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H. C. Hollister

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Beschreibung

Jim Fairmont, dem der Ruf eines Revolvermanns und Kopfgeldjägers vorauseilt, kommt in Begleitung eines Halbbluts, dem er einmal das Leben rettete, um nach seinem jüngeren Bruder Ben zu sehen. Dieser hat vor einigen Jahren damit begonnen, sich eine eigene kleine Ranch aufzubauen, nachdem ihrer beider Eltern bei einem Raubüberfall auf die von ihnen geführte Poststation jämmerlich ums Leben gekommen waren. Der tragische Tod der Eltern hat Jim seinerzeit veranlasst, allen Rustlern und Banditen den erbarmungslosen Kampf anzusagen.
Jims Freude auf das Wiedersehen wird mit einem Schlag zerstört, als er von dem Besitzer des Mietstalls die Geschichte eines herrenlosen Hundes und eines Grabs am Yellowstone erfährt. Schon bald gibt es keinen Zweifel mehr, dass es sich um das Grab seines Bruders handelt.
Es liegt ein ungesühnter Mord vor, der um der Gerechtigkeit willen geklärt werden muss. Der Tod Bens ist jedoch eng mit dem Schicksal der Stadt Cody und vor allem mit dem der Bullskull-Ranch verknüpft, sodass sich Jim durch ein wahres Labyrinth von Rustler-Spuren hindurcharbeiten muss ...


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Inhalt

Cover

DAS GRAB AM YELLOWSTONE

Vorschau

Impressum

DAS GRABAM YELLOWSTONE

Jim Fairmont, dem der Ruf eines Revolvermanns und Kopfgeldjägers vorauseilt, kommt in Begleitung eines Halbbluts, dem er einmal das Leben rettete, um nach seinem jüngeren Bruder Ben zu sehen. Dieser hat vor einigen Jahren damit begonnen, sich eine eigene kleine Ranch aufzubauen, nachdem ihrer beider Eltern bei einem Raubüberfall auf die von ihnen geführte Poststation jämmerlich ums Leben gekommen waren. Der tragische Tod der Eltern hat Jim seinerzeit veranlasst, allen Rustlern und Banditen den erbarmungslosen Kampf anzusagen.

Jims Freude auf das Wiedersehen wird mit einem Schlag zerstört, als er von dem Besitzer des Mietstalls die Geschichte eines herrenlosen Hundes und eines Grabs am Yellowstone erfährt. Schon bald gibt es keinen Zweifel mehr, dass es sich um das Grab seines Bruders handelt.

Es liegt ein ungesühnter Mord vor, der um der Gerechtigkeit willen geklärt werden muss. Der Tod Bens ist jedoch eng mit dem Schicksal der Stadt Cody und vor allem mit dem der Bullskull-Ranch verknüpft, sodass sich Jim durch ein wahres Labyrinth von Rustler-Spuren hindurcharbeiten muss ...

Die beiden Reiter kommen von Südosten das Bighorn Basin herauf, ein sehniger Mann auf einem stämmigen Appaloosa-Wallach und ein Halbblut auf einem starkknochigen Braunen. Das weite Hügelland des Beckens liegt hinter ihnen. Dafür sind die bewaldeten Hänge der Shoshone-Range näher gerückt und entblößen weiter oben die grauen Flächen kahler Felsregionen. Der Washakie Peak bildet den Eckpfeiler dieser ragenden Bergkette. Dahinter folgt ein breiter, in Terrassen ansteigender Sattel, ehe die Felsenberge in der Absaroka Range ihre Fortsetzung finden.

»Eine verrückte Idee, irgendwo dort oben eine Ranch zu gründen«, sagt Softy Jagger, der in seiner kehligen Sprechweise das Blut indianischer Ahnen nicht verleugnen kann. »Glaubst du, dass Ben damit Erfolg haben könnte?«

Mit verkniffenen Augen blickt Jim Fairmont zu den gigantischen Terrassen empor, die bereits von den blauen Schleiern der Abenddämmerung überzogen werden.

