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H. C. Hollister

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Beschreibung

Die Fahrt zur County-Stadt wird für Clay Patrick eine bittere Enttäuschung. Nach dem verlorenen Krieg ist Bargeld in Texas Mangelware, und kein Bankier würde auch nur einen einzigen seiner wertvollen Dollars riskieren, um damit ein so aussichtsloses Unternehmen zu finanzieren, wie es ein großes Treiben durch die Llanos darstellt. Auf der nächsten Pferdewechselstation lernt Clay einen Mann mit undurchsichtiger Vergangenheit kennen, der offenbar bereit ist, auch bei einem riskanten Unternehmen sein zusammengeschmolzenes Kapital zu vervielfältigen. Clay Patrick greift nach diesem rettenden Strohhalm und ahnt nicht, dass dies für ihn den Beginn eines höllischen Lebensabschnitts darstellt.
Vielerlei Schwierigkeiten sind noch zu überwinden, ehe endlich eine große Herde nach Nordwesten in Marsch gesetzt werden kann, quer durch das Comanchenland des Llano Estacado hinauf nach Colorado, wo der Goldrun gerade seinem Höhepunkt entgegensteuert. Aber erst am Ziel, in Bonanza City, wo sie alle Schwierigkeiten zu überwunden haben glauben, bricht dann wirklich die Hölle los ...


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Inhalt

Cover

BONANZA CITY

Vorschau

Impressum

BONANZA CITY

Die Fahrt zur County-Stadt wird für Clay Patrick eine bittere Enttäuschung. Nach dem verlorenen Krieg ist Bargeld in Texas Mangelware, und kein Bankier würde auch nur einen einzigen seiner wertvollen Dollars riskieren, um damit ein so aussichtsloses Unternehmen zu finanzieren, wie es ein großes Treiben durch die Llanos darstellt. Auf der nächsten Pferdewechselstation lernt Clay einen Mann mit undurchsichtiger Vergangenheit kennen, der offenbar bereit ist, auch bei einem riskanten Unternehmen sein zusammengeschmolzenes Kapital zu vervielfältigen. Clay Patrick greift nach diesem rettenden Strohhalm und ahnt nicht, dass dies für ihn den Beginn eines höllischen Lebensabschnitts darstellt.

Vielerlei Schwierigkeiten sind noch zu überwinden, ehe endlich eine große Herde nach Nordwesten in Marsch gesetzt werden kann, quer durch das Comanchenland des Llano Estacado hinauf nach Colorado, wo der Goldrun gerade seinem Höhepunkt entgegensteuert. Aber erst am Ziel, in Bonanza City, wo sie alle Schwierigkeiten zu überwunden haben glauben, bricht dann wirklich die Hölle los ...

Die altersschwache, rumpelnde Concord-Kutsche wirft ihre Passagiere hin und her.

Für Clay Patrick ist es eine bittere Heimfahrt, obgleich er sich eingestehen muss, dass er selbst nicht ernsthaft mit einem Erfolg seiner Mission gerechnet hat. Bankleute sind seltsame Käuze, philosophiert er. Wenn ein Mann im Geld schwimmt, dann wären sie bereit, ihm jeden Kredit einzuräumen. Wenn aber jemand wirklich Geld braucht ...

Er führt den Gedanken nicht zu Ende. Natürlich, er besitzt eine Ranch. Und auf der Weide, die er bei Kriegsausbruch verlassen hat, stehen heute schätzungsweise dreitausend Rinder. Aber für Irving Kellogh, den Bankier, war das nicht genug Sicherheit. Knochige Longhornrinder gibt es wie Sand am Meer hier am San Saba. Aber vorerst gibt es niemanden, der bereit wäre, auch nur einen einzigen Dollar für sie zu zahlen.

