Moment lang richtet er sich im Sattel höher empor. Doch gleich darauf, als er den engen Bogen um die Korralecke nehmen muss, krümmt er sich noch stärker als zuvor zusammen.

In unwahrscheinlichem Speed hat die Rappstute inzwischen aufgeholt. Ihr Hals befindet sich auf gleicher Höhe mit der Hinterhand des Rotfuchses. Und dann geschieht es! Chip Collingwood hat die Gefahr erkannt. Doch anstatt sich weiterhin dicht am Gatter zu halten, lässt er sich vom Schwung des Bogens nach außen tragen. Die Stute, gerade noch im Begriff, ihren Vorstoß erfolgreich abzuschließen, wird von der Hinterhand des Wallachs abgedrängt, kommt aus dem Tritt und verstolpert sich, als Gary Chance blitzschnell ihren Kopf herumnimmt, um an der Innenseite vorbeizukommen. Der Rotfuchs aber bekommt im selben Moment die kurze Gerte zu spüren und legt all seine Kräfte in den Spurt.

Es wird ein knappes Rennen. Weniger als zweihundert Yards ist die Zielgerade lang. Die Stute kommt auf und kämpft verbissen, doch der Rotfuchs hält durch, obgleich ihm der Schaum vom Maul flockt. Mit einer knappen Halslänge Vorsprung rettet er sich schließlich ins Ziel.

Sofort hebt ein erregtes, teilweise sogar erbittertes Debattieren an. Denn die Behinderung der schwarzen Stute ist nicht unbemerkt geblieben, und die meisten Zuschauer haben irgendwelche Wetten abgeschlossen, wobei die Stute und der Rotfuchs zweifellos die meistgewetteten Pferde waren.

»Zahlen?«, brüllt ein untersetzter, knorriger Mann den Rancher Terence Collingwood an. »Keinen Cent zahle ich, Mister! Ich habe doch mit eigenen Augen gesehen, wie der Rappe abgedrängt wurde, als er gerade richtig in Schwung gekommen war. Dieser Gary Chance wird Protest einlegen, und dann muss das Zielgericht Ihren Giftpilz von Sohn disqualifizieren, Collingwood. Die schwarze Stute hätte das Rennen glatt gewonnen, daran gibt es keinen Zweifel.«

»Protest! Jawohl, wir protestieren!«, kommt von vielen Seiten die Zustimmung, die dann gleich den Widerspruch anderer Gruppen auslöst. Über die Köpfe der Schreier hinweg tauschen Gary Chance und Chip Collingwood einen Blick. Nur für einen kurzen Moment hält der Sohn des Ranchers den Augen des Rodeoreiters stand, dann wendet er den Kopf betreten zur Seite und schluckt. Doch da wird er von seinem begeisterten Vater bereits fast aus dem Sattel gerissen. Der Alte packt den Rotfuchs beim Kopfgeschirr und zerrt ihn rücksichtslos hinter sich her zur Richtertribüne.

»Der Sieger!«, verkündet er mit seiner alles übertönenden Stimme. »Ich habe es euch ja gleich gesagt, dass der Junge mit diesem Pferd nicht zu schlagen ist!«

Im Vorbeireiten winkt Gary Chance dem abseitsstehenden Pat Forrester zu. Sein Gesicht ist verkniffen und zornig, und es gibt keinen Zweifel, dass er wegen der unfairen Behinderung protestieren wird, falls die Zielrichter das Ergebnis anerkennen sollten. Auch Pat Forrester fände diese Handlungsweise völlig nachvollziehbar. Aber gerade, als er Garys Wink mit einem Nicken beantwortet hat, entdeckt er unmittelbar neben sich eine schlanke Gestalt und sieht die ernsten, ausdrucksvollen Augen eines Mädchens auf sich gerichtet. Sein Gesicht erstarrt in einem nichtssagenden Lächeln, und er greift sich an den Hut, als er im Hintergrund noch eine würdige Lady mit einem Schutenhut entdeckt. Doch da scheint das Mädchen bereits zu einem Entschluss gekommen zu sein.

