H. C. Hollister 19 - H.C. Hollister - E-Book

H. C. Hollister 19 E-Book

H. C. Hollister

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Beschreibung

Jeder Mann sollte einen Leitstern haben, der ihm bei Gefahr und in Kämpfen den richtigen Weg weist. Als der Revolverkämpfer Ward Tallman nach Dimcreek kommt, hat er diesen Stern längst verloren. Von Egoismus und Raffgier geleitet, kämpft er nur noch für sich selbst.
Happy O’Dea, Wards Jugendfreund, ist jünger und voller Ideale. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Ward wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Doch es kommt umgekehrt. Auch Happy O’Dea droht der Verlockung zu erliegen, die von Ward Tallmans hartem und rauem Trail ausgeht. Dimcreek wird zum Schauplatz wilder Kämpfe und heißer Leidenschaften. Männer werden zu Kämpfern und skrupellosen Killern. Und Ward Tallman steht vor einer Entscheidung, die sein ganzes Leben beeinflussen wird ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Verlorene Sterne

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne/Becker Illustrators

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7517-0557-8

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

»Es gibt heute eigentlich zu viele Autoren, die angeblich so schreiben, wie der Wilde Westen wirklich war. Wenn man dann näher hinschaut, entdeckt man doch nur zu oft ein verfälschtes Bild, Klischee und Schablone. In jedem meiner Romane versuche ich bis auf den Grund einer historisch echten Darstellung vorzudringen. Der grandiose Stoff zwingt mich einfach dazu.«

H.C. Hollister, Mitte der 1960-er Jahre

Verlorene Sterne

Jeder Mann sollte einen Leitstern haben, der ihm bei Gefahr und in Kämpfen den richtigen Weg weist. Als der Revolverkämpfer Ward Tallman nach Dimcreek kommt, hat er diesen Stern längst verloren. Von Egoismus und Raffgier geleitet, kämpft er nur noch für sich selbst.

Happy O’Dea, Wards Jugendfreund, ist jünger und voller Ideale. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Ward wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Doch es kommt umgekehrt. Auch Happy O’Dea droht der Verlockung zu erliegen, die von Ward Tallmans hartem und rauem Trail ausgeht. Dimcreek wird zum Schauplatz wilder Kämpfe und heißer Leidenschaften. Männer werden zu Kämpfern und skrupellosen Killern. Und Ward Tallman steht vor einer Entscheidung, die sein ganzes Leben beeinflussen wird …

»Du wärst verrückt, Tallman, wenn du in diese Sache nicht einsteigen würdest. Jetzt hast du die Gelegenheit, dir eine Rosine aus dem zähen Teil herauszupicken, den wir Leben nennen, die nächste kommt vielleicht erst in zehn Jahren.«

Ward Tallman scheint die Worte kaum gehört zu haben. Umgekehrt, die Lehne vor der Brust, sitzt er mit weitgespreizten Beinen auf einem Stuhl. Seine kräftigen, gebräunten Hände schnitzen unaufhörlich an einem Stück Holz. Unter seinem verwaschenen grauen Hemd zeichnen sich starke Muskeln ab. Sein Gesicht ist noch jung, und seine hellgrauen Augen sind von einer Klarheit, die an einen Bergsee erinnert. Kälte, eisige Kälte ist in ihnen. Nur eines lässt Zweifel an seinem jugendlichen Alter aufkommen: der verbitterte Zug um seinen Mund. Seltsam unbewegt, fast schläfrig, wirkt sein Gesicht. Es ist in Verbitterung erstarrt. Irgendwie erinnert Ward Tallmans ganze Haltung an einen schlafenden Tiger.

»Hast du nach mir geschickt, um mir diesen Vorschlag zu unterbreiten, Keenan Bond?«, fragt Ward gedehnt, ohne seinen Gesprächspartner dabei anzublicken.

Bond ist schwarzhaarig und unrasiert. Seine dunklen Augen sitzen tief in ihren Höhlen.

