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Die kleine Stadt Loup City wird von Revolvermännern wie Alan Clement und den Pomeroy-Brüdern beherrscht. Aber sie leisten nur die Drecksarbeit für die wahren Herren dieser Stadt, für die scheinbar ehrlichen Bürger, die heute jeder achtet und schätzt. In dieser Stadt weiß niemand, dass diese Männer einmal für die gefürchtete Finch-Bande geritten sind. Da kommt Jim Kane mit einem wilden, feuerköpfigen Texaner in die Stadt, mit einem Mann, der sich Reece Kane nennt. Und Reece Kane hat nur eine Aufgabe: er will blutige Rache nehmen an den Männern, die seinen Vater verraten und feige im Stich gelassen haben ...
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Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
DER FEUERKOPF AUS TEXAS
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Sie waren Brüder — Jim, der am Spieltisch gelernt hatte, dass der Mann am längsten lebt, der schneller schießt als seine Gegner; Amos, der bullige, breitschultrige Mann, hart geworden in zahllosen Kämpfen; Johnny, der hübsche, hitzige Linkshänder, der jüngste der drei Kanes. Sie standen auf verschiedenen Seiten, als sie sich zum ersten Mal sahen. Aber der harte, gemeinsame Kampf um ihr Land und ihr Leben schmiedete sie aneinander, stärker und unauflöslicher als glühender Stahl.
Die kleine Stadt Loup City wird von Revolvermännern wie Alan Clement und den Pomeroy-Brüdern beherrscht. Aber sie leisten nur die Drecksarbeit für die wahren Herren dieser Stadt, für die scheinbar ehrlichen Bürger, die heute jeder achtet und schätzt. In dieser Stadt weiß niemand, dass diese Männer einmal für die gefürchtete Finch-Bande geritten sind.
Da kommt Jim Kane mit einem wilden, feuerköpfigen Texaner in die Stadt, mit einem Mann, der sich Reece Kane nennt. Und Reece Kane hat nur eine Aufgabe: er will blutige Rache nehmen an den Männern, die seinen Vater verraten und feige im Stich gelassen haben ...
Der Reiter saß auf einem großen, zähen Appaloosa-Wallach und ritt mit langgeschnallten Bügeln. Nur an der linken Zügelhand trug er einen Handschuh, während seine Rechte locker auf dem Schenkel ruhte. So befand sie sich scheinbar zufällig in der Nähe des schweren 44er Navy-Colts, dessen Kolben aus dunklem, blankgewetztem Hickory aus einem tiefgeschnallten Halfter ragte.
Dem Pferd wie dem Mann waren die Strapazen eines langen Ritts anzumerken; beide waren von einer hellen Staubschicht überpudert. Jim Kane trug seinen schwarzen Stetson weit in der Stirn. Aus dem Schatten der Krempe suchten seine rauchgrauen Augen die Holme und Haltestangen des Straßenrands ab.
Diese Augen standen in einem starken Kontrast zu seinem dunklen Haar, das nur an einer Schläfe einen silbrigen Schimmer aufwies – genau an jener Stelle, wo eine schmale Narbe den Haarwuchs teilte. Er war noch nicht in dem Alter, wo der Skalp eines Mannes die Farbe zu wechseln begann, auch wenn der Ernst seiner Züge und die Bronzefarbe seines lederhäutigen Gesichts ihn weit über seine Jahre gereift erscheinen ließen.
Hochgewachsen, hager und mit der Lässigkeit des sattelgewohnten Mannes saß er im Sattel des Appaloosa. Seine Miene war verschlossen und hart, und sein schmallippiger Mund wurde von zwei scharfen Kerben eingerahmt, die sich von den Nasenwinkeln herabzogen. So sah ein Mann aus, dem vom Leben nichts geschenkt worden war, der unter Mühsal und Zähneknirschen seine Lektionen gelernt hatte und den das Schicksal zu einem unerbittlichen Kämpfer geschmiedet hatte.
Schon nach kurzer Zeit wurde seine Wachsamkeit belohnt. Am Holm des Saloons hinter der nächsten Ecke entdeckte er den Schecken, nach dem er Ausschau gehalten hatte. In seiner verrückten Zeichnung war dieser schwarz-weiß gefleckte Pinto auf den ersten Blick unter hundert anderen Pferden herauszufinden. Scheinbar unabsichtlich und nur mit den Schenkeln lenkte Jim Kane seinen Wallach in die Lücke neben dem Schecken. Steifbeinig saß er ab, schlang den Zügel locker um den Holm und begab sich in den Saloon.
