H. C. Hollister 13 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 13 E-Book

H. C. Hollister

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Tausend Legenden weben ein dichtes Netz in die Geschichte der wilden Grenze. Fast immer sind es besondere Männer, aus deren Wirken und Kämpfen sie entstanden sind. Einer davon ist Hal Tolliver, dessen Stern in wilden Kämpfen aufging, bei seiner Rückkehr in seine Heimatstadt zu hellem Licht aufglühte und endlich einem ganzen County den Weg zu friedlicher Entwicklung erschloss.
Die kleine Rinderstadt Little Rock wird im Jahre 1876 zum Schauplatz von Ereignissen, die die Grenze von Recht und Gesetz mit einem Schlag mehr als hundert Meilen nach Westen vorantreibt. Dies ist das Verdienst eines Mannes: Hal Tolliver. Doch dem Einzug von Gesetz und Recht geht ein unerbittlicher Kampf voraus ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 158

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Der Gnadenlose

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne/Becker Illustrators

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9940-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

»Es gibt heute eigentlich zu viele Autoren, die angeblich so schreiben, wie der Wilde Westen wirklich war. Wenn man dann näher hinschaut, entdeckt man doch nur zu oft ein verfälschtes Bild, Klischee und Schablone. In jedem meiner Romane versuche ich bis auf den Grund einer historisch echten Darstellung vorzudringen. Der grandiose Stoff zwingt mich einfach dazu.«

H.C. Hollister, Mitte der 1960-er Jahre

Der Gnadenlose

Tausend Legenden weben ein dichtes Netz in die Geschichte der wilden Grenze. Fast immer sind es besondere Männer, aus deren Wirken und Kämpfen sie entstanden sind. Einer davon ist Hal Tolliver, dessen Stern in wilden Kämpfen aufging, bei seiner Rückkehr in seine Heimatstadt zu hellem Licht aufglühte und endlich einem ganzen County den Weg zu friedlicher Entwicklung erschloss.

Die kleine Rinderstadt Little Rock wird im Jahre 1876 zum Schauplatz von Ereignissen, die die Grenze von Recht und Gesetz mit einem Schlag mehr als hundert Meilen nach Westen vorantreibt. Dies ist das Verdienst eines Mannes: Hal Tolliver. Doch dem Einzug von Gesetz und Recht geht ein unerbittlicher Kampf voraus …

»Hal Tolliver …«, keucht der Wirt des Saloons und schaut überrascht auf den lächelnden Mann, der warnend den Kopf schüttelt.

»Hallo, Chris«, erwidert Hal Tolliver verhalten, »es braucht nicht gleich die ganze Stadt zu wissen, dass der verlorene Sohn zurückgekehrt ist. In dieser Hinsicht habe ich mich nicht verändert. Ich kann es immer noch nicht vertragen, in den Mittelpunkt des Interesses gezerrt zu werden.«

Der Wirt schluckt zweimal, und sein Gesicht hellt sich langsam auf.

»Wenn du wieder bei uns bleiben willst, wirst du es aber nicht verhindern können, Hal«, murmelt er. »Wenn es auch bestimmt Leute gibt, die es mir krumm nehmen werden, ich sage es trotzdem: Herzlich willkommen, Hal!«

»Vielen Dank, Chris!«, sagt Hal Tolliver sanft und schlägt in die dargebotene Rechte des Barmanns ein. »Noch weiß ich nicht, ob es mir in Little Rock so gut gefallen wird wie früher. Ob ich hierbleibe, hängt von vielen Dingen ab. Aber jetzt nehme ich erstmal einen Schluck, um den Staub aus der Kehle zu spülen.«

Mit einem Lächeln betrachtet Hal das fragende Gesicht Chris Kirbys.

»Bestimmt trinkst du jetzt keine Milch mehr«, meint Kirby gewollt zuversichtlich.

Hal Tolliver nickt zustimmend. Gleichzeitig tanzen kleine, spöttische Lichter in seinen hellen Augen.