»Erfolg?«, entgegnet er nachdenklich. »Das ist bei meinem kleinen Bruder nicht entscheidend. Ben war immer ein Träumer, also habe ich mich gefreut, dass er überhaupt eine Aufgabe angepackt hat. Immerhin bewirtschaftet der Junge seine kleine Ranch jetzt schon seit mehr als einem Jahr. Was hätte ich sonst mit ihm tun sollen? Wenn man den Namen Jim Fairmont trägt, dann ist man eben ungeeignet, einen Jungen bei sich zu behalten und gewissermaßen zu erziehen.«

»Einen Jungen«, echot das Halbblut. »Ben ist vier Jahre jünger als du und müsste demnach jetzt ungefähr fünfundzwanzig sein.«

»Spätestens morgen werden wir uns davon überzeugen können, was Ben mit seinem kleinen Kapital angefangen hat. Selbst wenn er nichts erreicht haben sollte, hätte ich ihn auf diese Weise wenigstens von der schiefen Bahn ferngehalten.«

Softy Jagger scheint von diesen Worten nicht restlos überzeugt zu sein, aber er schweigt und blickt mit verkniffenen Augen voraus zu der Brücke, die über den Buffalo Creek führt. Schon jetzt erkennen sie ein Schild, das vor der Auffahrt an einem Pfosten befestigt ist, und im Näherreiten entziffern sie dann auch die Inschrift: Toll Bridge – Duncan Redford steht dort in eingebrannten Lettern.

Jim Fairmont und Softy Jagger haben schon Dutzende solcher Zollbrücken passiert. Zuweilen fehlte der Wächter, und der Besitzer der Brücke hatte lediglich einen Tarif angeschlagen und daneben eine Blechbüchse angebracht, in die jedermann seinen Dime werfen konnte. Ähnlich scheint es auch hier zu sein, denn weit und breit ist kein Wächter zu sehen. Aber die beiden Reiter blickten sich auch vergebens nach einem Tarif oder einem Kasten um, der zur Aufnahme der Münzen bestimmt sein könnte.

»Eine merkwürdige Zollbrücke«, brummt das Halbblut. »Wozu sie wohl das Schild angebracht haben, wenn doch kein Mensch da ist, um das Wegegeld zu kassieren.«

Schon poltern die Hufe der Pferde hohl über die Holzbalken hin. Zwanzig Fuß unter ihnen das schäumende Wasser des Buffalo Creeks in seinem tief eingefressenen Bett.

»Dort drüben«, sagt Jim Fairmont und deutet mit dem Kopf zu dem einsamen Gebäude hinüber. »Es sieht so aus, als ob die Sattelkammer im Stall als Wachstube hergerichtet wäre.«

Fast haben sie das jenseitige Ufer erreicht, als tatsächlich aus diesem flachen Stallanbau zwei Männer treten. Wer sich auf die Beurteilung solcher Burschen versteht, weiß sie gleich richtig einzuschätzen. Natürlich muss ein Brückenwärter eine respektgebietende Persönlichkeit sein, denn so mancher Weidereiter, Frachtfuhrmann oder Satteltramp würde sich gern um den Brückenzoll drücken, auch wenn er nur wenige Cents beträgt. Insofern ist man darauf vorbereitet, nicht gerade einen Schwächling als Wächter anzutreffen. Der Anblick dieses vierschrötigen Herkules jedoch, der dort drüben den Türrahmen ausfüllt, entlockt Jim Fairmont ein belustigtes Lächeln. Demgegenüber wirkt sein Kumpan daneben, obwohl mittelgroß und von normaler Statur, schmächtig. Es handelt sich um einen Burschen mit fuchsrotem Haar und tausend Sommersprossen.

»Hallo, Gents«, krächzt er mit einer Stimme, ungefähr so melodisch wie eine Kreissäge, »ihr habt das Schild gesehen, der Brückenzoll ist fällig.«

Jim Fairmont nickt, langt wortlos in die Tasche und bringt eine Handvoll Kleingeld zum Vorschein.

»In Ordnung, Leute. Was macht es denn?«

Die beiden Männer kommen näher heran. Taxierend blickt der Rotschopf zu den Reitern auf.

»Zwei Dollar«, erwidert er dann rasch. »Einen Dollar für jeden Reiter.« Dabei zwinkert er dem Muskelmann an seiner Seite Beifall heischend zu.