Kaum einen Blick verschwendete er an die wenigen Männer, die sich um diese Zeit hier aufhielten, und doch entging ihm keine Einzelheit seiner Umgebung. Es war ganz still im Saloon, als Jim Kane langsam zur Bar trat. Seine Sporen klirrten nur unmerklich, aber daneben gab es noch ein fremdes Geräusch, das Aufmerksamkeit erregte. Es war ein leises, silberhelles Läuten. Der Barmann starrte herüber, und an einem Tisch in der Ecke verstummte das gedämpfte Gespräch.
Jim Kane schien nicht zu bemerken, dass er eine solche Beachtung fand. Mit jedem Schritt klirrte das winzige silberne Glöckchen, das vor dem Rad seines linken Sporns unmittelbar hinter dem Absatz baumelte.
»Ingwer-Bier«, sagte Jim Kane und legte beide Unterarme verschränkt auf die Nickelstange der Bar. Den linken Stiefel hakte er mit dem Absatz auf die Fußraste. Für alle deutlich sichtbar, klirrte die kleine Glocke noch einmal und kam dann zur Ruhe.
Niemand vermochte zu sagen, ob es Absicht oder Zufall war, dass dieser Fremde in Loup City seine Ferse so zur Schau stellte. Ebenso wie er nur an einer Hand einen Handschuh trug, war auch lediglich eine seiner Sporen mit einem solchen Glöckchen verziert. Jim Kane nahm einen Schluck von seinem Ingwer-Bier, verharrte in Schweigen und zeigte keinerlei Interesse an einer Unterhaltung. Minutenlang blickte er schläfrig auf das Bild und den Spiegel hinter der Bar, scheinbar ganz in Gedanken versunken.
Das Gespräch am Ecktisch flackerte wieder auf. Doch schon kurze Zeit später erhob sich ein feister, gutgekleideter Mann, quetschte sich hinter dem Tisch hervor und bedeckte sein spärliches Haar mit einem grauen Derby-Hut, als er mit einem lahmen Scherzwort das Lokal verließ.
»Fremd hier, Mister?«, murmelte der Barmann, offenbar in dem Bestreben, zur Unterhaltung des einsamen Gasts beizutragen.
»Ja«, erwiderte Jim Kane. Aber er sagte es so, dass der Barmann jeden weiteren Versuch aufgab. Er tappte wieder zum anderen Ende der Theke und polierte dort an seinen Gläsern herum.
Ein grimmiges Lächeln spielte um Jim Kanes Lippen. Ihm war das bleiche Gesicht des Mannes, der es da plötzlich so eilig gehabt hatte, nicht entgangen, und er konnte sich bereits ein Bild davon machen, worauf diese Eile zurückzuführen war. Unwillkürlich schaute er aus den Augenwinkeln verstohlen zu jenem dunklen Burschen hinüber, der am Ende des niedrigen Raums hinter seinem Glas saß und lustlos in einer zerfledderten Zeitung herumblätterte.
Nur für einen Sekundenbruchteil schaute auch dieser piratengesichtige, kraushaarige Bursche auf, dann senkte er rasch die Lider und beschäftigte sich wieder mit seiner Zeitung. Auch der aufmerksamste Beobachter hätte nicht entscheiden können, ob zwischen diesen beiden Männern irgendeine Verbindung bestand.
Draußen ratterte die Postkutsche vorüber, und der Barmann fluchte erbittert, als unter der Pendeltür eine Staubwolke hereinquoll. Fliegen summten an den Scheiben. Die seltsame Spannung, die Jim Kanes Eintritt hervorgerufen hatte, schien sich zu legen. Aber dann, ein paar Minuten später, war sie schlagartig wieder da.
Jims Haltung veränderte sich nicht. Im Spiegel fixierte er die drei Burschen, die plötzlich in der Schwingtür aufgetaucht waren, und nur seine Brauen zogen sich leicht in die Höhe, als er einen dieser Männer erkannte.