»Du hast recht, Chris. Auf die Dauer ist mir Milch doch zu fade geworden.«

Jetzt erst wagt der Barmann aufzuatmen:

»Dass ich das noch erleben durfte! Teufel, du hast mich so manches Mal zur Weißglut gebracht, wenn du mitten im dicksten Betrieb ein Glas Milch verlangtest und ich einen Barkeeper zum Melken in den Stall schicken musste, weil sie dir sonst nicht frisch genug war. Ja, du warst schon ein Satan, Hal Tolliver! Also, was trinken wir zur Begrüßung?«

»Nun, vielleicht möchtest du dir auf meine Rechnung einen Whisky genehmigen – ich trinke … Zitronenlimonade.«

Eine Pause tritt ein, in der Chris Kirby blass wird.

»Ich hätte auf eine Teufelei gefasst sein sollen«, ächzt er schwach. »Hal«, fährt er beschwörend fort, »du weißt genau, wieviel Ärger es gab, bis du damals an der Bar in Ruhe deine Milch trinken konntest. Du musstest erst ein halbes Dutzend Burschen zurechtstutzen, bis man mit den Hänseleien aufhörte. Tu mir einen Gefallen, trink …«

»Zitronenlimonade!«

Mutlos lässt Kirby die Schultern hängen und verschwindet durch eine Tür hinter der Bar. Einen Moment blickt Hal ihm nach, dann wendet er seine Aufmerksamkeit einer Pokerrunde zu. Er sieht einen großen, schwarzgekleideten Mann, der ihm den Rücken zuwendet.

»Shep Drayton«, murmelt er, »du hast es also immer noch nicht geschafft, dir eine Ranch zuzulegen. Andere Berufsspieler kratzen das Geld dafür im Laufe von zwei Jahren zusammen, manchmal sogar in einer einzigen Nacht. – Nun, du bist geschickter als die meisten von ihnen, sicher aber auch ehrlicher!«

Hal hört Kirbys Schritte auf den Holzrosten hinter der Bar und wendet sich um.

»In Ordnung, Chris«, sagt er dann mit schmalem Grinsen. »Warum solltest du mir meine Zitrone nicht in einem grüngefärbten Weinglas bringen. Du weißt, dass ich nicht auf Streit aus bin. Aber meine Friedensliebe geht nicht so weit, dass ich irgendwelchen Kerlen zuliebe Whisky trinke, wenn ich das Zeug nicht ausstehen kann.«

Chris Kirby nickt ihm erleichtert zu.

»He, Bauchbetrüger«, grollt in diesem Augenblick eine raue Stimme lautstark, »wenn du uns verdursten lassen willst, sag es früh genug. Verdienst wohl an dem Wein, den der feine Pinkel trinkt, eine Stange mehr!«

Chris Kirby läuft es heiß und kalt den Rücken hinunter. Da geht es also schon los.

»Ah, nein, Jungs, da seid ihr auf dem Holzweg«, keucht Chris. »Er ist nur ein Satteltramp, der nicht genug Geld hat. Deshalb habe ich ihm billig ein Glas Wein aus einer Flasche gegeben, die schon seit ein paar Tagen herumstand.«

Erst als der Wirt die wütenden Augen der fünf Männer auf sich gerichtet fühlt, wird ihm klar, dass er einen Fehler gemacht hat.

»Du Hundefloh«, knurrt der Sprecher der Burschen. »Kommt also mal ein armer Kerl in deinen Stall, den du nicht ausnehmen kannst, dann verkaufst du ihm abgestandenen Wein für sein letztes Geld. – Sofort bringst du ihm einen doppelten Whisky auf meine Rechnung. Beeil dich, sonst komme ich hinter den Tresen und drehe dich durch den Wolf.«

Jetzt ist genau das passiert, was Chris Kirby mit einem Seitenblick auf seine Einrichtung verhindern wollte. In sein Schicksal ergeben schenkt er ein doppelstöckiges Glas ein und bringt es zu dem grinsenden Hal hinüber.

»Warum sagst du ihnen nicht, dass ich keinen Whisky trinken möchte, Chris?«, murmelt Tolliver.

»Sag es ihnen doch selbst«, knurrt der Wirt aufsässig und macht sich wieder davon.

»Cheerio, Cowboy«, ruft der Bulle und hebt sein Glas gegen Hal. Verbindlich lächelnd hebt dieser seine Limonade, prostet dem anderen zu und nimmt einen tiefen Schluck.

