H. C. Hollister 126 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 126 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Jesse Farwick trabt auf seinem struppigen Schecken nach Rio d’Oro. Hinter ihm liegen die raue Fährte eines Revolvermannes und ein Leben voller Misserfolge, vor ihm harter Kampf und bittere Enttäuschung.
In Rio d’Oro wird Farwicks Bruder Ronald gesundgepflegt - für den Strick. In Rio d’Oro regiert Morton Sandoval - mit Gewalt, Erpressung und Mord. In Rio d’Oro herrscht die nackte Angst.
Jesse Farwick reitet den Trail in die Vergangenheit, ein einsamer Kämpfer für das Recht.

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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

TRAIL IN DIE VERGANGENHEIT

Vorschau

Impressum

TRAIL IN DIEVERGANGENHEIT

Jesse Farwick trabt auf seinem struppigen Schecken nach Rio d'Oro. Hinter ihm liegen die raue Fährte eines Revolvermannes und ein Leben voller Misserfolge, vor ihm harter Kampf und bittere Enttäuschung.

In Rio d'Oro wird Farwicks Bruder Ronald gesundgepflegt – für den Strick. In Rio d'Oro regiert Morton Sandoval – mit Gewalt, Erpressung und Mord. In Rio d'Oro herrscht die nackte Angst.

Jesse Farwick reitet den Trail in die Vergangenheit, ein einsamer Kämpfer für das Recht.

Die Stadt hieß Rio d'Oro und lag im Minenbezirk nahe der mexikanischen Grenze. Wahrscheinlich hätte Jesse Farwick in seinem ganzen Leben niemals etwas von Rio d'Oro gehört, wenn ihn nicht ein Brief erreicht hätte.

Gelassen und scheinbar schläfrig hockte er im Sattel des struppigen Schecken, den er Grashopper – Heuschrecke – nannte.

Jesse Farwick war hager und sehnig. Doch trotz Schläfrigkeit und zusammengesunkener Haltung spürte man, dass sich zäher Wille, Kraft und Ausdauer hinter dieser Hagerkeit verbargen. Seine Augen schimmerten hell in einem schmalen braunen Gesicht, das an den Schläfen und um den Mund scharfe Falten zeigte.

Die Farwicks stammten aus den Tälern der Ozark Range in Missouri. Während des Bürgerkriegs wurde ein Teil der Familie ausgelöscht, der Rest in alle Winde verstreut. Einige der überlebenden Männer waren damals Geächtete geworden und gezwungen, andere Namen anzunehmen. Sie zogen von Missouri fort, um der Verfolgung zu entgehen. Von den wenigen Überlebenden seiner Sippe war er der Einzige, der weiter seinen wirklichen Namen trug.

Die beiden ersten Jahre nach dem Krieg hatte Jesse als Satteltramp zugebracht. Dann versuchte er sich als Büffeljäger und wurde später Teilhaber einer Frachtlinie zwischen Wichita Falls und Abilene. Sein Leben schien in geregelten Bahnen zu verlaufen.

Anderthalb Jahre später wurden seine Träume mit einem Schlag zerstört. Der blutige Aufstand der Comanchen und Kiowas stürzte die Llanos und den Nordwesten von Texas in ein Chaos.

Der Verlust von neun Wagen und mehr als fünfzig Gespanntieren hatte das Unternehmen restlos ruiniert. Jesse überließ seinem Partner die Abwicklung dieses Bankrotts und schloss sich der Ranger-Kompanie aus San Angelo an, die zusammen mit der Texas-Miliz und einer starken Truppe von Büffeljägern zu einer Strafexpedition in die Llanos aufbrach.

Jesse Farwick ritt den klapprigen Mustang, den er von einem der Leibwächter Mata Estacados erbeutet und mit grimmigem Humor »Grashopper« getauft hatte.

Wieder begann das Leben eines Satteltramps. Im Laufe des nächsten Jahres übte er verschiedene Beschäftigungen aus, bis ihm seine zeitweilige Zugehörigkeit zu der Ranger-Truppe zu einem Job als Postfahrer und Transportbegleiter verhalf. Bei diesem neuen Job als bewaffneter Transportbegleiter entwickelte er jene Fähigkeit, die für seine Zukunft ausschlaggebend werden sollte: die Revolvergewandtheit. Die eigentliche Entscheidung fiel bei einem Überfall auf den Wertsachentransport an einem stürmischen Herbsttag.