Alan Clement hatte von jeher eine Vorliebe für elegante Kleidung an den Tag gelegt, und daran hatte sich offenbar nichts geändert. Sein gelbes Seidenhemd quoll aus dem Ausschnitt einer geblümten Seidenweste und stach sich abscheulich mit dem Giftgrün seiner Ärmelhalter. Seine engen dunklen Hosen waren Maßarbeit, ebenso wie die glänzenden Cordoba-Stiefel. Sein heller Stetson war zweifellos das Prachtstück von ganz Loup City, allem Anschein nach ein Vierzig-Dollar-Hut. Man hätte leicht in den Fehler verfallen können, diesen Burschen für einen prahlerischen Dandy zu halten, aber dagegen sprachen nicht nur die kalten Schlangenaugen Alan Clements, sondern auch der silberbeschlagene, tiefsitzende Kreuzgurt, aus dessen Halftern die schillernden, mit Perlmutt eingelegten Kolben von zwei Remington-Revolvern hervorragten. Die Enden dieser Halfter waren an Clements Schenkeln festgebunden, sodass die Kolben der Waffen griffbereit zur Seite abstanden.
Jim Kane achtete nicht auf die geckenhafte Staffage. Er sah nur das faltige Wolfgesicht des Revolvermannes und kniff die Augen zusammen.
Neben Alan Clement hatten sich zwei vierschrötige Kerle aufgebaut, die allem Anschein nach Zwillinge oder zumindest Brüder waren. Es fiel nicht schwer, sie auf den ersten Blick als Gorillatypen einzuschätzen, als angeworbene Schläger, die gegen entsprechende Bezahlung jeden rauen Auftrag ausführten. In dieser Beziehung standen sie mit Alan Clement auf einer Stufe, lediglich mit dem Unterschied, dass dieser bestimmt noch nie einen Faustkampf ausgetragen hatte, weil seine tödliche Revolvergewandtheit von der Unversehrtheit seiner Hände abhing.
»Hallo, Kane«, grüßte Alan Clement mit einer dünnen, lächerlich wirkenden Stimme. Seine Augen starrten teilnahmslos auf Jim Kanes Spiegelbild.
»Hallo«, erwiderte Jim Kane und verzog die Lippen zu einem freudlosen Lächeln. Ohne sich umzuwenden, fuhr er fort: »Die Welt ist so klein, dass man sich irgendwo stets wieder über den Weg läuft, nicht wahr?«
Der aufgeputzte Revolvermann zwang sich zu einem Grinsen und entblößte seine Zähne. Es bedurfte keines sechsten Sinns, um die tödliche Feindschaft zu spüren, die er dem Mann an der Bar entgegenbrachte.
»Sicher, Kane, sicher«, murmelte er lauernd. »Ich gebe zu, ich war nicht darauf vorbereitet, gerade dich hier zu treffen, aber so ist es mir auch recht.«
»Ich weiß.« Mit der Linken ergriff Jim Kane sein Glas und nahm gelassen einen Schluck Ingwer-Bier. »Du warst noch nie besonders wählerisch, Clem.«
Zunächst war nur ein Schulterzucken die Antwort. Alan Clement kam ein wenig näher, sodass er die beiden muskulösen Burschen hinter sich ließ.
»Jeder hat seine Schwächen, Kane«, sagte er gedehnt, deutete mit einer unbestimmten Bewegung auf Jims Stiefel und setzte hinzu: »Ich wusste noch gar nicht, dass du so eitel bist. Bisher habe ich Glocken nur bei Packmaultieren und Leithammeln gesehen.«
Jetzt erst drehte sich Jim Kane langsam um.
»Ja«, sagte er freundlich und kräuselte die Lippen. »Jeder auf seine Weise. Manche Burschen laufen herum wie ein Pfau, mir reicht schon so ein kleines Glöckchen. Was hältst du davon?«
Die Bemerkung war zu deutlich auf Alan Clements geschmacklose Eleganz gemünzt, als dass der Revolvermann sie hätte missverstehen können. In seinen Augen zeigte sich mit einem Mal ein gefährliches Glitzern.
