H. C. Hollister 100 - H.C. Hollister - E-Book

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H. C. Hollister

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Beschreibung

Wenn es in Steve Ravens Leben einen dunklen Punkt gibt, dann ist es zweifellos jener Tag vor acht Jahren, an dem sein Vater, ein Kleinrancher aus den Hügeln, beim Viehdiebstahl ertappt und getötet wurde. Steves ganzes Leben gilt nur noch dem Ziel, die Schuld des Vaters zu sühnen. Doch der Besitzer der Double-Cross-Ranch macht es ihm, dem Bestman, und seiner Mannschaft schwer, ihrem Boss in seinen oftmals launenhaften und tyrannischen Entschlüssen zu folgen.
Bei seiner Rückkehr nach tagelanger Weidearbeit findet Steve auf der Ranch eine Versammlung der großen Viehzüchter des Territoriums vor - und einen ehemaligen Marshal, einen Revolvermann namens Gordon Lester. Er ist derselbe Mann, der seinen Vater - scheinbar in Erfüllung seiner Pflicht als Weidedetektiv - getötet hat. Die Ankunft des Revolvermanns entfacht in Steve jene Glut zur hellen Flamme, die schon seit Jahren unter der Asche erstickt schien. Er steht vor der schweren Entscheidung zwischen seiner Treue zur Ranch und seinem Zugehörigkeitsgefühl zu den Leuten in den Hügeln, während die Dinge mehr und mehr dem Höhepunkt entgegentreiben ...


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Inhalt

Cover

DIE RANCH DER VERFEMTEN

Vorschau

Impressum

DIE RANCH DER VERFEMTEN

Wenn es in Steve Ravens Leben einen dunklen Punkt gibt, dann ist es zweifellos jener Tag vor acht Jahren, an dem sein Vater, ein Kleinrancher aus den Hügeln, beim Viehdiebstahl ertappt und getötet wurde. Steves ganzes Leben gilt nur noch dem Ziel, die Schuld des Vaters zu sühnen. Doch der Besitzer der Double-Cross-Ranch macht es ihm, dem Bestman, und seiner Mannschaft schwer, ihrem Boss in seinen oftmals launenhaften und tyrannischen Entschlüssen zu folgen.

Bei seiner Rückkehr nach tagelanger Weidearbeit findet Steve auf der Ranch eine Versammlung der großen Viehzüchter des Territoriums vor – und einen ehemaligen Marshal, einen Revolvermann namens Gordon Lester. Er ist derselbe Mann, der seinen Vater – scheinbar in Erfüllung seiner Pflicht als Weidedetektiv – getötet hat. Die Ankunft des Revolvermanns entfacht in Steve jene Glut zur hellen Flamme, die schon seit Jahren unter der Asche erstickt schien. Er steht vor der schweren Entscheidung zwischen seiner Treue zur Ranch und seinem Zugehörigkeitsgefühl zu den Leuten in den Hügeln, während die Dinge mehr und mehr dem Höhepunkt entgegentreiben ...

Die kleine Crew lässt die Hügel hinter sich und reitet mit ihren Packpferden quer durch den hohen Sagebusch auf die Flussebene zu. Zwei Meilen legen sie zurück, dann schließt Earl Brodman, ein listiger, verschlagener Bursche, zu seinem Bestman, Steve Raven, auf und sagt zwinkernd:

»Wie wäre es, Steve – es ist kein großer Umweg nach Tildon Willow. Ein paar Stunden Urlaub auf eigene Faust wären nicht schlecht. Nach acht Tagen im Weidecamp hätten wir sie auch redlich verdient, und der Alte braucht ja nichts davon zu erfahren.«

Steve Raven hält das schmale, bronzehäutige Gesicht nach vorn gerichtet und blickt nur aus den Augenwinkeln zu dem Mann hinüber.