Das Rudel schiebt sich auf ihn zu, und sofort wechseln die Mienen der Kerle ihren Ausdruck zu einem misstrauischen Groll.

»Wie ist das, Cowboy, willst du unseren Whisky nicht trinken? Bist du am Ende doch zu fein dazu, und dieser dünne Hecht von einem Barkeeper hat uns belogen?«

»So ist es, Bruder«, murmelt Hal. »Er hat euch belogen. Er hatte Angst, euch zu sagen, dass ich Zitronenlimonade trinke.«

Das Misstrauen in den Augen des Mannes verstärkt sich. Er schielt in Hals Glas, und seine Augen weiten sich. Als er sich dann zu seinen Kumpanen wendet, steht sein Mund vor Staunen offen.

»Habt ihr es gehört, Leute? Er trinkt wahrhaftig Zitronenlimonade und lehnt es ab, mit ein paar ehrenwerten Gents einen anständigen Schluck zu nehmen.«

Das sekundenlange Schweigen zeigt an, dass diese Nachricht für das Rudel einen Tiefschlag bedeutet.

»Vielleicht ist das Milchgesicht eine verkleidete Lady«, meint schließlich einer der Kerle.

Erst als das glucksende Lachen verebbt, prustet der Bulle:

»Pass auf, Sonny – du wirst sofort mit uns Whisky trinken und dich höflich bedanken. Wenn du aufmucken willst, wird dir mein Freund langsam einen Knochen nach dem anderen brechen. Also, fang an!«

Die Linke des Bullen tastet auf dem Schanktisch nach seinem Glas, die Rechte aber reißt den Colt heraus und richtet ihn auf Hal.

»Hör zu, Mister«, lächelt Hal ihn sanft an, »ich bin immer dagegen gewesen, einen Menschen zu etwas zu zwingen. Ich trinke nun mal gern Zitrone und kann Whisky nicht ausstehen. Ihr seid nicht so hübsch, dass ich euretwegen eine Ausnahme machen würde. Und nun lass mich zufrieden.«

»Waaaas?«, brüllt der starkknochige Bursche unter dem Grinsen seiner Kumpane. »Du Leichtgewicht willst auch noch frech werden? Jetzt zeige ich dir mal …«

Die Burschen grinsen noch immer, als ihr Kumpan schon über Hals Schulter hinweggeflogen und gegen den Bullen geknallt ist, sodass sich beide auf dem Boden wälzen. Was in dieser Sekunde geschehen ist, werden sie niemals sagen können, denn Hal Tolliver steht bescheiden an der Bar und nimmt ruhig einen Schluck von seiner Zitronenlimonade.

Der Bulle kommt zuerst auf die Beine. Er achtet nicht auf seinen Colt, der am Boden liegt, sondern stürmt mit dröhnenden Schritten auf Hal los. Er schnauft wie ein Büffelbulle. Die Fäuste verkrampft, rammt er gegen Hal.

Es ist sein Pech, dass da plötzlich niemand mehr ist, sondern er nur gegen die harte Kante des Schanktisches prallt. Brüllend vor Wut fährt er herum.

»Sie haben sich hoffentlich nicht verletzt. Mister?«, lächelt Hal. »Ich wollte Ihnen nur Platz machen.«

Mit einem unartikulierten Laut schießt der Bulle vor. Gleichzeitig kommt von der Seite der Bursche herangesaust, der vor wenigen Sekunden als Wurfgeschoss missbraucht wurde.

»Es tut mir wirklich leid, Mister«, murmelt Hal, dann wird aus dem schüchternen Mann eine blitzschnelle Kampfmaschine.

Verteufelt schmerzhafte Schläge hageln von allen Seiten auf den Bullen nieder. Es sind keine Fausthiebe, sondern knallharte Hackschläge mit einer federnden Handkante. Kaum, dass er die Arme zur Abwehr emporreißen kann.

»Gute Nacht, Mister«, sagt Hal höflich, als der Bulle zu Boden geht.

Fünf, sechs Sekunden hat dieser Schattentanz gedauert. Während er den Bullen mit Handkantenschlägen fertigmachte, musste Hal noch den wütenden Schlägen seines zweiten Gegners ausweichen. Jetzt wendet er sich seinem starkknochigen Gegner zu.