»Bisher hattest du immer ein verdammtes Glück, Kane«, stieß er misstönend hervor und wechselte rasch einen Blick mit seinen Begleitern. »Hast du dir noch nie Gedanken darüber gemacht, dass es irgendwann zu Ende gehen könnte?«
Noch immer hatte Jim Kane die Ellbogen rückwärts auf die Nickelstange der Bar gestützt. Sein Lächeln wirkte nun wie eingefroren.
»Mit deiner gütigen Hilfe, meinst du, Clement?«
»Du warst schon immer mächtig fix im Denken.«
»Keine schlechte Idee«, gab Jim in eiserner Gelassenheit zurück. Dann deutete er mit dem Kinn auf Clements hartgesottene Kumpane. »Und was ist mit denen da?«
»Die halten sich heraus«, versetzte der Revolvermann grinsend. »Kein Grund zur Besorgnis also ...«
Die beiden Männer schienen diese Ansicht nicht ganz zu teilen. Sie schoben sich dicht zu Alan Clement heran, und einer von ihnen zischte ihm etwas Unverständliches zu.
Jim Kanes ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf den Revolvermann. Es lag schon fast drei Jahre zurück, seit sie einander unter denkbar kritischen Umständen begegnet waren, und keiner von ihnen hatte diese Begegnung vergessen.
Was der Bursche mit den kalten Schlangenaugen jetzt heraufbeschwor und herausforderte, war nichts weiter als die Folge jener Begegnung. Aber noch glaubte Jim Kane nicht an den Ernst der Situation. Wenn er die Lage richtig beurteilte, dann ging es Alan Clement gar nicht um einen Revolverkampf, sondern um ganz etwas anderes. Noch immer behielt er den Kerl scharf im Auge.
Aber es war ein Fehler, von drei Gegnern nur den zu beobachten, den man als den weitaus gefährlichsten einschätzte. Jim Kane erkannte das erst, als neben Alan Clements Hüfte jäh eine Revolvermündung auftauchte, ohne dass jener die herabhängenden Hände bewegt hätte. Und diese Mündung war mit unangenehmer Präzision auf Jim Kanes Gürtelschnalle gerichtet.
»Gut so, Pomeroy«, murmelte Al Clement, als er sah, wie Jim Kanes Haltung erstarrte. »Diesen Trick hat er anscheinend noch nicht gekannt.«
Der stiernackige Bursche gab einen Grunzlaut von sich.
»Ich habe schon viel von Ihnen gehört, Kane«, sagte er heiser. »Ihnen würde ich zutrauen, dass Sie sogar mit Clem fertig würden. Aber da er noch gebraucht wird, müssen wir es leider auf andere Weise erledigen. Halten Sie jetzt nur Ihre Hände still, Mister!«
Es bedurfte nur eines Winks mit dem runden Schädel, damit sich sein Zwilling in Bewegung setzte und einen Bogen schlug, um nicht in die Schusslinie zu geraten. Von der Seite her näherte er sich Jim Kane, zog ihm mit gestrecktem Arm den Navy-Colt aus dem Halfter und schob ihn aufatmend hinter seinen Hosenbund. Nun waren sie sich ihrer Sache sicher, und auch der andere Pomeroy kam heran und ließ seine Waffe ins Halfter gleiten.
Jim Kane hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, was jetzt folgen würde, aber er ließ es sich nicht anmerken und strafte die beiden vierschrötigen Kerle mit Nichtachtung. Zwischen ihnen hindurch blickte er aus schmalen Augen auf Alan Clement, der mit zufriedenem Lächeln in der Nähe der Tür stand.
»So ist das also«, sagte er ohne erkennbare Unruhe. »Diese beiden stupiden Bullen sollen mich in die Zange nehmen und zurechtstutzen, wie?«
»Ja«, erwiderte der Revolvermann zynisch, »so war es von Anfang an vorgesehen, und du bist ja auch prächtig darauf hereingefallen, Kane.« Dann wandte er sich an die beiden Muskelprotze. »Was ist los mit euch, Leute? Seid ihr taub? Er hat euch eben stupide Bullen genannt!«
Einer der beiden Pomeroys gab einen zornigen Grunzlaut von sich und senkte den Schädel, der andere schnaubte durch die Nase und ging bereits auf Jim Kane los, der sie noch immer nicht zu beachten schien. Aber dann erfolgte seine Reaktion so explosiv, dass die beiden Schläger vollkommen übertölpelt wurden.