»Kann schon sein, Earl«, gibt er trocken zurück. »Aber wie ich dich und Curly Saxon kenne, werdet ihr spätestens nach dem dritten Schluck einen Burschen finden, dessen Nase euch nicht gefällt. Es wird Ärger geben, und auf diese Weise erfährt der Boss dann doch davon. Wenn ihr also einen Hinauswurf riskieren wollt, dann reitet nur zu eurer üblen Westside Tavern und lasst euch volllaufen.«

»Baaah!« Earl Brodman zieht eine verärgerte Grimasse. »Ich hätte mir denken können, dass mit einem Musterknaben wie dir nichts anzufangen ist. – Hast du gehört, Curly?«, wendet er sich seinem untersetzten, mürrischen Partner zu, der mit einem der beiden Packpferde folgt. »Er will uns reiten lassen, aber auf eigenes Risiko. Er hat die Hosen voll, wenn er nur an den Alten denkt. Und was ist mit dir, hombre?«

Diego Garcia lässt diese Anrede mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen, wirft aber einen Blick auf Steve Raven.

»Es ist euer Durst, sagt er dann kehlig. »Lasst Steve und mich nur aus dem Spiel. Wir werden schon noch früh genug zur Tränke kommen, wenn uns danach gelüstet.«

Lauernd kneift Earl Brodman die Augen zusammen und schiebt das Kinn vor.

»Aber einen Befehl, mit zum Hauptquartier zu reiten, haben wir nicht, wie?«

»Geht zum Teufel«, erwidert Steve Raven gepresst.

»Ich bin euer Bestman und kein Kindermädchen. Für heute ist Schluss mit der Arbeit, und wie ihr morgen früh aus den Bunks kommt, ist eure Angelegenheit.«

»Sicher«, grinst Earl Brodman verkniffen. »Der Alte wird gar nichts merken, wenn ihr uns nicht bei ihm in die Pfanne haut. Du hast es ja ohnehin nicht mehr nötig, dich bei ihm herauszustreichen, nicht wahr?«

Die spöttische Bemerkung prallt an Steve Ravens starrer Miene wirkungslos ab. Was hätte es auch für einen Sinn, diesen hämischen Burschen eines Besseren zu belehren. Seitdem Steve vor Jahren als jüngster Weidereiter auf der Double-Cross-Ranch Zuflucht gefunden hat, steht er im Verdacht irgendwelcher geheimnisvoller Beziehungen zu Colonel Mort McCauley. Sein rascher Aufstieg zum Bestman hat diesen Gerüchten weitere Nahrung gegeben.

Deutlich spürt Steve in diesem Moment wieder einmal die schwere Last, die die Vergangenheit ihm aufgebürdet hat. Aber er hat keine Lust, diese Dinge ausgerechnet einem Mann wie Earl Brodman auseinanderzulegen. So lässt er es schweigend geschehen, dass Curley Saxon auch die Leine des zweiten Packpferds an Diego Garcia übergibt und dass die beiden Burschen dann nach Süden davongaloppieren.

Die Sonne steht nur noch zwei Spannen über dem Horizont, als Steve und der Vaquero den Mescalero Creek durchfurten und drüben in der Geländefalte ein Camp entdecken. Wie auf Kommando ziehen sie beide die Zügel an und bringen ihre Pferde zum Stehen.

»Steve«, sagt Diego gepresst, »was ist das?«

Der Bestman braucht einige Zeit, um seine Antwort zu formulieren.

»Ein Siedlertreck«, murmelt er verschlossen. »Wahrscheinlich sind die Leute auf dem Weg nach Westen und wollen hier ein Nachtlager aufschlagen.«

»Dann sind sie aber ziemlich weit von der Route abgekommen«, gibt der Mexikaner zweifelnd zurück. »Mir scheint es eher so, als ob sie sich zum Bleiben einrichten wollten. Für ein einziges Nachtlager fällt man doch keine Bäume und errichtet einen festen Korral. Ob der Patron schon davon weiß?«

Das ist dieselbe Frage, die auch Steve Raven in diesem Augenblick bewegt.