Jim Fairmont war gerade im Begriff, aus der Handvoll Münzen zwei Nickel hervorzusuchen. Jetzt schließt er die linke Faust um das Geld. Ein kurzer Blick zu Softy Jagger, dann sagt er beherrscht:

»Mister, soviel ich weiß, verdient ein Cowboy hierzulande etwa dreißig Dollar im Monat. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass jemand bereit wäre, einen ganzen Tagesverdienst für Brückenzoll auszugeben.«

»Tun die Boys auch nicht«, erklärt der Rothaarige unverfroren. »Sie haben's im Abonnement billiger.«

»Und für Fremde gibt es einen Sondertarif?«

»Erraten, Mister«, knurrt jetzt auch das Schwergewicht, das offenbar Gefallen an diesem Spaß gefunden hat.

»Das ist Beutelschneiderei, Boss«, sagt Softy Jagger kehlig. »Komm, wir kehren um. Mit ein paar Meilen Umweg finden wir bestimmt einen anderen Übergang.«

Halb scheint Jim Fairmont bereits entschlossen, diesen Vorschlag anzunehmen. Aber da gibt der Rothaarige seinem Partner einen Wink und sagt schrill:

»Das hilft euch auch nicht mehr, Leute. Ihr habt die Brücke passiert, also müsst ihr zahlen. Wenn ihr trotzdem umkehren und über die Brücke zurückreiten wollt, dann macht es vier Dollar.« In nicht misszuverstehender Weise lässt er die Linke griffbereit zum Halfter hinabsinken.

»Versuchen Sie es, Mister«, gibt Jim mit trügerischer Freundlichkeit zurück. Dann wartet er gelassen ab.

»Zum Teufel, Mann«, krächzt Duke Fletcher mit flackernden Augen, »warum machen Sie wegen lausiger zwei Dollar so ein Theater?«

Immer noch zeigt Jim Fairmont sein undurchsichtiges Lächeln, und seine graugrünen Augen sind dabei hart wie Flintstein.

»Erstens«, sagt er sanft, »sind lausige zwei Dollar eine Menge Geld, wenn man insgesamt nicht mehr als einen Doppeladler in der Tasche hat. Und zweitens lassen wir uns nicht erpressen. Haben Sie also immer noch etwas dagegen, wenn wir umkehren?«

Hal Moody, das Schwergewicht, steht nun unmittelbar vor den beiden Pferden. Er wischt sich mit dem behaarten Unterarm über die Stirn.

»Mein Gott, Fletcher«, brummt er missmutig, »warum tändelst du so lange herum? Du weißt, wenn ein Mann einen Revolver trägt, dann bist du zuständig. Was glaubst du, wie ich mir diesen hageren Hecht vorknöpfen würde, wenn er sich nicht auf sein Schießeisen verlassen könnte?«

»Bully«, murmelt Jim Fairmont amüsiert, »du redest zu viel. Es sind noch vier Meilen bis Cody, und wir wollen weiter.«

Hal Moody quittiert die spöttische Anrede mit einem unwilligen Grunzlaut. »Pass nur auf, dass ich dich nicht hole, Mister«, schnaubt er zornig. »Kein Mensch darf Hal Moody ungestraft ›Bully‹ nennen, und schon gar kein verlauster Satteltramp. Ich kriege dich schon, Freund, wenn du länger in diesem Land bleibst. Irgendwann erwische ich dich ohne deine Kanone, und dann mache ich Kleinholz ...«

Jäh wird dieser zornige Ausbruch durch eine Bewegung unterbrochen. Duke Fletcher hat sich selbst überwunden und benutzt die Ablenkung durch seinen schwergewichtigen Partner, um die Waffe zu ziehen. Aber noch hat er den Lauf seines Revolvers nicht aus dem Halfter frei, um ihn emporzuschwingen, als er auch schon erstarrt und die Augen aufreißt. Denn da sieht er bereits die Mündung von Jim Fairmonts Revolver dunkel und drohend auf sich gerichtet und hört dessen schleppende Stimme:

»Das war eine schlechte Idee und zudem ein übler Trick, Reddy.«

Mit einem heiseren Seufzer lässt Duke Fletcher den Kolben seiner Waffe fahren, sodass sie ins Halfter zurückrutscht. Inzwischen aber hat auch Softy Jagger mit erstaunlicher Geschwindigkeit sein Gewehr aus dem Scabbard hervorgezaubert.