»Du scheinst deinen Namen zu Recht zu tragen, Tallman. Du bist wirklich ein verdammt großspuriger Bursche. Steig herunter von deinem hohen Pferd. Wir kennen deinen Ruf. Jeder in Dimcreek kennt ihn. Ein Jahr hast du Zeit gehabt nach dem Krieg. In diesem einen Jahr hast du es geschafft, ein Satteltramp zu werden, der seinen Unterhalt mit dem Schießeisen verdient. Du bist ein Hecht im Karpfenteich, Tallman. Lange Zeit schaust du zu, wie dir die fetten Bissen an der Nase vorbeischwimmen. Und dann packst du plötzlich zu – tödlich und unerbittlich. Du hast nur zwei Möglichkeiten, Fellow. Entweder schließt du dich uns an, oder du reitest weiter und verlässt die Stadt. Einen Burschen wie dich kann man nicht als unbeteiligten Zuschauer dulden.«

Ein Holzspan nach dem anderen fällt auf den Boden. Ward Tallman pustet über das kleine Figürchen, das sich herausgeschält hat. Er begutachtet es von allen Seiten und fängt dann wieder an zu schnitzen. Anscheinend soll es ein hochbeiniges Büffelkalb werden.

Unvermittelt wirft er dann seine Bemerkung hin.

»Und wenn ich beides nicht mache? Was wollt ihr dann unternehmen, Bond?«

»Du bist viel zu gerissen, um es darauf ankommen zu lassen. Du weißt, dass der Einsatz in diesem Spiel verteufelt hoch ist. Und solche Spiele sind gefährlich. Man mischt sich da am besten nicht als Unbeteiligter ein. Ich glaube, ich brauche nicht deutlicher zu werden, Tallman. Du hast keine Chance – und das weißt du.«

Ward steckt sein Messer weg und steht auf. Während er sein Werk betrachtet, murmelt er so leise, dass Bond sich vorbeugen muss, um ihn zu verstehen.

»Weißt du was, Bond? Ich habe mich in dieser Sache noch nicht entschieden. Aber Leute, die mich drängen, fallen mir immer auf die Nerven. Deshalb werde ich es darauf ankommen lassen. Es macht mir Spaß, euch auf die Hühneraugen zu trampeln. Versucht es also, Ward Tallman aus der Stadt zu jagen. Versucht es mit allen Mitteln. Ich bin gespannt, wie vielen von deinen Revolverschwingern ich die Ohren abschießen muss, bevor ihr merkt, dass Ward Tallman sich zu nichts zwingen lässt.

Wenn ihr dann gekrochen kommt, werde ich mir die Sache noch einmal überlegen. – Das war’s, Keenan Bond. Grüße deine dressierten Affen von mir.«

Ward schiebt den Hut aus der Stirn, rückt an seinem Waffengurt und geht zur Tür.

Mit wenigen Sätzen ist der breite, aber wieselflinke Keenan Bond vor ihm und stellt sich mit dem Rücken dagegen.

»Bist du verrückt, Tallman?«, fragt er. »Wenn du dich weigerst, gibt es einen Kampf. Also hör auf mit deinen Witzen.«

Zwei Schritte vor Bond ist Ward stehengeblieben.

»Siehst du, Keenan«, sagt er ruhig, und Spottlust glitzert in seinen Augen, »alle haben sie Angst vor euch. Wenn ich spiele, spiele ich gern nach meinen eigenen Regeln. Ein anderer an meiner Stelle würde sich jetzt vielleicht den Weg freischießen, wenn er ein stolzer und großspuriger Bursche wäre. Ich kann auf solche Mätzchen verzichten, denn ich bin nicht großspurig. Ich bin nicht einmal stolz, wie ihr es versteht. Mir genügt es, ab und zu meinen Spaß zu haben.«

Mit zwei Schritten ist Ward Tallman an einem der Fenster. Er öffnet es ruhig und springt hinaus.