»Sehen wir es uns doch aus der Nähe an«, sagt er rau. »Vielleicht kann man den Leuten klarmachen, was sie hier erwartet.«

Das Camp der Siedler liegt im Schatten ragender Cottonwoods. Mehr als ein Dutzend Planwagen sind unter den Bäumen aufgefahren. Drei Männer unterbrechen ihre Beschäftigung an einem der Wagen und nehmen mit abweisenden Mienen Aufstellung. Eine schrille, verängstigte Frauenstimme ruft ein paar Kinder zurück, die sich neugierig herandrängen.

Steve pariert seinen Wallach und greift sich wortlos an den Hutrand, während er das Camp und die Leute mit einem raschen Blick umfasst. Bei diesen Menschen handelt es sich zweifellos um Heimstättensiedler. Aber ebenso ist er, Steve Raven, für diese Leute als Rindermann abgestempelt. Daher die feindseligen Mienen.

»Sagen Sie Ihren Spruch und halten Sie uns dann nicht länger bei der Arbeit auf, Mister«, stößt einer der Männer grollend hervor. »Sie sind der Abgesandte irgendeines mächtigen Burschen, der uns höflich auffordert, so rasch wie möglich von hier zu verschwinden, nicht wahr? Wenn es das ist, dann sparen Sie Ihren Atem, Freund. Wir wissen selbst, dass wir nirgendwo erwünscht sind.«

Die Bitterkeit, aber auch die Entschlossenheit des grauhaarigen Mannes wirken wie ein Vulkanausbruch. Steve hat von Vertreibungen oder sogar von regelrechten Siedlerkriegen in anderen Countys gehört.

»Sie irren, Sir«, erwidert Steve mit belegter Stimme. »Ich komme – wir kommen rein zufällig hier vorüber ...«

Ungläubig schüttelt der Alte den Kopf und tauscht einen Blick mit den beiden anderen Männern, die neben ihm stehen.

»Soll das heißen, dass Sie kein Rancher sind?«

»Doch – das heißt, ich besitze eine kleine Ranch drüben im Canyonland und bin gleichzeitig einer der vier Bestmen der Double-Cross-Ranch von Colonel Mort McCauley. Mein Name ist Steve Raven. Dies hier ist Diego Garcia.«

Der Vaquero, der gerade erst herangekommen ist, neigt würdig den Kopf und bringt die beiden nervösen Packpferde zur Ruhe.

»Raven?«, wiederholt der Graukopf. »Ich habe den Namen schon mal gehört. Sie sind also der Mann, dessen Vater vor acht Jahren als Viehdieb niedergeschossen wurde und der dann bei dem Mörder seines Vaters einen Job übernahm, nicht wahr?«

Eine dunkle Woge überflutet Steves Gesicht und lässt es zu einer wilden Bronzemaske erstarren. Doch ehe er etwas erwidern kann, legt ihm Diego Garcia von der Seite her die Hand auf den Unterarm.

»Lass ihn, Steve«, sagt der Vaquero mit hartem Akzent. »Er weiß es nicht besser ...«

Und im selben Moment fällt auch der grauhaarige Siedler ein:

»Tut mir leid, Mr. Raven. Es ist mir so herausgerutscht, weil man in Tildon Willow eine hochdramatische Geschichte daraus gemacht hat. Übrigens – ich heiße Brian Wouk.«

Mit verschlossener Miene starrt Steve ihn an.

»Schon recht, Mr. Wouk. Merken Sie sich, ich erlaube niemandem, so über den Colonel zu reden.«

Unter den Siedlern greift Fassungslosigkeit um sich.

»Über den Colonel?«, fragt Brian Wouk mit stockendem Atem.