»Ich sage es noch einmal«, knurrt Hal Moody. »Nur mit euren verdammten Schießeisen seid ihr stark. Aber darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«

Jim Fairmonts Mundwinkel ziehen sich herab. Gleichzeitig rutschen seine Brauen einen halben Zoll in die Höhe.

»Schon wieder eine Drohung, Bully?«, fragt er tadelnd. »Nun, ich lasse nicht gern eine unerledigte Arbeit hinter mir zurück. Wollen wir es gleich miteinander versuchen – ohne Schießeisen – meine ich.«

Wenn es jemals ein wortloses Verstehen gegeben hat, dann zwischen Jim Fairmont und dem Halbblut. Ein einziger Blick genügt, um Softy Jagger seinen Braunen so weit zur Seite drängen zu lassen, dass er den rothaarigen Revolvermann mit seinem Gewehr bequem in Schach halten kann. Im selben Moment schwingt Jim Fairmont auch ein Bein über das Sattelhorn, lässt die Zügel einfach gleiten und rutscht zu Boden.

»Noch ein bisschen sattelsteif«, verkündet er freundlich, »aber ich denke, das wird sich rasch geben.«

Aus fassungslosen Augen beobachtet Hal Moody, wie sein Gegner gelassen den Revolver ins Halfter zurückstößt und Gurt samt Hut ans Sattelhorn hängt.

»Mister, das ist doch nicht Ihr Ernst«, brummt das Schwergewicht herablassend. »Sie sehen ziemlich zäh aus, aber wenn ich Sie genau taxieren sollte, so würde ich sagen – na, höchstens ein bisschen über Mittelgewicht.«

»Mittelgewicht?«, knurrt Jim Fairmont. »Das täuscht, Bully. Bei sechs Fuß ein Zoll Größe bringe ich hundertsechsundsiebzig Pfund. Mach dir also um mich keine Sorgen und schlag richtig zu.«

»Yeah, das werde ich tun«, schnaubt Hal Moody. Wütend setzt er noch einmal hinzu: »Bully! Diesen Tick werde ich dir austreiben, Mister!«

Dann geht er unvermittelt zum Angriff über. Von seinem Standpunkt aus scheint eine gewisse Geringeinschätzung am Platze zu sein, denn er hat seinem Gegner mindestens vierzig Pfund an Gewicht voraus. Das äußert sich deshalb besonders eindringlich, weil Hal Moodys Muskelpartien sich um Brustkorb und Schultern konzentrieren. Jim Fairmonts spöttischer Vergleich mit einem Bullen geht insofern gar nicht an den Tatsachen vorbei.

Er selbst hat zunächst einmal genug damit zu tun, dem Angriff seines Gegners richtig zu begegnen. Seine Ausweichbewegung, so geschmeidig sie auch sein mag, kommt zu spät, denn Hal Moody ist für seine Klasse erstaunlich behände auf den Beinen. So kann Jim Fairmont den Schwinger nur in höchster Not mit Unterarm und Schulter abblocken. Danach weiß er ziemlich genau, warum der andere eine Niederlage anscheinend gar nicht erst in Betracht zieht. Denn von Jims getroffener Schulter strahlt ein heftiger Schmerz aus, der seinen linken Arm zu lähmen droht. Nicht einmal zu einem Konter ist er gekommen, obgleich auch er die Finessen und Tricks des Faustkampfes ausgezeichnet beherrscht. Ihm wird klar, dass er in diesem Bullen sehr wahrscheinlich einen Preiskämpfer oder etwas Ähnliches vor sich hat. Wenn dieser Kampf sich länger hinziehen sollte, dann hätte er keine Chance.

Schon wieder versucht Hal Moody einen Schwinger von der Wucht eines mittelschweren Dampfhammers. Diesmal gelingt Jim Fairmonts Sidestep, und er kann im blitzschnellen Gegenstoß seinen Konter anbringen. Seine Rechte landet an Hal Moodys Wangenknochen und entlockt dem Schwergewicht einen überraschten Grunzer. Zusehends aber schwillt die linke Augenpartie an und zeigt gleichzeitig eine dunkle Verfärbung. Aber damit ist die Wirkung dieses glasharten Konters auch schon erschöpft, obwohl ein derartiger Schlag jedem anderen Gegner fast den Kopf von den Schultern gerissen hätte. Hal Moody senkt nur den Kopf und greift mit steifem Nacken erneut an.