Es war ihr Mangel an Fantasie, der ihnen zum Verhängnis wurde. Offenbar konnten sie sich nicht vorstellen, dass dieser hagere, scharfgesichtige Mann mit dem sanften Lächeln keineswegs vor zwei so deutlich überlegenen Gegnern zurückwich, sondern seinerseits mit einem Panthersatz zum Angriff vorschnellte.
Ein wilder Fausthieb ging ins Leere. Im selben Moment aber hatte Jim Kane beide Arme zu einer stählernen Klammer ausgebreitet, packte die beiden überraschten Schläger beim Stiernacken und riss sie mit unwiderstehlicher Kraft vorwärts.
Es gab ein dumpfes, beinahe polterndes Geräusch, als die Kerle mit den Schädeln aneinander krachten. Betäubt schwankten sie zurück und stierten aus schwimmenden Augen verdutzt um sich, weil ihr hagerer Gegner plötzlich von der Bildfläche verschwunden war. Sie entdeckten ihn an der Bar, wo er gerade erneut einen Schluck Ingwer-Bier nahm.
»Idioten!«, keuchte Alan Clement schrill. »Wollt ihr euch von diesem Pilger lächerlich machen lassen? Los, gebt es ihm!«
Um Jim Kanes Lippen spielte erneut das undurchsichtige, gefährliche Lächeln, als er rasch einen Blick zu dem dunkelhaarigen Burschen mit der Zeitung hinüberwarf und feststellte, dass jener sich zurückgelehnt hatte und den bevorstehenden Kampf unbeschwert und in vollen Zügen zu genießen schien.
Mit einem Atemzug, der wie ein Fauchen klang, warf sich einer der Pomeroys vorwärts. Sein Fausthieb kam unkonzentriert, ein wüster Schwinger, dem Jim Kane mit einem geschmeidigen Sidestep ausweichen konnte. Geduckt tauchte er unter dem Arm des Gorillas hinweg, fuhr herum und passte haargenau jenen Sekundenbruchteil ab, als der Gegner den Kopf wandte. Da stach seine Linke mit der Wucht eines Rammbocks vor und stoppte diesen Schädel mitten in der Bewegung.
John Pomeroys ohnehin noch glasige Augen weiteten sich, und ein Ächzen kam aus seiner Kehle, als er bis an die Bar zurückgeworfen wurde und hart mit dem Rücken gegen die Nickelstange prallte.
Doch auch sein Bruder war nicht untätig geblieben, und so drohte es für Jim Kane plötzlich bitter zu werden, als ihn ein wilder Tritt gegen das Knie traf und ihn fast von den Beinen riss. Ein dröhnender Schlag gegen seine Rippen nahm ihm die Luft. Im nächsten Moment streifte eine Faust seinen Wangenknochen und radierte über sein Ohr, als ob es ihm abgerissen werden sollte.
»Achtung, Mitch!«, keifte die Stimme Alan Clements aus dem Hintergrund, doch für Mitch Pomeroy kam diese Warnung bereits zu spät. Jetzt rächte es sich für ihn, dass er nicht richtig getroffen hatte. Nur in instinktiver Abwehr schoss Jim Kane seine Linke ab, aber bei der Masse, die er vor sich hatte, war es vollkommen unmöglich, vorbeizuschlagen. Bis zum Handgelenk verschwand seine Faust in Mitch Pomeroys Magengrube. Mit einem heiseren Seufzer krümmte sich der Bursche zusammen, doch da kam ihm bereits Jims Rechte entgegen. Die Nase des Gorillas veränderte jäh ihre Form. Danach folgte ein Getöse, als John Pomeroy mit rudernden Armen rückwärts schwankte und über einen Tisch stürzte, der unter seinem Zweizentnergewicht zusammenkrachte.
Es war schlimmer als eine Tretmühle. Kaum war Mitch Pomeroy für einige Zeit kampfunfähig, als sein bulliger Bruder schon wieder die Fortsetzung dieses Kampfes übernahm. Zwei, drei Treffer musste Jim Kane einstecken, ehe es ihm gelang, den Kerl auf Distanz zu halten und dessen Überlegenheit an animalischer Kraft durch geschmeidige Beinarbeit wettzumachen. Trotzdem war ihm klar, dass ihn nur eine rasche Entscheidung davor bewahren konnte, von diesen beiden Schlägern förmlich zertrümmert zu werden.