»Mister«, sagt sie drängend, »Sie sind ein Freund dieses Mannes auf dem Rappen?«

»Patrick Forrester«, stellt er sich mit einer höflichen Verbeugung vor. Fast im selben Atemzug setzt er dann hinzu: »Freund wäre zu viel gesagt. Ich kenne Gary Chance nur flüchtig von früher, wie sich Rodeo-Tramps eben zuweilen kennenlernen.«

»Ich — ich bin Eleanor Collingwood«, erwidert das Mädchen zögernd die Vorstellung, um gleich darauf hastig fortzufahren: »Sie könnten sich zwanzig Dollar verdienen, Mister Forrester. Bewegen Sie Ihren Freund dazu, keinen Protest einzulegen. Sagen Sie ihm, dass ich ihm die Siegprämie von zweihundert Dollar aus meiner Tasche ersetzen werde — oder ich zahle ihm sogar dreihundert, wenn er das Ergebnis unangefochten lässt. Aber machen Sie rasch, ehe er bei den Richtern Einspruch erheben kann.«

Mit einem kurzen Blick vergewissert sich Pat Forrester, dass es noch längst nicht so weit ist. Vorerst wird das Podium noch von einer schreienden Menge umringt.

»Und der Grund für Ihre Spendierfreudigkeit, Lady?«, erkundigt er sich mit einem ausdruckslosen Lächeln. »Haben Sie vielleicht ein paar einträgliche Wetten abgeschlossen, die sonst mit einer Pleite enden würden?«

Eleanor Collingwoods Gesicht wird von einer dunklen Woge überflutet.

»Schämen Sie sich, Mister Forrester! — Ich tue es nur für Chip, meinen Bruder. Dad wird ihm höllisch zusetzen, wenn er dieses Rennen nicht als Sieger beendet. Und sie kommen schon jetzt schlecht genug miteinander aus.«

»Eine Familientragödie, ich verstehe«, murmelt Pat Forrester bissig. »Wo ist das Geld?«

Das Mädchen errötet wiederum.

»Ich — ich habe es nicht bei mir. Aber bis spätestens heute Abend ...«

»Schon gut«, fällt ihr Pat ins Wort, als er bemerkt, dass sich an der Tribüne etwas tut. »Ich werde sehen, was sich machen lässt.«

Die Mauer von Menschen, welche das Podium umringen, scheint undurchdringlich zu sein. Dennoch dauert es nur Sekunden, bis Pat Forrester unmittelbar neben der Rappstute auftaucht. Vom Rand der Zuschauermenge aus kann man nur erkennen, wie sich Gary Chance eine Weile tief aus dem Sattel beugt, sich dann wieder aufrichtet und zu den beiden Frauen hinüberblickt. Im selben Moment scheint die Beratung der Zielrichter beendet zu sein. Einer von ihnen hebt die Hand, um Ruhe zu gebieten, und stemmt dann die Fäuste auf die Balustrade der kleinen Tribüne.

»So geht das nicht, Leute. Man kann ja sein eigenes Wort nicht verstehen. — Also, hier ist die Entscheidung des Kampfgerichts: Nur wenn kein Einspruch erhoben wird, kann die Nummer drei zum Sieger erklärt werden ...«

Sofort beginnt ein wüstes Toben, doch die Stimme Terence Collingwoods übertönt selbst dies Geschrei:

»Einspruch? Was soll das heißen? Der Junge hatte den Rotfuchs klar mit einer Halslänge vorn gehabt. Soll er jetzt vielleicht mit dummen Redensarten aufs Kreuz gelegt werden?«

Das Gesicht des Zielrichters läuft blaurot an.

»Es ist in der Geraden vor dem Ziel eine klare Behinderung vorgekommen, Collingwood. Dafür gibt es ein paar Dutzend Zeugen. Deshalb kommt es nun darauf an, ob die betroffene Nummer sieben Protest einlegt.«

»Nummer sieben?«, sagt Gary Chance grinsend. »Das bin ich, nicht wahr? Aah, reden Sie vielleicht deshalb von Behinderung, weil der junge Collingwood im Eifer des Gefechts ein bisschen aus der Kurve getragen wurde? Das kann bei einem solchen Tempo schon mal passieren.«

Fassungslos starrt der Richter ihn an.

»Soll das heißen, dass Sie keinen Einspruch erheben, Mann?«

»Einspruch?«, knurrt der Rodeo-Reiter mit geringschätzig verzogenen Lippen. »Glauben Sie etwa, ich wollte auf diese Weise noch siegen, wenn ich es auf der Bahn nicht geschafft habe? Außerdem war ich ja selbst schuld. Ich bin auch ziemlich weit nach außen gerutscht, und weil ich eigentlich innen vorbei wollte, habe ich ›Black Lady‹ zu scharf herumgenommen, sodass sie aus dem Tritt gekommen ist. Ich denke, das Ergebnis geht in Ordnung.«

Pat Forrester hat bei diesen Worten den jungen Chip Collingwood nicht aus den Augen gelassen. Er sieht dessen geweitete Augen, die fassungslos herüberstarren. Kaum dass Gary Chance geendet hat, setzt erneut tobendes Geschrei ein, in welchem der Richterspruch hoffnungslos untergeht. Aber das ist auch schon nicht mehr interessant. Nachdem kein Protest erfolgte, ist es völlig klar, dass nur Chip Collingwood auf seinem Rotfuchs zum Sieger erklärt werden kann.