Bond zischt einen Fluch, aber er unternimmt nichts, um ihn zurückzuhalten. Er stellt sich ans Fenster und sieht zu, wie sich Tallman mit etwas steifen Bewegungen in den Sattel seines Falben zieht. Im Trab reitet Ward vom Hof.

☆☆☆

Ward Tallman reitet die Hauptstraße der kleinen Ortschaft entlang. Mit zusammengezogenen Brauen lässt er seinen Blick über die vielen Planwagen schweifen, die überall zwischen den Häusern stehen. Es hat den Anschein, als wolle eine ganze Stadt aufbrechen. Unter behelfsmäßig aufgespannten Planen stehen die Zugtiere, auch Ochsen gehören dazu. Das sind die Ärmsten der Armen, die sich über weite Strecken auf den Weg gemacht haben, um hier am Dimcreek, der der Stadt ihren Namen gegeben hat, eine neue Heimat zu finden.

In diesem Moment hört Ward eine scharfe Stimme hinter sich.

»Tallman!«

Ward wendet sich gemächlich im Sattel um, ohne sein Pferd anzuhalten. Ein amüsiertes Lächeln spielt um seine schmalen Lippen, als er Dan Everett erkennt, der auf einem hochbeinigen braunen Wallach am Anfang einer Nebenstraße hält.

Als Ward nun sein Pferd zum Stehen bringt, kommt Everett herangetrabt. Abwartend legt Ward die Hände auf das Sattelhorn.

»Sie sind doch Ward Tallman, nicht wahr?«, fragt Everett.

»Ja«, sagt Ward knapp. »Und Sie sind der Rancher Dan Everett.«

»Wollen wir hier auf der Straße miteinander reden?«, fragt der Rancher.

Wieder blitzt das spöttische Lächeln in Ward Tallmans Gesicht auf.

»Wenn Sie ein längeres Palaver halten wollen, können wir zur Station reiten.«

Everett nickt und treibt sein Pferd an. Er ist ein großer und massiger Mann, eckig und ungefüge. Gewaltig sitzt er auf seinem Pferd. Ward ist etwas hinter ihm zurückgeblieben. So kann er das graue Haar erkennen, das dem Rancher unter dem Hutrand hervorquillt und fast bis an den Hemdkragen reicht. Es ist von eisgrauer Farbe und verleiht Everett den Ausdruck eines alternden Löwen – eines Löwen mit gewaltigen Pranken, die offensichtlich noch sehr wohl ihre Beute packen können. Die mächtigen Fäuste können nicht nur ein starkes Pferd bändigen, sondern auch eine Riesenranch samt ihrer wilden Mannschaft im Zaum halten.

Während sie aus der Stadt reiten, denkt Ward an die vielen Legenden, die man sich von Daniel Everetts gewaltigen Körperkräften erzählt. Dieser Mann hat einem ganzen County seinen Stempel aufgedrückt.

Wenige hundert Yards vor der Stadt liegt die Station. Es ist ein Gasthaus, keiner der üblichen Saloons, von denen es hier in der kleinen Stadt mehrere gibt. Längst ist in dem massiven, aber verwitterten Gebäude keine Poststation mehr untergebracht. Den Namen aber hat es behalten seit jener Zeit, da die Pony-Express-Reiter hier ihre Pferde wechselten.

Sie sitzen ab. Ward führt sein Pferd in den Stall, während Everett seinen Wallach an der Haltestange anbindet. Dann betreten sie gemeinsam den Schankraum.

»Bring uns Whisky mit Soda«, ruft Ward im Vorbeigehen dem rundlichen Wirt zu, der sich über die Theke lehnt und die »Dimcreek-News«, studiert. Es ist die einzige Zeitung, die in der Stadt erscheint.

»Allright, Mr. Tallman«, erklärt der Wirt und starrt erstaunt hinter dem ungleichen Paar her.