»Zweite Lektion!«, murmelt Hal und weicht einem Uppercut mit einem Sidestep aus. Im selben Moment zucken seine Hände nach vorn und erwischen den Arm des Burschen.

Sind das Stahlklammern oder Handschellen? fährt es seinem Gegner durch den Kopf.

Seine Kumpane sehen staunend, wie der Kerl an Hals rechtem Arm trotz seiner annähernd zweihundert Pfund Gewicht einen vollendeten Salto durch die Luft dreht, kurz mit den Beinen zappelt und krachend zu Boden schlägt, dass der ganze Saloon dröhnt. Mit glasigen Augen bleibt er liegen.

Hal leert lächelnd sein Limonadenglas. Wie durch Zauberei liegt plötzlich ein leichter Colt in seiner linken Hand. Die Art, wie er ihn handhabt, rät zur Vorsicht.

Mit einem knurrenden Laut kommt der Bulle wieder zu sich. Einen Moment greift er sich an den Schädel, dann scheint seine Erinnerung zurückzukehren. Er sieht seinen Kumpan wie einen verunglückten Frosch auf dem Rücken liegen.

Ziemlich ernüchtert kommt er wieder auf die Beine. Er starrt auf Hal und den Revolver in dessen Hand.

»Chris«, Tolliver wedelt in diesem Augenblick mit dem Lauf durch die Luft, »bring diesen tüchtigen Jungs eine Runde Zitronenlimonade, damit sie groß und stark werden. Durch das ständige Whiskysaufen sind sie völlig außer Form geraten.«

Es gibt da etwas in Hals Augen, was die Burschen schweigen lässt. Außerdem haben sie erkannt, dass der geschmeidige Körper dieses graugekleideten Mannes aus federndem Stahl geschmiedet zu sein scheint. Ihr Übermut ist abgekühlt.

Zudem taucht neben dem Grauen plötzlich ein großer, hagerer und schwarzgekleideter Mann auf, den sie alle kennen.

»Hallo, Hal«, sagt Shep Drayton schleppend. Ein hartes Grinsen steht in seinem Gesicht. »Ich wollte deine Vorstellung nicht unterbrechen. Ich hielt es für besser, wenn diese Schlurche von vornherein merken, wie du einen Gaul aufzäumst.«

»Du hattest schon immer eine besondere Art, Witze zu machen, Shep«, murmelt Hal Tolliver und nickt dem Spieler zu. »Vielleicht sagst du ihnen auch gleich, dass die angebotene Erfrischung von Herzen kommt.«

Mit betretenem Gesicht hat Chris Kirby inzwischen fünf Gläser Zitronenlimonade über die Theke gegeben. Er zieht sich sofort wieder in den sicheren Hintergrund zurück.

»Nehmt es nicht so tragisch, Jungs. Vielleicht schmeckt euch das Zeug sogar«, grinst Drayton die fünf verblüfften Kerle an. In seinen dunklen Augen glitzert Spott, und seine scharfe Adlernase scheint vor Vergnügen einen noch stärkeren Knick zu bekommen.

»Prost, denn!«, sagt Hal Tolliver und greift nach dem Whiskyglas.

Wie ein Sonnenstrahl fliegt ein breites Grinsen über die Gesichter der fünf Weidereiter. Ohne Zögern greifen sie nach der Zitronenlimonade und leeren sie in einem Zug, so wie Hal seinen Whisky. Mit einem Schlag ist die Spannung gelöst.

»Also wirklich«, grunzt der Bulle, »ich hätte nie gedacht, dass man sowas trinken kann.«

»Man könnte sich direkt daran gewöhnen.«

Hal Tolliver schmunzelt nur zu diesen Worten. Er lässt ein Geldstück auf die Bar klirren und folgt dann Shep Drayton, der ihn am Arm zupft und ihm mit dem Kopf einen Wink gibt.

☆☆☆

Eine halbe Stunde später ist Hal Tollivers Pferd im Mietstall versorgt und sein Gepäck im Hotelzimmer. Als er Shep Drayton ins Gesicht blickt, kommen ihm tausend Fragen in den Sinn. Aber er kann sie alle in einer einzigen zusammenfassen:

»Was ist aus ihr geworden, Shep?«

Der Spieler rutscht unruhig auf seinem Stuhl herum und wendet das Gesicht ab.