Es sind Männer da, die den Versuch gewagt haben, eine Herde durch die Indian Nations nach Norden zu treiben, nach Missouri oder nach Kansas zur Bahnlinie. Aber noch hat keiner von ihnen sein Ziel erreicht. Wer lebend zurückkehrte, war ärmer als zuvor. Immer weiter greift die große Entmutigung um sich. Kein Wunder also, dass Irving Kellogh sich weigerte, sein ohnehin knappes Kapital in ein voraussichtlich aussichtsloses Unternehmen zu investieren.

Fenton Creek kommt in Sicht, die letzte Pferdewechselstation vor San Joaquin. Die Tiere scheinen zu wissen, dass sie es bald geschafft haben.

»Hoooh!«, tönt das Gebrüll des Fahrers vom Bock. Mit einem Ruck kommt das schwankende Gefährt zum Stehen, und der dicke Reisende in Parfüm und Seife knallt mit dem Kopf gegen die Rückwand, deren Polsterung bereits ziemlich verschlissen ist.

»Zehn Minuten Pferdewechsel!«, ruft der Fahrer und reißt den Schlag auf.

Eine Mexikanerin steigt, einen Korb mit Hühnern an sich pressend, aus. Ehe der dicke Reisende sich aus der Kutsche zwängt, ist Clay Patrick bereits auf dem Weg zum Küchenfenster der Station, hinter dem Mrs. Beaumont mit Erfrischungen wartet.

»Hallo, Ma«, murmelt er freundlich und greift an den Rand seines Feldhuts. »Geben Sie mir ein Bratensandwich und ein Glas von Ihrem Pfefferminz-Julep.«

»Wie geht's, Clay?«, erkundigt sich Ma Beaumont, während sie ihm auf dem Fensterbrett einen Teller zuschiebt und mit dem kupfernen Schöpflöffel ein großes Glas füllt. »Sie haben Ihren besten Rock an. Dann sind Sie also bei Irving Kellogh gewesen?«

Clay nimmt einen großen Bissen und greift nach dem Glas, um Zeit für eine Antwort zu gewinnen.

»Ich verstehe schon«, sagt die Frau burschikos. »Dieser niederträchtige Geizhals hat Ihnen also nichts gegeben, oder?«

Gelassen kaut Clay Patrick zu Ende und lässt dabei die Blicke über den Hof schweifen. Der Fahrer spannt die Pferde aus und bringt sie zum Korral, wo bereits frische Gespanne bereitstehen. Tom Beaumont, der Stationsagent, schleppt unterdessen Gepäckstücke aus dem Haus zur Kutsche, und drüben am Trog stehen drei ziemlich abgerissene Burschen, zum Teil noch in verschlissenen Monturen der Rebellenarmee, und tränken ihre Pferde.

»Sie müssen sich in Irving Kelloghs Lage versetzen, Ma«, entschuldigt Clay Patrick den Bankier. »Von allen Seiten wird er um Kredite angegangen. Dabei trägt aber kaum jemand Spareinlagen zur Bank. Woher soll er all das Geld nehmen? Sein Kapital ist seit Beginn des Krieges höllisch zusammengeschrumpft.«

Kampflustig stemmt Ma Beaumont die Fäuste in die Seiten.

»Das hat er Ihnen erzählt, wie? Und Sie nehmen ihn auch noch in Schutz. Ein Halsabschneider ist er! Ihr Plan ist ihm nicht sicher genug, daran liegt es, sonst würde er das Geld schon lockermachen. Und dabei bewundert man Sie wegen Ihrer Idee mit Bonanza City, Clay.«

»Sagen Sie besser, man hält mich für verrückt«, berichtigt Clay Patrick sarkastisch.

Verwundert blickt die Frau zu ihm auf, während sich von der Kutsche her der schwitzende Reisende nähert und ein Bier fordert.

