H. C. Hollister 105 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 105 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Zehn Jahre liegt es zurück, dass Cliff Sherwoods Bruder getötet wurde. Damals schlug die mächtige Esperanza zu und vernichtete die kleine Sherwood-Ranch samt ihren Nachbarn. In diesen zehn Jahren ist aus einem halbfertigen, schlaksigen Jungen der Revolvermann Cliff Sherwood geworden, der in das Streetwater County zurückkehrt, um sein Recht zu fordern und notfalls gegen die Esperanza anzutreten. Cliff weiß, dass Big Wesley Kirby und seinem zwielichtigen Vormann viele Mittel zur Verfügung stehen, um den unerwünschten Eindringling zu vertreiben. Doch auch er hat seine Trümpfe gut vorbereitet und hofft, jede Gewalttätigkeit vermeiden zu können.
Schon wenige Stunden nach seinem Eintreffen muss Cliff erkennen, dass seine Hoffnung vergebens war. Denn für die Esperanza geht es nicht einfach nur um ein Stück Weideland. Ihr ganzes Prestige steht auf dem Spiel, wenn sie diesem Gunfighter den Sieg überlässt ...


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Inhalt

Cover

DER GUNFIGHTER

Vorschau

Impressum

DER GUNFIGHTER

Zehn Jahre liegt es zurück, dass Cliff Sherwoods Bruder getötet wurde. Damals schlug die mächtige Esperanza zu und vernichtete die kleine Sherwood-Ranch samt ihren Nachbarn. In diesen zehn Jahren ist aus einem halbfertigen, schlaksigen Jungen der Revolvermann Cliff Sherwood geworden, der in das Streetwater County zurückkehrt, um sein Recht zu fordern und notfalls gegen die Esperanza anzutreten. Cliff weiß, dass Big Wesley Kirby und seinem zwielichtigen Vormann viele Mittel zur Verfügung stehen, um den unerwünschten Eindringling zu vertreiben. Doch auch er hat seine Trümpfe gut vorbereitet und hofft, jede Gewalttätigkeit vermeiden zu können.

Schon wenige Stunden nach seinem Eintreffen muss Cliff erkennen, dass seine Hoffnung vergebens war. Denn für die Esperanza geht es nicht einfach nur um ein Stück Weideland. Ihr ganzes Prestige steht auf dem Spiel, wenn sie diesem Gunfighter den Sieg überlässt ...

Als sich die Sonne im Westen auf die sanft gewellte Kammlinie der Range herabgesenkt hat, kommt ein kleiner, hagerer Mann vom River House quer über die Straße von Sweetwater gelaufen. Eine abenteuerlich gekrümmte Hakennase ziert sein lederhäutiges Gesicht.

Es war von jeher Jason Sharps Angewohnheit, das Eintreffen der Postkutsche abzuwarten und dann seinen ersten Abendrundgang durch die Stadt anzutreten. Der Sheriff stößt den Atem durch die Nase aus, dass es wie ein Fauchen klingt.

»Sherwood«, schnaubt er, »bleiben Sie auf dem Bock sitzen! Tim wird Sie gleich wieder nach Medicine Bow zurückkutschieren. Dort können Sie dann morgen früh den ersten Zug nehmen und bereits drei Stunden später in Cheyenne oder sonst wo sein. Es gibt so viele Städte, die weitaus hübscher sind als Sweetwater.«

Cliff Sherwood hat inzwischen seinen Mantelsack ergriffen. »Ich weiß nicht, Jason«, sagt er mit mattem Lächeln. »Mir gefällt es hier, weil ich auf dieser Weide zu Hause bin. Und schließlich reist ein Mann nicht tausend Meilen, um sich dann wie ein unerwünschter Satteltramp zurückschicken zu lassen. Ich nehme an, Sie werden das verstehen, Jason.«

»Sherwood!«, keucht Sheriff Jason Sharp abermals, aber da ist es bereits geschehen. Cliff Sherwood ist vom Bock der Kutsche herabgesprungen und trotz des hindernden Mantelsacks mit einem federnden Satz vor dem Gehsteig gelandet. Dort steht er nun, rückt seinen Hut zurecht und wartet ab, bis der Sheriff von der anderen Seite hinten um die Kutsche heranhastet.