»Dachte ich es mir doch, dass du es noch nicht weißt! Zum Teufel, es wäre mir lieber gewesen, du hättest es von jemand anderem erfahren. Natürlich hat Lars Wyndham Ruby geheiratet. Ich bin nur noch nicht sicher, warum sie es getan hat.«

»Gibt es denn daran überhaupt einen Zweifel?«, fragt Hal gepresst.

Shep Drayton stutzt und blickt staunend auf. Er springt auf die Beine und geht erregt im Zimmer auf und ab.

»Muss sie ihn seines Geldes wegen genommen haben? Kann es nicht auch wirkliche Liebe gewesen sein? Hölle, selbst wir, die wir mit ihm hundert Campfeuer geteilt und ebenso viele Streiche ausgeheckt haben, erkannten seinen wahren Charakter erst viel zu spät. Vielleicht hat er sich auch erst so entwickelt, als er den Wert des Geldes und das Gefühl der Macht schätzen lernte. So etwas gibt es doch! – Hat sie nicht lange genug geschwankt und sich nicht entscheiden können? Musst du dich jetzt immer noch verraten und betrogen fühlen, weil sie dir ihr Wort gab und dann doch zu Lars Wyndham überschwenkte? Ah, ich war nie mit im Rennen um ihre Gunst. Was war ich schon gegen den prächtigen Lars Wyndham mit dem Geld seines Vaters im Rücken, was war ich gegen einen Tiger wie dich, in den alle Mädchen aus dem ganzen County verliebt waren? Meine Nase ist zu krumm und mein Beruf zu leichtfertig gewesen, als dass Ruby Lane mehr als etwas Sympathie für mich hätte empfinden können. Und doch war auch ich in sie verliebt – wie wir alle – ich habe es mir nur nicht anmerken lassen.«

Shep Drayton verstummt, um das Papier seiner Zigarette anzulecken. Anschließend wirft er Hal den Tabaksbeutel mit den Worten zu:

»Hier, rauchen ist ja wohl so ziemlich die einzige Sünde, die du begehst.«

Schweigend beginnt auch Hal Tolliver, sich eine Zigarette zu drehen. Obgleich sein Gesicht ruhig und beherrscht erscheint, tobt in ihm ein Sturm von Gefühlen.

»Ich wollte Ruby Zeit für eine freie Entscheidung geben. Deshalb bin ich damals weggeritten«, sagt Hal knapp.

Aus zweifelnden Augen schaut Shep Drayton auf den Freund hinab.

»Yeah, höllisch viel Zeit hast du ihr gelassen. Glaubst du vielleicht, sie wollte eine alte Jungfer werden und hätte fünf Jahre auf dich gewartet?«

Hals Gesicht ist siegessicher, als er nur eine Frage stellt:

»Wann nach meinem Verschwinden haben sie denn geheiratet?«

Der Spieler stutzt, wendet sich zum Fenster und krallt seine Hände in die Vorhänge. »Nach drei oder vier Wochen«, gibt er widerwillig zurück.

»Na, da siehst du es! Und was ist aus der anderen Sache geworden? – Mich hat er um die elterliche Ranch gebracht. Er kämpfte schon immer mit schmutzigen Mitteln. Ein Wort von ihm hätte genügt, dann hätte ich noch einmal Geld von der Bank bekommen und hätte weitermachen können. Aber ihm war jedes Mittel recht, um mich in Rubys Augen herabzusetzen. Ich sollte vor ihr wie ein Bankrotteur dastehen. Er hat es auch geschafft. Aber wie ging es weiter?«

Wieder angeln Draytons Hände nach dem Tabaksbeutel. Seine langgliedrigen Hände zaubern eine Zigarette. Er raucht nervös und hastig.

»Nun, alle Rancher haben damals Vieh verloren. Aber die Kleinen traf es am härtesten. Auch Wyndham jammerte über die Rustler, obgleich er genügend Reserven hatte. Ja, bei ihm langten sie sogar dazu, dass er das gesamte Gelände auf der anderen Creekseite an sich bringen konnte. Er hat jetzt keine Nachbarn mehr, weil sich seine Ranch durch den ganzen Winkel zwischen dem Mule-Creek und dem Colorado ausdehnt.«

Shep stockt und blickt aufmerksam in Tollivers Gesicht, in dem es zu zucken beginnt.