Die Pferdewechselstation hieß Artesia Wells und lag auf der Strecke zwischen Laredo und San Antonio. Als die Kutsche in den Hof rumpelte, bot sich den beiden Männern auf dem Bock das gewohnte Bild. Das Küchenfenster der Hütte war weit geöffnet, das Windrad der Pumpe knarrte, und unter einem Wetterdach standen die Wechselgespanne bereit. Aber kein Mensch ließ sich blicken.

»Tom!«, brüllte der Fahrer nach dem Stationsagenten, als er seine schwankende Kutsche zum Stehen gebracht hatte. »Wo steckst du, zum Teufel?«

In diesem Moment erschien im Küchenfenster die Gestalt eines abgerissenen Burschen, dessen untere Gesichtshälfte von einem Halstuch verdeckt war und der ein Gewehr auf die beiden Männer richtete. Gleichzeitig tauchten an der Stallecke zwei Desperados mit schussbereiten Colts auf.

Der Fahrer schnappte nach einer Schrotflinte. Doch ehe er den Doppellauf hochreißen konnte, traf ihn die Gewehrkugel in den Kopf und ließ ihn vom Bock stürzen. Das Peitschen des Gewehrschusses verschmolz mit dem harten Krachen von Jesse Farwicks altem 44er Dragoner-Colt.

Der Bandit hinter dem Küchenfenster kippte nach vorn und hing schlaff über dem niedrigen Fensterbrett der Adobehütte. Bevor das Gewehr zu Boden fiel, schnellte Farwick bereits mit einem Satz vom Bock der Kutsche. Neben seiner Hüfte wurde eine Radspeiche von einer Revolverkugel zersplittert. Ein zweites Geschoss prallte von der Nabe ab und schwirrte als Querschläger mit zornigem Brummen davon.

Jesse Farwick glaubte, dass er nur durch Glück dem Schnellfeuer der beiden Desperados entging. Die drei Passagiere der Kutsche allerdings, die sich duckten und kaum die Vorgänge beobachten konnten, beschrieben das Geschehen später ganz anders und trugen damit wesentlich zur Entstehung der Farwick-Legende bei.

Farwick hatte in diesen gefährlichen Augenblicken nicht überlegt, sondern nur instinktiv reagiert. Er rollte sich geschmeidig zur Seite, verwundert, dass er immer noch nicht getroffen war, obwohl die Kugeln dicht vor seinem Gesicht einschlugen und den Staub aufwirbelten. Dann hatte er seinen vertrauten Dragoner-Colt mit dem glatten Walnusskolben wieder im Anschlag und schoss. Zu seinem Erstaunen taumelte einer der Desperados gegen die Stallwand und brach zusammen. Der andere Bursche riss den Kopf herum und stieß einen fassungslosen Schrei aus. In diesem Moment schoss Jesse Farwick zum dritten Mal und beendete damit den erbitterten Kampf.

Der Stationsagent und sein indianischer Stallhelfer lagen gefesselt und geknebelt in der Hütte. Nachdem Farwick sie befreit hatte, stöhnten beide vor Schmerz, als das Blut wieder in ihre abgeschnürten Glieder schoss. Sie waren brutal zusammengeschlagen worden und von der rücksichtslosen Knebelung fast erstickt. Es kostete Mühe, sie davon abzuhalten, den überlebenden Desperado sofort am Firstbalken des Stalls aufzuhängen.

Wie sich herausstellte, handelte es sich bei den drei Männern um die gefürchtete Wallace-Bande. Die beiden Wallace-Brüder waren tot, und ihr überlebender Kumpan würde seine rechte Hand verlieren. Gerade der Zufallstreffer in das Gelenk seiner Revolverhand wurde zu einem Angelpunkt der Farwick-Legende.

Achthundert Dollar Belohnung fielen an den Sieger dieses Kampfs. Für Jesse Farwick hatte der Zwischenfall von Artesia Wells noch andere Folgen: Plötzlich konnte er sich vor Angeboten der verschiedensten Art kaum retten. Ein paar fantasievolle Zeitungsberichte machten aus ihm einen Helden und unübertrefflichen Revolvermann.