Dicht vor Cliff bleibt er stehen und muss zu ihm emporblicken, da dieser ihn um zwei oder drei Zoll überragt.

»Ich glaube«, sagt er etwas atemlos, »Sie unterschätzen meinen Ernst, Cliff. Sie brauchen mir auch nicht erst zu erklären, dass ich keine gesetzliche Handhabe besitze, Sie vom Sweetwater County fernzuhalten. Aber mir genügt es schon zum Eingreifen, wenn ich einen kommenden Verdruss wittern kann. Überlegen Sie sich also, ob Sie Schwierigkeiten bereiten wollen, Junge.«

Irgendwo hastet ein Mann davon, um die sensationelle Neuigkeit von Cliff Sherwoods Rückkehr zu verbreiten. Ein paar andere stecken auf dem Gehsteig flüsternd die Köpfe zusammen. Nur die beiden Männer, die es angeht – Cliff Sherwood und Sheriff Jason Sharp – stehen schweigend voreinander und tragen ein stummes Duell der Blicke und der Willenskraft aus. Bis Cliff Sherwood ruhig sagt:

»Gehen Sie mir aus dem Weg, alter Mann.«

Jason Sharp senkt die Augen und tritt zur Seite. Niemand ist da, der diese Geste anders werten würde als ein Zeichen des Geschlagengebens – auch Cliff Sherwood nicht. Er nickt gelassen und geht steifbeinig an dem Sheriff vorbei. Seinen Fehler erkennt er zu spät – nämlich erst, als sich Jason Sharp bereits halb hinter seinem Rücken befindet. Er will sich noch ducken, aber da kracht ihm bereits der Revolverlauf des Sheriffs von der Seite auf den Hut. Und für Cliff Sherwood versinkt die Welt in einer dumpfen Explosion.

✰✰✰

Es wird ein unschönes Erwachen. Ein dumpfer Schmerz wütet in Cliffs Schädel und schwillt bei jedem Rumpeln und Holpern bis ins Unerträgliche an. Um ihn herum ist es dunkel. Nur ein merkwürdiger Lichtschimmer geistert manchmal durch den engen Raum.

Mit angezogenen Beinen liegt Cliff Sherwood auf dem Rücken. Man hat ihm irgendetwas unter den Nacken geschoben, und sein rechter Arm ist weit vom Körper abgespreizt. Erst als er mit der Rechten nach seinem dröhnenden Kopf tasten will, stellt er fest, dass sein Handgelenk gefesselt ist. Es klirrt, als Cliff die Hand zu bewegen sucht. Er spürt die Berührung kalten Stahls am Handgelenk, und dann ist da noch ein angenehm kühler Hauch, man kann schon sagen ein Wind, der ihm durch die Haare fährt und seine Gedanken ziemlich rasch wieder klärt. So kommt ihm zum Bewusstsein, dass er auf der Rückbank der Concord-Kutsche liegt, die mit ihm durch die Dunkelheit fährt.

Langsam setzt Cliff Sherwood die Füße zu Boden, richtet sich auf und stellt fest, dass sein rechtes Handgelenk in einer stählernen Handschelle steckt, deren zweiter Ring um einen der Fensterpfosten geschlossen ist. Sobald ihm die letzten Vorgänge vor seiner Bewusstlosigkeit ins Gedächtnis zurückgekehrt sind, gibt es für ihn keinen Zweifel mehr, dass oben auf dem Bock der alte Tim Benteen sitzt und ihn auf Geheiß des Sheriffs nach Medicine Bow zurückkutschiert.

Da sich am westlichen Horizont noch ein grauer Schimmer zeigt, kann die Dunkelheit noch nicht lange hereingebrochen sein. Noch können sie also nicht sehr weit von Sweetwater entfernt sein.