Neben dem bulligen Rancher sieht Ward Tallman direkt schmal aus, obwohl er mindestens sechs Fuß groß ist. Wards Gang ist geschmeidiger und elastischer als der des Ranchers. Wenn man Everett mit einem Löwen vergleicht, so wäre Ward ein gefährlicher, sprungbereiter Panther, nicht so massig, aber schnell.

An einem kleinen Tisch in der Ecke nehmen sie Platz. Außer ihnen und dem Wirt ist um diese Zeit kein Mensch im Schankraum. Everett wartet ab, bis der Wirt die Gläser vor sie hingestellt hat und wendet sich dann an Ward.

»Haben Sie einen Job, Tallman?«

Schroff, wie sein ganzes Wesen ist, klingt auch seine Stimme. Der Revolvermann blickt auf, und seine Augen werden schmal.

»Wenn es Sie interessiert, ich habe keinen Job, Everett.«

Ward legt die Betonung auf das letzte Wort. Auch einem selbstbewussten Mann wie dem Großrancher muss auffallen, was er damit sagen will. Und Everett hat verstanden. Er beweist es mit seiner nächsten Frage.

»Wollen Sie auf meine Lohnliste, Mister Tallman? Sie wissen bestimmt, was hier für ein Spiel im Gange ist. Leute wie Sie sind jetzt gefragt.«

Ward nippt an seinem Glas und schiebt es langsam wieder zur Mitte.

»Sie sind verdammt deutlich, Mr. Everett. Ich weiß, dass Sie in mir nur den Revolvermann sehen. Seit mehr als einer Woche bin ich in Dimcreek. Ich habe in dieser Zeit Augen und Ohren offengehalten. Außerdem habe ich ein feines Gespür für Spannungen.

Sie sitzen hier auf einem Vulkan. Ein Funke genügt, um den Ausbruch herbeizuführen. Lange Jahre haben Sie dieses County mit harter Faust regiert. Sie haben keinen Nachbarn an den Grenzen Ihres Reichs geduldet. Die ganze Stadt musste sich vor Ihnen ducken. Sie führen eine harte Ranch, Everett, die alles in den Boden tritt, was Ihren Interessen zuwiderläuft. Aber nun ist die Zeit gekommen, wo sich Ihre Gegner zusammenschließen. Und sie haben Ihre schwache Stelle entdeckt. Werden Sie jetzt weich, Mr. Everett?«

Das Gesicht des Ranchers rötet sich vor Zorn. Mit mühsam beherrschter Stimme fragt er:

»Wollen Sie mir hier Ansprachen halten, Mr. Tallman? Ich war es, der dieses County den Roten entrissen hat. In jahrelangen Kämpfen habe ich meine Weide gesäubert und mein Reich aufgebaut. Ich lasse diese Bande von Siedlern gar nicht erst Fuß fassen. Meine Mannschaft ist stark genug, um sie alle zum Teufel zu jagen. Was mir noch fehlt, ist ein harter und zielstrebiger Vormann. Ich kenne Ihren Ruf, Tallman. Sie sind der Mann, den ich brauche. Kommen Sie auf meine Lohnliste. Als mein Vormann sind Sie der zweite Mann in diesem County. Sie sind noch jung, Tallman. Einen besseren Job können Sie nicht finden. Ich habe das wildeste Rudel angeheuert, das je für eine Ranch geritten ist. Werden Sie ihr Vormann, Tallman. Wenn Sie ihnen einmal richtig die Zähne gezeigt haben, werden Sie an der Spitze der besten Kampfmannschaft reiten.«

Einige Männer treten ein und gehen an ihrem Tisch vorbei. Ward bemerkt ihre erstaunten Blicke, als sie Everett sehen. Er wartet ab, bis sie sich außer Hörweite befinden, und sagt dann spöttisch:

»Wenn man Sie hört, Mr. Everett, könnte man glauben, dass Ihnen bitteres Unrecht geschieht. – Man sagt, Sie hätten den größten Teil Ihres Landes gar nicht eingetragen. Es ist also nicht Ihr Eigentum, Mister. Ich habe etwas von einer Vermessungskommission gehört. Wenn die Landvermesser diese Vermutung bestätigen, wird es bitter für Sie.