Farwick fühlte sich von dieser Entwicklung angewidert – besonders davon, dass ihn jeder für einen käuflichen Revolverkämpfer hielt. Jesse Farwick sah keinen anderen Ausweg als die Flucht nach vorn. Er nahm den Posten eines Deputys in einer jener wilden, zügellosen Rinderstädte an, die an dem großen Trail nach Norden wie Pilze aus dem Boden schossen. Für die Hüter des Gesetzes in diesen wüsten Treibherdenstädten wurde es sehr schwierig, Ordnung zu schaffen. Unter den Trägern des Sterns gab es auch Männer, die jede Strömung ausnutzten.

Zu diesem Typ gehörte Farwicks Vorgesetzter, der seinem Deputy die undankbare Aufgabe des Nachtmarshals übertragen hatte.

Jesse Farwick widerstand selbst finanziellen Vorteilen, die ihm eine gewisse Blindheit eingebracht hätte, und kehrte seine stachligste Seite hervor. Daraufhin legte man ihm nahe, aus »gesundheitlichen Gründen« von seinem Posten zurückzutreten. Als das nicht fruchtete und Jesse auch zwei Anschlägen entging, war für seine Gegner das Maß voll. Nach außen hin schien man sich mit seiner halsstarrigen Korrektheit abgefunden zu haben. Insgeheim aber fuhr man ein Geschütz auf, dessen schwere Ladung aus Verschlagenheit, Tücke und Intrigen bestand. Man spann ein Netz um ihn, in dem Farwick sich allmählich verfing.

Man warf ihm Korruption und Amtsmissbrauch vor. Die Beweise waren so erdrückend, dass sie vor jedem Gericht ausgereicht hätten. Darum ließ er es nicht auf einen Prozess ankommen und wurde mit Schimpf und Schande davongejagt. Zum dritten Mal stand er vor den Trümmern seines bisherigen Daseins.

Auch wenn die Vorwürfe gegen ihn unhaltbar waren, so haftete ihm doch die moralische Niederlage an. Irgendwann blieb ihm keine andere Wahl mehr. Jesse Farwick wurde ein Revolvermann. Er trieb sich zwei Jahre lang in Wyoming, Texas, Nevada und den Indian Nations herum. Zwischen ihm und den anderen Burschen der schnellen Gilde gab es nur einen Unterschied. Farwick übernahm nicht wahllos jeden gutbezahlten Job, sondern besah sich seinen Auftraggeber erst sorgfältig, bevor er sich zur Übernahme einer Aufgabe entschloss. Dass sein Weg trotzdem rau war, lag in der Natur der Sache.

Vor drei Wochen hatte ihn der Brief eines Mannes namens Marcus Leroy aus Rio d'Oro erreicht und ihn in den Sattel getrieben. Der Mann war offenbar Arzt, denn er sprach von Ronny, Jesses jüngerem Bruder, als von seinem Patienten, dessen Zustand sehr bedenklich sei. Der eigentliche Grund seines Schreibens aber war, dass Ronny dicht vor seiner Verurteilung stand und nur für den Strick gesundgepflegt wurde.

Farwicks Züge verhärteten sich, wenn er an die Zeilen dachte, deren Wortlaut er fast auswendig kannte. Dieser Doc Marcus Leroy hätte nicht geschrieben, wenn er nicht überzeugt wäre, dass Ronny unschuldig war. Ein paar weitere Bemerkungen deuteten darauf hin, dass es für Jesse Farwick besser sei, in Rio d'Oro nicht sofort als Ronnys Bruder aufzutreten.

Die Anklage gegen Ronny war keine Lappalie. Ein Mann, der hinterrücks einen Marshal ermordete, gehörte an den Galgen – vorausgesetzt, dass er schuldig war. Man konnte also höchstens versuchen, Ronnys Unschuld zu beweisen. Das würde dem wahren Schuldigen nicht gefallen. Wenn dieser Mann über einflussreiche Freunde verfügte, wie der Doc es andeutete, waren die Folgen nicht abzusehen.

Farwick saß ab, nahm Grashopper beim Zügel und ging ein paar Minuten zu Fuß. Die holprige Straße führte in langen Windungen vom Höhenrücken hinab zu einem Canyon, der an seiner engsten Stelle von einer Holzbrücke überspannt wurde. Die Stadt lag im Süden und war über Meilen hinweg zu erkennen.

Farwick überschaute nüchtern dieses atemberaubende Bild, während er steifbeinig von der Höhe zur ersten Serpentine hinabmarschierte. Hufschlag und Räderrasseln veranlassten ihn, sich umzuschauen. Er sah die Postkutsche, die sechsspännig den Höhenrücken überwunden hatte und nun die Gefällstrecke zum Canyon entlangrollte.