Kurz darauf fragt Clay Patrick:

»Ma, wer sind diese drei Burschen, die dort drüben ihre Gäule tränken?«

»Das sehen Sie doch selbst, Clay. Abgebrannte Veteranen, wie es sie im vergangenen Jahr noch zu Hunderten gab. Entweder haben sie so lange in einem Yankee-Entlassungscamp gesteckt, oder sie strolchen als Satteltramps herum, weil sie keinen Job finden.«

Während Clay die drei Männer noch mustert, gibt es an der Tür des Stationsgebäudes eine Bewegung. Eine hochgewachsene, etwas knochige und schwarzgekleidete Gestalt erscheint dort. Obwohl der Mann ihm den Rücken zukehrt, würde Clay darauf wetten, einen Spieler vor sich zu haben. Aber seine Verwunderung nimmt noch zu, als dieser Mann eine junge Frau zur Kutsche geleitet. Sogar die drei Satteltramps scheinen von ihrer Erscheinung fasziniert zu sein. Sie hat dunkles Haar, große, geheimnisvolle und verschleiert wirkende Augen und einen eigenwilligen, vollendet geformten Mund. Unter halb gesenkten Lidern streift ihr Blick Clay und die anderen, dann rafft sie mit einer Hand kokett den Saum ihres Reisekostüms empor, damit er nicht durch den Staub schleift. Vor der Kutsche wartet das Paar dann, weil der Fahrer und Tom Beaumont gerade damit beschäftigt sind, die neuen Gespanne in die Stränge zu schirren.

»Donnerwetter«, murmelt der dicke Reisende anerkennend.

Clay ist nicht viel weniger beeindruckt. Auch ihn hat die glutvolle Schönheit dieser Frau in ihren Bann gezogen. Er greift nach seinem Glas mit dem grünlichen Pfefferminz-Julep und fragt gedämpft:

»Ma, können Sie mir sagen, wie so etwas auf ihre Station kommt?«

Ma Beaumont schnaubt sarkastisch durch die Nase.

»Männer!«, sagt sie vorwurfsvoll. Und einschränkend setzt sie hinzu: »Nun, ein bisschen merkwürdig fand ich es auch, dass die beiden vorgestern hier ausstiegen und nach Zimmern fragten. Er heißt Brian Longfellow und ist Geschäftsmann oder etwas Ähnliches aus dem Norden.«

»Ein Yankee?«

»Das kann man nicht so genau sagen. Er ist ein Mann, der viel redet, aber dabei wenig sagt. Jedenfalls hat er mit harten Yankee-Dollars bezahlt, und das Beste war für die beiden gerade gut genug.«

»Und sie?«

»Laura Benteen heißt sie, und angeblich ist sie seine Sekretärin. Dem Vernehmen nach ist ihr die Fahrt in der rumpelnden Kutsche nicht bekommen, deshalb haben sie sich hier zwei Tage aufgehalten.«

»Zwanzig Meilen vor San Joaquin?«, erkundigt sich Clay Patrick skeptisch.

»Mir kam es auch merkwürdig vor«, bestätigt Ma Beaumont säuerlich. »Sie hat oben die Kammer von Joe bezogen, während er unten im Gastzimmer wohnte. Natürlich macht er ihr den Hof, obgleich sie angeblich seine Sekretärin ist, aber welcher Mann würde das nicht tun ...«

»Ein Yankee-Geschäftemacher also?«, erwidert Clay. Ich fürchte, bei uns wird er vergebens nach lohnenden Objekten suchen.«

»Mister«, wendet sich in diesem Augenblick Brian Longfellow ungeduldig an den Fahrer, »wie lange sollen wir denn hier noch herumstehen? Ihre zehn Minuten sind um.«

Der Fahrer der Überlandpost, ein bärtiger Oldtimer, hängt gerade noch die letzten Ketten ein und richtet sich dann auf.

»Wenn Sie Ihr Gepäck hierlassen wollen, können wir sofort losfahren, Sir«, brummt er gallig. »Wie hätte ich damit rechnen können, dass in Fenton Creek noch Passagiere zusteigen. – Gehst du nach oben, Tom?«, wendet er sich daraufhin an den Stationsagenten, während er auf den Berg von Gepäckstücken deutet.