Der Rancher lässt das Kopfgeschirr fahren und wendet sich mit triumphierendem Gebrüll um, um seinen Sohn aus dem Sattel zu heben. Doch er kommt zu spät. Der Sattel ist bereits leer. Chip Collingwood ist in der Menge verschwunden, als könne er es nicht ertragen, dass ihm hier der Sieg geschenkt wurde.

Buffalo Springs ist eine kleine Rinderstadt in einem verlassenen Seitental des großen Bighorn Basin. Es gibt hier nur wenige Saloons und lediglich zwei Restaurants. So sieht man sich zur Mittagszeit beim Essen fast zwangsläufig wieder.

Pat Forrester und Gary Chance haben einen kleinen Tisch in der Ecke erwischt, von dem aus sie den größten Teil des Restaurants überblicken können.

Die Collingwoods sitzen an einem Fensterplatz. Chip ist nicht dabei. Dafür sind die Augen von Mrs. Theresa Collingwood rot verquollen, und ihr Ehemann blickt finster und wortlos auf seinen Teller.

»Alle Achtung, Partner«, murmelt Gary Chance beim Anblick Eleanors, die ihnen das Profil zuwendet. »Von so einer hübschen Lady bestochen zu werden ist sicher ein besonderes Vergnügen.«

Pat will etwas erwidern, doch seine Aufmerksamkeit wird abgelenkt. Schon einige Zeit zuvor ist von der Straße der Lärm randalierender Burschen zu hören gewesen. Jetzt poltern drei von ihnen ins Restaurant, angetrunkene Weidereiter offenbar, die den Frontier Day auf ihre Weise genossen haben. Sie lachen brüllend über einen Witz, und einer von ihnen torkelt gegen einen Besucher des Restaurants, der unmittelbar am Gang sitzt.

»Hoppla, Freund!«, brabbelt er und versetzt dem Dunkelgekleideten noch einen kräftigen Schlag auf die Schulter. »War nicht so gemeint. Aber — aber eigentlich könntest du uns doch ein bisschen Platz machen, findest du nicht?«

Der belästigte Mann im dunklen Gehrock, der zusammen mit einem scharfgesichtigen Mexikaner am Tisch sitzt, schnellt empor und fährt herum. Sein knochiges Pferdegesicht ist bleich vor Zorn, als er mit einem Ruck den Rockschoß zurückschlägt. Ein heller, etwas vergilbter Revolverkolben wird sichtbar, der aus einem schwarzen Halfter ragt. Stumpf sind die Augen des Mannes, als er mit unangenehmer Falsettstimme sagt:

»Hinaus! Alle drei!«

Der Betrunkene schwankt noch immer auf den Füßen. In plumper Vertraulichkeit will er sich mit beiden Händen an den Schultern des Dunkelgekleideten stützten. Im selben Moment klatscht ihm dessen Linke ins Gesicht. Es ist eine Ohrfeige, die den Kopf des angeheiterten Weidereiters förmlich herumfliegen lässt.

Tödliche Stille ist jetzt im Restaurant eingetreten. Mit starrem Grinsen sitzt der Mexikaner hinter dem Tisch, die schmalen, geschmeidigen Finger locker auf die Tischkante gestützt. Es sieht so aus, als wollten sich der Weidereiter und seine beiden Freunde auf den Gegner stürzen. Doch in diesem Moment hastet der Waiter den Gang entlang und keucht beschwörend:

»Mister McBrady! Entschuldigen Sie, Sir. Ich hätte diese Narren sofort wieder hinauswerfen sollen ...«

In jäher Ernüchterung zieht der schwankende Cowboy den Kopf ein und wechselt einen Blick mit seinen Begleitern, die bei der Erwähnung des Namens McBrady plötzlich blass geworden sind.

»Sie — Sie sind Harvey McBrady?«, kommt es stockend über seine spröden Lippen.

»Hinaus!«, keift der Mann mit dem Pferdegesicht noch einmal schrill und schlägt dabei den anderen Rockschoß zurück, sodass auch seine zweite Waffe sichtbar wird.