Und es sind auch nicht nur die Siedler, die auf den Start zum großen Rennen warten. Vor einer Stunde hat mir Keenan Bond ein ähnliches Angebot gemacht, wie Sie es jetzt tun. Wenn dieser Bond sich mit den Siedlern zusammenschließt, wird er Ihre prächtige Kampfmannschaft von der Weide blasen. Sie gehen verdammt schlechten Zeiten entgegen, Mr. Everett!«

»Haben Sie Angst davor?«

»So etwas sollten Sie nicht sagen, Mister. Sie könnten mich damit veranlassen, Keenan Bonds Angebot anzunehmen.«

»Wollen Sie mich erpressen?«, fragt der Rancher.

Ward lächelt harmlos.

»Wer wird denn gleich so aufgeregt sein, Mr. Everett? Ich sehe es nur nicht gern, wenn man mir Feigheit vorwirft. Ich bin gewissermaßen ein prämierter Held. Meine Tapferkeit wurde mir schriftlich bestätigt, beglaubigt und besiegelt. Und wenn ich wollte, könnte ich mir meine Tapferkeitsmedaillen sogar an die Brust heften wie ein preisgekrönter Zuchtbulle.

Sehen Sie, Mr. Everett, ich habe den Umschwung schon hinter mir. Mit großen Idealen bin ich in den Krieg gezogen – ein Vaterlandsverteidiger mit mächtigen Rosinen im Kopf. Ich wollte kämpfen und habe es auch getan. Und dann kam ich nach Hause. Ich fand alles verändert vor. Was einmal war, das zählte nicht mehr. Jeder für sich, lautete auf einmal die Parole. Meine Eltern waren noch nie sonderlich begütert. Mein Vater war gefallen. Das wenige, was sie besaß, wurde meiner Mutter von tüchtigen Geschäftsleuten genommen. Sie starb, bevor ich nach Hause kam. Da hatte ich begriffen, dass sich Ideale nicht bezahlt machen. Seitdem kämpfe ich nur noch für mich selbst.

Doch jetzt will ich mit Ihnen zur Ranch hinausreiten und mir Ihren Laden einmal ansehen. Wir werden es so machen, dass es möglichst viele Leute bemerken, und wissen Sie warum? Ich habe heute einem Mann gesagt, dass ich ab und zu meinen Spaß haben will. Ich werde ihn bekommen, wenn dieser Mann erfährt, dass ich mit Ihnen zusammen zu Ihrer Ranch geritten bin.«

☆☆☆

Sie brauchen eine volle Stunde, um im scharfen Tempo die Triangle-E zu erreichen. Die Ranch trägt diesen Namen nach dem Brandzeichen, mit dem Everetts Vieh gekennzeichnet ist. Es ist ein großes E in einem Dreieck.

Schon Meilen vor der Ranch waren an verschiedenen Stellen die Herden des Ranchers zu bemerken. Nach allen Seiten hin erstreckt sich meilenweit das Weideland. Stellenweise beherrschen ausgetrocknete Sagebüsche das Bild, zur Creekseite hinüber aber herrscht saftiges Grün vor.

Die Gebäude sind aus mächtigen Stämmen fest gefügt. Der ganze Komplex von Wohnhäusern, Schuppen, Ställen und Werkstätten wirkt wie eine Burg. Das zweistöckige Ranchhaus ist wie Daniel Everett – trotzig und gewaltig.

Vor einem kleinen Stall sitzen sie ab. Er dient anscheinend nur den Sattelpferden, die ständig bereitgehalten werden. Ein Mann kommt heraus, dem die indianische Abstammung anzusehen ist. Er will beide Pferde in den Stall führen, aber Ward winkt ab und bindet seinen Lightning an die Haltestange. Der Falbe hat seinem Namen auch heute wieder alle Ehre erwiesen und seinen Reiter wie ein gezähmter Blitz ans Ziel getragen.