Tom Beaumont schwingt sich auf den Bock und kriecht auf das Dach der Kutsche, um die Sachen anzunehmen und fachgerecht zu verstauen. Von der Seite tritt einer der drei Satteltramps heran, ein schmalgesichtiger Bursche mit dunklem Kraushaar, der seine graue Armeekappe weit in den Nacken geschoben hat. Es sieht ganz so aus, als wolle der Mann beim Aufladen helfen und sich damit ein Trinkgeld verdienen. Einer seiner Begleiter kommt unterdessen quer über den Hof zum Küchenfenster, während der dritte bei ihren alten Kleppern verharrt.

Beinahe körperlich spürt Clay plötzlich den Atem der Gefahr. Wachsam blickt er zur Kutsche hinüber, aber er kommt dennoch zu spät, als plötzlich der scharfe Ruf ertönt:

»Die Hände hoch – alle! Macht nur keine Dummheiten, Leute! Das ist ein Hold-up!«

Mit einem Schlag hat sich die Situation verändert, und die drei Burschen sind aus ihrer Reserve herausgetreten. Jeder von ihnen hält jetzt einen Revolver in der Hand. Der Dunkelhaarige drüben nimmt sich besonders Brian Longfellow aufs Korn.

Der Untersetzte, der über den Hof gekommen ist, richtet seine Revolvermündung mit unangenehmer Präzision auf Clays Körpermitte.

Und der dritte Mann des Rudels, an dessen grauen Hosen noch jetzt gelb verfärbte Stellen zu erkennen sind, wo vormals die gelben Biesen der Konföderierten-Kavallerie gesessen haben, dieser dritte Mann also übernimmt gewissermaßen die Regie der Vorstellung. Er hat rostfarbenes Haar, und sein hageres Gesicht mit den eingefallenen Wangen ziert ein Schnurrbart von gleicher Farbe.

»Wir meinen es ernst!«, ruft er noch einmal, als er zwischen den Gäulen hervorkommt. »Versucht keine Tricks, dann ist es in zwei Minuten überstanden!«

Der Krauskopf vollführt vor dem schwarzgekleideten Brian Longfellow eine spöttische Verbeugung, zwinkert der Frau zu und streckt auffordernd die Linke aus.

»Mister«, sagt er dazu, »Ihre Brieftasche! Und die Nadel in Ihrer Krawatte sieht auch sehr hübsch aus. Sie haben da zwar noch etwas viel Hübscheres, aber leider müssen wir uns heute auf Bargeld und verkäufliche Wertgegenstände beschränken.«

Longfellows Gesicht ist grau geworden, und er knirscht hörbar mit den Zähnen. So hebt er die Hände bis in Schulterhöhe und tastet dann mit der Rechten zur Innentasche seines Jacketts.

»Passen Sie nur auf, Freund«, knurrt der Bursche mit dem rostfarbenen Bärtchen. »Wenn Sie da irgendwo außer Ihrer Brieftasche auch noch eine Pistole stecken haben sollten, dann vergessen Sie sie besser.« Und dann richtet er auch schon seinen Revolver zu Tom Beaumont empor, der vom Wagendach bis an den Fahrersitz gerutscht ist und begehrlich nach der Schrotflinte im Halfter schielt. »Tu's nicht, Kamerad!«, warnt er scharf.

»Banditen«, sagt Laura Benteen mit verachtungsvoll geschürzten Lippen. »Geben Sie ihnen doch schon Ihre Brieftasche, Brian. Diese heruntergekommenen Kerle bringen es sonst fertig, sogar noch eine Frau zu belästigen.«

Der Krauskopf wird weniger von diesen Worten als von der Schönheit Laura Benteens beeindruckt und vollführt eine spöttische Verbeugung, ohne jedoch ihren dunkelgekleideten Begleiter aus den Augen zu lassen.