Erst da begreift Steve, welchen Eindruck seine unbedachten Worte bei Unbeteiligten hervorrufen müssen, und er setzt gepresst hinzu:

»Und natürlich auch nicht über meinen Vater, das versteht sich wohl ganz von selbst ...«

Trotz allen Nachdrucks kann er nicht verhindern, dass der letzte Zusatz ein wenig lahm klingt. Brian Wouks Nachbar, ein jüngerer Mann mit Bürstenhaarschnitt und athletischer Gestalt, schüttelt dann auch den Kopf und sagt verwundert:

»Was sind Sie nur für ein merkwürdiger Heiliger, Mister.«

»Kann schon sein«, fertigt Steve Raven ihn kalt ab, obwohl das offene Gesicht des jungen Hünen seine Sympathie erweckt. »Aber bis jetzt habe ich noch keinem Menschen erlaubt, darüber ein Urteil abzugeben. Habe ich mich klar ausgedrückt, Freund?«

Sekundenlang verharren die Blicke des Mannes bei Steve und durchforschen seine Miene, dann nickt er bedächtig und erwidert:

»Ich heiße Daniel Telford. Wenn Sie wollen, können Sie mich Dan nennen.«

»Nur weiter so«, mischt sich gallig der dritte Mann ein. Er ist hochgewachsen und dürr und zeigt eine sauertöpfische Miene. »Das ist bestimmt die richtige Art, vor großspurigen Rinderleuten auf dem Bauch zu kriechen. Erinnert sich überhaupt noch einer von euch daran, was wir uns vorgenommen haben?«

Dan Telford zeigt Anzeichen von Verlegenheit, aber wahrscheinlich verleitet gerade sie ihn dazu, die Flucht nach vorn anzutreten.

»Sei ruhig!«, sagt er scharf. Wir brauchen deine Belehrungen nicht, Abe Forester. Wir haben uns vorgenommen, dass wir keinen Fußbreit mehr zurückweichen, aber deshalb brauchen wir den Verdruss nicht herauszufordern. Bis jetzt hat Steve Raven uns noch mit keinem Wort zugesetzt.«

»Das wird er auch hübsch bleiben lassen, denn wir sind in der Überzahl«, gibt Abe Forester giftig zurück. »Aber als Spion könnte er seinem Boss umso bessere Dienste leisten. Er wird sich nach kampffähigen Männern umsehen und die Zahl unserer Waffen abschätzen. Und irgendwann in der Nacht wird er dann mit einem schlimmen Rudel zurückkehren. Als ob wir dieses Schema nicht schon längst kennengelernt hätten!«

Mit einer unwilligen Handbewegung wischt der grauhaarige, knorrige Brian Wouk den Einwand beiseite.

»Mr. Raven«, sagt er ernst, »es ist uns bekannt, dass wir uns hier auf freiem Regierungsland befinden, wo uns kein Rindermann irgendwelche Vorschriften zu erteilen hat. Und wir haben den Treck durch das Comanchenland nicht unternommen, um uns hier ...«

»Ich weiß, was Sie sagen wollen, Mr. Wouk«, fällt ihm Steve beherrscht ins Wort. »Es stimmt sogar, dass Sie von hier bis zum Fluss freies Regierungsland finden. Aber ich würde Ihnen trotzdem davon abraten, sich hier niederzulassen. Das Sageland wird von zwei oder drei größeren Ranches kontrolliert. Sie betrachten es gewissermaßen als ihr Interessensgebiet.«

»Kontrolliert?«, echot der dürre Abe Forester und entblößt seine großen Zähne. »Was ist das? In diesem ganzen verteufelten Busch sind wir nicht auf eine einzige Kuh gestoßen.«

»Schon möglich«, versetzt Steve knapp. »Aber das ändert schwerlich etwas daran, dass der Colonel, Harvey Slaughter und Don Emilio Cortez zwischen ihren Ranches und dem Fluss keinen Acre bebautes Siedlerland dulden werden.«