»Tim?«, ruft er und wundert sich über den krächzenden Klang seiner Stimme.

Trotz Hufgetrappel und Knirschen der Räder scheint Tim Benteen den Ruf vernommen zu haben. Als er sich weit vom Bock herunterbeugt, erscheint sein verwittertes Gesicht oben an der Fensterecke und wird vom Schein der Wagenlaterne angestrahlt.

»Cliff?«, echot er besorgt. »Tut mir schrecklich leid, mein Junge, ich kann nichts dafür. Ich führe nur die Befehle des Sheriffs aus, und der hat mir alle Strafen der Hölle angedroht, wenn ich mir einfallen lasse, unterwegs anzuhalten oder Sie vom Pfosten loszuschließen. – Wie fühlen Sie sich denn?«

»Danke«, versetzt Cliff sarkastisch, »ich habe mich schon besser gefühlt, aber machen Sie sich um mich bloß keine Sorgen. Sie wollen mich also wirklich nach Medicine Bow zurückbringen?«

»Meinen Sie vielleicht, mir macht das Spaß?«, knurrt der alte Fahrer. »Dieser verrückte Jason Sharp bringt uns den ganzen Fahrplan durcheinander. Hören Sie, Cliff, was haben Sie sich bloß dabei gedacht, einfach hierher zurückzukommen?«

»Offenbar etwas Falsches« erwidert Cliff Sherwood mit einem mühsamen, verzerrten Grinsen. »Zumindest hatte ich angenommen, man würde mich erst einmal zu Wort kommen lassen.«

Anscheinend wird Tim Benteen die gebeugte Haltung zu unbequem, denn er gibt nur noch ein unverständliches Brummen von sich und richtet sich wieder auf. Die Unterhaltung ist damit vorerst beendet. Weiter rattert die Concord-Kutsche durch die Dunkelheit.

Aber plötzlich gibt es dann einen Ruck. Cliff Sherwood hört ein schrilles Wiehern und kann sich vorstellen, dass eines der Gespannpferde sich vorn erschreckt aufbäumt. Dann vernimmt er auch schon einen Fluch Tim Benteens und gleich darauf eine seltsame dumpfe Stimme:

»Machen Sie jetzt nur keinen Unsinn und verlieren Sie nicht die Nerven, Mann! Wenn Sie vernünftig sind, dann wird Ihnen nichts geschehen.«

Die Kutsche hat angehalten. Cliff reckt den Kopf aus dem schmalen Fenster, obgleich er sich dabei fast den gefesselten Arm verrenkt. Das Licht der Wagenlaterne blendet ihn, aber trotzdem kann er weiter vorn am Rand der Poststraße die Gestalt eines Reiters und das matte Blinken eines Revolverlaufs erkennen.

»Zum Teufel, was wollen Sie, Mister?«, keucht Tim Benteen erschreckt. »Soll das ein Überfall sein? Das ist ein Witz. Diese Post befördert weder Passagiere noch einen Wertsachentransport. Und was mich betrifft, so habe ich genau zwei Dollar und fünfundsechzig Cent in der Hosentasche ...«

»Und einen Schlüssel«, erwidert die dumpfe, offensichtlich verstellte Stimme. »Steigen Sie ab, Mann, und schließen Sie Ihren Gefangenen los! Wird's bald?«

Cliff Sherwoods Augen haben sich inzwischen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Er kann erkennen, dass der Reiter seinen Hut weit in die Stirn gezogen und die untere Gesichtshälfte hinter einem dunklen Halstuch oder einem Schal verborgen hat, sodass nur ein schmaler Spalt für die Augen bleibt. Auf diese Vermummung ist es wohl auch zurückzuführen, dass die Stimme derart dumpf klingt.