»Entschuldigung«, ächzt der Weidereiter mit gequältem Lächeln. »Es war wirklich nicht so gemeint, Mister McBrady. Wir gehen ja schon.«

Dann ziehen sie sich alle drei zur Tür zurück. Ehe sie hinausdrängen, ist ihre Erleichterung darüber zu erkennen, so glimpflich davongekommen zu sein. Harvey McBrady nimmt unterdessen seine Serviette vom Tisch, stopft sie sich mit einem Zipfel in den Kragen und lässt sich mit einer steifen Bewegung nieder. Erst nach geraumer Zeit flackert dann hier und da im Raum wieder eine gedämpfte Unterhaltung auf.

»Harvey McBrady?«, sagt Pat Forrester nachdenklich. »Ist das nicht einer von diesen Geächteten, ein Outlaw aus den Bergen?«

»Ein Desperado«, erwidert Gary Chance verkniffen. »Ein Bandit. Vor mir brauchst du kein Blatt vor den Mund zu nehmen, Partner. Es heißt, dass Harvey McBrady zu der berüchtigten Tanner-Bande gehört und dass er bei Reece Tanner sogar eine Leutnantstelle innehat.«

Noch immer weichen Pats Blicke nicht von jenem Tisch, obgleich der Geächtete ihm den Rücken zuwendet.

»Ich erinnere mich, Gary. Irgendwann habe ich einmal davon gehört.«

»Dieser Greaser«, murmelt der Rodeo-Reiter. »Ich vermute, dass es Felipe Spinoza ist. Es soll unter Reece Tanners Banditen nur einen einzigen Mexikaner geben, aber der ist dafür auch das reine Gift. Ich glaube, es gibt von Mexiko bis zur kanadischen Grenze keinen Bundesstaat, in dem er nicht gesucht würde.«

»Merkwürdig. Es gibt doch einen Marshal hier in Buffalo Springs, nicht wahr?«

»Du meinst, er müsste sich diese Burschen kaufen? Dann versetze dich einmal in die Lage des Marshals. Würdest du dich für nichts und wieder nichts totschießen lassen? Ich denke mir, der Marshal ist froh, wenn die Kerle hier Frieden halten.«

»Eine Art Burgfrieden?«

»So ähnlich. Der Sheriff sitzt sechzig Meilen entfernt in Greybull, die Berge hingegen sind ziemlich nah. Wenn Reece Tanner mit seinem höllischen Rudel herunterkäme, könnte er spielend ganz Buffalo Springs in Schutt und Asche legen. Andererseits wäre eine kleine Armee erforderlich, um ihn in der Absaroka Range auszuräuchern. Er hat in diesen Bergen sein Königreich errichtet, und er ist klug genug, unmittelbar vor seiner Haustür keinen Verdruss zu stiften. Auf diese Weise sehen einige Leute in ihm sogar eine Art Robin Hood. Und Tanner tut alles, um sie in dieser romantischen Ansicht zu bestärken, indem er zuweilen mit dem Geld nur so um sich wirft, irgendwelchen Squattern und Drei-Kühe-Ranchern aus der Klemme hilft und sich als Wohltäter der Armen aufspielt.«

»Ein gerissener Halunke also?«, erkundigt sich Pat gleichmütig.

»Das kann man wohl sagen. Er sitzt in seinen Bergen wie die Spinne im Netz, und wenn er einmal zuschlägt, dann kannst du sicher sein, dass es mehr als hundert Meilen von hier entfernt geschieht. Der große Bankraub von Casper im vorigen Jahr geht auf sein Konto. Einige Monate zuvor soll er bei Virginia City einen märchenhaften Goldtransport abgefangen haben, und der Überfall auf die Wells Fargo Station in Three Forks in diesem Frühjahr soll ebenso sein Werk gewesen sein.«

Einen Moment lang wird das Gespräch unterbrochen, als der Waiter das Essen bringt. Sobald er sich entfernt hat, murmelt Pat Forrester mit widerwilliger Anerkennung:

»Alle Achtung! Mit kleinen Sachen gibt dieser Reece Tanner sich wohl gar nicht erst ab, wie?«

»Darauf kannst du Gift nehmen. Man kann bei seiner Geschichte schon jetzt Wahrheit und Legende kaum noch auseinanderhalten. Seine Bande besteht angeblich aus knapp zwanzig Hartgesottenen, aber wenn er wollte, dann könnte er sie von heute auf morgen auf Kompaniestärke bringen. Denn natürlich würde sich auf tausend Meilen im Umkreis jeder Outlaw und jeder Desperado die Finger danach lecken, in die Tanner-Crew aufgenommen zu werden.«

»Bei diesem Einkommen kein Wunder.«

»Und vor allen Dingen bei der Sicherheit, die er seiner Bande bietet. Kein Aufgebot wäre stark genug, um sich in die Absaroka Range zu wagen, obgleich man ziemlich genau weiß, wo sich sein Hauptquartier befindet.«

»Und warum sollte es dann nicht möglich sein, ihn in seinem Fuchsbau zu stellen?«, erkundigte sich Pat beinahe naiv.