Zweimal kann Jim Fairmont diesen geschmetterten Hieben durch eine rasche Beinarbeit entgehen. Dann schlägt Hal Moody von der Seite her mit der halbgeöffneten Hand. Gegen diesen Hieb ist kein Kraut gewachsen. Jim gerät ins Straucheln. Gewissermaßen als Zugabe wird er noch von seinem Haken gegen die Rippen erwischt, der ihm die Luft aus den Lungen treibt.

Jetzt hat der Gegner offenbar die richtige Einstellung gefunden und marschiert pausenlos vorwärts. Schon spürt Jim Fairmont das Brückengeländer im Rücken und kann sich nur durch einen verzweifelten Gegenangriff für einen Moment Luft verschaffen.

»Drauf, Moody! Du hast ihn!«, hört Jim die geifernde Stimme Duke Fletchers wie aus weiter Ferne.

Dann setzt er alles auf eine Karte. Er sieht den vernichtenden Uppercut kommen und wirft sich mit einem Sprung hinein. So wird der Hieb von seiner Brust abgefangen. Der Tritt eines Maulesels könnte ihn nicht schlimmer treffen. Aber dennoch schlägt auch Jim selbst zu. Hal Moody, durch den ersten krachenden Konterschlag gewarnt, reißt den Kopf weit zur Seite. Zu spät merkt er, dass er einer Finte aufgesessen ist. Denn da hat Jim Fairmont die Faust bereits geöffnet, und ehe das Schwergewicht die Unterarme zur Deckung emporreißen kann, landet Jim den schmetternden Hieb seiner Handkante. Wenn man Hal Moodys wuchtige Boxhiebe mit einer Dampframme oder den Tritten eines Maulesels vergleichen kann, so liegt diesmal der Vergleich mit einem gutgeölten Fallbeil nahe. Genauso rasch und mit der gleichen Präzision zuckt die gestreckte Rechte gegen den Halswirbel des Preiskämpfers.

Ein Ächzen ertönt. Hal Moodys Gesicht läuft blaurot an. Er taumelt benommen zurück, ringt mit weitgeöffnetem Mund nach Luft und greift sich mit beiden Händen an den Hals. Jim könnte jetzt den entscheidenden Schlag anbringen, doch er steht keuchend da, lässt die Arme hängen und versucht, mit seiner eigenen Not fertigzuwerden.

»Na also«, meldet sich diesmal Softy Jagger mit befriedigendem Schnaufen. »Ich wusste doch, dass du diesem Walross Manieren beibringen würdest, Boss.«

Duke Fletcher sagt gar nichts. Er starrt nur aus geweiteten Augen auf seinen schwergewichtigen Partner, der so urplötzlich außer Gefecht gesetzt wurde.

»Wollen wir nicht lieber Schluss machen, Bully?«, fragt Jim Fairmont atemlos und mit verzerrtem Lächeln. »Für zwei Dollar müsste es jetzt eigentlich reichen.«

»Mein Kopf«, stöhnt das Schwergewicht dumpf. »Großer Vater, was – hast du mit mir angestellt, Mister? – Ich – ich habe doch vorher gar keine Eisenstange gesehen?«

»Er hat auch gar keine gehabt«, kichert Softy Jagger, ohne dabei den Rotschopf aus den Augen zu lassen.

»Nicht?« Verdutzt schüttelt Hal Moody den Kopf und greift ächzend nach seinem Hals, wo sich unterhalb des linken Ohres eine Schwellung der Muskeln abzeichnet. Mit seinem blau verfärbten Auge und dem stupiden Ausdruck, der seiner Benommenheit zuzuschreiben ist, bietet er weder ein hübsches noch ein sonderlich geistreiches Bild.