»Not macht erfinderisch, Madam«, kichert er ungerührt. Man sollte gar nicht glauben, was ein paar hungrige Burschen so alles auf die Beine stellen können.«

»Chess«, ruft der Mann mit dem Bärtchen scharf, »halte keine Volksreden. Wir wollen hier weg.«

Widerwillig hat Brian Longfellow seine Brieftasche zum Vorschein gebracht. Der Krauskopf stopft sie sich ins Hemd.

»Und jetzt Ihre prächtige Krawattennadel, Mister«, fordert er.

Der Untersetzte hat sich unterdessen der Uhr des Handlungsreisenden bemächtigt, ohne sich von dessen Seufzern weiter stören zu lassen.

»Und wie ist es mit ein bisschen Bargeld?«, erkundigt er sich krächzend. »Rasch, Mann, bevor ich selbst nachsehe!«

Mit einer weinerlichen Grimasse langt der Dicke nach seiner Gesäßtasche. Und genau in diesem Augenblick springt Clay Patrick zu. Sein wilder Stoß wirft den untersetzten Burschen bis gegen die Hauswand. Ein krächzender Schrei ertönt und ein Schuss geht los. Das Geschoss schlägt neben der rundlichen Mexikanerin in die Kutsche. Mit einem erstickten Laut lässt die Frau ihren Korb fallen. Drei aufgescheuchte Hühner flattern gackernd über den Hof. Der Bursche mit dem Bärtchen stößt ein zorniges Gebrüll aus.

Sekunden später ist Clay Herr der Situation. Er hat seinen vierschrötigen Gegner von hinten den Unterarm gegen die Kehle gepresst und richtet an dessen Hüfte vorbei seinen Navy-Revolver auf die beiden anderen Männer.

»Weg mit den Schießeisen!«, ruft er klirrend. »Los, sonst wird es bitter!«

Seufzend lässt der Anführer des Rudels seinen alten Armee-Colt sinken. Der Krauskopf ist herumgefahren, schießt aber nicht, weil Clay den überrumpelten Banditen als Deckung vor sich hat. Und da stürmt auch schon von der Seite her Brian Longfellow vorwärts, schlägt ihm mit einem Hieb die Waffe herunter und versetzt ihm einen wilden Schwinger, der den krausköpfigen Burschen von den Beinen reißt.

Mit blitzschneller Bewegung bringt der große, dunkelgekleidete Mann dann unter seinem Rock eine Pistole zum Vorschein, stürzt auf seinen Gegner und holt sich seine Brieftasche zurück.

»So«, keucht er mit verzerrtem Gesicht, »jetzt läuft dieses Spiel genau anders herum! Straßenraub – ich schätze, das ist ein ausreichender Grund, um euch lausigen Rebellentramps eine prächtige Hanfkrawatte zu verpassen.«

Und genau damit begeht er einen Fehler. Er hätte das Wort »Rebellen« nicht gebrauchen sollen. Clay Patrick jedenfalls kommt dadurch wieder zu Bewusstsein, dass er hier drei Entwurzelte des Krieges vor sich hat. Nachdem sie vier Jahre lang das blutige Handwerk des Krieges verrichtet haben, finden sie nicht mehr in eine normale Existenz zurück.

»Mister«, ruft Clay dem Dunkelgekleideten zu, »schnappen Sie jetzt bloß nicht über! Hier gibt es keine Lynchpartie, verstanden!«

Longfellow steht leicht vorgebeugt, noch immer seine glänzende Nickelpistole in der Hand. Langsam wendet er den Kopf, als ob er nicht richtig gehört zu haben glaube. Für eine Sekunde verharrt der Blick seiner fahlen Augen bei Clay Patrick, dann sagt er rau:

»Freund, das kann nicht Ihr Ernst sein. Jetzt haben wir diese Banditen vor dem Lauf ...«

»Lassen Sie das!«, fällt ihm Clay ins Wort. »Wenn Sie Lust haben, diese Burschen zur County-Stadt zu schaffen und dort eine Menge Fragen zu beantworten, dann erhebe ich keine Einwände. Aber sonst ...«

»Was sonst?«, knurrt Longfellow gepresst.