»Dieser Schurke«, knurrt Hal erbittert. »Für weniger als den halben Wert hat er die beste Weide an sich gerissen. Dazu hätte Saunders erst die Hypotheken kündigen müssen.«

»Er hat es getan. Kurz darauf wurde seine Bank von einer Gesellschaft übernommen. Heute ist Saunders nicht mehr Inhaber, sondern nur noch Geschäftsführer. Es hat damals zu viele Pleiten gegeben. Du weißt selbst, dass ein Rind kaum mehr als zwei Dollar wert war. Ich frage mich nur, was die Rustler damit angefangen haben.«

»Was wurde denn aus den Viehdiebstählen?«

Achselzuckend lässt sich Shep auf die Bettkante sinken.

»Ein halbes Jahr später hörten sie auf. Wyndham hatte eine geschlossene Weide, deren Grenzen gut zu bewachen waren, und die anderen waren so heruntergekommen, dass sie ihre paar Kühe auf dem Ranchhof unterstellen konnten.«

»Und heute?«

»Nun, einige Rancher haben sich wieder erholt. Sie haben größere Herden als zuvor. Jedes Jahr gehen sie einmal über Laramie auf den Chisholm-Trail und treiben nach Kansas zu den Bahnlinien. Wyndham fungiert gleichzeitig als Aufkäufer für einige Fabriken im Osten. Er hat hier in der Stadt ein Büro eröffnet. Er hat ständig ein oder zwei Treibermannschaften unterwegs oder hier in der Stadt. Was von Estacado oder vom Pecos an Treibherden herüberkommt, geht durch seine Hand. Jede Konkurrenz hat er in den Boden getreten. Ganz Little Rock frisst ihm aus der Hand.«

»Er ist also noch skrupelloser, als ich dachte«, knurrt Tolliver. »Lars Wyndham ist eine große Nummer und geht über Leichen.«

Auf dem Gang ist der schwere Tritt von Stiefeln und das leise Klingeln von Sporen zu hören. Unvermittelt wird die Tür aufgestoßen.

Hal Tollivers Hand zuckt mit dem Colt empor.

»Du bist nervös, Freund«, grinst Drayton tadelnd. »So begrüßt man keine alten Freunde.«

Im Türrahmen ist Ken Sherwood stehengeblieben. Helle Augen funkeln aus seinem zerknitterten Gesicht. Seine raue Hand mit den Lasso-Narben auf dem Handrücken schiebt den alten Hut in den Nacken. Struppiges, feuerrotes Haar kommt zum Vorschein. Beim Grinsen entblößt er eine Reihe vom Tabakkauen braungefärbter Zähne.

Plötzlich stürmt er trotz seiner krummen Beine wie ein Wirbelwind nach vorn.

»Oh, verdammt, er ist es wirklich«, keucht Ken Sherwood. »Soll man diesen Hundefloh nun verprügeln, weil er ohne Abschied davongeritten ist und sich fünf Jahre als Satteltramp herumgetrieben hat?«

Die Bewegungen seiner Arme lassen darauf schließen, dass er seinen Vorsatz wahrmachen will. Aber plötzlich fühlt er sich sanft an seinem Gürtel emporgehoben und verliert den Boden unter den Füßen. In quälender Enge spannt sich seine Hose um sein Hinterteil und droht aus den Nähten zu platzen. Mit einem Plumps setzt Hal Tolliver ihn auf der Tischplatte ab.

»Immer noch die alten Tricks«, keucht Ken Sherwood und grinst ihm ins Gesicht. »Ah, er ist noch kräftiger und härter geworden. Ich sehe es an seinen Augen. Jetzt glaube ich an die Geschichten, die in den vergangenen Jahren von ihm erzählt wurden. – Hal, bist du gekommen, um mit Lars Wyndham abzurechnen?«

Das Lächeln aus Hals Gesicht ist plötzlich wie weggewischt. Auch Ken Sherwood wird klar, dass diese Frage zu unvermittelt kam. Sein Grinsen erstirbt.