In der Tür des Ranchhauses erscheint ein Junge.

»Hallo, Dad«, sagt er mit heller Stimme. Sein Blick bereitet Ward seltsames Unbehagen, das er sich erst erklären kann, als Everett sagt:

»Guten Tag, Peggy. Das ist Mr. Tallman, der unser neuer Vormann werden soll.«

Zu Ward gewandt, erklärt er dann:

»Das ist meine Tochter Peggy.«

Peggy nimmt den Hut ab und errötet. Langes braunes Haar flutet nun über ihre Schultern.

»Guten Tag, Miss Everett«, grüßt Ward und zieht ebenfalls den Hut.

»Um Himmels willen, sind Sie verrückt, Tallman? Der Fratz wird größenwahnsinnig, wenn Sie ihn mit Miss anreden. Sagen Sie einfach Peggy. Sie ist meine Jüngste und erst sechzehn Jahre alt. Zwar hat meine Frau mich schon mit sechzehn Jahren geheiratet, aber ich denke, dass Peggy es nicht so eilig haben wird.«

»Du bist unausstehlich, Dad«, sagt da eine warme, dunkle Stimme aus dem Hintergrund. »Peggy ist doch kein Kind mehr, wenn sie auch noch gern in Hosen und Chaps herumläuft. Mach sie doch nicht immer so verlegen, wenn ein Fremder dabei ist.«

Everett lacht dröhnend auf und gibt seiner Jüngsten einen verabschiedenden Klaps. Ward Tallman aber starrt in die Halle, als ob er eine Erscheinung hätte.

In einem einfachen, langen Kattunkleid steht dort ein Mädchen. Ihre großen, brennenden Augen blicken Ward entgegen. Ohne eine Spur von Verlegenheit zu zeigen, sieht sie ihn an.

Ihr Haar ist so braun wie das von Peggy. Die durch das Fenster fallende Sonne zaubert helle Lichtreflexe darauf, die es golden schimmern lassen. Ihr Gesicht ist nicht ebenmäßig. Es ist nicht von starrer Schönheit, sondern von innen her seltsam beseelt. Einen Augenblick lang fühlt sich Ward verzaubert, als er in die Augen blickt, die von langen, seidigen Wimpern überschattet werden.

»Guten Tag, Mr. Tallman«, sagt das Mädchen. »Ich habe schon gehört, wie Dad Sie Peggy vorstellte. Ich bin Janet Everett.«

Ward schlägt in die dargebotene Hand ein.

»Das ist meine Große«, sagt Dan Everett in diesem Augenblick hinter seinem Rücken. »Zu ihr dürfen Sie natürlich nicht einfach Janet sagen. Sie ist über dieses Alter hinaus, fast schon eine alte Jungfer.«

Der Rancher kann nun erleben, wie auch seine zweite Tochter errötet.

Ward rettet die Situation, indem er sagt:

»Sie haben in beiden Richtungen übertrieben, Mr. Everett. Peggy hätte ich ohne Weiteres auf siebzehn geschätzt, Miss Janet aber höchstens auf neunzehn.«

»Ich bin schon zwanzig, Mr. Tallman«, sagt das Mädchen einfach. »Aber sicher haben Sie Hunger mitgebracht. Das Essen wird gleich fertig sein. Setzen Sie sich doch einen Augenblick.«

Sie weist auf eine Fensternische, die mit gepolsterten Bänken ausgestattet ist.

»Kommen Sie, Mr. Tallman«, Everett geht voraus, setzt sich und streckt die Beine weit von sich. Noch einmal streift Wards Blick das Mädchen, dann setzt er sich dem Rancher gegenüber.

»Sie haben den Besitz nun gesehen, Tallman«, sagt Everett. »Würde es Ihnen nicht gefallen, auf einer solchen Ranch Vormann zu sein?«

»Ich richte meine Handlungen nicht danach, ob mir etwas gefällt oder nicht, Mr. Everett«, antwortet Ward kühl. »Was verdiene ich als Vormann?«