Die Gestalt des Mannes ist in ein weites Kleidungsstück gehüllt. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Havelock oder einen Radmantel mit lockerem Schulterüberwurf, wie er oftmals von Kutschern oder Fuhrleuten getragen wird. Die Hand, die den Revolver hält, ist als heller Fleck auszumachen, und Cliff Sherwood kommt es so vor, als sei die herrische Bewegung, mit der der Reiter seine Aufforderung unterstreicht, ein bisschen zu gewollt und großspurig.

Tim Benteen scheinen solche Überlegungen fernzuliegen.

»Schon gut, schon gut«, knurrt er beschwichtigend. »Es ist nicht mein Gefangener, wenn Sie das meinen sollten, Mister. Im Gegenteil, ich bin froh, ihn auf diese Weise loszuwerden.«

Steifbeinig klettert er vom Bock herunter, öffnet den Wagenschlag und knöpft dann die Jacke auf, um den Schlüssel der Handschellen aus der Tasche zu fischen.

»Es sieht so aus, als ob Sie hier doch noch Freunde hätten, Cliff«, schnaubt er, als er die Fessel aufschnappen lässt. »Man sollte es gar nicht glauben ...«

Längst hat Cliff Sherwood den fahlen, ausgebleichten Elkhornkolben bemerkt, der Tim Benteen aus dem Hosenbund ragt, und daran seine eigene Waffe erkannt. Er langt zu und schiebt sie ins Halfter zurück. Mit dem zweiten Griff versenkt er die stählerne Handfessel samt dem Schlüssel in seine Jackentasche.

»Vielen Dank, mein Freund«, wendet er sich dem Reiter zu. »Wenn Sie mir jetzt noch verraten könnten ...«

Er muss Tim Benteen zur Seite zerren, weil der Reiter in diesem Moment bereits seinem Pferd die Schenkel anlegt und haarscharf an ihnen vorübergaloppiert. Offensichtlich hat er das Tier nicht ganz in der Gewalt, sodass der Fahrer beinahe gerammt worden wäre. Der prasselnde Hufschlag entfernt sich rasch. Sprachlos starren die beiden Männer in die Dunkelheit, bis Tim Benteen sich aufrichtet und krächzt:

»Verstehen Sie das, Cliff?«

»Ich glaube schon, Tim«, versetzt Cliff Sherwood. »Aber ich möchte mich lieber nicht mit Ihnen darüber unterhalten.«

✰✰✰

Es sind andere Dinge, die Cliff Sherwood mit dem Fahrer bespricht. Mehrere Möglichkeiten stehen jetzt für ihn zur Wahl. Eine davon ist, die Kutsche zu wenden und nach Sweetwater zurückzukehren.

»In Ordnung, Tim«, tut Cliff die Befürchtungen des Alten ab. »Sie werden mich also bloß bis kurz vor die Stadt bringen, von dort aus gehe ich zu Fuß weiter. Wenn Sie trotzdem nach Medicine Bow fahren wollen, ist das Ihre eigene Sache.«

Mit säuerlicher Miene klettert Tim Benteen wieder auf seinen hohen Kutschbock.

»Zur Hölle, wenn das so weitergeht, dann werde ich bis an mein Lebensende durch die Weltgeschichte kutschieren, ohne jemals einen warmen Stall zu erreichen. Was habe ich bloß verbrochen, dass ich so gestraft werde?«

Im selben Atemzug setzt er dann schon hinzu: »Was Sie da vorhaben, ist heller Wahnsinn, Cliff. Sie mögen sich inzwischen vielleicht zu einem harten Brocken entwickelt haben und könnten sogar einen Eisenfresser wie Jason Sharp schaffen, aber gegen die Esperanza haben Sie doch niemals eine Chance. Wollen Sie nicht doch lieber dem Rat des Sheriffs folgen und mit mir nach Medicine Bow fahren?«

»Ich habe etwas gegen Ratschläge, die einem Mann mit dem Revolverlauf eingehämmert werden, Tim«, erwidert Cliff Sherwood. »Und außerdem – wer sagt Ihnen denn, dass ich mich mit der Esperanza anlegen will?«

Tim Benteen wendet ihm den Kopf zu und versucht in seiner starren Miene zu lesen.