»Sonst müssen Sie schon mir überlassen, was ich mit ihnen anfange.«

Noch immer presst Clay dem vierschrötigen Burschen den Unterarm an die Kehle. Plötzlich folgt er dann einem Impuls und flüstert dem Mann ins Ohr:

»Reitet zur Star-P-Ranch, ihr Narren! Hast du mich verstanden?«

Der Vierschrötige atmet in stoßweisen Zügen, weil der Arm an seiner Kehle ihm die Luft absperrt. Clay lässt ihm gerade genug Raum zu einem unmerklichen Senken des Kopfes, dann versetzt er ihm einen Stoß in den Rücken, der den Mann vorwärtsstolpern lässt.

»Meine Uhr!«, ächzt der dicke Reisende. »Gib mir meine Uhr zurück, du Strauchdieb!«

Mit verschämtem Grinsen bringt der Mann das gute Stück aus seiner Hosentasche zum Vorschein und wirft es ihm zu.

»Also«, sagt Clay Patrick laut, »verschwindet und lasst euch nicht wieder blicken! Noch einmal gibt es keine mildernden Umstände. Ihr habt euren Spaß gehabt. Denkt immer daran, wie leicht es ernst werden kann.«

»Spaß?«, keucht Brian Longfellow. »Sind Sie verrückt, Mister, diese Kerle einfach laufen zu lassen?«

Der Krauskopf hat als erster begriffen und zwinkert seinem Partner mit dem roten Schnurrbart zu.

»Natürlich Spaß«, verkündet er grinsend. »Was haben Sie gedacht? Glauben Sie, wir hätten uns so übertölpeln lassen, wenn dies ein richtiger Überfall gewesen wäre?«

Die Kiefer Longfellows verkrampfen sich. Er wirft seiner Begleiterin einen Blick zu, die diesen Überfall bleich, doch gefasst überstanden hat.

»Soll das ein Witz sein oder ein abgekartetes Spiel?«, fragt er finster. »Ich kann keinen Sinn darin entdecken.«

»Kein Wunder«, sagt nun endlich wieder der Anführer des kleinen Rudels mit sarkastischer Stimme. »Dazu braucht man auch etwas, was Sie nicht besitzen, Mister: Humor. – Es hat uns sehr gefreut«, setzt er hinzu und geht zu seinem Gaul.

Wenig später reiten die drei abgerissenen Männer davon. Tom Beaumont, auf dem Dach der Kutsche sitzend, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Clay Patrick schiebt unterdessen seinen Revolver ins Halfter und greift sich eines der Hühner, das mit aufgeregtem Gegacker Reißaus nehmen will. Erst dann begibt er sich zu dem Paar und deutet vor der Frau eine Verbeugung an.

»Mein Name ist Clay Patrick, Madam. Ich hoffe, Sie haben sich soeben nicht zu sehr erschreckt.«

»Ich bin Laura Benteen«, versetzt die Frau schnell und schlägt die ausdrucksvollen Augen zu ihm auf. »Wir haben uns bei Ihnen zu bedanken, Mr. Patrick. Ich habe selten einen Mann so rasch und entschlossen handeln sehen.«

»Madam«, erwidert Clay, »Ihr Gatte ...«

»Mr. Brian Longfellow ist nicht mein Gatte«, unterbricht ihn Laura Benteen mit einem leichten Anflug von Koketterie. »Mr. Longfellow ist mein Chef. Mein Chef und sonst nichts.«

Der große, knochige Mann zieht ärgerlich die Mundwinkel herab.