»Du solltest dir die Stellen kühlen, Bully«, murmelt Jim Fairmont, inzwischen wieder einigermaßen zu Atem gekommen. »Besonders den Halswirbel. Ein Lappen mit Buttermilch wirkt da manchmal Wunder. Und für das Auge wäre natürlich ein rohes Steak die beste Medizin.«

»Haben Sie sich eine Amme zugelegt, Hal?«, erkundigt sich in diesem Moment eine spöttische Frauenstimme. »Oder warum sonst lassen Sie sich zureden wie einem kranken Schimmel? Und Sie, Duke? Sie schauen einfach zu, wie Ihr Partner verprügelt wird?«

Hilflos, noch immer unter der Drohung von Softys Winchester, hebt der Revolvermann die Schultern und entgegnet schrill:

»Wenn ich ein Narr wäre, hätte ich es vielleicht mit diesem Burschen versucht, Ma'am. Aber ich bin kein Narr, und deshalb weiß ich genau, wie hart die Nuss sein darf, die ich meinen Zähnen zumute.«

Auch Jim Fairmont, der inzwischen seinen Gurt umschnallt, wendet sich der Frau zu und behält den Hut gleich in der Hand. Sie steht vor der Tür des Hauptgebäudes, von den beiden Halbsäulen flankiert, und ist sich offenbar der Wirkung ihres Auftritts völlig bewusst. Ihr Alter ist schwer zu schätzen. Ihrer Aufmachung nach wäre man geneigt, sie für knapp vierzig zu halten. Sie trägt ein Kleid von raffiniertem Schnitt, das der neuesten Moderichtung folgt. Zweifellos eine reife, vollerblühte Frau, die eine starke Wirkung auf Männer ausübt und diesen Eindruck bedenkenlos ausnutzt.

Jim Fairmont hört die Frau fortfahren:

»Ihr seid wirklich eine prächtige Garde. Wenn ich sehe, wie ihr euch von einem hergelaufenen Fremden zurechtstutzen lasst, dann frage ich mich, ob ihr den Lohn überhaupt wert seid, den Duncan Redford euch zahlt.«

Auf diese anzügliche Bemerkung reagiert Duke Fletcher nur mit einem verkniffenen, tückischen Blick. Aber da erwidert schon Jim Fairmont mit einer angedeuteten Verbeugung:

»Gehen Sie nicht so hart mit ihnen ins Gericht, Madam. Wir hatten nur eine kleine Meinungsverschiedenheit über die Höhe des Brückenzolls, und dabei haben sich diese Gentlemen ein wenig verkalkuliert.«

»Gentlemen?« Die Frau zieht nur die Brauen empor. Dann richtet sie mit einem koketten Augenaufschlag die Blicke auf den hageren Fremden und setzt hinzu: »Sie scheinen ein Gentleman zu sein, Mister – oder Sie können sich wenigstens so benehmen. Und dann feilschen Sie um ein paar Cents Brückenzoll, von denen eine alleinstehende Frau ihren Lebensunterhalt bestreiten muss?«

Einen Moment schaut Jim Fairmont betreten zu Boden.

»Tut mir leid, Madam«, erwidert er dann, »das konnte ich nicht ahnen. Drüben auf der Tafel steht, dass die Brücke einem gewissen Duncan Redford gehört, demselben Mann also, der offenbar auch Ihre beiden Wächter bezahlt.«

Schmollend wirft die Frau die Lippen auf.

»Wollen Sie mich jetzt auch noch beleidigen, indem Sie mein Wort in Zweifel ziehen, Mister? Ich habe die Brücke von Duncan Redford gepachtet. Ich heiße Dorothy Pointer, wenn Sie schon alles ganz genau wissen wollen.«

Jim erwidert nach kurzem Zögern:

»Mein Name ist Fairmont – James D. Fairmont, Mrs. Pointer.«

Sekundenlang erstarrt die Miene der Frau bei dieser Vorstellung, und auch Hal Moody und Duke Fletcher wechseln einen raschen Blick. Dann berichtigt Dorothy Pointer kühl:

»Miss Pointer, wenn ich bitten darf.«

»Entschuldigung, Madam.«

»Das macht nichts.« Dorothy Pointers kokette Liebenswürdigkeit wirkt etwas übertrieben. »Wenn Sie sich vielleicht waschen wollen, drüben im Hof ist eine Pumpe.«

»Vielen Dank.«

Da die Gefahr anscheinend vorüber ist und auch Duke Fletcher offenbar inzwischen den Gedanken an eine bewaffnete Auseinandersetzung aufgegeben hat, gibt Jim Fairmont seinem Begleiter einen Wink. Dann setzt er hinzu: »Aber natürlich erst, nachdem ich das Wegegeld gezahlt habe.«