»Aber warum das, zum Teufel«, brummt Dan Telford und kratzt sich am Hinterkopf. »Können Sie uns wenigstens eine Erklärung dafür geben, Steve?«

Steve Raven erwidert:

»Die großen Ranches lassen sich nicht einfach vom Fluss abschneiden. Zudem wird dieser Streifen bei jedem Treiben gebraucht, wenn die Verkaufsherden nach Las Animas zur Verfrachtung gebracht werden.«

»Zwei- oder dreimal im Jahr«, stößt Abe Forester zornig hervor. »Und dafür muss nun solcher Boden brachliegen.«

»Sie vergessen, dass es Männer wie der Colonel waren, die dieses Land erst für die Besiedelung freigemacht – freigekämpft haben, Mister. Sie würden jetzt hier nicht so unbekümmert campieren, wenn nicht andere für Sie die Mimbreños, Chiricahuas und Mescaleros zurückgedrängt hätten. Aus einer solchen Eroberung kann ein Mensch schließlich gewisse Rechte herleiten, auch wenn dies noch ein gesetzloses Land ist.«

Steve schaut über das Camp mit seinem geschäftigen Treiben. Seine Blicke verharren einen Moment bei einem hölzernen Waschzuber, bei dem eine junge, dunkelhaarige Frau gerade damit beschäftigt ist, einen kleinen Nackedei nach dem anderen abzuschrubben und ihn dann in die mütterliche Fürsorge einer Matrone zu entlassen. Für die Länge eines Herzschlags begegnen sich seine Blicke und die der jungen Siedlerfrau. Steve schaut in ein Paar unwahrscheinlich helle Augen. Danach hat er Mühe, sich wieder auf die Unterhaltung mit den drei Männern zu konzentrieren.

»Es war nur so eine Idee«, sagt er zögernd. »Drüben im Hinterland, in den Hügeln, liegen verstreut eine ganze Reihe kleiner Ranches, darunter auch meine eigene Raven-Ranch. Auch in den Canyons und Tälern gibt es guten Boden wie hier, wenn auch die Flächen vielleicht nicht groß genug sind, um ein geschlossenes Siedlungsgebiet für so viele Familien zu ergeben. Trotzdem glaube ich, dass Sie dort in den Hügeln besser aufgehoben wären.«

»Verstreut, wie?«, krächzt Abe Forester. »Sie brauchen gar nicht weiterzureden, Cowboy. Wir wissen schon, was wir von einem solchen Vorschlag zu halten haben. Hier eine Farm, und erst ein paar Meilen weiter die nächste. Und dann kommen ein paar verlauste Satteltramps, um sich bei Nacht eine nach der anderen vorzunehmen. Aber Sie irren sich, wenn Sie glauben, dass wir auf einen solchen Trick hereinfallen. – He, merkt ihr immer noch nicht, worauf sein Verständnis und seine aufdringliche Hilfsbereitschaft hinauslaufen sollen?«, wendet er sich heftig an die anderen.

»Schon gut«, wehrt Steve Raven bitter ab. »Ich kann Sie nicht zwingen, an meine ehrlichen Absichten zu glauben. Vergessen Sie es, das wäre bestimmt am besten. Denn wenn der Colonel von meinen Vorschlägen erfährt, wird er mir zusetzen, bis mir das Wasser in den Stiefeln kocht.«

Er nimmt die Zügel auf und macht Anstalten, sein Pferd herumzulenken. Aber da hebt Dan Telford hastig die Hand.

»Warten Sie, Steve! Abe Forester und die anderen mögen dagegen sein, aber das hindert mich nicht daran, eine eigene Meinung zu haben. Was müssten wir nach Ihrer Ansicht tun, wenn wir diesem Plan folgen wollten?«

Steve setzt sich im Sattel zurecht.