»Mister«, sagt er mit verletzender Schroffheit, »sind Sie wirklich so naiv, an einen Scherz dieser drei Desperados zu glauben?«

Clay misst ihn aus schmalen Augen und mit einem undurchsichtigen, düsteren Lächeln.

»Natürlich nicht, Longfellow«, gibt er kühl zurück. »Nur wird es schwer sein, jetzt noch das Gegenteil zu beweisen. Jedenfalls waren unsere Freunde klug genug, gleich nach dem Rettungsanker zu greifen, den ich ihnen zugeworfen habe.«

»Und warum haben Sie es dann überhaupt getan?«, grollt der andere finster.

»Weil es sonst unfehlbar eine Schießerei gegeben hätte, bei der Miss Benteen in große Gefahr geraten wäre«, versetzt Clay trocken. »Die drei Burschen hatten nichts mehr zu verlieren außer ihrem Leben.«

»Mr. Patrick hat recht«, mischt sich Laura Benteen ein. »Es war wirklich besser so, Brian. Wenn jeder, der sich heutzutage am Eigentum anderer vergreift, gleich mit dem Leben bezahlen müsste, dann – nun, ich brauche wohl nicht ausführlicher zu werden.«

In der nachfolgenden Pause lauscht Clay dem Tonfall ihrer Stimme nach.

»Madam«, rafft er sich zu einem Kompliment auf, »Sie sind ebenso hübsch wie klug, und es gibt nicht viele Frauen, von denen man das behaupten kann.«

Laura Benteen stimmt ein leises, lockendes Lachen an und sieht einfach über den Blick hinweg, den ihr Begleiter ihr zuwirft.

»Um Himmels willen, Mr. Patrick, nennen Sie mich nur nicht immer ,Madam'. Sagen Sie einfach Laura – vorausgesetzt, dass ich Sie dann Clay nennen darf.«

Er nickt verlegen.

Steifbeinig klettert Tom Beaumont vom Bock des Wagens herab, nachdem er alles Gepäck verstaut hat. Der Fahrer, der sich gerade noch einen Becher Kaffee geholt hat, ruft heiser:

»Einsteigen, Leute! Es geht los! Wir haben eine Verspätung aufzuholen.«

✰✰✰

San Joaquin als Stadt zu bezeichnen, würde eine maßlose Übertreibung bedeuten. Knapp drei Dutzend Häuser mit Wänden aus weißgetünchtem Adobe gruppieren sich um die Plaza mit ihren verstaubten Platanen.

Es ist bereits dunkel, als die Überlandpost vor den Arkaden der Alcaldia zum Stehen kommt. Ein paar herumlungernde Mexikaner drängen neugierig heran.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Plaza stürmt ein Mann in den Saloon, der dem einzigen Hotel angegliedert ist, und ruft:

»Sie ist da! Eben ist die Post angekommen, Leute!«

Da dieses Ereignis nur zweimal in der Woche zu melden ist, entsteht sofort Bewegung in dem niedrigen Raum. Männer drängen zur Pendeltür, unter ihnen ein mittelgroßer Vaquero mit faltigem, lederhäutigem Gesicht. Dass man ihn als Mexikaner in diesem Saloon duldet, zeigt jedem Eingeweihten, dass Manuel Pirola eine besondere Stellung einnimmt. Im Schatten der Platanen überquert er die Plaza und geht um die Kutsche herum. Zwei Neugierige machen ihm achtungsvoll Platz.

»Clay«, ertönt da eine Frauenstimme, »ich hoffe doch, dass unsere Bekanntschaft damit nicht am Ende ist. Bestimmt werde ich einige Zeit in San Joaquin bleiben, und ich würde mich über jeden Ihrer Besuche freuen.«

»Natürlich, Patrick«, stimmt auch Brian Longfellow gönnerhaft zu. »Und dann könnten wir uns auch noch ein bisschen über das Geschäft unterhalten. Wenn ich es mir richtig überlege – ich bin nicht ganz uninteressiert. Kommen Sie also bald.«