Mit blockierenden Hinterrädern schaukelte die Kutsche zwei Serpentinen tiefer durch die letzte enge Kurve und fuhr auf der nun gerade verlaufenden Gefällstrecke dem Canyon und der Brücke entgegen.

✰✰✰

Dass es sich um eine Zollbrücke handelte, hatte Jesse Farwick bereits vermutet, als er die Schranke und die staubige Adobehütte am Rand des Canyons bemerkte. Meist kassierte den Brückenzoll ein Invalide oder Kriegsveteran. Manchmal gab es auch nur einen Holzkasten oder eine Blechbüchse an einem Pfosten, in die man einfach ein Zehn-Cent-Stück warf. Hier an der Canyonbrücke wurde ein weit größerer Aufwand getrieben.

Farwick sah einen schlanken Mann aus der Hütte treten, der sich noch einmal zur Tür zurückwandte. Daraufhin erschienen drei weitere Gestalten und begaben sich zur Schranke. Vier Männer als Wächter einer Zollbrücke – das war so ungewöhnlich, dass Farwick wieder aufsaß, seinem Schecken die Schenkel anlegte, ihn ein Stück tiefer auf die Straße lenkte und in einem kurzen Galopp den Anschluss an die Kutsche suchte. Als das schwankende Ungetüm über die Bohlen der Brücke polterte, war er nur noch etwa hundert Yards zurück.

Um sich weder Eile noch Neugier anmerken zu lassen, ließ er Grashopper wieder in seinen scheinbar kraftlosen, stolpernden Trott fallen. Auf diese Weise kam er gerade an, als einer der vier Männer den Wagenschlag öffnete und rief:

»Zur Kasse, Ladys and Gentlemen! Dies ist das Tor zum Gelobten Land, und seit der Vertreibung aus dem Paradies ist in dieser rauen Welt nichts mehr umsonst. Aussteigen, wenn ich bitten darf. Es geht gleich wieder weiter!«

Aus der Kutsche war ein Grunzlaut zu hören. Grinsend sahen die vier Burschen zu, wie sich ein feister Mann im Gehrock durch die enge Tür zwängte.

»Mein Gott«, schnaufte er, als er endlich auf dem Boden stand, »war das wirklich nötig, Mister? Hätten Sie nicht ebenso gut im Wagen kassieren können?«

Er blieb ohne Antwort. Nacheinander kamen ein untersetzter, einfach gekleideter Mann in plumpen Stiefeln und eine rundliche Mexikanerin mit einem Korb zum Vorschein.

»Noch jemand?«, erkundigte sich der untersetzte Brückenwächter und blinzelte in die Kutsche.

Mit verkniffenem Gesicht stieg ein dunkel gekleideter Mann aus, dem man den Berufsspieler auf Meilen ansah.

Der Mann, der zuerst aus der Adobehütte kam, war ein schlanker olivhäutiger Mexikaner mit einem schmalen Bärtchen auf der Oberlippe. Bisher hatte er sich im Hintergrund gehalten und dem untersetzten Burschen mit den rostroten Haarstoppeln die Kontrolle überlassen. Beim Erscheinen der Lady jedoch trat er näher, zog seinen Sombrero und vollführte eine schwungvolle Verbeugung.

»Señorita Constance«, murmelte er höflich. »Sie waren natürlich nicht gemeint. Wenn Sie wieder einsteigen wollen, so habe ich ...«

»Danke«, fiel ihm die junge Frau abweisend ins Wort, »aber ich sehe keinen Anlass, für mich eine Sonderbehandlung zu beanspruchen.«

Der Mexikaner stülpte seinen Hut wieder auf. Dabei klaffte seine kurze Weste auseinander und gab für eine Sekunde den Blick auf den vergilbten Elfenbeinkolben eines Revolvers frei, der aus einem geschickt verborgenen Achselhalfter ragte.

»O doch, Señorita«, schnurrte er sanft. »Sie sind in Rio d'Oro zu Hause.«

Unbewegt deutete das Mädchen auf die rundliche Mexikanerin. »Das ist Rosina Gomez auch, Señor Juan Ortiz.«

Der mexikanische Pistolero lächelte milde.