»Sie müssten eine Delegation auf die Double-Cross-Ranch zu Colonel McCauley schicken, ihm Ihre Absicht vortragen und ihn von Ihrer Friedfertigkeit zu überzeugen versuchen«, sagt er nüchtern. »Natürlich werden Sie trotzdem mit Widerstand zu rechnen haben, aber er wird sicherlich längst nicht so stark sein, als wenn Sie hier auf den Sage-Ebenen siedeln wollten. Und dann lassen Sie sich um Himmels willen nicht anmerken, dass der Vorschlag von mir gekommen ist. Der Colonel ist ein guter Mann, aber er ist außergewöhnlich argwöhnisch und vermutet bei jedem Menschen irgendwelche Hintergedanken. Das müssen Sie beachten, wenn Sie mit ihm verhandeln.«

»Auf dem Bauch kriechen, ich habe es ja gesagt!«, schnaubt Abe Forester. »Was geht es diesen großspurigen Colonel an, wo wir uns unsere Landclaims abstecken?«

Brian Wouk schaut nachdenklich.

»Abe ist ein alter Hitzkopf, Raven«, sagt er bedächtig, »aber die Antwort auf diese Frage würde auch mich interessieren ...«

»Darauf gibt es keine Antwort«, entgegnet der Bestman rau. »Nur eine Warnung: Folgt euren Hitzköpfen, und ihr werdet bald in Teufels Küche geraten.«

Noch einmal schaut er auf das Camp, dann greift er mit einer mechanischen Bewegung an seine Hutkrempe, zieht seinen Wallach herum und reitet an.

Wenige Minuten später liegt eine Bodenwelle zwischen ihnen und dem Camp. Nur die dichtbelaubten Kronen der Cottonwoods ragen noch darüber hinweg.

»Das war falsch, Steve«, sagt der Vaquero ruhig.

»Was?«

»Alles! – Was willst du dem Colonel sagen? Willst du ihm die Anwesenheit der Squatter einfach verschweigen?«

Der Bestman entgegnet verdrossen:

»Das hätte keinen Sinn. Früher oder später würde er doch davon erfahren. Es ist ein höllischer Wahnsinn, was die Leute da vorhaben. Ich möchte nur wissen, mit wem sie in Tildon Willow gesprochen haben und wer ihnen den Floh mit dem freien Regierungsland ins Ohr gesetzt hat.«

»Riley Boyd, wer sonst? Er redet schon seit Jahren von einer Besiedlung der Flussebenen. Und er ist der Einzige, der es sich leisten kann, offen über den Colonel zu lästern.«

✰✰✰

Als Steve Raven und sein Begleiter auf der Double-Cross-Ranch eintreffen, ist die Sonne bereits untergegangen. Trotz der Dämmerung vergnügen sich einige Burschen hinter dem langgestreckten Stallgebäude mit Hufeisenwerfen, einem beliebten Sport im Rinderland, bei dem Unsummen verwettet werden.

»Immer nur ran, Leute!«, ermuntert gerade ein schlaksiger, hagerer Mann seine Mitspieler. »Drei zu eins stehen die Odds. Günstiger werdet ihr es heute nicht mehr bekommen.«

Der hagere, schlaksige Bursche mit dem gewellten braunen Haar spricht deutlich in texanischer Mundart. Er heißt Ward Deventer und ist noch neu in der Mannschaft. Bei solchen Leuten liegt immer die Vermutung nahe, dass ihnen irgendwo der Boden zu heiß geworden ist. Darüber hinaus trägt Ward Deventer seinen Revolver in einem mehr als merkwürdigen Halfter. Es ist unten offen, und aus dem Loch ragt der blauschimmernde Lauf der Waffe noch etwa einen Zoll hervor. Es ist nicht einfach, diesen Mann einzuschätzen, der jetzt grinsend die Einsätze sammelt und durch sarkastische Bemerkungen die Wettlust seiner Mitspieler noch anstachelt.