»Machen Sie mir doch nichts vor, Cliff«, murmelt er tadelnd. »Sie sind ein Gunfighter geworden, das sieht man auf den ersten Blick. Und dann ist da die Geschichte mit Ihrem Bruder Mark, der vor annähernd zehn Jahren von Chess Metcalfe erschossen wurde. Meinen Sie wirklich, ich könnte nicht zwei und zwei zusammenzählen?«

»So wie Jason Sharp?«, entgegnet Cliff gallig.

»Yeah, wie der Sheriff. Sie können sich nicht Chess Metcalfe vornehmen, ohne gleichzeitig mit der Esperanza in Konflikt zu geraten, Cliff. Und es gibt keinen Mann, der einen derartigen Brocken hinunterwürgen könnte. Sie stehen von der ersten Sekunde an auf verlorenem Posten.«

»Jetzt hören Sie mir einmal zu, Tim«, sagt Cliff Sherwood verkniffen. »Ob Sie es nun glauben wollen oder nicht, ich habe keineswegs die Absicht, mit der Esperanza und Big Wesley Kirby irgendwelchen Verdruss anzufangen. Ich bin sogar bereit zuzugeben, dass Mark damals offiziell im Unrecht war, als er unsere Sherwood-Rinder über den Flussstreifen ans Wasser treiben wollte, denn der Flussstreifen ist nun einmal eingetragenes Weideland der Esperanza. Ich sage ausdrücklich offiziell, weil tatsächlich jedermann im Sweetwater County weiß, was Big Wesley Kirby damit bezweckte, als er die letzte Siedlerstelle unten am Fluss von Ed Bonney kaufte. Damit schloss er nämlich das letzte Loch, durch das wir bis dahin noch Zugang zum Wasser hatten, wir von der Sherwood-Ranch und zwei unserer Nachbarn.

Wir hatten mit Ed Bonney ein Abkommen getroffen und zahlten nicht schlecht dafür, dass er eine Gasse für die Rinder bis an den Fluss hinunter einzäunte. Natürlich waren die Bonneys Tagediebe und Taugenichtse, die kein noch so zweifelhaftes Geschäft ausließen, aber sie hätten sich dennoch nicht auf einen Verkauf ihrer Siedlerstelle eingelassen, wenn Big Wesley Kirby sie nicht unter massiven Druck gesetzt hätte. So wie die Esperanza ihnen zusetzte, hätten sie damit rechnen müssen, eines Tages als Viehdiebe gelyncht zu werden, wenn sie nicht auf die Vorschläge Kirbys eingingen.

Mit dem Kauf der Bonney-Farm am Fluss hat Kirby sich zugleich auch die kleineren Ranches von den Plains in die Tasche gesteckt. Auf diese Weise hat er Mark dazu gebracht, sich mit Gewalt den Zugang zum Fluss zu erkämpfen ...«

Bitter bricht Cliff Sherwood ab, weil ihn die Erinnerung an den Tod seines älteren Bruders übermannt. Auch Tim Benteen spürt, was in seinem Nachbarn vor sich geht, und schweigt geraume Weile, ehe er leise sagt:

»Es stimmt, Cliff. Ich kenne die Geschichte. Aber ändert sie etwas daran, dass die Esperanza das Gesetz auf ihrer Seite hatte, als Chess Metcalfe Ihren Bruder tötete? Und merken Sie nicht selbst, welche Unversöhnlichkeit aus Ihrer Geschichte spricht?«