»Gewiss, Señorita Constance. Deshalb habe ich auch nichts dagegen, dass sie mit Ihnen wieder Platz nimmt, während wir uns nur rasch mit diesen Señores befassen. Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie nicht lange aufhalten.«

»Komm, Rosina«, sagte die Frau spröde. Ohne ein weiteres Wort verschwand sie wieder in der Kutsche.

»Es ist gut«, wandte sich Juan Ortiz mit dünnem Lächeln an seinen rothaarigen Partner. »Du kannst jetzt weitermachen, Tyron.«

Tyron schmatzte mit den Lippen. »Ein Kartenhai, Mister?« Er wandte sich an den Spieler.

Dieser hatte begriffen, wie sinnlos es war, gegen diese Behandlung aufzubegehren. »Yeah«, sagte er gepresst.

»Schon feste Pläne für d'Oro?«, grinste Tyron.

»Ich werde mir irgendwo einen Tisch suchen.«

Wieder schmatzte der Bursche mit den roten Haarstoppeln und schüttelte dann den Kopf.

»Nicht irgendwo, Freund. Wenn Sie wissen, was gut für Sie ist, dann melden Sie sich bei ›Trigger‹ Young im Alhambra. Bei uns herrscht Ordnung, und wir halten nichts von wilden Spieltischen in einer dreckigen Cantina. Haben Sie das begriffen, Mister?«

»Ich bin ja nicht taub«, murmelte der Spieler mit einem Anflug von Verstocktheit.

»Einen Moment, Señor«, mischte sich der scharfgesichtige Juan Ortiz ein. »Sie haben anscheinend doch nicht richtig verstanden. Wie ist Ihr Name?«

»Ballantine«, erklärte der Gefragte widerwillig.

»Nun gut, Señor Ballantine, Sie werden Ärger bekommen, wenn Sie sich nicht spätestens eine Stunde nach Ihrer Ankunft bei Trigger Young gemeldet haben. Dieser Ärger wird nicht lange auf sich warten lassen. Es wäre wirklich schade um die fünf Dollar Brückenzoll, die Sie jetzt entrichten ...«

Die zynische Drohung im Tonfall des Mexikaners war nicht zu überhören. Der Spieler presste die Kiefer aufeinander.

»Fünf Dollar?«, stieß er mit einem scharfen Atemzug hervor.

»Si, Señor«, erwiderte Juan Ortiz mit dünnem Lächeln. »Fünf Dollar.«

Ballantine erhob keine Einwände mehr. Ein Blick auf die anderen Männer sagte ihm, dass er andernfalls seine Lage nur verschlimmert hätte. Er zog seine Geldbörse hervor, zahlte mit starrem Gesicht an den aufreizend grinsenden Tyron und verschwand eilig in der Kutsche, als ob er seine Selbstbeherrschung nicht länger auf die Probe stellen wollte.

»Sie sind Digger, Freund?«, fragte Tyron bereits den untersetzten Mann mit den plumpen Stiefeln.

Der Goldsucher hielt den Blick gesenkt und nickte.

»Ich – ich bin ziemlich abgebrannt, Mister«, kam der Digger seiner Forderung zuvor. »Wenn Sie mir den gleichen Zoll abnehmen, werde ich heute Abend unter dem Gehsteig schlafen und meinen Gürtel ein Loch enger schnallen müssen.«

»Sie zahlen zwei Dollar, hombre«, schnaubte Tyron mit vorwurfsvollem Gesicht. »Wir sind schließlich keine Unmenschen. Ob sie nun einen Job in einer Mine oder in einem selbstständigen Claim am Creek suchen, wenden Sie sich auf jeden Fall an den Generalmanager in Rio d'Oro. Fragen Sie nach Mr. Morton Sandoval. Jedes Kind in der Stadt kann Ihnen sagen, wo Sie ihn finden.«

Noch während er sprach, hatte Tyron bereits listig zu dem feisten Mann hinübergeblinzelt, der nervös an den Knöpfen seines Gehrocks herumfingerte. Als er sich zu ihm umdrehte, zeigte sein Gesicht den Ausdruck freundlichen Wohlwollens. Er nahm sich gerade noch die Zeit, die zwei Dollar des Diggers zu kassieren, dann sagte er respektvoll:

»Sie sind sicherlich in Geschäften unterwegs, Sir?«

»Yeah«, murmelte der Feiste verstört, »das heißt, eigentlich bin ich nur beauftragt, für Blackwell & Sons in diesem Distrikt Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Man muss sehen, wie man sich durchschlägt, und die Spesen auf so einer Reise ...«

»Verstehe«, nickte Tyron teilnahmsvoll. »Hohe Unkosten und kein Verdienst, das geht einem an die Nieren.«

»Endlich jemand, der sich auskennt«, schnaufte der Dicke erleichtert. »Sie können mir glauben, Freund, Magengeschwüre und Gallensteine entstehen nicht von ungefähr ...«

Verstört brach er ab, weil die Knöpfe seines Gehrocks, die er eben noch geschlossen hatte, nun von Tyron wieder geöffnet wurden.