Es hatte nicht den geringsten Sinn, sich an den Schädeln dieser beiden Büffelbullen die Fäuste zu zerschlagen. Jim Kane musste es also so kurz wie möglich machen.
Die Gelegenheit dazu ließ vorerst noch auf sich warten. Zunächst einmal galt es, die ungestümen, regellosen Attacken von John Pomeroy heil zu überstehen und diesen Steinzeitmenschen in eine entsprechende Lage zu manövrieren, ohne dass er das Vorhaben durchschaute. In dieser Hinsicht allerdings war die Gefahr bei beiden Pomeroys nicht allzu groß. An ihrer Kampfweise war zu erkennen, dass sie ihren Stil einzig und allein in Saloon-Raufereien geprägt hatten – und wahrscheinlich bei Gegnern, die ihnen von vornherein hoffnungslos unterlegen waren.
Ein paar Mal fintete Jim Kane, ohne diesen blitzschnellen Ausfällen einen Treffer folgen zu lassen. John Pomeroy, durch einige glasharte Konter zur Vorsicht gemahnt, wurde wieder leichtsinnig, während sich sein Bruder langsam wieder aus den Trümmern des Tisches aufrappelte. Dann plötzlich – anscheinend in der Erwartung, gleich wieder massive Unterstützung zu erhalten – stürmte er mit gesenktem Schädel vorwärts, um den leichtfüßigen Gegner vor der Bar einzukeilen.
Genau auf diese Chance hatte Jim Kane gewartet. Auch ein wesenloser Schatten hätte die Wendung nicht rascher vollführen können als er. John Pomeroy stürmte ins Leere und stolperte über das Bein, das Jim ihm in den Weg streckte. Er heulte auf, als er die Gefahr erkannte, doch diese Erkenntnis kam zu spät. Noch während er gebückt vorwärtsschoss, krachte ihm die Handkante seines Gegners mit der Wucht eines gutgeölten Fallbeils ins Genick und verdoppelte seinen Schwung. Die ganze Bar erzitterte, als John Pomeroys Schädel gegen die Nickelstange krachte, danach folgten ein seufzendes Stöhnen und ein dumpfer Fall.
Für Jim Kane gab es trotzdem keine Atempause, denn nun war auch sein zweiter Gegner wieder auf den Beinen. Und John Pomeroy wertete die bisherigen Erfahrungen des Kampfes auf seine Weise: Gegenüber einem so schemenhaften Irrwisch verzichtete er auf den weiteren Gebrauch der Fäuste. Er hatte sich mit einem der abgebrochenen Tischbeine bewaffnet und schwang es wie eine Keule aus grauer Vorzeit.
Mit einem gestreckten Satz brachte sich Jim Kane vor dem ersten Hieb in Sicherheit. Zu einem zweiten ließ er es dann gar nicht mehr kommen und sprang den Gegner an. Noch während John Pomeroy die gefährliche Keule wieder in die Höhe zu reißen versuchte, wurde plötzlich sein Handgelenk gepackt und herumgerissen. Was dann mit ihm geschah, wusste er später nicht mehr zu sagen.
Er spürte lediglich einen Stoß, wollte sich losreißen und herumwerfen, und konnte dann dem harten Ruck nicht mehr entgehen. Irgendwie hatte er den Boden unter den Füßen verloren und radierte plötzlich mit dem Gesicht über die mit Sägemehl bestreuten Dielen. Dann ließ sein unmenschliches Gebrüll die Scheiben klirren. John Pomeroy lag bäuchlings am Boden und schrie sich die Kehle heiser. Sein rechter Arm ragte in einem grotesken Winkel vom Körper ab, und der Schmerz in seiner Schulter brachte ihn zur Verzweiflung.
Ein wenig atemlos, aber sonst fast unversehrt, wenn man von der Schramme an seinem Wangenknochen absah, trat Jim Kane von seinem zweiten Opfer zurück. Er wollte sich gerade der Tür zuwenden, als eine scharfe Stimme ertönte: »Schlagen Sie nur zu, Clement! Wenn Ihnen eine Kugel in Ihrem verdammten Schädel nichts ausmacht, dann schlagen Sie nur, Mister!«