»Das Gesetz?«, entgegnet Cliff Sherwood bitter. »Wenn man erst solche Macht besitzt wie Big Wesley Kirby, dann kann man das Gesetz auch zu ungesetzlichen Dingen missbrauchen, Tim. Aber was meine Unversöhnlichkeit betrifft, so irren Sie sich. Ich will nichts weiter, als von der Esperanza in Frieden gelassen zu werden. Schließlich bin ich hier zu Hause und besitze eine Ranch auf den Plains. Ob es Jason Sharp nun passt oder nicht, er wird mir helfen müssen, wenn ich anfange, die Sherwood-Ranch wieder zu bewirtschaften und meine Weide wieder mit Rindern zu besetzen.«

»Cliff«, sagt der alte Fahrer bedächtig, »ich verstehe Sie nicht, mein Junge. Die Esperanza hat Ihren Bruder und Ihre Nachbarn damals zum Aufgeben gezwungen, indem sie ihnen den Zugang zum Wasser verlegte. Die Zustände von damals bestehen auch heute noch unverändert fort. Wie wollen Sie also Rinder auf einer Weide halten, auf der es kein Wasser gibt? Oder haben Sie die Absicht, hundert Kühe aus der verfallenen Zisterne bei Ihrer Ranch zu tränken?«

Lange Zeit gibt Cliff darauf keine Antwort. In seinen Augen ist ein harter Glanz zu erkennen, als er endlich erwidert:

»Sie halten mich für einen Wirrkopf, nicht wahr, Tim? Aber seien Sie unbesorgt, ich werde schon Mittel und Wege finden, meine Rinder mit Wasser zu versorgen. Erzählen Sie es ruhig jedem, der es wissen will: Cliff Sherwood hat keine Forderungen gegen die Esperanza und wird den Flussstreifen respektieren.«

Zum zweiten Mal haben sie inzwischen jene Stelle erreicht, an der die Poststraße um eine Hügelschulter biegt und in der Ferne die Stadt sichtbar wird. In der Dunkelheit sind nur ein paar verstreute gelbe Lichter zu erkennen. Tim Benteen zögert einen Moment, fährt aber weiter und schüttelt den Kopf.

»Was würde es Ihnen helfen, wenn ich diese Geschichte verbreite, Cliff? Kein Mensch wird es mir oder Ihnen abnehmen. Auch wenn Sie hundertmal den besten Willen haben, die Esperanza wird trotzdem auf Sie losgehen. – Wenn es Ihnen recht ist, dann möchte ich hier umkehren, Cliff. Ich will keinen Ärger mit Jason Sharp, deshalb tun Sie mir den Gefallen und bestätigen Sie ihm, dass Sie mit Gewalt befreit worden sind.«

»Ob er das glauben wird?«, fragt Cliff Sherwood lächelnd. »Die Geschichte mit dem geheimnisvollen Reiter klingt ein bisschen unglaubwürdig, finden Sie nicht, Tim?«

»Ich würde sie ja selbst nicht glauben, wenn ich es nicht erlebt hätte«, grollt der Fahrer.

✰✰✰

In der Shamrock-Bar gibt es nur ein halbes Dutzend kleiner Tische, die obendrein selten benutzt werden. In weiser Selbstbeschränkung hat Joan Fairmont, die Besitzerin des Lokals, sich damit begnügt, nur schwach alkoholische Getränke auszuschenken und sich auf die Verabreichung von Mahlzeiten spezialisiert. Damit hat sie sich nicht nur eine Menge Ärger erspart, sondern im Laufe der Jahre ihr Bar-Restaurant zu einer feststehenden Einrichtung gemacht. Denn es gibt viele Männer – und darunter besonders viele Weidereiter – welche die Ungezwungenheit eines Barhockers und einer weißgescheuerten Lindenholzplatte einem weißgedeckten Tisch in einem Restaurant vorziehen.

So hat die Shamrock-Bar zwischen acht und zehn Uhr abends nicht über einen Mangel an Gästen zu klagen. Fast pausenlos sind die acht Barhocker von hungrigen Männern belegt, während bereits andere am Ende der Bartheke ihr Bier trinken und darauf warten, dass einer der Plätze frei wird. Kaum einem von ihnen kommt es in den Sinn, sich an einem Tisch niederzulassen.