»Sprechen Sie ruhig weiter«, spöttelte der Rothaarige. »Oder macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich ein wenig für das Format Ihrer Brieftasche interessiere?«

Die Hand des Reisenden presste seinen Rock fest gegen die Brust. Wenn er auf diese Weise auch seine Brieftasche vor einer fremden Inspektion bewahrte, so kam seine Bewegung doch zu spät, um seine dicke goldene Uhrkette zu verdecken. Das Gesicht des Mannes lief dunkel an, durch die Unverfrorenheit seines Gegenübers quollen ihm die Augen aus den Höhlen.

»Yeah«, höhnte Tyron, »so ähnlich hatte ich es mir auch vorgestellt, Sir. Wir werden Sie also nicht dadurch beleidigen, dass wir uns mit einer Kleinigkeit abgeben. Was halten Sie von fünfzig Dollar Brückenzoll?«

Der Dicke war einem Erstickungsanfall nahe. »Das – das ist Erpressung!«, keuchte er.

»Hundert Dollar«, sagte Tyron zynisch. »Wenn wir uns schon mit Ihnen herumärgern müssen, dann soll es sich wenigstens lohnen.«

»Ich weigere mich!«, rief der Handlungsreisende schrill. »Hundert Dollar – das ist doch ...«

»In Ordnung, Mister«, fiel ihm der Rotkopf ins Wort. »Das ist Ihr gutes Recht. Holen Sie also Ihre Siebensachen aus der Kutsche und gehen Sie über die Brücke zurück. Ich fürchte nur, Sie können drüben lange warten, bis Sie eine Mitfahrgelegenheit in umgekehrter Richtung finden. Die Post verkehrt erst wieder in drei Tagen.«

»Ich – ich soll hier einfach aussteigen? Ich habe doch mein Ticket bezahlt«, stöhnte der Dicke.

»Aber nicht den Brückenzoll«, versetzte Tyron grinsend. »Und noch etwas, Mister: Nicht nur die Brücke, dieses ganze Becken ist im Privatbesitz von Don Manuel Murieta. Ob Sie also in Rio d'Oro Geschäfte machen können, hängt ganz von Don Manuels Großzügigkeit ab. Für die Genehmigung ist sein Generalmanager zuständig, Mr. Morton Sandoval. Und natürlich erteilt er sie nicht umsonst. Rechnen Sie mit zehn Prozent vom Warenwert jeder Wagenladung, die Sie ins Becken schaffen lassen. Am besten schlagen Sie diesen Brückenzoll gleich auf Ihre Preise, dann werden Sie sicher zurechtkommen. – Also, was ist jetzt?«

Ein Seufzer entrang sich der Kehle des Reisenden, als Tyron ihm auffordernd die Hand hinstreckte. Er schien einzusehen, dass jedes Sträuben sinnlos war. Er langte in die Innentasche seines Rocks, fingerte verstohlen darin herum und brachte schließlich einen grünen Hunderter zum Vorschein. Seine Augen schimmerten verdächtig feucht, als er wieder in die Kutsche kletterte.

»Hasta la vista!«, kicherte Tyron und warf den Schlag zu. Juan Ortiz gab dem Fahrer einen Wink. Das Sechsergespann zog an und fiel in Trab, nachdem der Schlagbaum geöffnet wurde.

Jesse Farwick hielt noch immer am selben Fleck und rauchte mit unbeteiligter Miene seine Zigarette. Bis zu diesem Augenblick hatte ihm die hohe Concord-Kutsche den Blick auf jenen Burschen verdeckt, der sich vorn an der Schranke postiert hatte. Jetzt sah er die dürre Gestalt mit dem langgezogenen Pferdegesicht und schnippte seinen Zigarettenstummel zur Seite.

Achilles Longmire stand da und starrte ihn an. Seine Zungenspitze fuhr ein paarmal zwischen den Mundwinkeln hin und her.