Vom Hof klingt das blecherne Hämmern einer Triangel herüber. Für die Mannschaft ist es das Signal, sich zum Essen im Küchenbau einzufinden, doch die Männer zeigen im Augenblick wenig Neigung, diesem Ruf zu folgen.

»Was ist mit euch?«, meldet sich eine grollende Bassstimme von der Stallecke her. Ein untersetzter Schwarzer mit krausem Grauhaar stemmt die Fäuste in die Seiten und fährt fort: »Ehe ich alles kalt werden lasse, werfe ich das Zeug in die Abfalltonne.«

»Einen Moment nur, Jonas«, erwidert Ward Deventer und nickt dem schwarzen Koch zu. Dann richtet er die Blicke wieder nach vorn und kneift die Augen zusammen. Während er tief in die Knie geht, wiegt er das Hufeisen in der Hand, nimmt zweimal sorgfältig abgemessenen Schwung und lässt das Wurfgeschoss fliegen. In der Korralgasse ertönt ein metallisches Klirren. Das Eisen trifft den Pflock, dreht sich noch ein paarmal in wirbelnden Spiralen und fällt dann herab.

Ward Deventer zeigt ein schmales Grinsen und richtet sich aufatmend auf.

»Ich danke für die mildtätigen Spenden, Leute«, sagt er scheinheilig zu den Männern, mit denen er gewettet hat. Dann macht er sich als erster auf den Weg zum Küchenbau.

»Jonas«, sagt Steve Raven, während auch die anderen mürrisch davongehen, »wir haben einen Rest Proviant zurückgebracht. Er ist in dem Sack, oben auf der zweiten Packlast. Am besten schaffst du ihn sofort in die Vorratshütte.«

Der schwarze Koch reißt die Augen auf und lässt die muskulösen Arme sinken.

»Steve?«, fragt er gepresst, als er näherkommt. »Ihr seid schon aus den Hügeln zurück?«

»Wir haben uns tüchtig rangehalten und sind drei Tage früher fertiggeworden«, erwidert der Bestman. »Gefällt dir das nicht, Muchacho?«

Es sieht so aus, als ob dem grauhaarigen Koch eine Entgegnung auf der Zunge läge, doch er hält sie zurück, senkt den Kopf und sagt verschlossen:

»Ob es mir gefällt, spielt überhaupt keine Rolle, Steve. Wo sind die beiden anderen?«

»Sie kommen nach«, antwortet Steve ausweichend und wendet sich sofort an den schweigsamen Vaquero, der bereits die Packlasten aufschnürt: »Lege gleich das Brenneisen mit dem abgebrochenen Zacken heraus, Diego, damit es nachgeschmiedet werden kann. Wenn ihr die Sachen wegschafft, kümmere ich mich um die Gäule.«

Wortlos machen sich Diego Garcia und der schwarze Koch an die Arbeit und verschwinden wenig später mit ihren Lasten hinter der Stallecke. Steve sattelt unterdessen ab und entlässt die Pferde in den Korral.

Gerade ist er dabei, den Packsattel aufzubocken, als neben ihm ein Poltern ertönt, das ihn herumfahren lässt. Gleich darauf gerät ein ganzer Stapel frisch gespaltener Brennholzscheite in Bewegung und kippt zur Seite. Ein helles Quieken ist zu hören. Steve steht wie angewurzelt, die Hand auf den Kolben seines Revolvers gesenkt.

Als er dann das helle Kleidchen und den dunklen Mädchenkopf auftauchen sieht, kommt er sich in seiner sprungbereiten Haltung ein wenig lächerlich vor.

»Sir«, sagt eine piepsige Stimme, »das Holz ...«

Mit zwei langen Schritten ist der Bestman zur Stelle, schiebt ein paar große Scheite mit dem Fuß zur Seite und hebt das Mädchen empor.

»Mein Gott, Kleine«, murmelt er heiser, »was machst du hier? Das Holz hätte dich unter sich begraben können.«