»Weil dieser Fuchsbau mindestens ein halbes Dutzend geheime Ausgänge hat«, versetzt Gary sarkastisch. »Er liegt zwar auf dem Territorium von Wyoming, aber in wenigen Stunden wären die Grenzen von Montana und Idaho zu erreichen. Davon einmal ganz abgesehen, soll Reece Tanner sogar eine Nachrichtenkette eingerichtet haben. Irgendwo auf einem Berg sitzt seine Zentrale, während seine Spitzel rings um die Absaroka Range mit irgendwelchen Blendlampen ausgerüstet sind, um Blinksignale zu geben.

Selbst wenn es also ein großes Aufgebot riskierte, in die Berge einzudringen, wäre Tanner früh genug davon unterrichtet, um diesen Männern eine tödliche Falle zu stellen. Auf seine Art ist dieser Bursche einfach ein Genie. Anders wäre es gar nicht zu erklären, dass er schon seit ungefähr fünf Jahren unangefochten die Berge beherrscht. Für ihn ist die Absaroka Range inzwischen zu einer uneinnehmbaren Burg geworden.«

»Der König der Absaroka Range«, erwidert Pat mit mattem Lächeln. »Sein Zepter ist die Furcht, die er verbreitet, und er herrscht so souverän, dass seine Burschen sogar Ausflüge in die Umgebung unternehmen können, um sich zu amüsieren.«

»Und Geld zu verdienen«, setzt Gary grimmig hinzu. »Hast du noch nicht von dem grauen Hengst gehört, den dieser Harvey McBrady hergebracht hat?«

»Nein, was ist damit?«

»Du weißt nicht, wie es gestern drei Burschen ergangen ist?«

»Ich bin erst heute angekommen.«

»Dann will ich es dir erzählen. Der graue Teufel steht in einem Korral neben dem Rodeo-Platz. Wer sich länger als zwei Minuten auf ihm halten kann, hat den Hengst selbst und noch tausend Dollar Prämie gewonnen. Allerdings kostet jeder Versuch fünfzig Dollar Startgeld. Harvey McBrady hat bisher noch nicht draufgezahlt. Drei Männer haben gestern je fünfzig Dollar locker gemacht und den Versuch gewagt. Einer von ihnen hat sich beim Sturz den Arm gebrochen, einer ist mit den Rippen auf das Korralgatter gekracht und liegt beim Doc, und den dritten hätte der graue Höllengaul um ein Haar zerstampft, nachdem er ihn zuvor bis in die Wolken gefeuert hatte.

Der Hengst ist verdorben bis in den Grund seiner schwarzen Seele, ein richtiger Mankiller. Wahrscheinlich hat es auch deshalb niemand mehr versucht. Es wäre auch nichts weiter dabei herausgekommen als ein Geschäft für McBrady. Es gibt einfach keinen Mann, der sich auch nur eine Minute auf Belsazar halten kann.«

»Belsazar?«

»So heißt der Hengst. Und der Name passt zu ihm wie die Faust aufs Auge. Wenn du in der biblischen Geschichte aufgepasst hast, dann kennst du ja diesen grausamen König von Babylon, glaube ich, dem an der Wand die flammende Schrift erschien: Gewogen und zu leicht befunden. Genau dasselbe kann man auch von jedem Narren sagen, der fünfzig Dollar zahlt, um diesen Satan für ein paar Sekunden besteigen zu können.«

»Merkwürdig«, gebraucht Pat Forrester wiederum einen seiner Lieblingsausdrücke, »ich kannte mal einen ...«

»Nein!«, ächzt sein Gesprächspartner. »Nicht schon wieder eine deiner Geschichten!«

»... einen Esel«, fährt Pat mit verstohlenem Grinsen fort. »So einen richtigen grauen Esel mit langen Ohren und vier Beinen. Er war der Star in einem Zirkus und hieß ebenfalls Belsazar.«